Farben-Helligkeits-Diagramm

Farben-Helligkeits-Diagramm
Farben-Helligkeits-Diagramm

In der Astrophysik bezeichnet man als Farben-Helligkeits-Diagramm (kurz FHD) ein zweidimensionales Diagramm, in dem die scheinbaren Helligkeiten von Sternen gegen einen so genannten Farbindex aufgetragen werden. Siehe auch unter Hertzsprung-Russell-Diagramm.

Da die scheinbare Helligkeit eines Sternes allerdings von seiner Entfernung abhängt, ist ein solches Diagramm nur dann physikalisch sinnvoll, wenn die Sterne, die betrachtet werden, ungefähr dieselbe Entfernung besitzen. Daher werden Farben-Helligkeits-Diagramme vor allem zum Studium von offenen Sternhaufen, Kugelsternhaufen und nahen, d. h. in Einzelsterne auflösbaren, Galaxien benutzt.

BV-Farben-Helligkeits-Diagramme

Größte Verbreitung hat das Farben-Helligkeits-Diagramm, bei dem die Helligkeiten des BV-Systems zugrunde gelegt werden, und die Gelb-Helligkeit V (V für visuell) über dem Farbindex B−V , das heißt der Differenz der Blau-Helligkeit B zur Gelb-Helligkeit, aufgetragen wird (siehe Bild). Dieses Diagramm hat zudem den Vorteil, dass es eine dem Hertzsprung-Russell-Diagramm (HRD) ähnliche Struktur besitzt, bei dem die absolute Helligkeit über dem Spektraltyp aufgetragen wird. Insbesondere zeigt die Hauptreihe einen ähnlichen Verlauf, ist allerdings je nach Entfernung der Sternengruppe vertikal verschoben. Zudem tauchen in einem FHD einer Sternengruppe nicht unbedingt alle Sterntypen auf, d.h. bestimmte Bereiche bleiben im Vergleich zum Standard-HRD leer.

Anwendung

Abzweigepunkt eines typischen
Farben-Helligkeits-Diagramms, das mit einem standard-HRD übereinandergelegt wurde.

Der im letzten Absatz angesprochene Vergleich mit dem HRD zeigt unmittelbare Möglichkeiten der Anwendung des FHD auf.

  • Legt man ein Standard-HRD zugrunde, bei dem anstelle der Spektraltypen der B−V -Farbindex als Ordinate benutzt wird, ist die – zumeist einfach zu identifizierende – Hauptreihe des FHD je nach Entfernung vertikal verschoben. Daher lässt sich aber die scheinbare Helligkeit V der Sterne des FHD durch die Formel
\,V-M_V = 5 \log_{10} d - 5
in Zusammenhang mit der absoluten Helligkeit MV der Sterne des Standard-HRD bringen und man besitzt ein direktes Maß für die Entfernung d in Parsec der Sternengruppe.
  • Die Abwesenheit bestimmter Sterntypen in einem FHD deutet auf ein gewisses physikalisches Entwicklungsstadium der Sternengruppe hin. Insbesondere sieht man in einem FHD typischerweise, dass die Hauptreihe bei einem gewissem Farbindex abknickt, das heißt links von diesem so genannten Abzweigepunkt (auch oft englisch turn-off-point) gibt es keine Hauptreihensterne im Diagramm. Offensichtlicher Grund für dieses Fehlen heißer Hauptreihensterne ist das fortgeschrittene Alter der Sternengruppe, so dass sich Sterne links vom Abzweigepunkt bereits zu Riesensternen entwickelt haben. Aus den Standard-Modellen der Sternentwicklung lässt sich damit anhand der Lage des Abzweigepunktes das Alter der Sternengruppe abschätzen. Liegt der Abzweigepunkt bei (B−V )t, so gilt näherungsweise für das Alter der Gruppe a in Jahren:
a = 9 \cdot 10^7 \cdot 10^{2{,}94 (B-V)_t}.

Farb-Exzess und Extinktion

Bei der oben beschriebenen Anwendung des FHD wird zugrunde gelegt, dass der B−V -Farbindex entfernungsunabhängig ist. Dies erscheint zunächst plausibel, da es sich um die Differenz zweier scheinbarer Helligkeiten handelt, und diese sollte beim ersten Hinsehen tatsächlich entfernungsunabhängig sein. Die Realität sieht anders aus, denn mit zunehmender Entfernung wird die Farbe der Sterne durch den interstellaren Staub zunehmend roter. Man nennt daher die Differenz zwischen dem gemessenen B−V -Farbindex und dem tatsächlichen Farb-Exzess.

\,E(B-V)=(B-V)-(B-V)_0

Da der Farb-Exzess relativ unabhängig von der Wellenlänge ist, bewirkt er im Wesentlichen eine einfache Verschiebung der (B−V )-Achse des Diagramms. Da die Hauptreihe im FHD allerdings fast gerade verläuft, lassen sich diese Verschiebung an der Geometrie des Diagramms nicht ablesen, denn es bleibt zunächst unklar, ob das Diagramm durch den Farb-Exzess nach rechts verschoben ist, oder ob es entfernungsabhängig nach oben verschoben ist.

Durch zusätzliche Auswertung eines Farben-Farben-Diagramms, bei dem der U-B-Farbindex über dem B−V -Farbindex aufgezeichnet wird, lässt sich der Farb-Exzess allerdings bestimmen. Der typische Verlauf der Hauptreihe in diesem Diagramm ist eine stark gewellte Linie. Die Wellen entstehen durch die Abweichung von der Schwarzkörperstrahlung, insbesondere durch den so genannten Balmer-Sprung. Daher lässt sich in diesem Diagramm der Farb-Exzess ermitteln, wobei für die beiden Exzesse E(B−V ) und E(U-B) näherungsweise der Zusammenhang

\frac{E(U-B)}{E(B-V)}=0{,}72+0,05 E(B-V)

besteht.

Ebenso lässt sich die interstellare Extinktion AV, die die Verdunklung der Sterne durch den interstellaren Staub beschreibt, als Funktion des Farb-Exzesses schreiben:

\,A_V=R_e E(B-V)

mit der richtungsabhängigen Größe R_e\approx 3{,}2 und somit aus dem FHD eliminieren.


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