Aktives Glasfasernetz

Aktives Glasfasernetz

Glasfasern sind lange, dünne Fasern, die aus Glas bestehen. Zur Herstellung von Glasfasern zieht man geschmolzenes Glas zu dünnen Fäden.

ein Bündel optischer Glasfasern

Glasfasern werden in Glasfaserkabeln zur Datenübertragung, oder als Roving oder textiles Gewebe, zur Wärme- und Schalldämmung, und für glasfaserverstärkte Kunststoffe eingesetzt. Diese zählen heute zu den wichtigsten Konstruktionswerkstoffen, sie sind alterungs- und witterungsbeständig, chemisch resistent und nicht brennbar, sie besitzen einen hohen Elastizitätsmodul, der die mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen verbessert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Glasfaser

Der Ursprung war die Fähigkeit von Glasbläsern aus dem Thüringer Wald, bereits im 18. Jahrhundert sogenanntes Feen- oder Engelshaar herzustellen. Erst nur als Dekorationsmittel genutzt, wurde das ganze Potenzial mit Gründung einer Glasfabrik von Hermann Schuller im thüringischen Haselbach langsam entdeckt (1896). Dort wurden erstmals spinnbare Glasfäden mit genau definiertem Durchmesser sozusagen als „Rollenware“ hergestellt. Dieses Verfahren wurde in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts als Stabtrommelabziehverfahren zum Patent angemeldet.

Nutzung der optischen Eigenschaften

Datenübertragung und Licht

Glasfasern werden unter anderem dazu verwendet, Licht zu leiten (siehe Glasfaserkabel). Dies geschieht z. B. bei der optischen Datenübertragung in Glasfasernetzen mithilfe des Effektes der Totalreflexion. Eine zylindrische Glasfaser ist dabei von einem Medium mit geringerer Brechzahl und einer Schutzhülle umgeben. Innerhalb der Grenzfläche zwischen den beiden transparenten Medien mit unterschiedlicher Brechzahl wird das Licht nahezu verlustfrei reflektiert und somit geleitet. Als Strahlungsquelle kommen Halbleiterlaser (Kieselglas-Fasern; Datenübertragung über große Entfernungen mit Infrarotstrahlung), Leuchtdioden (PMMA-Faser, Datenübertragung über kurze Entfernung) oder auch fokussierte Glühlampen (PMMA-Fasern; Dekoration, Lampen) zum Einsatz.
Die Modulation zur Datenübertragung wird mit der Lichtquelle selbst (Laser, LED) oder mit photonischen Kristallen erreicht. Auf der Empfangsseite werden die Daten von einer Photodiode aufgefangen und verarbeitet. Glasfaser-Datenübertragung hat gegenüber Kabeln aus Kupfer den Vorteil, dass Signale breitbandiger (mehr Information pro Zeit) und verlustärmer geleitet werden können. Außerdem ist das übertragene Signal unempfindlich gegenüber elektromagnetischen Störfeldern und bietet eine höhere Abhörsicherheit.

eine Glasfaserlampe

Dekoration und Kunst

Eine spezielle Anwendung sind Glasfaserbündel (meist PMMA), deren Enden mit Leuchtdioden oder fokussierten Glühlampen bestrahlt werden. Derartige Bündel leuchten an den Stellen, wo die Glasfasern enden. Sie werden beispielsweise in Vorhängen und effektvoller Kleidung, als dekorative Leuchten oder für sogenannte Sternenhimmel verwendet.

Eine ungewöhnliche Anwendung ist die Herstellung lichtdurchlässigen Betons: durch das Einarbeiten von 3–5 % Glasfaseranteil entstehen transluzente Betonelemente, durch die man Licht, Schattenwürfe und Farben zu sehen vermag.

Beleuchtung

Glasfasern und -bündel werden zu Beleuchtungszwecken, z. B. an Mikroskopen, Inspektionskameras oder bei der Gastroskopie (Magenspiegelung) oder Coloskopie (Darmspiegelung) benutzt, um Licht an die Beobachtungsstelle zu bringen.

Sensoren

Glasfasern werden oft zur Leitung der Strahlung (Infrarot) zu Pyrometern verwendet, um diese abseits des heißen Messortes aufstellen zu können.

Glasfasern können direkt (siehe verteilte Faseroptische Temperaturmessung) oder indirekt (siehe Faserkreisel, Ringlaser, Temperatursensoren aufgrund der Rayleigh-Streuung) als Sensor dienen.

Laser

Die Fortleitung von Laserstrahlung in Glasfasern ist bei Festkörperlasern möglich und üblich und erlaubt den nahezu verlustfreien, flexiblen Transport der Strahlung z. B. zu einer Bearbeitungsstelle (Schneiden, Schweißen, Medizin).

Laserstrahlen können nicht nur in Glasfasern geleitet, sondern auch in ihnen erzeugt werden (siehe Faserlaser).

Nutzung der mechanischen Eigenschaften

Ein Bündel Glasfasern für die Kunststoffverstärkung (Glasfaserroving)

Für mechanische Anwendungen liegen die Glasfasern meistens als Roving, Vliesstoff oder als Gewebe vor. Für Profile verwendet man hingegen unidirektionale (nur in eine Richtung verlaufende) Fasern, so werden zum Beispiel Sportpfeile für das Bogenschießen, Stäbe zur Isolation oder z. B. in manchen Regenschirmen aus glasfaserverstärktem Kunststoff hergestellt.
Da Glasfasern sehr kerbempfindlich sind, werden sie bei der Herstellung bzw. vor dem Verweben mit einer sogenannten Schlichte versehen. Diese Schlichte (z. B. eine Silanschlichte) dient beim Weben als Schmierstoff und wird nach dem Weben chemisch entfernt. Danach wird das sog. Finish auf die Glasfasern aufgetragen, das für die Verwendung in Faserverbundwerkstoffen als Haftvermittler zwischen den Glasfasern und dem Kunstharz wirkt. Finish wird auch als haftmittelhaltige Schlichte bezeichnet. Sie kann bis zu zwei Masseprozent ausmachen, liegt jedoch meist bei 0,3 bis 0,8 %.

Glasfaserverstärkte Kunststoffe zeigen nur eine sehr geringe Kriechneigung und nehmen nur sehr wenig Feuchte auf.

Festigkeit

Die hohe Festigkeit der Glasfaser beruht auf dem Größeneinfluss. Durch die Faserform ist die Fehlstellengröße in der Faser kleiner als im kompakten Werkstoffvolumen. Gleichzeitig steigt die fehlerfreie Länge in der Faserform an. Dadurch ist die Festigkeit der Glasfaser gegenüber dem kompakten Werkstoff größer. Die Bruchdehnung einer einzelnen Faser kann bis zu 5 % betragen. Sie sind aber sehr anfällig gegenüber Reißen und Knicken.

Die Zug- und Druckfestigkeit der Glasfaser sorgt für eine besondere Aussteifung des Kunststoffes bei gleichzeitiger Erhaltung einer gewissen Flexibilität dank der (verglichen mit Stahl) hohen Bruchdehnung. Die Eigenschaften von Glasfasern werden beispielsweise bei der Herstellung von Angelruten genutzt. Auch Angel-Posen bestehen meist aus Glasfaser.

Typischerweise wird für die Konstruktion die mittlere quasistatische Festigkeit einer unverstärkten E-Faser von R_G = 1800\  MPa verwendet.

Steifigkeit

Der Elastizitätsmodul von Glasfasern unterscheidet sich nur wenig von dem eines kompakten Werkstoffvolumens aus Glas. Anders als Aramidfasern oder Kohlenstofffasern hat die Glasfaser eine amorphe Struktur. Wie beim kompakten Fensterglas ist die molekulare Orientierung regellos. Die Glasfaser hat isotrope mechanische Eigenschaften. Glasfasern verhalten sich bis zum Bruch ideal linear elastisch. Sie weisen nur eine sehr geringe Werkstoffdämpfung auf.

Die Steifigkeit eines realen Bauteils aus glasfaserverstärktem Kunststoff ergibt sich aus Elastizitätsmodul, Richtung und Volumenanteil der Glasfasern sowie zu einem geringen Anteil aus den Eigenschaften des Matrixmaterials, da meist ein deutlich weicherer Kunststoff verwendet wird. Der Elastizitätsmodul der reinen Glasfaser liegt mit 70.000 bis 90.000 MPa etwa in der Größenordnung von Aluminium.

Arten von Verstärkungsfasern

  • E-Glas (E=Electric): gilt als Standardfaser, ca. 90 % des Marktes, wird in basischer und saurer Umgebung angegriffen.
  • S-Glas (S=Strength): Faser mit erhöhter Festigkeit
  • R-Glas (R=Resistance): Faser mit erhöhter Festigkeit
  • M-Glas (M=Modulus): Faser mit erhöhter Steifigkeit (E-Modul)
  • C-Glas (C=Corrosion): Faser mit erhöhter Chemikalienbeständigkeit
  • ECR-Glas (E-Glass Corrosion Resistant): Faser mit besonders hoher Korrosionsbeständigkeit
  • D-Glas (D=Dielectric): Faser mit niedrigem dielektrischen Verlustfaktor, z. B. die Radome einer Radarstation
  • AR-Glas (AR=Alkaline Resistant): Für die Anwendung in Beton entwickelte Faser, die mit Zirconium angereichert ist. Sie ist gegenüber einer basischen Umgebung weitgehend resistent.
  • Hohlglasfasern: Fasern (meist E-Glas) mit einem Hohlquerschnitt

Bemerkung: R-, S- und M-Glas ist alkalifrei und hat eine gesteigerte Feuchtebeständigkeit.

Anwendung von Verstärkungsfasern

Glasfasern werden Beton beigemischt, wo sie als Bewehrung dienen. Glasfaserverstärkter Beton wird bei Wellplatten, Fassadenplatten oder bei verlorenen Schalungen eingesetzt. Ebenso wird Glasfaser im Estrich verwendet. Außerdem wird Feinbeton mit Glasfasertextilien bewehrt, das heißt dann textilbewehrter Beton.

Eine große Bedeutung haben Glasfasern in glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) (Luft- und Raumfahrt, Leiterplatten, Boote, Bobschlitten usw.). In der Luft- und Raumfahrt werden aus Langglasfasern überwiegend tragende Strukturen gebaut (z. B. Segelflugzeug Schleicher ASK 21). In der Automobilindustrie werden zur Zeit Langglasfasern noch hauptsächlich zur Versteifung von thermoplastischen Bauteilen (z. B. Verkleidungen) genutzt. Es geht aber hier ein Trend zu tragenden Bauteilen.

In der Verfahrenstechnik werden Glasfasern hauptsächlich in gewickelten Rohren genutzt. Hier zeichnet sich die Glasfaser durch ihre sehr gute Medienbeständigkeit und elektrische Isolierwirkung aus.

In der Elektrotechnik werden Glasfasern als Verstärkungsfasern in Leiterplatten oder in elektromagnetisch transparenten Verkleidungen (Radome) genutzt. Die Hochspannungstechnik nutzt die hohen Festigkeiten und die Isoliereigenschaft der Fasern in Isolatoren.

Beim manuellen Technischen Zeichnen auf Zeichenfolie und zur Reinigung werden Glasfaserradierer verwendet.

Siehe auch

Weblinks


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