Fehlerklasse

Fehlerklasse

Die Genauigkeitsklasse eines Messgerätes gibt die maximal zu erwartende Abweichung eines Messwertes vom wahren Wert der gemessenen Größe an, bedingt durch das Messgerät selbst.

Normen verwenden den Begriff z. B. für Stromwandler oder direkt wirkende Messgeräte mit Skalenanzeige. Für Messgeräte mit Ziffernanzeige sind derartige Klassen nicht bekannt. Siehe Hauptartikel: Messgerätefehler, Digitale Auflösung, Digitalmultimeter

Skala eines Drehspulmessgeräts für senkrechte Betriebslage der Klasse 2,5 (Symbole rechts)

Inhaltsverzeichnis

Begriffe

Genauigkeitsklasse

In der für die Messtechnik grundlegenden DIN 1319 wird der Begriff Genauigkeitsklasse so beschrieben:

„Die Genauigkeitsklasse ist eine Klasse von Messgeräten, die vorgegebene messtechnische Forderungen erfüllen, so dass Messabweichungen dieser Messgeräte innerhalb festgelegter Grenzen bleiben.“

Genauigkeit

In DIN EN 60051 wird die Genauigkeit eines Messgerätes definiert als

„Grad der Übereinstimmung zwischen angezeigtem und richtigem Wert. Die Genauigkeit ... ist durch die Grenzen der Eigenabweichung und die Grenzen der Einflusseffekte bestimmt.“

Die Begriffe werden nachfolgend erklärt.

Klassenzeichen

Messgeräte, die bestimmte Anforderungen an die Genauigkeit erfüllen, können einer Genauigkeitsklasse zugeordnet werden. Diese Klasse wird durch ein Klassenzeichen in Form einer Zahl gekennzeichnet. Im Bild oben ist das 2,5. Ein Zusatz, z. B. ein Kreis, der die Zahl umschließt, kann hinzukommen.

Fehlergrenzen für direkt wirkende Messgeräte mit Skalenanzeige

DIN EN 60051
Titel Direkt wirkende anzeigende elektrische Meßgeräte und ihr Zubehör; Meßgeräte mit Skalenanzeige
Bereich Messgeräte
Regelt 60051-1: Definitionen und allgemeine Anforderungen für alle Teile dieser Norm
60051-2: Spezielle Anforderungen für Strom- und Spannungs-Meßgeräte
60051-3, -3/A1: ... für Wirk- und Blindleistungs-Meßgeräte
60051-4: ... für Frequenz-Meßgeräte
60051-5: ... für Phasenverschiebungswinkel-Meßgeräte, Leistungsfaktor-Meßgeräte und Synchronoskope
60051-6: ... für Widerstands- und Leitfähigkeits-Meßgeräte
60051-7: ... für Vielfach-Meßgeräte
60051-8: ... für Zubehör
60051-9, -9/A1, -9/A2: Empfohlene Prüfverfahren
Erscheinungsjahr Deutsche Fassung DIN EN 60051-1: 1999;
-2…-9: 1991…96
Anmerkungen ersetzt: DIN 43780; VDE 0410
Basis: IEC 60051

Die hierzu erlassene EN 60051 ist außerordentlich vielfältig, so dass hier nur Grundzüge erläutert werden. Ältere Messgeräte sind noch nach den ähnlichen Vorgänger-Vorschriften DIN 43780 oder VDE 0410 gefertigt worden.

Außerdem beschränkt sich diese Aufstellung auf Strom- und Spannungs-Messgeräte in den bevorzugten Ausführungen nach EN 60051-2.

Ein Hersteller, der sein Messgerät durch Angabe eines Klassenzeichens qualifiziert, garantiert die Einhaltung

  • der Grenzen der Eigenabweichung (früher des Grundfehlers),
  • der Grenzen der Einflusseffekte.

Eigenabweichung

Wird ein Messgerät unter Referenzbedingungen (denselben Bedingungen wie bei der Justierung) und innerhalb des Messbereiches betrieben, so heißt eine dann auftretende Messabweichung Eigenabweichung.

Grenzwert

Die Eigenabweichung darf die beispielhaft zum Klassenzeichen 2,5 angegebenen Werte nicht übersteigen (im Sinne einer Fehlergrenze dem Betrage nach)

  • 2,5 % des Messbereichsendwertes, wenn der Nullpunkt an einem Ende des Messbereichs liegt,
  • 2,5 % des Messbereichsendwertes, wenn der mechanische oder elektrische Nullpunkt außerhalb des Messbereiches liegt,
  • 2,5 % der Summe (ungeachtet des Vorzeichens) der Messbereichsendwerte, wenn der Nullpunkt innerhalb der Skala liegt.

Bei einem Zusatz zum Klassenzeichen, z. B. Kreis, gilt eine andere Bezugsgröße.

Beispiel: Strommesser mit Messbereich 0 … 100 mA, linear geteilt, Klassenzeichen 1

Die Grenze der Eigenabweichung ist G = 1 % \cdot 100 mA = 1 mA. Diese Grenze ist eine Konstante über den gesamten Messbereich.
Hinweis: Die relative Fehlergrenze g eines Messwertes hat nur bei 100 mA den Wert g = 1 % , für jeden anderen Messwert ist sie größer. Bei 25 mA beträgt sie bereits 4 %, da der Bezugswert für die relative Fehlergrenze des Messwertes der jeweilige Messwert ist.
g = \tfrac{1\ \mathrm{mA}}{100\ \mathrm{mA}} = 0,01 = 1%
g = \tfrac{1\ \mathrm{mA}}{25\ \mathrm{mA}} = 0,04 = 4%

Referenzbedingungen

Zur Definition der Eigenabweichung gehört die Festlegung der Referenzbedingungen (Referenzwert oder -bereich). Im Wesentlichen ist festgelegt:

Einflussgröße Referenzbedingung zulässige Grenzen der Referenzbedingung
Umgebungstemperatur 23 °C (früher 20 °C) 2 K bei Klassenzeichen 0,5 oder größer, sonst 1 K
Lage gemäß Beschriftung
Magnetisches Fremdfeld gänzliches Fehlen Erdfeld erlaubt
Elektrisches Fremdfeld gänzliches Fehlen  
Frequenz einer Wechselgröße 45 … 65 Hz  
Kurvenform einer Wechselgröße sinusförmig  
Welligkeit einer Gleichgröße null  

Messbereich

Da die Angaben zum Grenzwert nur im Messbereich gelten, muss der Messbereich erkennbar sein, falls er nicht mit der Skalenlänge übereinstimmt. Es gibt drei Möglichkeiten der Kennzeichnung des Messbereichs auf der Skala:

  • Keine Feinteilung außerhalb des Messbereiches,
  • Messbereichsgrenze gekennzeichnet durch Punkt,
  • verstärkter (breiter gezeichneter) Skalenbogen im Messbereich.

Einflusseffekte

Wird das Messgerät nicht unter Referenzbedingungen betrieben, so können zusätzlich zur Eigenabweichung weitere Abweichungen entstehen.

Einzelner Einflusseffekt

Bei einer einzelnen, nicht eingehaltenen Einflussgröße darf der von ihr hervorgerufene Einflusseffekt ebenfalls nicht größer sein als der oben mittels des Klassenzeichens festgelegte Grenzwert, allerdings noch versehen mit einem Korrekturfaktor. Dieses gilt allerdings nur in einem bestimmten Nenngebrauchsbereich:

Einflussgröße Grenzen des Nenngebrauchsbereiches Korrekturfaktor
Umgebungstemperatur Referenztemperatur ± 10 °C 100 %
Lage von der Referenzlage aus 5° in jede Richtung  50 %
Frequenz Referenzbereich ± 10 % der jeweiligen Grenze 100 %

Mehrere Einflusseffekte

Wenn zwei oder mehr Einflussgrößen von ihren Referenzbedingungen bis zu einem Wert innerhalb des Nenngebrauchsbereiches abweichen, darf der resultierende Einflusseffekt nicht größer sein als die Summe der zulässigen Einzeleffekte.

Beispiel: Das oben beschriebene Messgerät wird bei 28 °C und um 4° geneigt betrieben.

Dann ist der Grenzwert der Messabweichung G = (1 + 1 + 0,5) mA = 2,5 mA
(Eigenabweichung + Abweichung durch Temperatureinfluss + Abweichung durch Lageeinfluss).

Beispiel: Das oben beschriebene Messgerät wird bei 28 °C und um 10° geneigt betrieben.

Keine Garantie zu eingehaltener Messabweichung, da der Nenngebrauchsbereich nicht eingehalten wird.

Abweichende Referenzbedingungen und Nenngebrauchsbereiche

Von den oben angegebenen Vorgaben der Norm darf abgewichen werden, wenn die Abweichung durch Beschriftung angegeben wird. Zum Beispiel:

Beschriftung Referenzwert (-bereich) Nenngebrauchsbereich
27 °C 27 °C 17 … 37 °C
35…50…60 Hz 50 Hz 35 … 60 Hz
23…23…37 °C 23 °C 23 … 37 °C
35…45…55…60 Hz 45 … 55 Hz 35 … 60 Hz

Mit der Klassenzuordnung verbundene Anforderungen

Zu den Klassen werden nicht nur Anforderungen zur Genauigkeit, sondern verschiedene weitere Vorgaben festgeschrieben wie

  • Bedingungen, die zu beachten sind, wenn es um die Einhaltung der Grenzen geht,
  • Elektrische und mechanische Anforderungen, z. B. Überlastbarkeit, Dämpfung,
  • Aufschriften,
  • Prüfverfahren zur Feststellung der Einhaltung des genormten Verhaltens.

Geschichte

Nach der bis August 1976 geltenden Vorschrift VDE 0410 Regeln für elektrische Meßgeräte wurden diese Geräte in folgende Gruppen eingeteilt:

  • Feinmessgeräte mit den Klassen 0,1 – 0,2 – 0,5
  • Betriebsmessgeräte mit den Klassen 1 – 1,5 – 2,5 – 5

Siehe auch

Fehlergrenze, Fehlerfortpflanzung, Messgerätefehler, Messunsicherheit

Literatur

  • Hans-R. Langner: Grundlagen der elektrischen Messtechnik. (Skript TFH Berlin)

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