Feldschiessen

Feldschiessen

Das Schiesswesen ausser Dienst umfasst alle Übung mit Ordonnanzwaffen und Munition ausserhalb der Kurse der Schweizer Armee, insbesondere die Bundesübungen, sowie sämtliche durch die anerkannten Schützenvereine organisierten freiwilligen Schiessanlässe.

Schiessen zur Erhaltung und Förderung der Wehrfähigkeit hat in der Schweiz eine lange Tradition und ist älter als der Bundesstaat. Das Schiesswesen ausser Dienst hat seinen heutigen Ursprung in der Militärorganisation vom 8. Mai 1850, die erstmals jährliche Zielschiessen vorsah. Es unterscheidet sich in einiger Hinsicht vom Sportschiessen in olympischen Disziplinen, wobei viele Querverbindungen vor allem in der Nachwuchsförderung existieren. Der auch für das Sportschiessen verantwortliche Schweizer Schiesssportverband, vor allem aber die lokalen Vereine sind anerkannt und dürfen die ausserdienstlichen Anlässe des VBS durchführen.

Inhaltsverzeichnis

Grundlage und Ziele

Die Verordnung über das Schiesswesen ausser Dienst[1] reglementiert die Mittel, den Umgang mit Waffen und Munition, und beschreibt die verfolgten Ziele.

Das Schiesswesen ausser Dienst hat den Erfordernissen der Armee zu genügen und erfüllt im Interesse der Landesverteidigung folgende Zwecke:
  • Es ergänzt und entlastet die Schiessausbildung an der persönlichen Waffe in den militärischen Schulen und Kursen.
  • Es erhält die Schiessfertigkeit und fördert das Präzisionsschiessen der Angehörigen der Armee ausser Dienst.
  • Es fördert die Weiterbildung der Schützinnen und Schützen in besonderen Ausbildungskursen.
  • Es ermöglicht die Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der persönlichen Waffe.
  • Es fördert das freiwillige Schiessen.

Schützenvereine

Nur anerkannte Schützenverein dürfen die Anlässe durchführen. Diese werden bei der Durchführung durch die Mitglieder der kantonalen Schiesskommissionen kontrolliert.

„Schiessvereine dürfen Übungen nach dieser Verordnung nur durchführen, wenn sie von der kantonalen Militärbehörde anerkannt sind; diese hören die kantonale Schiesskommission und den zuständigen eidgenösischen Schiessoffizier an.“

Schiessordnung Art. 19, SR 512.31

Schiesspflicht

Angehörigen der Schweizer Armee unterstehen der Schiesspflicht[2]. Sie müssen jährlich die Schiesspräzision mit der persönlichen Waffe unter Beweis zu stellen. Dazu ist das obligatorische Bundesprogramm, im Volksmund das Obligatorisches mir einer vorgeschriebenen minimalen Punktzahl zu absolvieren. Soldaten, Unteroffiziere und Subalternoffiziere müssen bis zum Austritt aus der Armee, längstens jedoch bis zum Ende des Jahres, in dem das 34. Altersjahr vollendet ist, jährlich vor dem 31. August schiessen.

„Von der Schiesspflicht sind namentlich dispensiert:

  • Schiesspflichtige, die im betreffenden Jahr mindestens 45 Tage besoldeten Militärdienst leisten;
  • Schiesspflichtige, die vor dem 1. August einen Auslandurlaub erhalten haben, sowie Militärdienstpflichtige, die aus dem Auslandurlaub zurückkehren und erst nach dem 31. Juli wieder mit der persönlichen Waffe ausgerüstet werden;
  • Schiesspflichtige, deren persönliche Waffe nach Artikel 7 der Verordnung vom 5. Dezember 2003 über die persönliche Ausrüstung der Armeeangehörigen vorsorglich abgenommen wurde und diese erst nach dem 31. Juli zurück erhalten;
  • Militärdienstpflichtige, die wieder in der Armee eingeteilt werden und mit der persönlichen Waffe erst nach dem 31. Juli wieder ausgerüstet worden sind;
  • die von einer medizinischen Untersuchungskommission (UC) Dispensierten, sofern die Dispensation nach dem 31. Juli abläuft;
  • die von der Militärbehörde des Wohnkantons wegen Freiheitsenzug oder Krankheit Dispensierten, sofern die Dispensation nach dem 31. Juli abläuft;
  • Schiessplichtige, die wegen Dienstverweigerung in Strafuntersuchung oder im Strafvollzug stehen;
  • Schiesspflichtige, die ein Gesuch um waffenlosen Militärdienst eingereicht haben, bis über das Gesuch rechtskräftig entschieden wurde;
  • Schiesspflichtige, die ein Gesuch um Zulassung zu Zivildienst eingereicht haben, bis über das Gesuch rechtskräftig entschieden ist.“

Schiessverordung VBS, Art. 6, SR 512.311

Wer den Termin verpasst, erhält eine Geldstrafe von 100 Franken und muss einen Nachschiesskurse besuchen. Im Wiederholungsfall wird die Strafe erhöht, es drohen auch bedingte Gefängnisstrafen.

Die Schiesspflicht gilt als bestanden, wenn der Schiesspflichtige mindestens 42 Punkte mit dem Sturmgewehr bzw. mindestens 120 Punkte mit der Pistole erreicht hat und höchstens drei Nuller geschossen hat. Dazwischen können beliebig viele Probeschüsse (kostenpflichtig) geschossen werden. Wer auch nach zwei weiteren Versuchen (Munition muss bezahlt werden) die Mindestpunktzahl nicht erreicht hat, muss zu einem späteren Termin zu einem Verbliebenenkurs erscheinen.

Zukunft der Schiesspflicht

Die Weiterführung der Schiesspflicht ist wie auch die Aufbewahrung von Ordonnanzwaffe zuhause, politisch umstritten. Von rechtsbürgerlichen Kreisen wird sie aber weiter uneingeschränkt befürwortet.

Das jährliche Üben des gezielten Einzelfeuers ist für die Befürworter ein wichtiger Beitrag zur glaubwürdigen Abschreckungsfähigkeit der Schweiz. Mit den beiden Bundesübungen haben auch nicht Wehrpflichtige und oder aus der Wehrpflicht entlassene die Möglichkeit den Gebrauch der Schusswaffe zu üben. Unterstützung findet die Schiesspflicht ebenfalls bei den Schiessvereinen für welche der Verkauf der Munition eine feste Einnahmequelle ist.

Die Gegner bezweifeln den Sinn des gezielten Einzelfeuers kleinkalibriger Waffen in einem Krieg zwischen regulären Armeen. Aus Sicht der Gegner genügen die Schiessübungen der Wehrpflichtigen im WK für die Wahrung der Abschreckungsfähigkeit. Nach diversen Armeereformen wird der WK im jährlichen Rhythmus absolviert, die ausserdienstlichen Schiessübungen sind für die Gegner somit ein Anachronismus. Weiter ist das Obligatorische für viele Gegner der letzte Grund für die, aus ihrer Sicht unnötige, Aufbewahrung der Ordonnanzwaffe zuhause.

Am 26. Oktober 2007 gab das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport bekannt, dass die Taschenmunition, welche in einer Konservendose versiegelt an jeden aktiven Angehörigen mit einer persönlichen Waffe abgegeben wurde, eingezogen und eingelagert werde. Damit endet eine jahrzehntelang besonders im Kalten Krieg geübte Tradition der Aufbewahrung von Waffe und Munition im Haushalt des Militärdienstpflichtigen.

Schiessanlagen

Die Schiessübungen werden auf den dafür vorgesehenen und von den zuständigen Militärbehörden anerkannten Schiessanlagen oder von den Eidgenössischen Schiessoffizieren bewilligten Schiessgeländen durchgeführt werden. Eine Schiessanlage besteht aus dem Schiessstand, dem Scheibenstand und in der Regel einer elektronischen Trefferanzeige (bei 300 m Anlagen).

Bundesübungen

Die Bundesübungen umfassen das "obligatorisches Bundesprogramm" und das "Eidgenössische Feldschiessen". Beide werden vom Bund aktiv mit Munition und Finanzen unterstützt und die Teilnahme ist dadurch kostenlos.

Obligatorisches Bundesprogramm

Programm 300 m

Das Programm auf 300 m wird mit der Dienstwaffe Sturmgewehr 90 und Sturmgewehr 57, liegend ab Zweibeinstütze geschossen.

Feuerart Scheibe Punktemaximum
5 Schuss Einzelfeuer A 5er je 5, Total 25
5 Schuss Einzelfeuer B 4er je 4, Total 20
1 x 2 Schüsse Schnellfeuer in 20 Sekunden B 4er je 4, Total 8
1 x 3 Schüsse Schnellfeuer in 20 Sekunden B 4er je 4, Total 12
1 x 5 Schüsse Schnellfeuer in 40 Sekunden B 4er je 4, Total 20
Total möglicher Punkte 85

Schützen, die 66 Punkte (für Aktivschützen) und mehr erreichen, erhalten eine Anerkennungskarte.

Programm 50 m

Soldaten und Unteroffiziere, welche mit einer Pistole ausgerüstet sind schiessen stehend ein- oder zweihändig auf 50m Distanz.

Feuerart Scheibe Punktemaximum
5 Schuss Einzelfeuer Scheibe P4 je 4, Total 20
1 x 5 Schuss in 60 Sekunden Scheibe P4 je 4, Total 20
5 Schuss Einzelfeuer Scheibe B5 je 5, Total 25
1 x 5 Schuss in 30 Sekunden Scheibe B5 je 5, Total 25
Total möglicher Punkte 90

Schützen, die 63 Punkte (für Aktivschützen) und mehr erreichen erhalten eine Anerkennungskarte.

Programm 25 m

Geschossen wird stehend ein- oder zweihändig mit der Pistole auf 25m Distanz.

Feuerart Scheibe Punktemaximum
5 Schuss Einzelfeuer Ordonnanz-Schnellfeuer Pistolenscheibe je 10, Total 50
1 x 5 Schüsse Schnellfeuer in 50 Sekunden Ordonnanz-Schnellfeuer Pistolenscheibe je 10, Total 50
1 x 5 Schüsse Schnellfeuer in 40 Sekunden Ordonnanz-Schnellfeuer Pistolenscheibe je 10, Total 50
1 x 5 Schüsse Schnellfeuer in 30 Sekunden Ordonnanz-Schnellfeuer Pistolenscheibe je 10, Total 50
Total möglicher Punkte 200

Schützen, die 175 Punkte (für Aktivschützen) und mehr erreichen erhalten eine Anerkennungskarte.

Eidgenössisches Feldschiessen

Die Entwicklung des Feldschiessen hängt stark mit derjenigen des Obligatorischen Bundesprogramms zusammen. Das erste Feldsektionswettschiessen auf dem Twannberg vom 8. Oktober 1872 als ein Vorläufer angesehen, aber erst ab 1926 nehmen sämtliche Kantone am Feldschiessen teil. Der jährlich Durchführungsmodus etablierte sich im Jahr 1940. Mit 145'000 im Jahr 2006 aktive Teilnehmern wird es als grösstes Schützenfest der Welt betrachtet. Ein Schütze kann sowohl das 300m als auch das Pistolenprogramm absolvieren. Beim Pistolenprogramm muss er sich aber für eine Distanz entscheiden. Die Waffen für das Pistolenprogramm sind frei wählbar, sofern diese in der Schiessverordung VBS (SR 512.311 Art.20 Abs 6) aufgeführt sind.

Programm 300 m

Das Programm auf 300 m wird mit der Dienstwaffe Sturmgewehr 90, Sturmgewehr 57, Karabiner und Langgewehr (die zwei letzteren aber ohne Anspruch auf Beiträge) liegend ab Zweibeinstütze geschossen.

Feuerart Scheibe Punktemaximum
6 Schuss Einzelfeuer B 4er je 4, Total 24
2 x 3 Schuss Schnellfeuer in je 60 Sekunden B 4er je 4, Total 24
1 x 6 Schüsse Schnellfeuer in 60 Sekunden B 4er je 4, Total 24
Total möglicher Punkte 72

Schützen, die 55 Punkte (für Aktivschützen) und mehr erreichen erhalten eine Anerkennungskarte und eine Kranzkarte beim Erreichen von 57 Punkten.

Programm 50 m

Die Schützen Schiessen mit der Pistole stehend ein- oder zweihändig auf 50m Distanz.

Feuerart Scheibe Punktemaximum
6 Schuss Einzelfeuer Scheibe B5 je 5, Total 30
2 x 3 Schuss in je 60 Sekunden Scheibe B5 je 5, Total 30
1 x 6 Schuss in 60 Sekunden Scheibe B5 je 5, Total 30
Total möglicher Punkte 90

Schützen, die 58 Punkte (für Aktivschützen) und mehr erreichen erhalten eine Anerkennungskarte und eine Kranzkarte beim Erreichen von 63 Punkten.

Programm 25 m

Geschossen wird stehend ein- oder zweihändig mit der Pistole auf 25m Distanz.

Feuerart Scheibe Punktemaximum
3 Schuss Einzelfeuer je 20 Sekunden pro Schuss Ordonnanz-Schnellfeuer Pistolenscheibe je 10, Total 30
1 x 5 Schüsse Schnellfeuer in 50 Sekunden Ordonnanz-Schnellfeuer Pistolenscheibe je 10, Total 50
1 x 5 Schüsse Schnellfeuer in 40 Sekunden Ordonnanz-Schnellfeuer Pistolenscheibe je 10, Total 50
1 x 5 Schüsse Schnellfeuer in 30 Sekunden Ordonnanz-Schnellfeuer Pistolenscheibe je 10, Total 50
Total möglicher Punkte 180

Schützen, die 153 Punkte (für Aktivschützen) und mehr erreichen erhalten eine Anerkennungskarte und eine Kranzkarte beim Erreichen von 159 Punkten.

Auszeichnungen

Je acht Anerkennungskarten vom Obligatorischen und acht Anerkennungskarten vom Feldschiessen in derselben Distanz berechtigen den Schützen zum Bezug einer Feldmeisterschaftsmedaille. Pro Distanz werden 3 eidgenössische Medaillen verliehen, wobei die meisten Kantone nach erreichen der goldenen Feldmeisterschaftsmedaille eine vierte kantonale Auszeichnung verleihen.

Zukunft

Das Schiesswesen ausser Dienst wird immer mehr in Frage gestellt, einerseits durch die Diskussion seiner Berechtigung zur Aufrechterhaltung der Wehrfähigkeit, als auch durch Sachzwänge wie die Aufgabe von Schiessanlagen in der Nähe von Wohnzonen, Kosten des Unterhalts der Schiessanlagen und des mangelndend Nachwuchs in den Schützenvereinen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport: Schiessverordnung
  2. Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport: Schiesspflicht

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