Felix Ruckert

Felix Ruckert

Felix Ruckert (* 1959 in Mespelbrunn) ist ein deutscher Tänzer, Choreograf, Konzeptor und Autor. Mit von interaktiven Konzepten geprägten Stücken wie HAUTNAH, RING, DELUXE JOY PILOT und SECRET SERVICE wurde er international bekannt. Es sind Arbeiten, die sich durch Radikalität des Stils, Originalität des Inhalts und unkonventioneller Interpretation des Zuschauer-Darsteller-Verhältnisses auszeichnen. Oft gibt er dem Zuschauer eine aktive Rolle in der Aufführung und konfrontiert ihn mit intensiven Emotionen. Für diese interaktiven Choreografien erfindet er spezielle Techniken zur physischen Kommunikation und Wahrnehmung und entwickelt diese zu einer Kunst der Berührung. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Entwicklung von Improvisationsstrukturen und Kompositionstechniken, „Tools“ genannt.

Zur Zeit lebt er in Berlin und ist künstlerischer Leiter der Compagnie Felix Ruckert/ Berlin e.V., Gründer und Kurator der schwelle7, experimenteller Raum für Tanz und BDSM und Initiator des jährlichen Festivals „xplore“, einer dreitägigen Veranstaltung zu Kreativer Sexualität, BDSM, Performance und Ritual.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Felix Ruckert studierte Tanz an der Folkwang Hochschule Essen sowie in Paris und New York. Zu seinen Lehrern zählten Malou Airaudo, Hans Züllig, Jean Cebron, Barbara Mahler, Maggy Black, Alberto Corvino und Peter Goss.

Schon während seiner Ausbildung begann er eigene Choreografien zu entwickeln. Erste öffentliche Aufmerksamkeit erlangte er durch Auszeichnungen bei Choreografischen Wettbewerben in Cagliari (1987) und Hannover (1989). Cut, uraufgeführt in Paris (1992), verursachte einen ersten Skandal: Schon hier wurde Sexualität explizit thematisiert und das Publikum aufgefordert in den Verlauf der Vorstellung einzugreifen.

Gleichzeitig arbeitete er immer auch als Interpret für andere Choreografen. Er war an den ersten drei Produktionen von Neuer Tanz, Düsseldorf - Wanda Golonka damals noch gemeinsam mit VA Wölfl - beteiligt: Die Böse Minute, Die Schiefe (beide 1987) und Leitz(1988). Er verbrachte drei Jahre in Frankreich, wo er mit den unterschiedlichsten Vertretern der Jeune Danse Francaise arbeitete, darunter Jean Francois Duroure (1990), Mathilde Monnier (1991), Charles Cré-Ange und Sidonie Rochon. Schließlich wurde er von Pina Bausch in ihr Wuppertaler Tanztheater geholt, wo er einen Großteil des Repertoires, darunter Le Sacre du Printemps, Viktor, Kontakthof, Blaubart und Palermo, Palermo tanzte, sowie an der Entstehung von Das Stück mit dem Schiff (1992) und Trauerspiel (1993) mitwirkte.

1994 verließ er die Wuppertaler Truppe, um seine eigene Kompanie in Berlin zu gründen. Seitdem tourt er international mit seinen eigenen Projekten, die von interaktiven Erfahrungen mit dem Publikum über Installationen bis hin zu rein choreographischen Recherchen reichen. Als Gastchoreograf arbeitete er für das Ballet du Rhin, Mulhouse, für das Nationalballett Vietnam und für das Star Dancer Ballet, Tokyo. Sein Improvisationsprojekt Die Küche (1993-1995), ein mehrstündiges Massenritual mit bis zu dreißig Tänzern und Musikern inszenierte er jeweils mit lokalen Künstlern in zwölf verschiedenen Städten Europas. 1995 kreierte er auf Einladung des DOCK 11, Berlin die erste Version von Hautnah, einer Sammlung von Solo-Performances für Solo-Zuschauer. Ein Konzept, welches ihn keineswegs schlagartig bekannt machte - wie immer wieder zu lesen ist - sondern wegen seines ungewöhnlichen und verstörenden Charakters Jahre brauchte, um sich durchzusetzen. Erst 1998 wurde das Stück in seiner dritten Fassung bei der Tanzplattform Deutschland in München gezeigt. 1999 schließlich wurde es von der New York Times unter die zehn wichtigsten Aufführungen des Jahres gewählt. Hautnah absolvierte 243 Vorstellungen weltweit.

Die folgenden Produktionen Krapplack (1997), Schwartz und Eden-Projekt (1998), Ring und Choreografisches Projekt (1999), Stillen , City Sleepers, BlindDates (2000) Deluxe Joy Pilot (2000) Secret Service (2002), Love Zoo (2004), United Kingdom (2006) überraschten Kritiker wie Freunde der Arbeit immer wieder durch radikale Neuanfänge und experimentelle szenische Formen. Oft gibt Ruckert dem Zuschauer eine aktive Rolle in der Aufführung und konfrontiert ihn mit intensiven Emotionen. Dazwischen liegen Phasen der reinen Bewegungsrecherche und der Arbeit an Improvisationsstrukturen. Mush Room (2003) Tools (2002) , Venus in Hanoi (2004) und tokyo-tools (2005) sind Beispiele solcher Arbeiten.

Allen Arbeiten gemeinsam ist die Hinterfragung der Rezeption von Life Performance. Ab 1998 erhielt die Compagnie Felix Ruckert Förderung durch den Berliner Senat und arbeitete am Dock11. Sie wird vom Goethe-Institut bei den zahlreichen internationalen Tourneen unterstützt. 2007 eröffnete schwelle7 als neuer Produktions-und Aufführungsort der Compagnie in Berlin. Auf Einladung auswärtiger Institutionen und Compagnien choreografierte Felix Ruckert aber auch in Antwerpen, Brüssel, Cagliari, Paris, Prag, Lausanne, Montréal, Mulhouse, Toulouse sowie in Kyoto, Tokyo, Japan und Hanoi, Vietnam.

Choreografien

(*** für Compagnie FelixRuckert / Berlin)

  • 1987 Arbeiten/Schlafen/Essen
  • 1988 An/Aus
  • 1989 Trash
  • 1990 Freier Fall
  • 1991 Fauves
  • 1992 Cut
  • 1993-1995 Die Küche
  • 1995 Cibo
  • 1995 Hautnah'Berlin'***
  • 1995 Hafenlos***
  • 1996 Hautnah 'Brussels'
  • 1996 Hautnah 'Berlin II'***
  • 1996 Interferenze
  • 1996 Hautnah 'Hamburg'
  • 1997 Krapplack***
  • 1998 Schwartz***
  • 1998 Eden Projekt***
  • 1999 Ring
  • 1999 Hautnah 'Montréal'
  • 1999 Chor. Projekt***
  • 1999 Sbalit
  • 2000 Stillen***
  • 2000 Kalam
  • 2000 City Sleepers, Station Scores, Blind Dates
  • 2000 Jinnen
  • 2000 deluxe joy pilot***
  • 2001 tXt
  • 2002 Secret Service***
  • 2002 Hotel Leipzig***
  • 2002 Love University
  • 2002 Gender Observation***
  • 2002 The Interviews***
  • 2003 Tools (and Tricks for Survival in Outer Space)
  • 2003 MushRoom***
  • 2004 Love Zoo***
  • 2004 Venus in Hanoi or The Art of Getting Lost
  • 2005 Messiah Game***
  • 2005 Schmerz Konstruktion Schmerz
  • 2005 tokyo-tools: multiple choices and glorious routine
  • 2005 Placebo Treatment***
  • 2006 United Kingdom
  • 2006 Water Music***
  • 2007 Betwixt and Between***
  • 2007 On Pain and Presence***
  • 2008 Die Farm***
  • 2008 Engenho***
  • 2009 Spaces for Stories***
  • 2010 Lust und Lügen
  • 2010 Die Heilige und die Hure[1] (Solo, Choreographie: David Bloom, Tanz: Felix Ruckert)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Süddeutsche Zeitung, Schöne Sünder

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