Fernwärmespeicher

Fernwärmespeicher
Fernwärmespeicher des Kraftwerkes Theiß mit 50.000 m³ Inhalt, welcher das Fernwärmenetz Krems speist. Speichervermögen 2 GWh je Ladevorgang [1]
Fernwärmespeicher in Chemnitz
Fernwärmespeicher mit 100 m³ Inhalt eines Biomasseheizwerkes, rund 4 MWh Speichervermögen je Ladevorgang in Maria Gugging
Puffer (Heiztechnik), also reine Verwendung durch nur einen Verbraucher, eines Gewächshauses
Fernwärmespeicher zur Beheizung von 1.600 Wohneinheiten in London; errichtet etwa 1960. [2]

Fernwärmespeicher (engl. district heating accumulator tower) sind zumeist drucklose, mit Wasser gefüllte Behälter, deren Zweck es ist den Wärmebedarf des Fernwärmenetzes auch bei geringerer Erzeugungsleistung der Fernheizwerke als der momentanen Bedarf des Fernwärmenetzes zu decken. Natürlich kann diese Art der Wärmespeicher auch in Fernkältenetzen zur Speicherung von Kaltwasser eingesetzt werden.

Fernwärmenetze liefern den Kunden die notwendige Wärme für Heizzwecke, Warmwasserbereitung und als Prozesswärme. Der Wärmebedarf bei Tag (etwa in der Zeit von 7–20 Uhr) ist wesentlich höher als in der Nacht und insbesondere die Tagesverbrauchsspitze in der Zeit von 7–9 Uhr ist manchmal fast drei mal so hoch wie die Leistungsabgabe in der Nacht. Diese Leistungsspitzen müssen natürlich auch durch die Fernwärme-Erzeugungsanlagen bereitgestellt werden und dies erfordert die kurzfristige Inbetriebnahme von Heizkessel für nur wenige Minuten am Tag. Um aber die Fernwärmeerzeugung effizienter zu machen, besteht die Möglichkeit, in der Nacht Wärme in den Fernwärmespeicher zu laden und diese am Tage, insbesondere in der Morgenspitze, wieder zu entnehmen.

Inhaltsverzeichnis

Berechnung der Speicherdichten

Die Speicherdichte  \Q (kWh/m³) gibt als Kenngröße bekannt, wie viele Arbeit (kWh) in einen Kubikmeter Speicher gepuffert werden können. Sie errechnet sich – im Falle ohne Phasenumwandlung – durch:

 \Q = \rho \, cp\, \Delta T

wobei:

ΔT die Temperaturdifferenz zwischen einströmenden und ausströmenden Medium des Speichers in Kelvin,
ρ die Dichte in kg m−3 und
cp die Wärmekapazität kJ kg−1 K−1 ist. [3]

Bei einer Phasenumwandlung wird die Speicherdichte zusätzlich erhöht. Die im Phasenwechsel gespeicherte Energie errechnet sich zu:

 \Q = \rho {L}

wobei:

ρ die Dichte in kg m−3
L ist die Schmelzenthalpie kJ kg−1

Typische Speicherdichten

  • Kältespeicher auf Basis einer Wasserfüllung: 7 kWh/m³
  • Kältespeicher mit Phasenumwandung von Wasser (fest-flüssig): 60 bis 80 kWh/m³
  • Druckloser Fernwärmespeicher auf Basis einer Wasserfüllung: 40 kWh/m³
  • Fernwärmedruckspeicher: 90 kWh/m³

Aufbau und Betrieb von Fernwärmespeichern

Einteilung nach Bauweise

Fernwärmespeicher lassen sich grundsätzlich nach der Bauweise einteilen in

  • drucklose Fernwärmespeicher, also bis maximal 100 °C betreibbare, und
  • Druckspeicher, die mit über 100 °C und gegebenenfalls bis ca. 150 °C betreibbar sind,

unterscheidet.

Beim drucklosen Speicher nimmt der Fernwärmespeicher selbst die Volumenänderung, die durch die Erwärmung entsteht, auf (Bauartbeispiel: siehe Foto Fernwärmespeicher des Kraftwerkes Theiß); nicht jedoch so bei den Druckspeichern, da muss die Volumenänderung aufgrund der Wärmedehnung des Wassers durch die Druckhaltung aufgenommen bzw. abgeführt werden (Bauartbeispiel: siehe Foto Fernwärmespeicher Maria Gugging). Der drucklose Speicher kann gleichzeitig als Druckhalteeinrichtung genutzt werden, so wie dies beim Salzburger Fernwärmespeicher vorgesehen ist, der 2011 in Betrieb geht. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der Wasserspiegel des Speichers genau auf den hydrostatischen Nullpunkt des Fernwärmenetzes liegt.
Ist dies nicht der Fall, so ist es bei drucklosen Speichern erforderlich, bei Entnahme von Wärme das Fernheizwasser über eine Drossel in den Speicher hineinzulassen und andererseits das heiße Wasser von der Oberseite auf den Druck des Fernheiznetzes mittels einer Pumpe zu bringen. Damit stellt der Fernwärmespeicher gleichzeitig die Druckhaltung für das Fernwärmenetze dar. Dieser Energieaufwand kann jedoch auch bei den Druckspeichern entfallen, bei denen nur das Volumen der Wärmeausdehnung in der Druckhalteanlage gedrosselt oder gepumpt werden muss.

Einteilung nach Betriebsweise

Man kann die Fernwärmespeicher auch funktional nach der Betriebsweise einteilen, je nachdem wie oft der Speicher beladen wird und kennt damit folgende Arten:

  • Kesselmindestlastspeicher,
  • Morgenspitzenspeicher,
  • Tagesspeicher und
  • Wochenendspeicher.

Kältespeicher

Kältespeicher sind grundsätzlich ähnlich aufgebaut wie Fernwärmespeicher. Aufgrund der meist geringen Temperaturspreizung zwischen Vor- und Rücklauf sind diese jedoch bezogen auf Ihre Speicherarbeit zumeist besonders groß.

Eisspeicher

Bei Kältespeichern gibt es noch die Besonderheit der Eisspeicher, die früher als Eiswasserspeicher in Molkereien und Brauereien in Anwendung waren. Dabei wird das Kältemittel (früher zumeist Ammoniak, heute oftmals das FKW-Kältemittel 134a) direkt innerhalb von Stahlrohren, die in einem Wasserbecken liegen, verdampft. An der Außenseite bilden sich Eisschichten. Dieses Eis speichert die Kälte perfekt und bei stoßartiger Kühlwasserentnahme aus dem Wasserbecken kann genügend Kälte bereitgestellt werden.

Anwendungsbeispiel: In der Milchsammelstelle wurde früher warme Milch morgens und/oder abends angeliefert, die in kurzer Zeit abgekühlt werden musste und hohe Kühlenergien waren erforderlich. Für diese Anwendung ist die Eiswasserspeicheranlage auch heute noch ideal. Mit einer leistungsschwächeren Kühlmaschine, als bei direkt Kühlung, kann über die Nacht oder zumindest über eine längere Dauer das Eis erzeugt werden. 6.000 Liter Milch müssen von 30°C auf 4°C zügig abgekühlt werden. Dazu wird eine Eismasse von ca. 2.000 kg benötigt. Bei neueren Anlagen wird die Kälte von der Kältemaschine direkt auf ein Wasser-Glykolgemisch bei Minusgraden übertragen und dieses fließt in Kunststoffleitungen in mehreren Rohrreihen durch das Kühlwasserbecken. An den Rohrschlangen bildet sich nun wieder Eis, welches als über die hohe Schmelzenthalpie wesentlich mehr Kälte speichern kann als Wasser. [3]

Die Kosteneinsparung die mit Eisspeichern erreicht wird, basiert darauf, dass die für die Spitzenlastdeckung vorgesehene Kompressionskältemaschine nicht in der Hochtarifzeit läuft und die notwendige Kälte vom Eisspeicher bereitgestellt wird. In den Nachtstunden (Niedertarifzeit) wird er von der Kältemaschine wieder aufgeladen und somit für den Tag neues Eis bereitgestellt; neben dem Tarifvorteil gibt es auch noch den Thermodynamischen: In der Nacht ist, bedingt durch die niedrigere Aussentemperatur, die Arbeitszahl der Kältemaschine besser und so kann die für die Eiserzeugung notwendige tiefere Temperatur sogar noch bei geringfügig besserer Arbeitszahl erzeugt werden. [4]

Die größten Fernwärmespeicher und Kältespeicher

Unternehmen Standort Volumen in m³ Sonstige Hinweise
EVN AG Kraftwerk Theiß /NÖ 50.000 Durchmesser 50 m, Wärmelieferung für Krems und Gedersdorf durch die EVN Wärme GmbH [5] [1]
Linz AG Fernheizkraftwerk Linz-Mitte 34.500 [6]
Salzburg AG Salzburg 29.000 Höhe 45 Meter, in Bau
Fernwärme Verbund Saar GmbH Industriehafen Saarlouis/Roden 23.000 Höhe 60 m, Durchmesser 22 m, Foto [7]
Kraftwerk Timelkam Timelkam 20.000 max. Wassertemperatur 98 °C, Inbetriebnahme Ende 2009 [8]
Stadtwerke Augsburg Energie GmbH Heizkraftwerk Augsburg Ost 8.000 [9]
Stadtwerke Münster GmbH Münster 8.000 Zum GuD-Kraftwerk Münster Hafen; installiert wurden die 4 Wärmespeicherbehälter mit einem Fassungsvermögen von je 2000 Kubikmetern im alten Kohlebunker am Hafen [10]
Østkraft Rønne 6.700 Holz als Energieträger: Tabelle 19 mit Beschreibung der Anlage [11]
Boehringer Ingelheim Biberach 6.500 Kältespeicher, Höhe 27 m [12] [13]
EVH GmbH Halle/Saale, Dieselstrasse 6.000 [14]
Vestkraft a.m.b.a. Måbjerg bei Holstebro 5.000 Holz als Energieträger: Schaubild 25, Verfahrensfliessbild der Anlage [11]
Assens Fjernvarme [15] Assens 5.000 2 mal 2.500 m³ [11] unter Verwendung von alten Öltanks
Elektrizitätswerk Wels AG Wels 4.000
Stadtwerke Chemnitz Chemnitz, Georgstraße 3.500 Höhe 19 m, Durchmesser 17 m, Kältespeicher, Kurzzeit- Großkältespeicher [16] [17]
Stadtwerke Chemnitz Chemnitz, Georgstraße  ??? 36 Stück Tanks, siehe Foto
Stadtwerke Rosenheim Rosenheim, Färberstrasse 500 Durchmesser 4 Meter, Höhe 20 Meter, 2 Stück, Foto [18]

Siehe auch

Weblinks

  • Machbarkeitsstudie (PDF) zur Stärkung der Kraft-Wärme-Kopplung durch den Einsatz von Kältespeichern in großen Versorgungssystemen, Chemnitz

Einzelnachweise

  1. a b EVN, Fernwärmespeicher Theiß, Bericht und Abbildung Stand 21.Mai 2009
  2. Kurzfilm der die Errichtung und die Nutzung des Fernwärmespeichers einer Londoner Wohnsiedlung beschreibt. Stand 29. August 2010
  3. a b [1] Ernst-Rudolf Schramek, Taschenbuch für Heizung + Klimatechnik, 07/08 Stand: 11. September 2010
  4. [2] Eisspeicher Photos, Stand: 11. September 2010
  5. Pressemeldung EVN AG vom 11. Januar 2008 Stand 22.Feber 2009
  6. Pressemeldung der Linz AG Stand 31.Dez 2008
  7. Bild vom Dillinger Hafen und mittig der Fernwärmespeicher Stand 31.Dez 2008
  8. Beschreibung der Projektes Seite 11 Stand 20. Oktober 2010
  9. Herstellerangabe von Kraftanlagen München Stand 31.Dez 2008
  10. [3] Aus Kohlebunker wird „Thermoskanne“ - Kohlebunker am Hafen hat neues Innenleben
  11. a b c Schema der Anlage Fernwärme Måbjerg Stand 31.Dez 2008
  12. Fachartikel: F&E für große Kältespeicher stößt auf Resonanz Stand 21.Mai 2009
  13. Responsible Care®-Bericht 2009: Neue Kälteversorgung in Biberach, Seite 21 Stand 21.Mai 2009
  14. Amtsblatt der Stadt Halle(Saale) Seite 2 Stand 31.Dez 2008
  15. Home Page mit Photo der Fernwärmespeicher Stand 25. Juli 2010
  16. Beschreibung des Kältespeicherprojektes Chemnitz Stand 31.Dez 2008
  17. [4] Chemnitzer Großkältespeicher, Stand 12 Sept 2010
  18. Power Bladl Kundenzeitschrift der Stadtwerke Rosenheim, Titelseite und Seite 6Stand 31.Mai 2009

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