Fideismus

Fideismus

Fideismus (v. lat. fides = Glaube) ist ein religions- und glaubensphilosophischer Begriff. Für Fideisten hat der Glaube absoluten Vorrang vor der Vernunft.

Inhaltsverzeichnis

Verständnis in der katholischen Kirche

Der Fideismus wurde begründet durch Joseph de Maistre (1753–1821) und Louis de Bonald (1754–1840), dann durch Félicité de Lamennais (1782–1854) (Essai sur l'indifferénce en matière de religion I–IV, 1817–23) fortgebildet. Ähnliches findet sich auch bei Louis Eugène Marie Bautain (1796–1867). Diese Denker waren der Ansicht, dass einzige Quelle des Glaubens und deswegen auch Ursprung des religiösen Wissens eine übernatürliche Offenbarung sei.[1] Diese Lehre, die der menschlichen Vernunft grundsätzlich misstraute, wurde in der folgenden Zeit von der katholischen Kirche bekämpft.

Im Jahre 1840 musste Bautain eine Erklärung unterschreiben, die ihm von Papst Gregor XVI. vorgelegt wurde. Darin musste er anerkennen, dass es neben der Offenbarung auch "auf dem Weg einer rein natürlichen Erkenntnis [eine] Gewißheit über das Dasein Gottes" geben könne.[2]

Der Fideismus war neben Frankreich auch in Deutschland und Belgien präsent. Die Kritik, die letztlich zur Ablehnung des Fideismus als Häresie führte, machte sich gerade an der substantiellen Vorordnung der Gotteserkenntnis im Glauben vor derjenigen in der Vernunft fest, da sich die Theologie jedweder argumentativ darstellbarer Grundlage entblößt hätte. In neuerer Zeit wird der Fideismus in der Enzyklika Fides et Ratio von Johannes Paul II. ausdrücklich verworfen.[3]

Evangelisch-reformiertes Verständnis

Der Begriff bedeutet im Verständnis der Reformierten Kirchen, dass nur der Glauben als solcher entscheidend ist, nicht der Glaubensinhalt.[4]

Weitere Bedeutungen

Im sog. Symbolfideismus des Auguste Sabatier und Eugène Ménégoz (auch Pariser Schule genannt) wurde die strikte Vorordnung der Offenbarung dann beibehalten, dieser, wie alle anderen religiösen Begriffe, nun aber als Symbole interpretiert. Diese bewusst vorgenommene Relativierung sollte eine Vermittlung zwischen Orthodoxie und Liberaler Theologie ermöglichen, blieb aber Episode.

In der Religionsphilosophie versteht man unter Fideismus die Ansicht, dass religiöser Glaube keiner rationalen Begründung fähig ist, da Glaube und Vernunft einander ausschließen.

Vertreter des Fideismus

Wichtige Vertreter einer fideistischen Religionsphilosophie sind u. a. Tertullian und Sören Kierkegaard. Auch Wittgenstein wird des Öfteren als Fideist verstanden.

Einzelnachweise

  1. Wörterbuch Theologie. Website fernkurs-wuerzburg.de. Abgerufen am 25. Juli 2011.
  2. Josef Neuner SJ und Heinrich Roos SJ: Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung, herausgegeben von Karl Rahner SJ, Friedrich Pustet, Regensburg 1965 (7. Auflage), S. 34
  3. Fides et Ratio, Ziff. 52. Website des Vatikans. Abgerufen am 25. Juli 2011.
  4. Fideismus bei wissenschaft-online. Webseite wissenschaft-online.de. Abgerufen am 25. Juli 2011.

Weblinks


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