Flaggen der nationalen Minderheiten in Deutschland

Flaggen der nationalen Minderheiten in Deutschland

Mit den Flaggen der nationalen Minderheiten in Deutschland repräsentieren sich die nationalen Minderheiten, die in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt sind. Dabei haben die Flaggen einen unterschiedlichen Status. Während einige in die Gesetzgebung aufgenommen wurden, sind andere nur durch die Interessenverbände der Minderheiten legitimiert.

Inhaltsverzeichnis

Die nationalen Minderheiten

Den rechtlichen Status einer nationalen Minderheiten haben jene Gruppen in Deutschland, deren Angehörige deutsche Staatsangehörige sind, sich vom Mehrheitsvolk durch eigene Sprache, Kultur und Geschichte unterscheiden, also eine eigene Identität haben, diese Identität bewahren wollen, traditionell in Deutschland heimisch sind und in Deutschland in angestammten Siedlungsgebieten leben. Das Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten findet in Deutschland auf die Dänen in Schleswig-Holstein, die Friesen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, die Sorben in Brandenburg und Sachsen sowie die Roma und Sinti Anwendung.[1]

Die Flaggen der Dänen

Neben dem Dannebrog verwendet die dänische Minderheit im Landesteil Schleswig (Südschleswig) ein Wappenbanner mit zwei schreitenden blauen Löwen auf gelbem Grund (Schleswigsche Löwen).

Die dänische Minderheit in Südschleswig verwendete vor dem Zweiten Weltkrieg als Symbol die dänische Flagge. Als Vertreter der Minderheit nach dem Krieg bei der Britischen Besatzungsmacht die erneute Verwendung der Flagge beantragten, wurde dies 1946 aber abgelehnt, da die Verwendung jeglicher Flaggen in den ersten Nachkriegsjahren generell verboten war. Da ihnen der Dannebrog verboten war, begann die dänische Bewegung eine eigene Flagge zu entwerfen. 1949/50 wurde sie schließlich eingeführt. Die neue Flagge leitete sich vom Wappen Schleswigs ab: Zwei springende, blaue Löwen auf gelbem Grund.

Mit den Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955 wurde die Verwendung des Dannebrog wieder erlaubt. Trotzdem findet die Flagge mit den Schleswigschen Löwen weiter ihre Verwendung. In einer Abwandlung ist sie das Symbol des Südschleswigschen Vereins.[2]

Die Flaggen der Friesen

Die Friesen sind seit jeher territorial und sprachlich sehr zersplittert. So haben sich auch unterschiedliche Flaggen entwickelt.

Die Flagge der Nordfriesen ist eine horizontale Trikolore in Gold, Rot und Blau. Teilweise wird darauf auch das nordfriesische Wappen abgebildet.[3] Die friesische Farben sind durch das Friesisch-Gesetz (Friisk Gesäts) des Bundeslands Schleswig-Holstein vom 11. November 2004 in § 5 offiziell anerkannt und dürfen neben den Landesfarben gezeigt werden.[4] Eine Flagge die erstmals das Wappen der Nordfriesen zeigte, wurde beim ersten Volksfest der Nordfriesen am 10. Juni 1844 in Bredstedt gesetzt.[5] Der Kreis Nordfriesland führt eine eigene Flagge, die sein Wappen als Grundlage hat.[6]

Die Saterfriesen leben in der Gemeinde Saterland, die über eine offizielle Flagge verfügt. Sie zeigt das Wappen der Gemeinde auf einem gelben Streifen und zwei hellblauen Randstreifen. Das Breitenverhältnis der Streifen beträgt 1:3:1.[7]

Ostfriesland hat eine horizontale Trikolore in schwarz-rot-blau. Die Farben sind dem Wappen Ostfrieslands entnommen: Schwarz ist die Grundfarbe des Cirksena-Wappens, das Rot entstammt dem Wappen der tom Brok und Blau steht für das Harlingerland. Wappen und Flagge stammen von der Grafschaft und späterem Fürstentum Ostfriesland, das 1744 in Preußen aufging. Die ostfriesische Flagge hat heute wieder offiziellen Status, da sie von der Ostfriesischen Landschaft, einem Höheren Kommunalverband, im Jahr 1989 offiziell angenommen wurde.[8] Im privaten Gebrauch verwenden viele Ostfriesen die Flagge auch in Verbindung mit dem gräflichen Wappen Ostfrieslands.

Daneben existieren weitere Flaggen von Gebietskörperschaften oder Verbänden, mit denen sich Friesen in Deutschland identifizieren, etwa die Flagge der Insel Helgoland oder des Landes Wursten.

Am 23. September 2006 wurde eine so genannte Interfriesische Flagge von der vor allem in den Niederlanden beheimateten Gruppierung Groep fan Auwerk vorgestellt, die sowohl Nord-, Ost-, als auch die in den Niederlanden lebenden Westfriesen repräsentieren soll und eng mit dem von der Gruppe verfolgten Idee eines großfriesischen Staats verknüpft ist.[9] Das weiße skandinavische Kreuz, auf blauem Kreuz, auf goldenem Grund weist auf eine kulturelle Gemeinsamkeit der Friesen mit den skandinavischen Völkern und auf die christliche Religion hin. Es stellt die Verbindung der vier Teile der Flagge dar. Die Farben leiten sich von den bestehenden Flaggen der friesischen Gruppen ab. Das Gelb (Gold) stammt aus der Flagge der Nordfriesen und der Flagge der Gemeinde Saterland. Es findet sich aber auch in den Löwen der Wappen der niederländischen Provinz Friesland und Region Westfriesland wieder. Blau ist in fast jeder friesischen Flagge vertreten. Weiß kommt in den Flaggen von Helgoland, Westergo und Ameland vor. Die roten Seerosenblätter (Pompeblêden) sind der Flagge des niederländischen Frieslands entliehen. Rot kommt auch in den Flaggen von Groningen, Oostergo, Saterland, Ostfriesland, Helgoland und Nordfriesland vor. Gelb/Gold symbolisiert den Reichtum, eine goldene Zukunft und fruchtbaren Boden, bedeckt mit Butterblumen, Getreide und Raps. Die Deiche werden auch als „goldener Ring“ bezeichnet. Blau steht für das Wasser, das Meer und die Kanäle. Weiß ist das Sonnenlicht, das über das Wasser und auf die Erde scheint. Weiß steht auch für den Frieden. Die vier Seerosenblätter sollen für die von der Groep fan Auwerk deklarierten vier Teile des heutigen Frieslandes stehen, nämlich für West-, Ost- und Nordfriesland sowie für die von der Gruppe Südfriesland genannte Provinz Groningen, deren Einwohner sich aber bereits seit Jahrhunderten nicht mehr den Friesen zugehörig fühlen und dementsprechend auch nicht in friesischen Verbänden vertreten sind.[10]

Die Flagge der Groep fan Auwerk geriet nach der Vorstellung in die Kritik[11] und findet bis heute außerhalb der Gruppierung kaum Verwendung. Auch der Interfriesischen Rat lehnte den Entwurf aus verschiedenen Gründen ab. Allerdings griff der Rat die Idee einer gesamtfriesischen Flagge auf[12] und nahm im Juni 2009 schließlich eine Flagge an, die ebenfalls als gesamtfriesische Flagge gelten soll. Sie zeigt auf "europablauem" Grund einen Ring, der auf den drei traditionellen Sektionsflaggen des Rates basiert und deren Farben in der geographischen Anordnung der drei Frieslande darstellt. Die Anlehnung an die Europaflagge soll zeigen, dass die Friesen überzeugte Europäer sind, da sie bereits im Friesischen Manifest 1955 die europäische Einigung forderten. Der Kreis steht für die Geschlossenheit der Friesen. Dieser explizit moderne Flaggenentwurf hatte sich im vorhergehenden Auswahlverfahren gegen traditionelle und historische Vorschläge durchgesetzt.[13]

Die Flagge der Roma

Flagge der Roma

Hauptartikel: Flagge der Roma

Bereits 1933 wurde auf einer Konferenz der Roma eine blau-grüne Flagge als Symbol angenommen. Blau stellte dabei den Himmel und die spirituellen Werte dar, Grün das Land und die weltlichen Werte. 1971 wurde auf dem ersten „World Romani Congress“ die Flagge mit einem Rad mit 16 Speichen ergänzt und bestätigt. Das Rad steht für Bewegung und Fortschritt. Es kann auch als Chakra interpretiert werden, das eine Verbindung zur indischer Herkunft darstellt. Ein Chakra findet sich auch in der Flagge Indiens.[14][15]

Die Flagge der Sorben

Flagge der Sorben

Die Flagge der Sorben wird erstmals im Jahr 1842 erwähnt. Am 23. März 1848 wurde die Farbreihenfolge in Berlin durch Repräsentanten verschiedener slawischer Ethnien festgelegt, um sie von den anderen in den panslawischen Farben gehaltenen Flaggen zu unterscheiden. 1912 wurde der Bund Lausitzer Sorben (Domowina) als Dachorganisation der Sorben gegründet. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden 1935 die Flagge und 1937 der Bund verboten. Nach dem Einmarsch sowjetischer und polnischer Truppen in die Lausitz wurde die Flagge am 17. Mai 1945 erstmals wieder durch die Domowina gesetzt. In den Flaggengesetzen der Deutschen Demokratischen Republik wurde die sorbische Flagge nicht erwähnt. Die Räte der Bezirke Cottbus und Dresden regelten aber ihre Verwendung zu besonderen Anlässen und an Feiertagen. In den Verfassungen der Bundesländer Sachsen[16] und Brandenburg (4. Abschnitt, Artikel 26)[17] wird die Flagge als Symbol der Sorben aufgeführt und ihre gleichberechtigte Verwendung mit den jeweiligen Landesflaggen im sorbischen Siedlungsgebiet festgeschrieben.

Die Farben werden manchmal wie folgt beschrieben: „Oben ist der Himmel, der nach unten heller und heller wird.“[18] Der sorbische Dichter Handrij Zejler gab den Farben in seinen Gedichten folgende Bedeutung: Blau ist der Himmel, Rot der Sonnenaufgang und die Liebe, Weiß die Unschuld.[19]

Einzelnachweise

  1. Bundesministerium des Innern: „Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland zu der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses zu dem Bericht über die Umsetzung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten in der Bundesrepublik Deutschland“
  2. Flags of the World - Danish Minority in South Schleswig (Schleswig-Holstein, Germany)
  3. Landesregierung Schleswig-Holstein: Friesisch
  4. Friesisch-Gesetz § 5
  5. Kreis Nordfriesland - Die Herkunft des Nordfriesen-Wappens
  6. Kreis Nordfriesland - Fahne des Kreises Nordfriesland
  7. Webseite der Gemeinde Saterland: Wappen und Flagge
  8. Satzung der Ostfriesischen Landschaft, Artikel V (Wappen, Flagge und Dienstsiegel)
  9. http://de.groepfanauwerk.org/newpage1.html
  10. Hermann Niebaum: Der Niedergang des Friesischen zwischen Lauwers und Weser. In: Horst H. Munske (Hrsg.): Handbuch des Friesischen. Niemeyer, Tübingen 2001, S.430 ff.
  11. Artikel im Leeuwarder Courant vom 2. Oktober 2006
  12. Interfriesischere Rat, 6. Juni 2007, Friesen wollen gemeinsame Flagge
  13. http://interfriesischerrat.de/index.php?option=com_content&task=view&id=39&Itemid=1
  14. Flags of the World - Rom (englisch)
  15. ROMANI NATIONALISM, FLAG AND ANTHEM (englisch)
  16. Flags of the World - Flag Legislation (Saxony, Germany) (englisch)
  17. Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg, Nr. 9 vom 7. Juni 1991. und Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg, Nr. 18 vom 20. August 1992, Artikel 25
  18. Flags of the World - Sorb People (Brandenburg and Saxony, Germany) (englisch)
  19. Flaggenkunde.de (deutsch)

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