Alagna Valsesia

Alagna Valsesia
Alagna Valsesia
Kein Wappen vorhanden.
Alagna Valsesia (Italien)
Alagna Valsesia
Staat: Italien
Region: Piemont
Provinz: Vercelli (VC)
Koordinaten: 45° 51′ N, 7° 56′ O45.8538888888897.93722222222221154Koordinaten: 45° 51′ 14″ N, 7° 56′ 14″ O
Höhe: 1.154 m s.l.m.
Fläche: 72 km²
Einwohner: 434 (31. Dez. 2010)[1]
Bevölkerungsdichte: 6 Einw./km²
Postleitzahl: 13021
Vorwahl: 0163
ISTAT-Nummer: 002002
Demonym: Alagnesi
Schutzpatron: Johannes der Täufer
Website: comune.alagnavalsesia.vc.it
Zentrum von Alagna Valsesia

Alagna Valsesia (walserdeutsch Lannja oder Im Land) ist ein italienisches Bergdorf mit 434 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2010) in der Provinz Vercelli, Region Piemont.

Die Gemeinde besteht aus den vier Regionen Centro, Otro (dt. in Olter), Oubna-um und Unna-hin, zu denen unter andern die Fraktionen Centro (dt. zar Chilchu), Resiga (dt. zar Sogu), Riale (dt. im Grobe), Pedelegno (dt. z Pudelenn), Follu (dt. in d Follu), al Dosso (dt. fum Diss), alle Piane (dt. fum d Boudma), al Goreto (dt. im Garai), al Ponte (dt. zam Steg), Pedemonte (dt. z Kantmud) und al Ronco (dt. im Rong) gehören. Nachbargemeinden sind Gressoney, Macugnaga, Rima San Giuseppe, Riva Valdobbia und Zermatt. Schutzpatron des Ortes ist Johannes der Täufer.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Alagna ist der oberste Ort im Valsesia an der Südseite des Monte-Rosa-Massivs auf einer Höhe von 1205 m. Der Ort nimmt eine Fläche von 72 km² ein und hat eine Einwohnerdichte von 6 Einwohnern/km².

Geschichte und Sprache

Wie Rima, Carcoforo und Rimella wurde auch Alagna im 13. und 14. Jahrhundert von den Walsern besiedelt. Auf sie gehen der örtliche höchstalemannische Dialekt, gewisse Traditionen und die typischen Holzbauten zurück. Ein (nur im Sommer geöffnetes) Museum über die Dorfkultur findet sich in der Fraktion Pedemonte.

Das Walserdeutsche ist in Alagna allerdings im Laufe des 20. Jahrhunderts weitgehend ausgestorben. Dokumentiert ist es insbesondere in den beiden folgenden Werken:

  • Giovanni Giordani: La colonia tedesca di Alagna-Valsesia e il suo dialetto. 2. Aufl. Varallo Sesia 1927 (später nachgedruckt).
  • Emil Balmer: Die Walser im Piemont. Vom Leben und von der Sprache der deutschen Ansiedler hinterm Monte Rosa. Bern 1949.

Ein neues Mundartwörterbuch ist 2008 erschienen:

  • Sergio Maria Gilardino: I Walser e la loro lingua. Dal grande nord alle alpi. Dizionario della lingua walser di Alagna Valsesia, Zeisciu, Alagna Valsesia, 2008

Wirtschaft und Tourismus

In der Vergangenheit wurde in Alagna Gold abgebaut, heute ist der Ort bekannt für die vielfältigen Möglichkeiten zum Bergsteigen und für den Wintersport. Bereits früh gewann der Ort wichtige touristische Bedeutung durch seine Nähe zum Monte Rosa und diente als Talort für Besteigungen der Gipfel des Massivs.

Bau der Anlagen am Belvedere

1947 wurde eine kuppelbare Einseilumlaufbahn durch die Firma Piemonte Funivie aus dem Dorfzentrum auf einen oberhalb gelegenen Felssims mit dem Namen Belvedere errichtet. Die Anlage war die erste kuppelbare Kabinenbahn der Welt und zeichnete sich durch eine extrem steile Trasse aus. Der erschlossene Berg ist geprägt durch einen beeindruckenden Blick auf das Monte Rosa Massiv, dem er seinen Namen verdankt ("Schöne Aussicht"). Neben der Bergstation wurde ein Hotel errichtet, das jedoch später niederbrannte. Spätestens mit dem Bau eines kurzen Schleppliftes und einer Sesselbahn durch die Firma Marchisio war seit den 50er Jahren auch Skisport möglich. Seit einem schweren Unglück Anfang der 1970er Jahre, bei dem eine Gondel über das Seil im Steilstück abrutsche und auf folgende Gondeln prallte, liegen sämtliche Anlagen am Belvedere brach.

Bau der Punta-Indren-Seilbahn

In der Zeit von 1958 bis 1965 wurde unter maßgeblicher Leitung des im Tal geborenen Ingenieurs Giorgio Rolandi in drei Sektionen eine Ceretti e Tanfani Pendelbahn auf die 3260 m hohe Punta Indren gebaut. Die Bahn erschloss den inmitten von Gletschern gelegenen Felsgrat, der Teil der Südflanke des Monte Rosa ist, in drei Sektionen über die Mittelstationen Zar Oltu (1800 m) und Bocchetta delle Pisse (2400 m). Diese Anlage stellte eine der beeindruckendsten Bahnen der Alpen dar und war mit ihrer exponierten, extrem langen und sehr abgelegenen Trasse eine absolute technische Meisterleistung. Wie aufwändig der Bau war, zeigt sich nicht nur in der sehr langen Bauzeit, sondern auch der Errichtung einer bis heute in Teilen vorhandenen für sich bereits sehr aufwändigen Bauseilbahn. Auch die massiven Betonstationen zeugen von einem Ingenieursgeist, der den extremen klimatischen Bedingungen des rauen Hochgebirges etwas entgegensetzen wollte. Um im Gletscherbereich überhaupt bauen zu können, musste eigens besondere Vorkehrungen in Form einer Art Sarkophag getroffen werden. Eine weitere technische Besonderheit ist eine sehr hohe Betonstütze in der Mitte der dritten Sektion der Punta Indren Seilbahn, die als Mitteleinstieg für Schifahrer gebaut worden war.

Etwa Ende der 1960er Jahre folgten zwei Schlepplifte auf dem Indren- und dem Borsgletscher, die den Sommerschibetrieb ermöglichten und ebenfalls sehr beeindruckende Konstruktionen darstellten. Da im Gletscherbereich keine Stromkabel verlegt werden konnten, wurden die Antriebe der Anlagen in die Seilbahnbergstation integriert und die Schlepplifte als sogenannte Dreieckslifte ausgeführt. Bei diesen beiden Liften läuft das Rückseil statt direkt zur Talstation über extrem aufwändige Konstruktionen über die Felsgrate zu einer dritten Station - dem Antrieb an der Seilbahnbergstation - und erst von dort wieder zur Talstation zurück. Damit können die Lifte von der zentralen Seilbahnbergstation aus angetrieben werden.

Der Lift auf dem Borsgletscher wurde Anfang der 1980er Jahre durch eine Lawine endgültig zerstört und besteht seitdem nur noch als Ruine. Der Lift auf dem Indrengletscher wurde Anfang der 90er Jahre komplett ersetzt, die Reste der alten Anlage sind heute noch neben der bestehenden Anlage im Bereich der Bergstation zu sehen. Anfang der 1980er Jahre folgte ein zweiter Lift auf dem Indrengletscher (Rocette), der bis in eine Höhe von 3550 m an der Borsscharte (Forcella Bors) führt.

Zusätzliche Beschäftigungsanlagen wurden beim Bau der Seilbahn in den sechziger Jahren in Form des Balmdakorbliftes und des Einersessellifte "Mullero" im Bereich der zweiten Mittelstation Bocchetta delle Pisse errichtet. Der Balmakorblift wurde Mitte der 1980er Jahre ebenfalls durch eine Lawine zerstört und anschließend lawinensicher wieder aufgebaut, was zu der legendären bunkerartigen Talstation und dem berüchtigten extrem langen und sehr hohen ersten Spannfeld führte.

Touristischer Aufschwung und Niedergang

Diese für die damalige Zeit extrem außergewöhnlichen Möglichkeiten, die das Schigebiet bot, brachten Alagna bald ein internationales Renommée und einen starken touristischen Aufschwung. Mit dem Tod des Eigentümers der Anlagen, des Erbauers Giorgio Rolandi, allerdings wurden die Bemühungen das Schigebiet in Schuss zu halten und vor allem auch mal zu modernisieren Stück für Stück zurückgefahren. So wurde bis 2000 als einzige der bestehenden Anlagen der Indrengletscherschlepplift ersetzt, weitere, neue Anlagen kamen ebenfalls nicht hinzu. So verlor das Gebiet stark an Interesse und geriet insbesondere international in Vergessenheit.

Renaissance durch Freeride

Eine zweite Blüte des Tourismus in Alagna ergab sich ironischerweise aus genau eben diesem Umstand. Die Tatsache, dass Ort und Schigebiet fast sämtliche touristischen Entwicklungen der letzten vierzig Jahre verschlafen hatten, machten aus dem einst ultra-modernen Schigebiet, ein nostalgisches Kleinod, wie es Mitte der 1990er Jahre in den Alpen kaum mehr zu finden war. Es gab keine gigantischen Liftnetzwerke, keine aufwändig in die Berge gesprengten Abfahrten, der Talort hatte sein authentischen Äußeres bewahrt, es fehlten jegliche Anzeichen von Massentourismus und die zunehmend nachlassende Pistenpflege eröffnete stattdessen beeindruckende Tiefschneevarianten im gesicherten Schiraum. So erlebte das Gebiet mit dem Aufkommen der Freeriderbewegung eine Renaissance. Skifahrer, die des Massentourismus und Eintönigkeit manch anderer Schigebiete überdrüssig waren, jedoch die Authentizität, die grandiosen Tiefschneemöglichkeiten und das abenteuerliche Flair, das das Gebiet nicht zuletzt aufgrund seiner gigantischen, hoffnungslos überalterten Liftanlagen bekommen hatte, liebten, stellten das neue Klientel dar. Auch und insbesondere auf internationaler Ebene galt der Ort daraufhin als Perle der Freeridegebiete der Alpen, insbesondere in Skandinavien, aber auch in den USA war das Schigebiet dadurch hoch geachtet. Nicht zuletzt die Sicherung der wichtigsten Tiefschneerouten sowie der gemeinsame Schipass mit dem großen Schigebiet MonterosaSKI, mit dem seit etwa 1991 eine Verbindung über Tiefschneerouten und Lifte bestand, machte das Gebiet praktisch einzigartig in seiner Vielseitigkeit.

Umorientierung zurück zum massetauglichen Schigebiet

Im Jahr 2000 wurde die alte Betreibergesellschaft Monrosa SPA aufgelöst und eine neue Gesellschaft gegründet, an der die Liftgesellschaft der beiden Nachbartälter Gressoney- und Ayastal mit großen Anteilen beteiligt ist. Auch wenn die neue Gesellschaft den alten Slogan "Freeride Paradise" aufrechterhält, ist das Verhalten beinahe konträr zum früheren Konzept.

Sofort im Jahr 2000 wurde ein massives Umbauprogramm begonnen. In der ersten Phase wurden die unteren beiden Sektionen der alten Pendelbahn durch eine Leitner 8er Kabinenbahn mit und eine Doppelsesselbahn ersetzt. Die neuen Trassen liegen etwas ungünstiger als die alten hinsichtlich der Pisten, zumindest die Kabinenbahn hat aber die Kapazität enorm erhöht. In den Folgejahren wurden mehrere der alten Schirouten durch Pisten, die teils mit erheblichem Bauaufwand in die Bergwelt planiert und gesprengt werden mussten, ersetzt. Ebenfalls wurde eine direkte Lift- und Pistenanbindung an das Schigebiet MonterosaSKI hergestellt. Mit Ausnahme der dritten Sektion der alten Pendelbahn wurden sämtliche sonstigen Anlagen des alten Gebietes ersatzlos stillgelegt, so dass auf dieser Seite des Massivs keine Tiefschneerouten mehr zur Verfügung stehen, da sie entweder in Pisten umgewandelt wurden oder nicht mehr erschlossen werden. Sofern die Pendelbahn geöffnet ist, was immer seltener der Fall ist, können aber noch die Varianten von der Punta Indren in das Gressoneytal und MonterosaSKI-Gebiet genutzt werden, wobei mit der Stilllegung der Gletscherlifte auch hier viele der alten Routen nicht mehr ohne Tourenausrüstung erreichbar sind.

Die Pendelbahn zur Punta Indren soll diesen Sommer ebenfalls stillgelegt werden, stattdessen ist eine Liftanlage aus dem Gressoneytal kommend im Bau, die voraussichtlich im Winter 2007–2008 in Betrieb gehen wird. Mit der neuen Anlage ist das Schigebiet von Gressoney deutlich besser an die Gletscherregionen der Punta Indren angeschlossen, von Alagna hingegen ist es sehr aufwändig geworden, diese zu erreichen, da es vorerst keine Tiefschneerouten nach Alagna zurück mehr gibt, weil die nötigen Rückbringerlifte nicht mehr betrieben werden. Das Projekt, einen 3700 m hohen Grat mit dem Namen Cresta Rossa oberhalb der Punta Indren zu erschließen, ist trotz diverser Baumaßnahmen immer wieder gescheitert und erscheint derzeit in der seiner Umsetzung politisch wie finanziell zweifelhaft.

Fazit

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Freeride – wenn überhaupt – derzeit nur eine geringe Rolle einnimmt. Nach den massiven Baumaßnahmen ist dies auch nur noch in Teilen des Gebietes zumindest in der gewohnten Form möglich und auch das nur, wenn die nötigen Lifte wieder betrieben bzw. ersetzt werden.

Die gesamte Entwicklung wird höchst unterschiedlich bewertet. Nach einer Ansicht ist sie die längst überfällige nötige Modernisierung und wirtschaftliche Absicherung des Gebietes für die Zukunft, die dem Gebiet dauerhaft Chancen am Markt bringen soll. Eine reine Fokussierung auf Freeride wäre nach dieser Ansicht dazu nicht in der Lage gewesen. Es darf als gesichert angesehen werden, dass allein aufgrund der weit größeren Masse, die Umorientierung weg vom Freeride, insgesamt in der Bilanz wirtschaftlich erfolgreich sein wird, wobei sich auch abzeichnet, dass die Verluste hinsichtlich der Gäste aus dem Freeridebereich stärker ausfallen als zunächst angenommen. Dennoch dürfte der Zugewinn diesen Effekt mehr als kompensieren. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob die mit der Kommerzialisierung erfolgte höhere Wirtschaftlichkeit tatsächlich dem Talort Alagna zufließen wird, da rein infrastrukturell die Nachbartäler von den Neubauten deutlich stärker profitiert haben und gegenüber dem ohnehin schon abgelegeneren Alagna nur noch attraktiver geworden sind.

Im Bereich der Freerider wird die gesamte Entwicklung oftmals sehr kritisch betrachtet, weil es zweifelhaft erscheint, ob künftig wieder die Zugänge zu den alten Freeridegebieten eröffnet werden und insbesondere die neue Anlage von Gressoney Richtung Punta Indren aufgrund der hohen Investition als Zeichen gewertet wird, dass auch in diesem letzten Freeridesektor mittelfristig neue Pisten entstehen sollen. Insbesondere wird bedauert, dass mit der Umstrukturierung des Schigebietes von Alagna eines der außergewöhnlichsten und reizvollsten Schigebiete der Alpen mit einem unvergleichlichen Hauch von Abenteuer und Nostalgie, dass dazu einzigartige Freeridemöglichkeiten und Schifahren quasi im Einklang mit der Bergwelt ermöglichte, nun endgültig der Geschichte angehört.

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