Flußmittel

Flußmittel
Kolophonium zum Löten

Flussmittel sind Zusatzstoffe, die den Schmelzvorgang und die Handhabung geschmolzener Stoffe erleichtern sollen. Flussmittel werden daher bei vielen metallurgischen Gewinnungs- und Verarbeitungsmethoden sowie in Salzschmelzen zur Verringerung der Schmelztemperatur und der Viskosität (Zähflüssigkeit) zugesetzt.

Daneben kommt ihnen in einigen Verfahren auch eine Funktion als Oxidationsschutz zu.

In fügetechnischen Verfahren wie Weich- und Hartlöten müssen Flussmittel zusätzlich eine Reinigungs- und Lösemittelfunktion aufweisen, da oberflächliche Verschmutzungen wie Oxide die Ausbildung einer metallischen und dauerhaft festen Verbindung stören.

Inhaltsverzeichnis

Wirkprinzip

Lötungen werden fast ausnahmslos unter Lufteinwirkung ausgeführt. Schon während der Erwärmung der Lötstelle begünstigt der Sauerstoffanteil der Luft eine Oxidation der Oberflächen, sodass keine zuverlässige und erfolgreiche Lötung möglich wäre.

Die Lötflächen werden mit dem Flussmittel versehen und dann bis über die Liquidustemperatur des Lotes erwärmt.

Das Flussmittel reduziert (entoxidiert) bei der Erwärmung die Oberflächen der Fügepartner und des Lotes und verhindert die erneute Oxidbildung vor und während des Lötvorgangs durch Bildung einer flüssigen Schutzschicht. Ansonsten wären die Fließ- und Benetzungseigenschaften des Lotes stark reduziert und es kann zu Einschlüssen kommen.

Ein weiterer Effekt ist das Verringern der Oberflächenspannung des flüssigen Lotes.

Es gibt Flussmittel für bestimmte Metalle und Verfahren:

  • für die Elektronik ist ein Flussmittel erforderlich, welches keine korrodierenden Rückstände hinterlässt (z.B. Kolophonium, welches nur bei Erhitzung reduzierend wirkt)
  • Aluminium und Edelstahl sind nur mit speziellen Flussmitteln lötbar
  • für grobe Arbeiten stark verunreinigter Fügepartner werden säurehaltige Flussmittel verwendet (Lötwasser auf Basis Zinkchlorid, Lötfett), deren Rückstände jedoch langfristig zu Korrosion führen.
  • für das Weich- und Hartlöten gibt es Flussmittel mit jeweils unterschiedlichen Wirktemperaturen

In Spezialfällen, z.B. wenn die Verunreinigung durch ein Flussmittel unerwünscht ist, wird unter Schutzgas oder Vakuum ohne Flussmittel gelötet. Dadurch wird die Oxidation verhindert - die Lötflächen müssen jedoch blank sein.

Gefährlichkeit

Flussmittel sind oft ätzend (Zinkchlorid, Ammoniumchlorid). Sie enthalten weiterhin ggf. Bestandteile, die die Flächen von Fett befreien (Halogenierte Kohlenwasserstoffe). Wenn man solche Mittel auf die Haut bekommt, sollte man sie sofort gründlich mit Wasser und Seife abwaschen, weil sie die Haut entfetten und auch Bestandteile in die Haut eindringen können.

Wenn man sie nicht abwäscht, können manche Flussmittel die obere Hautschicht verätzen. Die Haut wird rot, und es bilden sich evtl. kleine Bläschen. Nach dem gründlichen Abwaschen sollte man je nach Fläche ein wenig Fettsalbe auftragen, um der Haut so schnell wie möglich den Fettfilm zurückzugeben.

Lötwasser und Lötfett hinterlassen auf Isolierstoffen leitfähige und hygroskopische Rückstände, die zu fehlerhafter Isolation, elektrischem Schlag und Kurzschluss führen können. Auch daher sind diese Mittel in der Elektrotechnik/Elektronik nicht zu verwenden.

Auch Elektronik-Flussmittel (Flussmittelseele in Elektronik-Lötdraht, Tinkturen, Lötlacke und Kolophonium) sind gesundheitlich bedenklich, da sie in der Nähe der Löttemperatur zur Rauchgasbildung neigen und diese Dämpfe eingeatmet werden können. Daher ist sicherzustellen, dass eine gute Belüftung und (laut Arbeitschutzrichtline für den industriellen Bereich) eine wirksame Rauchgasabsaugung sowie Filterung vorhanden ist.

Korrosive Wirkung

Zu beachten ist, dass die korrosive Langzeit-Wirkung bestimmter Flussmittel nicht zwingend durch den Säuregehalt des Flussmittels hervorgerufen werden muss. Auch Zersetzungsprodukte spielen dabei eine Rolle. Auch nicht-saure Flussmittel können daher korrosiv wirken. Die Bezeichnung säurefreies Flussmittel ist keine Garantie für ausbleibende Korrosion.

„Universalflussmittel“

So genannte Universalflussmittel gibt es nicht. Die Eigenschaften und daher die Zusammensetzung müssen zu den Eigenschaften der zu lötenden Grundwerkstoffe passen.

Typ-Kennzeichen

Das Typ-Kennzeichen von Flussmitteln besteht aus dem Buchstaben F (Flussmittel), dem zwei weitere Buchstaben folgen. Der erste kennzeichnet den zu lötenden Werkstoff: S (Schwermetall), L (Leichtmetall); der zweite das Lötverfahren: H (Hartlöten), W (Weichlöten)

Flussmitteleinteilung

Flussmittel können sowohl zum Hart-, als auch zum Weichlöten verwendet werden.

Zum Hartlöten

Die Flussmittel unterscheiden sich nach ihrer Wirktemperatur und dem Korrosionsverhalten der Rückstände.

  • für Schwermetalle
    • F-SH 1: Wirktemperatur (550–800) °C, Borverbindungen, komplexe Fluoride, im allgemeinen korrosiv, Rückstände abwasch- oder abbeizbar.
    • F-SH 1 a: Wirktemperatur (550–800) °C, Borverbindungen, komplexe Fluoride, Chloride, korrosiv, Rückstände abwasch- oder abbeizbar.
    • F-SH 2: Wirktemperatur (750–1100) °C, Borverbindungen, im allgemeinen nicht korrosiv.
    • F-SH 3: Wirktemperatur (1000–1250) °C, Borverbindungen Phosphate, Silikate, nicht korrosiv.
    • F-SH 4: Wirktemperatur (600–1000) °C, Chloride, Fluoride ohne Borverbindungen, im allgemeinen korrosiv. Rückstände abwasch- oder abbeizbar.
  • für Leichtmetalle
    • F-LH 1: Wirktemperatur (500–600) °C, hygroskopische Chloride und Fluoride, im allgemeinen korrosiv. Rückstände abwasch- oder abbeizbar.
    • F-LH 2: Wirktemperatur (500–600) °C, nichthygroskopische Fluoride, im allgemeinen nicht korrosiv.

Zum Weichlöten von Schwermetallen

  • Rückstände rufen Korrosion hervor. Die Rückstände dieser Flussmittel sind meist hygroskopisch. Durch die aufgenommene Feuchtigkeit werden diese aktiv und rufen Korrosionserscheinungen hervor. Beseitigung ist daher erforderlich.
    • F-SW 11: Flüssigkeit. Basis ist Zink- oder andere Metallchloride oder Ammoniumchlorid in wässriger Lösung. Freie Salz-, Schwefel-, Salpeter- oder Fluorwasserstoffsäure. Für stark oxidierte Oberflächen, beispielsweise Dachrinnen aus Reinzink.
    • F-SW 12: Basis ist Zink- oder andere Metallchloride oder Ammoniumchlorid. Flussmittelrückstände sind sorgfältig mit Wasser abzuwaschen. Anwendung als Flüssigkeit im Kühlerbau, für Klempnerarbeiten unter anderem an Kupfer, Tauchverzinnen. Als Pulver zum abdecken von Lot- und Zinnbädern. Als Lot-Flussmittelgemisch zum Weichverzinnen, beispielsweise von Gusseisen, Bronze oder Edelstahl.
    • F-SW 13: Basis ist Phosphorsäure oder deren chemische Derivate. Flussmittelrückstände sind mit geeigneten Reinigungsverfahren zu beseitigen. Anwendung als Flüssigkeit für Arbeiten an Kupfer, Kupferlegierungen oder Edelstahl.
  • Rückstände wirken bedingt korrosiv. Als Trägersubstanz wird u.a. Alkohol, Mineralöle und -fette, höhere Alkohole, organische Lösungsmittel und Emulsionen verwendet.
    • F-SW 21: Wirktemperatur (140–450) °C, Zink- oder Ammoniumchlorid in organischer Zubereitung (z. B höhere Alkohole, Fette), bedingt korrosiv, für Kupfer und Kupferlegierungen.
    • F-SW 22: Wirktemperatur (200–400) °C, Zink- oder Ammoniumchlorid in organischer Zubereitung (z.B höhere Alkohole, Fette), ohne Ammoniumchlorid, bedingt korrosiv, für Kupfer und Kupferlegierungen, Trinkwasserinstallationen.
    • F-SW 23: Wirktemperatur (200–400) °C
    • F-SW 24: Wirktemperatur (200–400) °C
    • F-SW 25: Wirktemperatur (200–400) °C
  • Rückstände rufen Korrosion hervor
    • F-SW 26: Wirktemperatur (140–450) °C
    • F-SW 27: Wirktemperatur (140–450) °C
    • F-SW 28: Wirktemperatur (140–450) °C
  • Rückstände wirken nicht korrosiv. Die Flussmittelrückstände können ohne Korrosionsgefahr auf der Lötstelle verbleiben. Bei elektrischen Messgeräten u.ä. sind allerdings die elektrischen und mechanischen Eigenschaften fraglich; daher ist zu empfehlen, spröde Harzreste zu entfernen. Als Lösemittel kommen Alkohole und Trichlorethylen in Frage.
    • F-SW 31: Wirktemperatur (200–400) °C, Basis ist natürliches oder modifiziertes Harz (Kolophonium) ohne Zusätze. Flussmittelreste können auf der Lötstelle verbleiben. Anwendung als Pulver oder in Lötdraht eingearbeitet als Flussmittelseele in der Elektrotechnik, Elektronik und als Abdeckung von Lotbädern.
    • F-SW 32: Wirktemperatur (200–300) °C, Basis wie F-SW 31, aber mit organischen, halogenfreien Aktivierungszusätzen, beispielsweise Stearin-, Salizyl-, Adipinsäure, ohne Amine, Diamine oder Harnstoff. Anwendung als Pulver, in Lötdraht eingearbeitet als Flussmittelseele oder als Lot- Flussmittelgemisch in der Elektrotechnik, Elektronik, Miniaturtechnik (SMD), Leiterplatten.
    • F-SW 33: Auf Basis synthetischer Harze mit organischen, halogenfreien Aktivierungszusätzen, jedoch ohne Amine, Diamine oder Harnstoff. Anwendung wie F-SW 32.
    • F-SW 34: Basis sind organische, halogenfreie Säuren und natürliches Harz (Kolophonium) ohne Amine, Diamine oder Harnstoff. Anwendung als Flüssigkeit oder in Lötdraht eingearbeitet als Flussmittelseele in der Elektronik, Miniaturtechnik (SMD), Leiterplatten.

Die hier genannten Bezeichnungen F-SW-xx entsprechen der nicht mehr gültigen DIN 8511. Diese wurde ersetzt durch die DIN EN 29454-1. Hier eine Gegenüberstellung:

F-SW 11 - 3.2.2.
F-SW 12 - 3.1.1.
F-SW 13 - 3.2.1.
F-SW 21 - 3.1.1.
F-SW 22 - 3.1.2.
F-SW 23 - 2.1.3. oder 2.2.1. oder 2.2.3.
F-SW 24 - 2.1.1. oder 2.1.3. oder 2.2.3.
F-SW 25 - 2.1.2. oder 2.2.2.
F-SW 26 - 1.1.2
F-SW 27 - 1.1.3.
F-SW 28 - 1.2.2.
F-SW 31 - 1.1.1.
F-SW 32 - 1.1.3.
F-SW 33 - 1.2.3.
F-SW 34 - 2.2.3.

In der Industrie wird zunehmend eine Klassifizierung nach IPC-J-STD-004A vorgenohmen. Diese beschreibt das Flussmittel mit 3 Buchstaben und einer Zahl.

Basis RO(sin) - RE(sin) - OR(ganic) - IN(organic)
Wirksamkeit L(ow) - M(edium) -H(igh)
Halogenidanteil < 0,05 % (500ppm) 0(Ja) - 1(Nein)

Alle Kombinationen sind möglich. Z.B. ROL0, REM1, ORH0 usw.

Kolophonium

Harz, Kunstharz und Resine

Siehe auch: Löthonig


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