Flyaway Island

Flyaway Island
Karte von Nicolo Zeno, 1558

Phantominseln oder Scheininseln (oder auch Flyaway Islands als englischer Begriff für Phantominseln im Atlantik) sind Inseln, die auf historischen Karten verzeichnet oder in historischen Schriftstücken beschrieben sind. Sie sind nach heutigem Wissensstand weder sicher auf eine bestehende Insel ableitbar, noch vulkanisch, tektonisch, klimatisch oder durch Erosion unter den Meeresspiegel gesunken. Die meisten Phantominseln waren zeitweise auf Seekarten eingetragen. Auch heute gibt es noch ungesicherte Eilande, besonders im Südpazifik. Zur Zeit ist beispielsweise die Existenz der beiden in vielen zeitgenössischen Atlanten eingetragenen Riffe Ernest-Legouvé und Maria Theresia umstritten. Im Jahr 1906 glaubte der Entdecker Robert Peary sogar, er habe einen schon länger im Nordpolarmeer vermuteten achten Kontinent namens Crocker Land gefunden.

Inhaltsverzeichnis

Reale Wirkungen von Phantominseln

Auch wenn Phantominseln nichtexistente Inseln sind, handelt es sich bei ihnen nicht (nur) um amüsante Randerscheinungen der Kartografie. Viele hatten reale Wirkungen: Expeditionen brachen auf, um sie zu suchen und Menschen wurden reich belohnt (etwa João Vaz Corte-Real für seine Entdeckung der Phantominsel Bacalao). Handelsgesellschaften zahlten Gelder für das Recht mit ihnen zu handeln (etwa die Hudson's Bay Company für das Handelsrecht mit der Insel Buss) und Seefahrer wagten sich im Vertrauen auf die Möglichkeit, bei ihnen vor Anker zu gehen, auf den Atlantik.[1] Angeblich hoffte Christoph Kolumbus bei seiner ersten Reise, die zur Entdeckung Amerikas führte, auf eine Zwischenstation auf der Phantominsel Antilia.

Ursachen für das Auftauchen von Phantominseln

Die ältesten Phantominseln haben ihre Ursachen in antiken oder christlichen Legenden. Antilia, die Sankt Brendaninseln oder Hy Brasil wurden auf Seekarten eingetragen, da Kartografen und Seefahrer glaubten, dass Heilige und Bischöfe ideale Reiche im Atlantik errichtet hätten. Ließ sich solches Land nicht auffinden, nahm man an, dass es sich weiter westlich befände. Deshalb erscheinen solche Phantome auch auf frühen neuzeitlichen Karten.

Etliche Inseln wurden zudem im Laufe der Jahrhunderte mehrfach entdeckt. Zum Beispiel ging die Kenntnis über bestimmte, in der Antike bereits bekannte, Inseln im Lauf des Mittelalters wieder verloren (etwa die kanarischen Inseln oder die Azoren). Gelegentlich waren wohl auch diese mitverantwortlich für die Entstehung von Legenden der oben beschriebenen Art. Trafen Seefahrer nun auf die reale Insel, entsprach diese nicht den legendenhaften Vorstellungen und die Insel mit den „richtigen“ Attributen musste sich weiter westlich befinden. Teils hatte die Erstentdeckung keine Spuren auf der betreffenden Insel hinterlassen und ihre geographische Lage war ungenau wiedergegeben, oder der „Zweitentdecker“ befand sich im Irrtum über seine eigene geographische Lage.

Magnetische Kompassabweichungen und unsichtbare Meeresströmungen, die ein Schiff erheblich schneller fahren oder unmerklich abdriften lassen konnten, sorgten für exakte Beschreibungen nichtexistierender Inseln. Beinahe drei Jahrhunderte lang war auf allen Karten des Nordatlantiks die Insel Buss eingetragen. Wahrscheinlich hatten starke Strömungen gleich mehrere Besucher der „Insel Buss“ so weit von ihrem angenommenen Kurs Richtung Norden abgebracht, dass sie die Südspitze Grönlands (deren geografische Lage lange Zeit zu weit nördlich angesetzt war) für eine Insel südwestlich Grönlands hielten.

Neben Legenden, Doppelentdeckungen und nautischen Irrtümern sind natürlich auch Seemannsgarn, bewusste Irreführungen durch ruhmsüchtige Kapitäne, und optische Täuschungen Ursachen für Phantominseln gewesen. Auf keinen Fall aber beschränken sich diese Phänomene ausschließlich auf ein vorwissenschaftliches, unaufgeklärtes Zeitalter. Eine der letzten großen Phantominseln, die im Atlantik auftauchte, war 1884 die von dem Deutschen Johann Otto Polter „entdeckte“ und später vergeblich wieder gesuchte Insel „Kantia“, benannt nach dem größten Vertreter der deutschen Aufklärung, Immanuel Kant.

Phantominseln

Unechte Phantominseln

Halbinseln und zuordenbare Inseln

Mit der verbesserten Kenntnis über geografische Zusammenhänge und frühere Seewege, sind eine Reihe von scheinbaren Phantominseln heute eindeutig zuordenbar. Damit sind es keine Phantominseln mehr wie etwa die Insel Kalifornien

Mythische Inseln

Mythische Inseln sind Bestandteile von Sagen und Legenden. Oft ist ihr Inselstatus eher im übertragenen Sinne als geografisch zu verstehen.

Hypothetische Inseln

Hypothetische Inseln entstanden aus der Idealisierung historischer Kartenbilder. Zu große Landmassen ohne Seen im Innern schienen bis ins 19. Jahrhundert genauso wenig denkbar, wie zu weite Meere ohne Inseln. Auch konnte man sich das „Übergewicht“ an Land auf der Nordhalbkugel nicht vorstellen. So fanden Inseln und Landmassen auch Eingang in die Landkarten. Sie wurden nie gesichtet, gleichwohl hat man nach ihnen gesucht.

Quellen

    1. Alle Beispiele aus:Donald S. Johnson, z.B. Hudson Bay Company : S. 136, zu João Vaz Corte-Real siehe auch Artikel in Wikipedia

Literatur

  • Donald S. Johnson: Fata Morgana der Meere, Diana-Verlag, 1999, ISBN 3-8284-5019-9
  • Henry Stommel: Lost Islands: The Story of Islands That Have Vanished from Nautical Charts, University of British Columbia Press (1984), ISBN 0-7748-0210-3

Weblinks


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