Frame-Dragging-Effekt

Frame-Dragging-Effekt

Der Lense-Thirring-Effekt (auch: Frame-Dragging-Effekt) ist ein im Jahr 1918 von dem Mathematiker Josef Lense und dem Physiker Hans Thirring[1] theoretisch vorhergesagter physikalischer Effekt, der sich aus der Allgemeinen Relativitätstheorie ergibt. Er fällt in die Klasse der gravitomagnetischen Effekte.

Der Effekt beschreibt die Beeinflussung des lokalen Inertialsystems durch eine rotierende Masse, was man sich vereinfacht (und dementsprechend nicht ganz präzise) so vorstellen kann, dass die rotierende Masse den Raum um sich herum wie eine zähe Flüssigkeit geringfügig mitzieht und dadurch die Raumzeit verdrillt.

Inhaltsverzeichnis

Experimenteller Nachweis

Derzeit wird noch diskutiert, ob den Wissenschaftlern um Ignazio Ciufolini von der Universität Lecce und Erricos Pavlis von der University of Maryland in Baltimore im Jahr 2003 der experimentelle Nachweis des Effektes gelungen ist. Sie vermaßen dafür die Bahnen der geodätischen Satelliten LAGEOS 1 und 2 präzise, da deren Position und Lage von der Masse der sich drehenden Erde beeinflusst werden sollte.

Die beiden Satelliten wurden 1976 und 1992 in eine Umlaufbahn gebracht, um kleine Effekte auf der Erdoberfläche wie das Driften der Kontinente, nacheiszeitliche Hebungsvorgänge und jahreszeitliche Schwankungen der Erdrotation zu bestimmen. Ihre Position lässt sich mit Hilfe reflektierter Laserstrahlen auf 1 bis 3 cm genau messen, so dass die Verdrillung der Raumzeit quantitativ mit den rund 400 kg schweren Erdtrabanten bestimmt werden kann. Dabei bewegen sich gemäß der theoretischen Vorhersage die Verdrehungswinkel der Raumzeit durch die rotierende Erdmasse bei etwa 12 Millionstel Grad. Wenn der Effekt tatsächlich existiert, so müssen die beiden Satelliten den gekrümmten Flugbahnen der verdrillten Raumzeit folgen.

Trotz möglicher Fehlerquellen durch das uneinheitliche Schwerefeld der Erde reichten die zentimetergenauen Positionsbestimmungen der LAGEOS-Satelliten nach Meinung der Experimentatoren aus, um diesen relativistischen Effekt nachzuweisen.

Ein weiteres Nachweis-Experiment ist derzeit noch im Gange und wird mit Hilfe des NASA-Forschungssatelliten Gravity Probe B durchgeführt. Auch diesem Experiment ist mittlerweile, trotz einer unerwarteten Fehlerquelle, nach Ansicht der Experimentatoren der Nachweis des Effekts gelungen. Die angestrebte Genauigkeit von 1 % der Effektgröße wird aber voraussichtlich mindestens um einen Faktor 2 verfehlt.[2]

Auswirkungen

Der Lense-Thirring-Effekt wird außerdem für die enorme Leuchtkraft von Quasaren verantwortlich gemacht. Er ermöglicht dem in ein schwarzes Loch fallenden Plasma der Akkretionsscheibe eine stabile Umlaufbahn sehr dicht am Schwarzschildradius, wodurch dieses heißer werden kann als bei einem nicht rotierenden schwarzen Loch und folglich stärker strahlt.

Außerdem sind die zusammen mit dem Plasma verdrehten Magnetfelder wahrscheinlich für die starke Beschleunigung und Fokussierung der Jets verantwortlich.

Einzelnachweise

  1. Josef Lense und Hans Thirring: Über den Einfluss der Eigenrotation der Zentralkörper auf die Bewegung der Planeten und Monde nach der Einsteinschen Gravitationstheorie. in: Physikalische Zeitschrift 19 (1918), S. 156–163
  2. Statusbericht der Stanford University über Gravity Probe B (Frühling 2008)

Literatur

  • Remo Ruffini, Costantino Sigismondi: Nonlinear gravitodynamics - the Lense–Thirring effect; a documentary introduction to current research. World Scientific, Singapore 2003, ISBN 978-981-238-347-1
  • Bernhard Wagner: Gravitoelektromagnetismus und Lense-Thirring Effekt., Dipl.-Arb.Uni Graz, 2002

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