Franz Seidler

Franz Seidler

Franz Wilhelm Seidler (* 2. März 1933 in Wigstadtl, Mährisch Schlesien), ist ein deutscher Historiker, emeritierter Hochschullehrer und Buchautor.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Seidler studierte von 1951 bis 1961 Geschichte, Germanistik und Anglistik an den Universitäten München, Cambridge und Paris. Von 1963 bis 1968 war er stellvertretender Direktor der Bundeswehrfachschule Köln, danach u.a. Referent im Bundesministerium der Verteidigung, Abteilung Verwaltung und Recht und von 1973 bis zu seiner Emeritierung 1998 Professor für Neuere Geschichte, insbesondere Sozial- und Militärgeschichte, an der Hochschule der Bundeswehr München.

1978 wurde ihm für Verdienste um das Bildungswesen der Bundeswehr und die Integration der Bundeswehr in die Gesellschaft das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Seidler ist zudem Träger des Sudetendeutschen Kulturpreises für Wissenschaft und erhielt die Dr. Walter-Eckhardt-Ehrengabe für Zeitgeschichtsforschung.

Seidler befasst sich insbesondere mit Personalproblemen von Wehrmacht und Bundeswehr, dem militärischen Gefolge der Wehrmacht, völkerrechtlichen Problemen im Zweiten Weltkrieg (z.B. Partisanenkrieg und Kriegsverbrechen) sowie Abrüstungsfragen nach dem Zweiten Weltkrieg.

Kritik

Franz Seidler wurde 1998 zum Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im deutschen Bundestag mit dem Titel: Position eines Lehrenden an der Bundeswehrhochschule München und der Revisionismus. In der Anfrage wurden Seidler zugeschriebene Positionen und Äußerungen zusammengefasst[1]:

„a) daß die deutschstämmige Bevölkerung Polens ihre „Befreiung durch die Wehrmacht“ erwartet habe,
b) daß der „Schutz des Abendlandes und der westlichen Kultur“ zwangsläufig eine Unterstützung des Nationalsozialismus erfordert habe,
c) daß die Kriegshandlungen des Deutschen Reiches im Zweiten Weltkrieg als Versuch anzusehen seien, eine europäische Einigung zum „Schutz des Abendlandes und der westeuropäischen Kultur“ voranzutreiben,
d) es sei in Frage zu stellen, daß das Deutsche Reich im Zweiten Weltkrieg die Sowjetunion überfallen hat''

Die Bundesregierung sah diese angeblichen Aussagen Seidlers als weder auf ihre Richtigkeit noch auf ihren Kontext überprüfbar an. Sie lehnte in ihrer Antwort eine Verantwortung für die Publikationen Seidlers ab, sah keine strafrechtliche Relevanz und verwies auf die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb über Seidler in einer Rezension seines Buches Phantom Alpenfestung? – Die geheimen Baupläne der Organisation Todt:,„Seit seiner Emeritierung publiziert er ein Buch nach dem anderen, mit denen er sich schon lange aus der seriösen Geschichtswissenschaft verabschiedet hat“. „Daneben bewegt sich der Text an der Grenze zwischen naiver Verharmlosung und kritikloser Übernahme der nationalsozialistischen Perspektive“[2]. Auch Reiner Ruppmann kritisert in einer Rezension für H-Soz-u-Kult einen Aufsatz zu Todt mit: Seidlers Text erweckt an einigen Stellen den Eindruck einer nicht immer ausbalancierten Äquidistanz des Biografen zu dem von ihm Beschriebenen.[3]

Auch das Militärgeschichtliche Forschungsamt kam zu diesem Schluss, als es sich mit Seidlers weit beachtetem Werk Fahnenflucht befasste: „Stattdessen wird deren Sichtweise, und damit die bei der Auswahl und Wertung von Fakten durch die damaligen Akteure mitwirkenden Vorannahmen und Unterstellungen, unkritisch übernommen. Auf diese Weise verletzt Seidler elementare Standards der zeithistorischen wissenschaftlichen Arbeit, was im Ergebnis zu der durchgängig anzutreffenden Tendenz einer nachträglichen Diffamierung und Kriminalisierung der Fahnenflüchtigen führt.“[4]

In Die Wehrmacht im Partisanenkrieg. Militärische und völkerrechtliche Darlegungen zur Kriegführung im Osten betrachtet Seidler den Partisanenkrieg allein in militärischer und völkerrechtlicher Hinsicht. Kritisiert wird deshalb, dass Seidler selbst grausamste Maßnahmen der Deutschen lediglich als Reaktion auf das Verhalten der Partisanen schildert und versteht.[5]

Seidler ist auch Autor der als rechtsextrem eingestuften Deutschen Militärzeitschrift[6], die sich selbst allerdings als „konservativ“ bezeichnet. Auch die ebenfalls als rechtsextrem angesehene Burschenschaft Danubia München[7] führt ihn als Referenten. Zudem tritt er regelmäßig bei Veranstaltungen der Zeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI) auf, die als geschichtsrevisionistisch bezeichnet wird[8]. Die bayerische Landesregierung bestätigte ähnliche lautende Vorwürfe der Presse, und nahm zur ZFI folgendermaßen Stellung: „Aktuelle Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen der ZFI liegen indes nicht vor. Dagegen propagieren einschlägige rechtsextremistische Publikationen unter Berufung auf die Person des Leiters der ZFI und seine Artikel vereinzelt auch ein mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbares Gedankengut“.[9].

Quellen

  1. Bundestagsdrucksache 13/10802 (PDF)
  2. Albert A. Feiber, Phantom der Berge in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. Februar 2001, S. 10
  3. Rezension von 'Geschichte der Autobahn' vom 13.02.2006
  4. Rolf-Dieter Müller, Hans Erich Volkmann, Militärgeschichtliches Forschungsamt, Die Wehrmacht: Mythos und Realität, Oldenbourg Wissenschaftsverlag 1999, S.593
  5. Inhaltliche Bewertung nach Alexander Brakel: Partisanen und Zivilbevölkerung im Gebiet Baranowicze 1941-1944, Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 55. Jahrgang, München 2007, S. 394f.
  6. Deutscher Bundestag Drucksache 16/1282, 25. 04. 2006
  7. http://www.bpb.de/themen/TGE8K9,0,0,Ehre_Freiheit_Vaterland%21.html Gabriele Nandlinger, „Ehre, Freiheit, Vaterland!“ Burschenschaften als Refugium für intellektuelle Rechtsextremisten
  8. Bernd Wagner: Handbuch Rechtsextremismus - Netzwerke, Parteien, Organisationen, Ideologiezentren, Medien, Reinbek bei Hamburg 1994, Seite 1994.; Stephan Braun, Daniel Hörsch (Hrsg.), Rechte Netzwerke, eine Gefahr, VS Verlag 2004, S.114; Andreas Angerstorfer, Annemarie Dengg: Rechte Strukturen in Bayern. Eine Dokumentation mit Schwerpunkt Oberbayern, Oberpfalz und Niederbayern. Zweite aktualisierte Auflage München 2005, Seite 131
  9. Bayerischer Landtag, Drucksache 15/7335, 22. Februar 2007 Antwort auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter, SPD

Werke

  • Die Militärgerichtsbarkeit der deutschen Wehrmacht 1939-1945, München: Herbig 1991. TB 1999: ISBN 978-3926584601.
  • Verbrechen an der Wehrmacht, Selent: Pour le Mérite Verlag, 1998 und 2000, 2 Bände, ISBN 3932381033 und ISBN 393238105X
  • Die Wehrmacht im Partisanenkrieg - Militärische und völkerrechtliche Darlegungen zur Kriegsführung im Osten, Selent: Pour le Mérite Verlag, 1999, ISBN 3-932381-04-1
  • Prostitution, Homosexualität, Selbstverstümmelung. Probleme der deutschen Sanitätsführung 1939 - 1945. Vowinckel-Verlag, Neckargemünd 1977, ISBN 3-87879-122-4.

Weblinks


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