François Bourgeon

François Bourgeon

François Bourgeon (* 5. Juli 1945 in Paris) ist ein französischer Comiczeichner.

Ursprünglich an der Pariser Ecole des Métiers d'Art zum Glasmaler ausgebildet, kam François Bourgeon Anfang der 1970er Jahre über den Kontakt mit der Jugendzeitschrift Lisette zum Comiczeichnen. Weitere kleinere Aufträge für ähnliche Magazine folgten, bis ihm 1979 mit dem historischen Zyklus Reisende im Wind der Durchbruch in der frankobelgischen Comicszene gelang. Heute lebt er in Cornouaille (Bretagne).

Inhaltsverzeichnis

Stil

François Bourgeons Zeichnungen sind im Allgemeinen einem realistischen Stil verpflichtet, allerdings mit den für Comics typischen Stilisierungstendenzen. Für seine beiden großen historischen Serien Reisende im Wind (RiW) und Die Gefährten der Dämmerung (GdD) hat er umfangreiche kostüm-, bau- und militärgeschichtliche Studien betrieben.[1] Daneben hat er selbst zahlreiche Modelle als Referenzen für seine Zeichenarbeit hergestellt – etwa das (fiktive) mittelalterliche Schloss Montroy (GdD), einige Gebäude aus dem Science-Fiction-Zyklus Cyann, lebensgroße Kopfmodelle von dem 'Ritter ohne Namen' (GdD) und Zabo (RiW) und noch anderes mehr.

Bourgeons Zeichenstil hat im Laufe der Jahre eine stete Veränderung durchlaufen – von der simplen Technik in Brunelle et Colin bis hin zu den ausgefeilten graphischen Tableaus in den letzten beiden Bänden des RiW-Zyklus. Am einschneidendsten war für ihn selbst allerdings die Tatsache, dass vor einigen Jahren die Produktion der Zeichenfedern eingestellt wurde, die er bislang für das Tuschen der Bleistiftentwürfe benutzt hatte. Bourgeon suchte einen zufriedenstellenden Ersatz, fand ihn aber nicht. Also änderte er das gesamte Verfahren. Er begann, mit Finelinern, also Filzstiften mit unterschiedlich dicken Spitzen, zu zeichnen. Dafür musste er jedoch großformatiger arbeiten als bisher, denn nur so war es möglich, der Dynamik und Lebendigkeit einer mit der Feder gezeichneten Linie nahe zu kommen. Die Umstellung des Zeichenmaterials und deren stilistische Folgen sind im dritten Band des Cyann-Zyklus anschaulich dokumentiert. Die eine Hälfte des Albums ist noch mit der Feder gezeichnet, die andere hingegen schon mit Finelinern.[2]

Für die Koloration seiner Tuschezeichnungen benutzt Bourgeon in der Regel farbige Tuschen unterschiedlicher Hersteller, etwa die Aquarelltusche Colorex der französischen Marke Pebeo oder flüssige Acrylfarben von Daler-Rowney.[3] Kennzeichnend für seine Farbgebung ist vor allem die herrliche Sattheit und Leuchtkraft der Farben, die immerzu an Bourgeons ursprüngliche Tätigkeit als Glasmaler erinnert.

Einflussreich waren vor allem Bourgeons Neuerungen auf dem Gebiet der Bilddramaturgie des Comics. Als er die Comic-Szene betrat, war die Seitenaufteilung des Mediums noch weitgehend konventionell: Die einzelnen Panels folgten linear aufeinander. Bourgeon sprengte diese Beschränkung und machte es sich zur Angewohnheit, die Panelgröße je nach erzählerischer Absicht zu verändern. So fügte er beispielsweise kleinere Detailbilder in größere Panoramen ein oder zerschnitt ein und dasselbe Bild in mehrere Panels.

Innovativ für die Comic-Kultur war nicht nur die visuelle Erzählweise Bourgeons: Während die meisten Comic-Serien bis dahin entweder auf Endlosfortsetzungen oder abgeschlossene Episoden ohne Entwicklung der Charaktere ausgerichtet waren, etablierte Bourgeon mit dem auf fünf Alben festlegten Zyklus Reisende im Wind den epischen Comic-Roman und begründete damit nicht zuletzt die Akzeptanz des Comics als seriöses Erzählmedium in Deutschland.

Auffällig ist, dass in allen Serien Bourgeons Frauen die Hauptrollen besetzen. Diese Frauen sind immer Abenteurerfiguren, also bindungslos, klug, neugierig, selbstbestimmt und bei alledem durchaus auch erotisch.[4] Dahinter steht die Vorstellung, die Frau sei Reisende, Heimatlose in einer von Männern dominierten Welt – ein Modell, das bereits Johann Jakob Christoffel von Grimmelshausen 1670 in seinem kleinen Roman Trutz Simplex oder Lebensbeschreibung der Ertzbetrügerin und Landstörtzerin Courasche dargestellt hat.

Werke

Les passagers du vent, 7 Bände, 1979–2010; dt. Reisende im Wind

  • Band 1: Blinde Passagiere, Carlsen, 1981, Splitter, 2009
  • Band 2: Das Gefangenenschiff, Carlsen, 1981, Splitter, 2009
  • Band 3: Handel mit schwarzer Ware, Carlsen, 1982, Splitter, 2009
  • Band 4: Die Stunde der Schlange, Carlsen, 1982, Splitter, 2010
  • Band 5: Gefährliche Fracht, Carlsen, 1984, Splitter, 2010
  • Band 6: Das Mädchen vom Bois Caïman I, Splitter, 2009
  • Band 7: Das Mädchen vom Bois Caïman II, Splitter, 2010

Les compagnons du crépuscule, 3 Bände, 1983–1989; dt. Die Gefährten der Dämmerung

  • Band 1: Im Zauber des Nebelwaldes, Carlsen, 1986 [Neuauflage Splitter 2010]
  • Band 2: Die drei Augen der blaugrünen Stadt, Carlsen, 1986 [Neuauflage Splitter 2010]
  • Band 3: Das Fest der Narren, Carlsen, 1990 [Neuauflage Splitter 2010]

Le cycle de Cyann, bislang 4 Bände (ein weiterer ist angekündigt), 1993–2007; dt. Cyann – Tochter der Sterne

Zusammen mit Claude Lacroix

  • Band 1: Der sterbende Planet, Carlsen, 1994
  • Band 2: Sechs Monde auf ilO, Carlsen, 1997
  • Sonderband: La clé des confins, Casterman, 1997
  • Band 3: Aïeïa von Aldaal, Carlsen, 2005
  • Band 4: Die Farben Marcades, Carlsen, 2007

Bourgeon als Illustrator

  • Von Bourgeon stammen die Illustrationen zum Dornröschen-Märchen La Belle éveillée.[5]

Literatur

  • Bourgeon. L'envers du décor. Bibliothèque municipiale de Brest 2006. ISBN 2-9525730-1-8. Herausgegeben anlässlich einer Ausstellung über Bourgeon in der Stadtbibliothek Brest 2006. Auflage limitiert auf 1000 Stück.
  • Christian Lejalé: Bourgeon. Imagine & Co. 2010. ISBN 2-9535017-3-8.

Film

  • Bourgeon. Le passager du vent. Christian Lejalé, Imagine & Co. 2010. DVD, 52 Min.

Einzelnachweise

  1. Michel Daubert: Interview mit F.B. in François Bourgeon Reisende im Wind: Die Stunde der Schlange, 1985 Carlsen Verlag ISBN 3-551-02504-5
  2. Zu diesem Absatz vgl. das Interview mit Bourgeon in Christian Lejalé: Bourgeon. Imagine & Co. 2010.
  3. Siehe die Fotos aus Bourgeons Atelier bei Christian Lejalé: Bourgeon. Imagine & Co. 2010.
  4. http://www.staedtische-galerie-erlangen.de/seiten/4_programm/2004/seiten/bourgeon.htm
  5. Gaël Aymon: Contes d’un autre genre. Illustré par François Bourgeon, Sylvie Serprix, Peggy Nille. Saint-Mandé: Talents hauts 2011.

Weblinks


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