Fremdenführer

Fremdenführer
US-amerikanische Touristen in Marokko mit Fremdenführer

In Deutschland sind Fremdenführer (auch Gästeführer, in der DDR einst Stadtbilderklärer) orts- und sachkundige Personen, die In- und Ausländer empfangen, betreuen und begleiten wobei sie – in der benötigten Fremdsprache – fundiertes Wissen über Geografie, Geschichte, Kunstgeschichte sowie kulturelle, wirtschaftliche, gesellschaftliche Fakten und Zusammenhänge vermitteln.

In vielen der EU-Länder werden die Gäste von einem staatlich geprüften Fremdenführer begleitet welcher in Museen, Galerien sowie archäologischen Grabungsstätten nicht nur Kunst, Geschichte, Monumente, Landschaft und Natur präsentiert sondern auch die Gäste in landesübliche Gebräuche und kulinarische Gewohnheiten einführt und das Land repräsentiert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Beruf des Fremdenführers entstand mit dem Aufkommen der Bildungsreisen und des Tourismus, schon im 17. Jahrhundert gab es die Berufsbezeichnung im Vatikanischen Staat. Der Begriff des Cicerone (wohl von der Redegewandtheit eines Cicero für einen Führer durch die historischen Stätten des Mittelmeerraums abgeleitet) wurde bis nach Westeuropa populär (ohne Quelle).

Rechtsgrundlagen

Heute besteht die Aufgabe des Gästeführers in Deutschland in der Begleitung von kommentierten Stadtrundfahrten, Stadtwanderungen, Museums- und Schlossführungen, Ausflügen, Studienreisen und dergleichen mehr.

Wegen der Dienstleistungsfreiheit, die im EG-Vertrag verankert ist, können Zulassungsvorschriften der Mitgliedstaaten für den Beruf des Fremdenführers unter Umständen europarechtswidrig sein, da es nicht als Profession in Deutschland gilt. In mehreren höchstgerichtlichen Entscheidungen verschiedener Mitgliedsstaaten und des Europäischen Gerichtshofs[1] wurde entschieden, dass eine Einschränkung nur insoweit rechtmäßig sei, als dass durch die Zulassungsvorschrift keine Benachteiligung von EG-Mitgliedern vorliege. Unproblematisch sind daher Befähigungsnachweisanforderungen, welche durch jeden staatlich geprüften Fremdenführer im EU Bereich benachteiligungsfrei beantragt werden können. Manche Länder, wie Italien, verlangen eine rechtmäßige schriftliche Bestätigung des Ausensministeriums in Rom.

In Deutschland ist der Beruf des Fremdenführers weder gesetzlich geregelt, noch verfügt er über ein einheitliches und präzises Berufsbild und wird daher oft mit dem Beruf des Reiseleiters verwechselt. Rechtlich kann diesen Beruf folglich dort jedermann ergreifen. In Deutschland übernehmen die Schulungen vornehmlich die Fremdenverkehrsämter touristisch erschlossener Gebiete oder Orte.

In Österreich, Frankreich, Griechenland, Italien, Polen, Portugal, England, Spanien, der Türkei und Zypern wird der Beruf des Fremdenführers gesetzlich reglementiert und darf erst nach einer entsprechend qualifizierten Ausbildung und erfolgreich abgelegten staatlichen Prüfungen ausgeübt werden.

Diese Befähigungsprüfungen werden in Österreich vor einer Kommission in der Wirtschaftskammer abgelegt. Voraussetzung dazu ist die Absolvierung eines Lehrganges beim BFI oder beim WIFI (Dauer zwischen zwei und vier Semester)und erhaelt den Titel als "Staatlich geprüfter Fremdenführer".

In Frankreich kann die staatliche Prüfung nach zweijähriger Fachhochschulausbildung an der Préfecture de l'Île-de-France (für regional tätige mindestens zweisprachige Fremdenführer), oder nach zwei zusätzlichen Hochschulsemestern an einer Universität (für national tätige mindestens dreisprachige Fremdenführer) abgelegt werden. Ausländische Kandidaten mit entsprechender Äquivalenz werden als freie Kandidaten zu den mindestens in allen europäischen, und in vielen anderen Sprachen abgehaltenen Prüfungen zugelassen. Das Diplom gestattet die Tätigkeit als selbständiger oder angestellter "Staatlich geprüfter Fremdenführer".

Leistungen von Fremdenführern

Aufgrund geänderter Anforderungen von Reisenden an den Erlebnischarakter einer Reise haben sich verschiedene spezielle Führungen entwickelt.

Alternativbewegung Führungen

An vielen Orten werden alternative Führungen angeboten, bei denen nicht nur klassische Sehenswürdigkeiten gezeigt, sondern Orte des alltäglichen Lebens und der Arbeitswelt sowie brisante oder problematische Themen berücksichtigt werden.

Diese Führungen können auch Gedanken des sanften Tourismus berücksichtigen.

Szenische Spaziergänge

Eine andere Art von Führungen sind sogenannte "Theaterspaziergänge" oder "szenische", das heißt mit Schauspiel kombinierte Führungen, bei denen der Führer in eine Rolle schlüpft und die Gäste etwa zu bestimmten Stellen führt, an denen eventuell weitere Schauspieler das Geschehen früherer Zeiten lebendig werden lassen. Einen solchen szenischen Spaziergang bietet in Düsseldorf die Freifrau von Kö an.

Dieser Art sehr ähnlich sind sog. "Ghost-Walks", bei denen Spukgeschichten, Sagen und Legenden im Vordergrund stehen. Ursprünglich eher im angelsächsischen Bereich beheimatet, gibt es derartige Stadtführungen seit den 90ern u.a. auch in Köln ("inside cologne"), Freiburg ("Historix-Tours") oder Regensburg ("Stadtmaus"). Mittlerweile werden "Ghost-Walks" in vielen deutschen Städten durchgeführt.

Themenführungen

Der geführte Rundgang steht unter den Gesichtspunkten eines gewissen Themas, zum Beispiel "Die Stadt im Mittelalter" oder "Die Stadt und sein berühmter Bürger XY" oder "Unterirdische Gänge und Räume" usw.

Sportliche Führungen

Seit 2001 gibt es Stadtführungen auf Joggingbasis in Hamburg. In den letzten Jahren (2007) haben sich Anbieter in 12 Städten gefunden.

Stadtführung mittels technischer Hilfsmittel

Stadtführungen können auch mittels technischer Hilfsmittel erfolgen. Diese Hilfsmittel können eine sogenannte augmented reality (erweiterte, angereicherte Wirklichkeit) erzeugen.[2]

Audioguide

Seit den 1980er Jahren verleihen oder vermieten manche Institutionen sogenannte Audioguides: ein tragbares Abspielgerät ("Walkman", "iPod") mit Kopfhörern spielt eine Audiocassette ab; der Geführte geht von Station zu Station einer Route und hört sich dort Erläuterungen an.

Mobiles Internet

Wer ein Gerät zum mobilen Internet-Zugang hat, kann per Internet Informationen (zum Beispiel aus Wikipedia) abrufen, um sich über Sehenswürdigkeiten zu informieren.

Seit 2009 gibt es das Internet-Portal pausanio.de. Es bietet Informationen zu über 2000 deutschen Sehenswürdigkeiten (Stand April 2011) an. Diese können per Handy abgerufen bzw. angehört werden; oder man kann sie als App auf ein Smartphone (zum Beispiel das iPhone), einen Tablet-PC oder ein Notebook herunterladen.[3]

Geocaching - GPS-Schnitzeljagd

Geocaching ist ein im Jahr 2000 erfundenes Freizeitvergnügen. Einige Städte bieten Touristen Geocaching-Touren an. Die Touristen erhalten ein Geocaching-Gerät und bewegen sich zu Fuß oder mit Verkehrsmitteln von Station zu Station.[4]

Siehe auch

 Commons: Tour guides – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. http://www.jura.uni-augsburg.de/prof/moellers/materialien/materialdateien/050_eugh_entscheidungen_en/eugh_1989_154_fremdenfuehrer/
  2. Studiengang Tourismusmanagement an der Hochschule Heilbronn
  3. Potesdamer Neueste Nachrichten, 26. April 2011: Das Handy als Stadtführer (Artikel von Katharina Wiechers)
  4. rp-online.de: Brüggen

Weblinks


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