Friedrich Bengel

Friedrich Bengel
Friedrich Bengel
Friedrich Bengel, nach der Ordensverleihung 1916; im Knopfloch trägt er übereinander die Bänder der Bayer. Tapferkeitsmedaille und des Eisernen Kreuzes II. Klasse

Friedrich Bengel, (* 6. Oktober 1892 in Dirmstein; † 23. August 1985 in Dirmstein), Schlosser; im I. Weltkrieg Unteroffizier, verhinderte 1916 eine Explosionskatastrophe und wurde deshalb mit der Bayerischen Tapferkeitsmedaille, dem höchsten Tapferkeitsorden der bayerischen Armee für Nicht-Offiziere ausgezeichnet

Leben und Wirken

Bengel wurde 1892 in Dirmstein bei Frankenthal geboren und stand als Unteroffizier bei der Minenwerferkompanie Nr. 3, im II. bayerischen Armeekorps. Die Minenwerfer waren damals eine neuartige Waffe. In Geschützen mit steil aufragenden Rohren wurden dünnwandige Granaten von vorn in das Rohr gesteckt und mit raketenähnlichen Treibladungen verschossen. Durch die steile Flugbahn konnten damit auch gedeckte Ziele erreicht werden, über die herkömmliche Kanonen hinwegschossen. Die amtlichen Unterlagen konstatieren über Friedrich Bengel folgenden Sachverhalt, der sich bei der Sommeschlacht in Nordfrankreich zutrug:

Während des Einschießens eines mittleren Minenwerfers am 14.7.1916, im Hohenzollernwerk bei Auchy, wurde der Munitionsraum durch eine feindliche Granate schweren Kalibers getroffen. Die Zündmittel fingen sofort Feuer, ein Teil der Treibladungen ging in die Luft. Da sprang, rasch entschlossen, Unteroffizier Bengel vom Werferstand herüber und riß die brennenden Kisten mit Treibladungen und Zündern aus dem Munitionsraum. Ein weiteres Umsichgreifen des Brandes und damit das Explodieren der übrigen Zündmittel und der 120 lagernden Minen war hintangehalten, schwere Verluste an Menschen und unabsehbarer Materialschaden durch die Geistesgegenwart und Todesverachtung des Bengel verhindert; obwohl noch zu der an und für sich mehr als gefährlichen Tat, die feindliche Artillerie schwerstes Feuer auf den Werferstand legte, da sie durch die Rauchentwicklung besonders aufmerksam geworden war.

Bayerns Goldenes Ehrenbuch, 1928

Durch seine mutige und selbstlose Tat hatte Bengel eine schwere Explosionskatastrophe verhindert. Dafür erhielt er die Silberstufe der Bayerischen Militärverdienstmedaille -- umgangssprachlich und seit 1918 auch offiziell -- Bayerische Tapferkeitsmedaille genannt; die höchste bayerische Tapferkeitsauszeichnung für Nicht-Offiziere. Wegen seinem seltenen Orden genoss Bengel höchstes Ansehen in der Heimatgemeinde. Er blieb dort der einzige Träger.

Die Ritter der Bayerischen Tapferkeitsmedaille mit Kronprinz Rupprecht von Bayern, an dessen 85. Geburtstag. Der Kronprinz vorn mittig, sitzend, mit Hut in der Hand, Friedrich Bengel stehend, hinterste Reihe, ganz links außen.

Der Veteran war im Kriegerverein aktiv und man beförderte ihn als Träger der Tapferkeitsmedaille, mit Datum vom 27. August 1939, ehrenhalber zum Leutnant der Landwehr a.D. Zeitlebens blieb Bengel dem Land Bayern und dem Königshaus Wittelsbach herzlich verbunden. Nach dem 2. Weltkrieg, als die Rheinpfalz von Bayern abgetrennt war und eventuell wieder angeschlossen werden sollte, engagierte er sich im „Bund Bayern und Pfalz“, der – erfolglos - die Rückgliederung seiner pfälzischen Heimat an Bayern anstrebte. Ebenso blieb Friedrich Bengel im Kreis der Ordensträger aktiv. Er nahm 1954 an den Feiern zum 85. Geburtstag des Kronprinzen Rupprecht von Bayern teil. Ein Photo zeigt ihn mit dem Jubilar im Kreis der eingeladenen Inhaber der bayerischen Tapferkeitsmedaille. 1964 besuchte er mit anderen Veteranen das Schlachtfeld von Ypern und erhielt eine Jubiläumsurkunde der dortigen Stadtverwaltung. Bengel wohnte im Anwesen Metzgergasse 7 und starb hochbetagt, am 23. August 1985.

Urkunde der Stadtverwaltung Ypern, zur Erinnerung an den Besuch Bengels auf den Schlachtfeldern des I. Weltkriegs, 1964

Nach dem „Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen“ von 1957, erhielt er als Inhaber einer der höchsten Deutschen Tapferkeitsorden, einen symbolischen Ehrensold von 50 DM im Monat. Bei der Beerdigung stand ihm eine Ehrenabordnung der Bundeswehr zu, die am Sarge Totenwache hielt und bei der Beerdigung den Orden auf einem Kissen mittrug.

Friedrich Bengels herausragende Tat wurde 1928 in dem Werk „Bayerns Goldenes Ehrenbuch“ beschrieben, das kürzlich auch als Reprint erschien. In der neuen Ortsgeschichte von Dirmstein ist ihm ebenfalls ein eigenes Kapitel gewidmet.

Literatur

  • "Bayerns Goldenes Ehrenbuch", Bayerisches Kriegsarchiv München, 1928
  • "Bayerns Goldenes Ehrenbuch, Die Inhaber des Militär-Max-Joseph-Ordens und der Militär-Verdienst-Medaille im Ersten Weltkrieg", Reprint, Phaleristischer Verlag Michael Autengruber, Konstanz, 2000
  • "Dirmstein – Adel, Bauern und Bürger, Chronik der Gemeinde Dirmstein". Michael Martin (Hrsg.): Selbstverlag der Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung, Neustadt an der Weinstraße 2005, ISBN 3-9808304-6-2, Eigenes Kapitel über Friedrich Bengel, von Joachim Specht
  • "Ein Dirmsteiner mit Geistesgegenwart und Todesverachtung", Joachim Specht, Die Rheinpfalz, Lokalausgabe Grünstadt, 31. August. 2001, Lokalausgabe Frankenthal, 24. Dezember 2001.

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