Friedrich Christiansen

Friedrich Christiansen
Friedrich Christiansen (2. v. r.) im Jahr 1937

Friedrich Christiansen (* 12. Dezember 1879 in Wyk auf Föhr; † 3. Dezember 1972 in Aukrug) war ein deutscher Offizier, zuletzt General der Flieger sowie Wehrmachtbefehlshaber in den von Deutschland besetzten Niederlanden. Nach Kriegsende wurde er dort als Kriegsverbrecher zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Christiansen stammte aus alter Seefahrerfamilie und wurde zunächst Handelsschiffkapitän. Unter anderem fuhr er als Zweiter Offizier auf der Preußen. Am 1. Oktober 1901 trat er der Kaiserlichen Marine bei, aus der er nach einjähriger Dienstzeit am 30. September 1902 als Reservist entlassen wurde. Im März 1914 absolvierte er die Prüfung zum Piloten und arbeitete danach als Fluglehrer.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Christiansen zur Marine einberufen und diente zunächst als Ausbilder bei der Flieger-Abteilung Holtenau. Am 5. Januar 1915 versetzte man Christiansen als Seeflieger an die belgische Küste und beförderte ihn am 18. Februar 1916 zum Leutnant sowie am 25. Juni 1917 zum Oberleutnant der Reserve. Ab 16. September 1917 fungierte Christiansen als Stationsleiter der Seefliegerstation Flandern I in Zeebrugge. Dabei gelang ihm am 11. Dezember 1917 der Abschuss des britischen Luftschiffs C 27. Daraufhin verlieh im Kaiser Wilhelm II. nach insgesamt 440 Feindflügen am 11. Dezember 1917 den Pour le Mérite, den Christiansen dann im Großen Hauptquartier aus der Hand des Kaisers ausgehändigt bekam. Er war somit der erste Reserveoffizier der Marine, der die höchste preußische Tapferkeitsauszeichnung erhielt. Am 27. September 1918 wurde er zum Kapitänleutnant der Reserve befördert.

Nach der Novemberrevolution von 1918 gehörte er der 3. Marinebrigade unter Wilfried von Loewenfeld an und schied am 6. März 1919 aus dem Militärdienst aus.

Ab 1922 betätigte sich Christiansen erneut als Handelsschiffkapitän, bis er 1929 bei Claude Dornier beschäftigt wurde. Mit Dorniers Großflugboot Do X wurde er auch im Ausland bald bekannt, unter anderem bei der Amerikatour von 1931.

Seine Auszeichnungen führten schließlich dazu, dass er von 1933 bis 1937 als Ministerialrat ins Reichsluftfahrtministerium berufen und 1936 zum Generalmajor befördert wurde. Im selben Jahr wurde er zum Kommandanten bzw. Inspekteur aller Fliegerschulen ernannt. 1937 wurde Christiansen, der Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 800471) war, Korpsführer des NS-Fliegerkorps und zum Generalleutnant befördert. 1938 wurde er - auf dem Höhepunkt seiner militärischen Karriere - zum General der Flieger ernannt.

Während des Zweiten Weltkriegs nach dem Westfeldzug war Christiansen vom 29. Mai 1940 bis zum 7. April 1945 Wehrmachtbefehlshaber in den von Deutschland besetzten Niederlanden und zugleich vom 10. November 1944 bis 28. Januar 1945 Oberbefehlshaber der dort eingesetzten 25. Armee.

Nach dem Krieg wurde Christiansen verhaftet und vom Sondergericht im niederländischen Arnheim in der Strafsache Putten am 12. August 1948 zu 12 Jahren Haft verurteilt:[1] Er hatte nach Anschlägen auf die Wehrmacht am 2. Oktober 1944 befohlen, das niederländische Dorf Putten niederzubrennen und alle Männer des Dorfes im wehrfähigen Alter nach Amersfoort und von dort in das Konzentrationslager Neuengamme zu deportieren. Daraufhin wurden 602 Männer aus Putten am 18. Oktober 1944 in dem KZ interniert und viele von ihnen in den darauffolgenden Wochen in verschiedene Außenlager transportiert. Nur 49 von ihnen überlebten. Die größte Gruppe der Männer aus Putten litt und starb in den Außenlagern Husum-Schwesing und Ladelund in Nordfriesland. Allein im KZ Ladelund starben 111 Männer aus Putten.[2] Im Dezember 1951 wurde Christiansen begnadigt.

Seine Freilassung im Jahre 1951 nahm der Stadtrat seiner Heimatstadt Wyk zum Anlass, die ihm 1932 verliehene Ehrenbürgerschaft zu erneuern sowie eine Straße, die bereits früher seinen Namen trug, wieder nach ihm zu benennen. Diese Aktionen von deutscher Seite wurden in den Niederlanden und in Dänemark mit Empörung aufgenommen. Im Mai 1980 erhielt die "Friedrich-Christiansen-Straße" ihren alten Namen "Große Straße" zurück.[3]

Auszeichnungen

Siehe auch

Literatur

  • Heinrich Asmus, Werner Hauschildt, Peter Höhne: Fortschreibung von "Die Geschichte des Aukrugs" ab 1978 und Nachträge, Aukrug 1995.
  • Erich Stockhorst: 5000 Köpfe - Wer war was im Dritten Reich? Arndt, Kiel 2000, ISBN 3-88741-116-1.
  • Arch Whitehouse: Flieger-Asse 1914 – 1918. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1970, S. 386–387.
  • Karl-Friedrich Hildebrand, Christian Zweng: Die Ritter des Ordens Pour le Mérite des I. Weltkriegs, Band 1: A-G, Biblio Verlag, Osnabrück 1999, ISBN 3-7648-2505-7
  • Hanns Möller: Geschichte der Ritter des Ordens pour le mérite im Weltkrieg Band I: A-L, Verlag Bernard & Graefe, Berlin 1935, S.193-195

Weblinks

 Commons: Friedrich Christiansen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Zusammenfassung des Urteils bei Justiz und NS-Verbrechen
  2. [1] und [2]
  3. A. Bantelmann, A. Panten, R. Kuschert, T. Steensen, Geschichte Nordfrieslands, Hrsg. Nordfriisk Instituut und Stiftung Nordfriesland, Verlag Boyens & Co. 1995. ISBN 3-8042-0759-6, S. 391
  4. a b c d e Rangliste der Kaiserlich Deutschen Marine für das Jahr 1918, Hrsg.: Marine-Kabinett, Mittler & Sohn Verlag, Berlin 1918, S.200
  5. Klaus D. Patzwall: Das Goldene Parteiabzeichen und seine Verleihungen ehrenhalber 1934-1944, Studien der Geschichte der Auszeichnungen Band 4, Verlag Klaus D. Patzwall, Norderstedt 2004, ISBN 3-931533-50-6, S.66
  6. Klaus D. Patzwall und Veit Scherzer: Das Deutsche Kreuz 1941-1945, Geschichte und Inhaber Band II, Verlag Klaus D. Patzwall, Norderstedt 2001, ISBN 3-931533-45-X, S.538

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