Friedrich Funder

Friedrich Funder

Friedrich Funder (* 1. November 1872 in Graz; † 19. Mai 1959 in Wien) war österreichischer Journalist, katholischer Publizist und Herausgeber der christlich-sozialen Wiener Tageszeitung Reichspost. Funder war Chefredakteur der Zeitung Reichspost und leitender Funktionär des Cartellverbandes.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit und Jugend

Friedrich Funder wurde als Sohn eines Zuckerbäckers geboren. Wirtschaftliche Schwierigkeiten zwangen seine Eltern, den Betrieb aufzugeben. Die Familie zog in einen kleinen Industrieort nahe Dresden, da sein Vater dort einen Arbeitsplatz fand. Diese Zeit erweckte in dem damals 7jährigen Friedrich eine Vorahnung dessen, was Proletariat und Arbeitersein bedeutete. Auch prägte ihn die protestantische Umwelt, die die katholische, österreichische Familie noch mehr in eine Ghetto-Situation brachte. Im Jahre 1887 reiste die Familie Funder wieder zurück nach Graz und Friedrich besuchte ab diesem Zeitpunkt das „fürstbischöfliche Knabenseminar“, um Priester zu werden. Das Schulsystem von Sachsen und das österreichische Schulsystem wiesen große Unterschiede auf, weshalb Friedrich Funder einige Semester länger am Seminar verbringen musste. Seine Lehrer erkannten schon früh seine journalistische Begabung. In der von ihm mitbegründeten, geheimen literarischen Gesellschaft „Der Eichenbund“ betätigte er sich journalistisch. Aus der Gesellschaft entstand später die offizielle Schülerzeitung „Walhalla“. Seine Maturareise führte ihn 1892 nach Linz zum 3. österreichischen Katholikentag. An diesem Katholikentag wurde die Resolution gefasst, als Gegenpol zu der damals unumschränkt dominierenden liberalen Presse ein „modernes, unabhängiges Tagblatt für das christliche Volk Österreichs“ zu gründen. Aus diesem Projekt ging die Zeitung Reichspost hervor, deren Chefredakteur später Friedrich Funder wurde.

Die Wende zum Journalismus

Mit Zweifel, jedoch entschlossen Priester zu werden, immatrikulierte er an der Theologischen Fakultät der Universität Graz. Dort trat er am 30. Mai 1893 der K.Ö.H.V. Carolina Graz im ÖCV bei. An den Grazer Hochschulen nahmen die Feindseligkeiten gegen diese, damals einzige bestehende katholische, farbentragende Korporation kritische Formen an. Im Oktober 1893 wurden 20 Mitglieder der Carolina von einigen Hunderten Studenten angegriffen. Die Polizei war machtlos. Als Funder dies sah, legte er seinen Talar ab und gesellte sich zu den Angegriffenen. „Wurde dieses Häuflein katholischer Studenten bedrängt, so wollte ich wenigstens in seiner Mitte sein“, so schrieb Funder später in seinen Memoiren. Daraufhin wurde der Theologiestudent wegen Gewalttätigkeit von der Polizei verhaftet, schließlich aber freigesprochen. Von diesem Ereignis geprägt, fasste er den Plan, katholischer Journalist zu werden. Die bürgerlich - liberale Presse berichtete über solche „Aktionen“ gewöhnlich pro - burschenschaftlich. Daher formulierte Friedrich Funder für sich das Ziel, sich in den Dienst christlicher Massenaufklärung zu stellen. Mit Unterstützung einiger Professoren gelangte er nach Wien, wo er seine juristischen Studien aufnahm. Sein Geld verdiente er anfänglich als Privatlehrer und Korrekturleser bei der Zeitung Reichspost, die ihn 1896 als Redakteur aufnahm. Zwei Jahre später promovierte Friedrich Funder zum Doktor juris an der Universität Wien. Ab diesem Zeitpunkt konnte er eine steile Karriere verzeichnen. Bereits als 30-Jähriger wurde er 1902 zum Chefredakteur der wichtigsten christlich-sozialen Zeitung des Reiches, der Reichspost, die er bis 1938 führte, betraut. Zwei Jahre später wurde er auch deren Herausgeber. In dieser Position hatte er die Politik der Christlichsozialen Partei entscheidend beeinflusst und wurde so eine Schlüsselfigur der politischen Entwicklung vor dem Ersten Weltkrieg.

Der „Ministermacher“

Friedrich Funder ging aber nie persönlich in die Politik, sondern sicherte sich durch die Reichspost eine gewisse Unabhängigkeit. 1905 kam es zu den ersten Kontakten zwischen dem Chefredakteur der Reichspost und dem Thronfolger Franz Ferdinand. Friedrich Funder arbeitete in der „Werkstatt im Belvedere“ an einer Neuordnung Österreich-Ungarns mit, und gehörte somit zu dem engen Kreis der Berater des Erzherzogs. Dessen Ermordung beendete die ehrgeizigen Pläne, an denen auch Funder mitgearbeitet hatte. In der Ersten Republik verhalf er dann vielen politisch engagierten Menschen und deren Ideen zu Publizität, stellte sich selbst aber nicht ins Rampenlicht der politischen Bühne. Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, wurde er zum „Ministermacher“ und zum engen politischen Berater von Ignaz Seipel, Engelbert Dollfuß und später von Kurt Schuschnigg. Am 13. März 1938 wurde Funder von der Gestapo verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau und später in das Todeslager Flossenbürg deportiert. Erst durch mühevolle Interventionen des Vatikan wurde er dort 1939 freigelassen. Das Gebäude der Reichspost war inzwischen geplündert worden, und die Zeitung musste eingestellt werden. Funder erhielt ein Schreibverbot und erst nach 1945 konnte er ein neues Wochenblatt mit dem Namen Die Furche gründen.

Für ein neues Miteinander

Nach dem Zweiten Weltkrieg rief Friedrich Funder immer wieder zum inneren Frieden, Miteinander und zum Ausgleich auf. Doch er war nicht immer so. Funder war während vieler Jahrzehnte oft ein harter Gegner der österreichischen Protestanten und ein Kämpfer von unbarmherziger Härte auf politischem Gebiet. Doch er hat nie aufgehört zu lernen. Den härtesten und schmerzlichsten Lernprozess musste er im KZ erfahren. Danach trat er bestimmend für die Zusammenarbeit der beiden großen politischen Lager ein, da ihm klar geworden war, dass der Wiederaufbau Österreichs nur mit vereinten Kräften geschehen konnte. Bruno Kreisky meinte über Friedrich Funder: „Er war ein Gegner des Sozialismus und der sozialistischen Bewegung“.

Auszeichnungen

Literatur

  • Pfarrhofer, Hedwig: Friedrich Funder. Ein Mann zwischen Gestern und Morgen. Graz, Wien, Köln 1978. ISBN 3-222-11086-7.

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