Fritz X

Fritz X
Fritz X


Lenkbombe Fritz X

Allgemeine Angaben
Bezeichnung: X-1, PC 1400X oder FX 1400
Typ: Seezielflugkörper / präzisionsgelenkte Munition
Herkunftsland: Deutsches Reich
Hersteller: Ruhrstahl
Entwicklung: Max Kramer
Indienststellung: 21. Juli 1943
Einsatzzeit: 1943 – 1945
Technische Daten
Gefechtsgewicht: 1570 kg
Länge: 3262 mm
Durchmesser: 562 mm
Spannweite: 1352 mm
Reichweite: 5 km horizontal
Ausstattung
Gefechtskopf: 320 kg Amatol 40
Lenkung: Funkfernsteuerung (AM 50 MHz)

„Kehl“ (FuG 203/Sender)
„Straßburg“ (FuG 230/Empfänger)

Zünder: Unbek. (möglw. Zerlegezünder)
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Fritz X

Fritz X war der gebräuchlichste Name einer lenkbaren deutschen Sprengbombe im Zweiten Weltkrieg. Sie wurde unter Federführung von Max Kramer von der Firma Ruhrstahl entwickelt und war für den Einsatz gegen Schiffsziele konzipiert. Andere Bezeichnungen waren X-1, PC 1400X oder FX 1400. Von letzterer leitet sich auch der Name Fritz X ab.

Die Fritz X war einer der ersten Vorfahren heutiger Seezielflugkörper und präzisionsgelenkter Waffen.

Inhaltsverzeichnis

Technischer Aufbau

Die Fritz X wurde auf Basis einer Sprengbombe vom Typ SD 1400 (Splitterbombe, dickwandig, 1400 kg) entwickelt. Diese war mit ihrer Dickwandigkeit speziell für gepanzerte Kriegsschiffe zum Durchschlagen von bis zu 20 cm starken Panzerplatten entwickelt worden. Sie bekam nun eine aerodynamisch günstiger gestaltete Spitze, vier Stummelflügel mit einer Spannweite von 1,40 m und ein kastenförmiges Leitwerk. Am Heck, innerhalb des Leitwerks waren fünf Leuchtsätze angebracht, die als Hilfsmittel bei der Zielansteuerung dienten. Die Farbe der Leuchtsätze war wählbar, damit die Bombenschützen die in der Luft befindlichen Fritz X unterscheiden konnten. Zudem waren für Dämmerungseinsätze schwächer leuchtende Leuchtsätze vorgesehen. Eine Kreiselsteuerung diente zur Stabilisierung der Längsachse und ein Fernlenkempfänger zur Ansteuerung der Höhen- und Querruder. Gesteuert wurde der Flugkörper vom Trägerflugzeug aus über eine Funkfernsteuerung Sender FuG 203 "Kehl" und Empfänger FuG 230 "Straßburg" mit 18 Kanälen im Frequenzbereich um 50 MHz. Dabei wurden auch nicht zur Steuerung verwendete Frequenzen zur Täuschung der gegnerischen Seite abgestrahlt. Als Alternative zur Funksteuerung wurde eine Drahtlenkung mit Drähten (je zwei 8 km Drahtspulen in Flugzeug und Lenkbombe) entwickelt, um bei gegnerischer Funkstörung einsatzbereit zu sein. Wirksame Funkstörung wurde jedoch nicht beobachtet. Weitere Steuerungsvarianten, die nur bis zur Erprobung kamen, waren das System "Radieschen" bei dem die Fritz X eigenständig Sendeanlagen ansteuerte, gedacht war hier an die englischen LORAN-Sender und das System "Tonne", auch "FB"-Fernsehbildsteuerung, bei der ein Kamerabild per Funk zum Flugzeug übertragen wurden.

Bei Versuchsabwürfen in Peenemünde und anschließend Foggia traf man mit Fritz X bei 40 Abwürfen aus 4000 bis 8000 m Höhe zu 50% in einen Kreis von 14 m (CEP = 50 m). Alle funktionstüchtigen Fritz X schlugen in einen Kreis von 26 m Durchmesser ein.[1]

Dabei musste der Bombenschütze die Waffe über einen sogenannten „Kommandogeber mit einem beweglich gelagerten Lenkstab“ (Joystick) stets mit dem Ziel in Deckung halten. Dies hatte den Nachteil, dass – im Gegensatz zu Gleitbomben wie der Henschel Hs 293 – das Ziel überflogen werden musste. Der Beobachter ermittelte mit dem Lotfernrohr-Zielgerät Lotfe 7D den optimalen Abwurfzeitpunkt. Dann musste der Flugzeugführer nach ausklinken der Fritz X in den Steigflug übergehen, um das Flugzeug passend zu verlangsamen, damit das Flugzeug im Moment des Einschlages - ca. 30-40 Sekunden nach Abwurf - über dem Ziel flog und der Beobachter den Leuchtsatz optimal verfolgen konnte. Dies machte das angreifende Flugzeug gegenüber schweren Flugabwehrkanonen theoretisch verwundbar, Verluste in dieser Phase sind aber nicht bekannt.

Bei der Räumung des Flugplatzes Foggia in Süd-Italien fielen den Alliierten am 27. September 1943 originalverpackte Fritz X in die Hände, was der deutschen Seite aber unbekannt blieb.

Entwicklungsgeschichte und Einsatz

Dipl.-Ing. Max Kramer von der DVL experimentierte bereits seit Ende der 1930er Jahre mit ferngelenkten freifallenden Bomben von 250 kg Masse. Im Jahre 1940 wurde die Ruhrstahl AG in die Entwicklung mit einbezogen, da diese bereits Erfahrung in der Entwicklung und Produktion von ungelenkten Bomben hatte.

Die Fritz X kam am 29. August 1943 zur Truppe. Bereits am 9. September 1943 konnte die Luftwaffe ihren größten Erfolg mit dieser Waffe verbuchen: Nach dem Waffenstillstand der Alliierten mit Italien lief die italienische Flotte aus La Spezia aus und nahm Kurs auf Malta, um sich den Alliierten zu ergeben. Zwölf Kampfflugzeuge Dornier Do 217 der III. Gruppe des Kampfgeschwaders 100 unter Major Bernhard Jope starteten mit je einer Fritz X an Bord in Istres-Südfrankreich, um den Verband anzugreifen. Das italienische Schlachtschiff der Littorio-Klasse RN Roma (1942), das Flaggschiff der italienischen Flotte mit 43.624 Tonnen, erhielt zwei Treffer und sank nach einer Explosion. Der erste Treffer der Besatzung: Flugzeugführer Leutnant Deumling mit Beobachter Uffz. Penz traf das Heck und durchschlug den Schiffsboden, vermutlich ohne zu detonieren. Der zweite folgenreiche Treffer der Besatzung: Ofw. Steinborn mit Beobachter Degan traf mittschiffs eine Munitionskammer; die gewaltige Detonation führte zum Untergang, bei dem das Schiff zerbrach und auf über tausend Meter sank. Dabei starb ein großer Teil der Besatzung 1254 Mann, darunter der Admiral Carlo Bergamini, 595 Männer überlebten. Das Schwesterschiff RN Italia wurde beschädigt. Die Suche nach der Untergangsstelle der Roma verlief bisher erfolglos.

Gleitbombentreffer auf USS Savannah vor Salerno am 11. September 1943 während der Operation Avalanche

Eine Fritz X wurde auf das Nonnenkloster von Cospicua abgeworfen.[2] Im Rahmen der Invasionsabwehr im August 1944 wurden erstmals auch Fritz X gegen Brückenziele eingesetzt, der Erfolg während der Invasion in Nordfrankreich blieb jedoch aufgrund der starken Jägerbedrohung aus.

Die letzten Einsätze mit der Fritz X erfolgten im April 1945 gegen die Oderbrücken.[3]

Bei 22 Einsätzen wurden vom KG 100 bis zum 30. April 1944 108 Fritz X mitgeführt, davon wurden 60 am Ziel geworfen (44 funktionierten, 16 technische Versager). Von den 44 eingesetzten funktionstüchtigen Fritz X erzielten 14 Volltreffer, 7 wirkungsvolle Nahtreffer, 13 Fehlwürfe und 10 mal wurde die Trefferlage nicht beobachtet.[4]

Weitere Schiffe, die im Laufe des Krieges von Fritz X beschädigt oder versenkt wurden, waren:

  • das britische Schlachtschiff HMS Warspite
  • der amerikanische Kreuzer USS Philadelphia
  • der amerikanische Kreuzer USS Savannah
  • der britische Kreuzer HMS Uganda
  • der britische Kreuzer HMS Spartan (versenkt)
  • der britische Zerstörer HMS Janus (Fritz X, Henschel Hs 293 oder konventioneller Torpedo)
  • das Lazarettschiff HMHS Newfoundland (versenkt).

Insgesamt wurden etwa 2500 Fallbomben gebaut.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. "Flugkörper und Lenkraketen"; Benecke/Hedwig/Herrmann, Bernard u. Graefe Verlag, 1999
  2. The National War Museum, Valletta, Malta
  3. Bill Gunston, The Illustrated Encyclopedia of the World's Rockets and Missiles, Verlag Salamander Books, 1979, Seite 106-107
  4. "Flugkörper und Lenkraketen"; Benecke/Hedwig/Herrmann, Bernard u. Graefe Verlag, 1999

Literatur

Weblinks


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