FuMg39

FuMg39

Das Funkmessgerät FuMG39 Würzburg war das meistverwendete, bodengestützte Feuerleitradar für die Deutsche Luftwaffe und die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Die Entwicklung begann vor dem Krieg, die ersten Geräte wurden ab 1940 eingesetzt. Insgesamt wurden vermutlich mehr als 4000 Geräte verschiedener Modellreihen hergestellt. Es wurde nach der Stadt Würzburg benannt, weil der Projektleiter Wilhelm Runge Städtenamen als Benennung bevorzugte.

Erhaltene Würzburg-Riese-Radarstellung in Douvres-la-Délivrande (49° 17′ 11″ N, 0° 24′ 14″ W49.286408333333-0.403930555555557), Normandie

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

"Würzburg"-Gerät im Einsatz in Frankreich

Im Januar 1934 trafen sich Mitarbeiter der Firma Telefunken mit deutschen Radar-Forschern, darunter dem Leiter der Forschungsanstalt der Nachrichten-Versuchsabteilung der Kriegsmarine Dr. Rudolf Kühnhold und dem Mikrowellen-Experten Dr. Hans Erich Hollmann, die sie über ihre Arbeiten an einem Frühwarnradar unterrichteten. Telefunkens Forschungsleiter Runge hielt ihre Ideen für Hirngespinste. Daraufhin haben sich die beiden Entwickler 1934 der Firma GEMA (Gesellschaft für Elektroakustische und Mechanische Apparate) angeschlossen, um auch mit der Firma Lorenz bei der Entwicklung der Radarsysteme Freya und Seetakt zusammenarbeiten zu können.

Im Frühjahr 1935 erkannte Dr. Wilhelm Runge bei einem Versuch mit einem Dauerstrichradar, dass das Projekt durchführbar sein müsste, und er setzte bei Telefunken alle Hebel für die Entwicklung eines eigenen Radarsystems in Bewegung. Da sich bei der Firma Lorenz bereits Erfolge im Frühwarnbereich abzuzeichnen begannen, legte er bei Telefunken den Schwerpunkt auf ein Feuerleitradar für den Nahbereich. Die Firmenleitung war allerdings so wenig interessiert wie Wilhelm Runge im Jahr zuvor und maß dem Projekt in der Entwicklung wenig Bedeutung bei. Das verhinderte aber trotzdem nicht, dass nach dem Start der Entwicklung bereits im Sommer ein funktionierendes Experimentalgerät verfügbar war, welches im 50-cm-Band in der Lage war, eine Junkers Ju 52 gut als Ziel zu erkennen. Im nächsten Sommer war aus dem Experimentalgerät bereits ein Prototyp geworden, bekanntgeworden unter dem Namen Darmstadt, der eine Genauigkeit von 50 m auf 5 km Entfernung aufwies, was für ein Feuerleitradar wohl nicht ausreichend erschien. Im Herbst des Jahres 1938 beschleunigte ein Auftrag der Luftwaffe dann die Entwicklung.[1]

Das fertige System wurde als FuMG62 in Rechlin im Juli 1939 Hitler vorgeführt, gleichzeitig mit dem FuMG39T Darmstadt. Die Gruppe bei Telefunken hatte ein recht genaues System auf Basis einer Klystron-Mikrowellen-Röhre entwickelt, welches in dem zu jener Zeit extrem kurzwelligen Bereich von 54 cm – 53 cm (563 MHz – 566 MHz) mit einer Pulslänge von zwei Mikrosekunden bei einer Spitzenleistung von sieben kW bis elf kW und einer Pulswiederholrate von 3750 Hz arbeitete, umschaltbar ab Modell-C auf 5000 Hz. Es hatte eine maximale Reichweite von 29 km und war auf 25 m genau.[2]. Benutzt wurde eine drei Meter große, auf einem fahrbaren Anhänger montierte Parabolantenne. Für den Transport konnte die Antennenschüssel entlang der waagerechten Mittellinie zusammengeklappt werden.

Modelle

Würzburg Typ A im Imperial War Museum London

Im Herbst 1939 wurden 5000  Geräte durch die Wehrmacht bestellt, eingeführt wurde das System 1940. Ungefähr 4000 Geräte in verschiedenen Versionen, die auf den Konstruktionsgrundlagen des Radars Würzburg beruhten, wurden im Laufe des Krieges ausgeliefert. Die Geräte wurden zunächst zur Entfernungs- und Höhenwinkelmessung eingesetzt.

Würzburg A

Die erste Ausführung, Würzburg A war noch im wesentlichen handbedient und erforderte, dass die Bedienungsmannschaften über ein maximales Signal nach Anzeige ihrer Oszilloskope das Ziel anpeilten. Weil sich nicht nur die Signalstärke selbst änderte und das Radar ja auch die Zielauffassung verlieren konnte, war das Verfahren nicht sehr genau und erforderte den Einsatz von Suchscheinwerfern zur Zielbeleuchtung, sobald mit dem Radar eine ungefähre Richtung ermittelt werden konnte. Trotzdem gelang mit einem der ersten Würzburg Radargeräte durch mündliche Zieleinweisung einer Flakeinheit im Mai 1940 in Essen der Abschuss eines Flugzeugs.[1] Ab Oktober 1940 wurden serienmäßige Würzburg-Geräte an die Wehrmacht ausgeliefert und bei der Flak benutzt.

Würzburg B

Ein Versuchsgerät Würzburg B wurde noch mit einem Infrarotdetektor zur Verbesserung der Zielgenauigkeit ausgerüstet, aber diese Geräte erwiesen sich als unbrauchbar, und die Produktion wurde eingestellt.

Würzburg C

FuMG 39 "Würzburg" in einer 8,8cm Flak-Stellung am Atlantikwall

Verbesserungen im Zielsystem führten zur Variante Würzburg C. Diese sendete mit zwei geringfügig vom Brennpunkt abweichend installierten Hornstrahlern, die wechselweise sendeten und mit großer Geschwindigkeit umgeschaltet wurden. Die Echosignale wurden leicht zeitversetzt auf einem Oszilloskopschirm dargestellt. Als Ergebnis wurden zwei dicht nebeneinander liegende Spitzen auf dem Schirm dargestellt, die der Bediener auf der gleichen Höhe zu halten versuchte. Dieses System lieferte eine weit schnellere Rückmeldung von Änderungen der Zielposition, und weil jede Änderung in der Signalstärke beide Strahlkeulen betrafen, brauchte der Bediener nicht mehr unbedingt das Signalmaximum zu finden. Ein ähnliches System wurde in den Vereinigten Staaten als Feuerleitradar SCR-268 benutzt.

Würzburg D

Details des Quirl. Foto ohne Abdeckkappe

Das 1941 eingeführte Modell Würzburg D wurde um ein konisches Abtastsystem durch eine versetzte Empfangsantenne erweitert, die sich mit 25 Hz drehte und deswegen auch Quirl genannt wurde. Das sich daraus ergebende Signal wich leicht von der Hauptstrahlrichtung der Antenne ab und rotierte um die Strahlachse, die es in der Mitte überlappte. Wenn sich das Ziel auf einer Seite der Hauptstrahlrichtung der Antenne befand, veränderte sich die Signalstärke, wenn sich der Strahl darüber bewegte. Das ermöglichte es, die Antenne auf das Signalmaximum auszurichten und damit das Ziel im Focus zu behalten. Außerdem konnte der Bereich des Signalmaximums unter die Größe der Strahlweite der Antenne selbst reduziert werden, was die Genauigkeit drastisch erhöhte. Die Genauigkeit der Würzburg-D-Geräte war ungefähr zwei Grad in der Seitenrichtung (Azimut) und drei Grad in der Höhenrichtung (Elevation). Die sich bereits im Einsatz befindlichen Geräte wurden bei der Truppe generell auf den Standard des Würzburg D aufgerüstet.

Würzburg Riese

Auch das Würzburg D war noch nicht genau genug für den direkten Feuerleitbetrieb. Um die Genauigkeit zu erhöhen, wurde das FuMG65 Würzburg-Riese entwickelt. Unter Beibehaltung der prinzipiell gleichen Schaltungstechnik wurde die Antenne auf 7,4 m Durchmesser vergrößert und die Sendeleistung erhöht, so dass sich nun eine Reichweite von 70 km ergab. Die Seitenrichtgenauigkeit wurde auf 0,2 Grad, die Höhenrichtgenauigkeit auf 0,1 Grad gesteigert, was für ein Feuerleitradar mehr als ausreichend war. Das System war aber jetzt zu groß und mit 15 t Gewicht zu schwer, um noch mit einem LKW-Anhänger mobil einsetzbar zu sein. Der Würzburg-Riese-E wurde stattdessen für den Einsatz von ortsfesten Stellungen oder Eisenbahnwagen ausgelegt. Während des Krieges wurden ungefähr 1500 Geräte produziert und vorwiegend als Jägerleitradar eingesetzt.

Würzburg Riese Gigant

Das weiterentwickelte Würzburg-Riese-Gigant verfügte über eine Sendeleistung von 160 kW, ging aber nicht in Produktion.

Entdeckung und Vergleich mit britischen Geräten

Eine Würzburg-Radarstellung in Bruneval an der Küste von Frankreich wurde durch 120 britische Fallschirmjäger am 27. und 28. Februar 1942 erfolgreich angegriffen (Operation Biting). Teile der Elektronik des Gerätes und ein gefangener Techniker wurden nach Großbritannien zur Untersuchung gebracht, um Gegenmaßnahmen entwickeln zu können. Die mit der Untersuchung beauftragten Techniker waren von der Modularisierung beeindruckt, die eine Fehlersuche sehr erleichterte. Die Modularisierung erlaubte es, dass die deutschen Wartungstechniker nicht den Kenntnisstand über Elektronik zu haben brauchten, wie es auf britischer Seite für die Wartung ihrer Radargeräte erforderlich war. Auffallend war auch, dass das Gerät sehr schmalbandig war und keinerlei Vorkehrungen gegen Störmaßnahmen getroffen worden waren. Es verwendete eine feste Frequenz[3] und war damit störbar. Außerdem führte dieser Angriff zur Befestigung der Radarstellungen auf deutscher Seite und im August 1942 zur Verlagerung des britischen Forschungsinstituts für Nachrichtentechnik (TRE) (speziell für Radartechnik) aus dem küstennahen Swanage in der Nähe von Dorset in das Landesinnere nach Malvern, Worcestershire, um einem gleichartigen Angriff von deutscher Seite aus vorzubeugen.[4]

Weblinks

Quellen


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