Albrecht Penck

Albrecht Penck
Albrecht Penck

Albrecht Friedrich Karl Penck (* 25. September 1858 in Reudnitz bei Leipzig; † 7. März 1945 in Prag) war ein deutscher Geograph und Geologe. Penck widmete sich besonders der Geomorphologie, den glazialen Landschaftsformen und der Klimatologie. Er war der Vater des Geomorphologen Walther Penck.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Penck wurde 1858 als Sohn des Buchhändlers und Kaufmanns Emil Penck (1829–1880) und seiner Frau Elisabeth Penck (1833–1896) in Reudnitz bei Leipzig geboren. 1886 nahm er Ida Ganghofer (1863–1944), Schwester des erfolgreichen bayerischen Heimatschriftstellers Ludwig Ganghofer und Tochter des Forstbeamten August Ritter von Ganghofer, in München zur Frau. Gemeinsam hatten sie 2 Kinder, Walther Penck und Ilse Penck.[1]

Wissenschaftliche Karriere

Nach dem Besuch der Realschule studierte Penck seit 1875 in Leipzig Chemie, Botanik, Mineralogie und Geologie. 1878 wurde er mit „Studien über lockere vulkanische Auswürflinge“ bei dem Mineralogen Ferdinand Zirkel promoviert. Schon vorher hatte Hermann Credner , der Leiter der geologischen Landesaufnahme in Sachsen, Penck als Hilfsgeologen eingestellt und ihm die Aufnahme der Sektionen Colditz und Grimma der Geologischen Spezialkarte von Sachsen übertragen.

Nach einer Studienreise 1878 durch Norddeutschland und das südliche Skandinavien publizierte Penck 1879 „Die Geschiebeformationen Norddeutschlands“, worin erstmals die dreimalige Vergletscherung des nördlichen Mitteleuropa nachgewiesen wurde. Seit 1880 bildete sich Penck bei Karl Zittel in München im Fach Paläontologie weiter und wurde von Wilhelm Gümbel, dem Leiter der Bayrischen Geologischen Landesuntersuchung, mit der Übersichtskartierung des Diluviums im Alpenvorland betraut. Deren Ergebnisse veröffentlichte Penck 1882 („Die Vergletscherung der deutschen Alpen: ihre Ursachen, periodische Wiederkehr und ihr Einfluss auf die Bodengestaltung“) und belegte damit eine dreimalige Vergletscherung auch des Alpenvorlandes und die Entstehung der Alpenrandseen durch glaziale Erosion. Gleichzeitig habilitierte sich Penck mit dieser Arbeit als erster Vertreter des Faches Geographie an der Universität München. 1885 nahm er einen Ruf auf die neugeschaffene Lehrkanzel für Physikalische Geographie an der Universität Wien an, wo er neben den üblichen Vorlesungen obligate Exkursionen einführte.

Zu der bald international angesehenen „Wiener Schule“ der Geographie gehörten u.a. Jovan Cvijic, Naomasa Yamasaki und Emmanuel de Martonne. Mit Pencks Ansehen wurde der Wiener Lehrstuhl insbesondere durch die von Cvijic 1893 hier vorgelegte Dissertation, „Das Karstphänomän“, das weltweit führende Zentrum der Karstologie, auch wenn sich Penck selbst nur anfänglich mit dem Karstphänomen beschäftigte. Durch Cvijics Arbeiten auf dem Balkan angeregt unternahm Penck zusammen mit Davis 1899 eine Exkursion nach Dalmatien, Bosnien und die Herzegowina. Hier stellte er, erstmals für die Balkanhalbinsel überhaupt, ausgeprägte eiszeitliche Vergletscherungsspuren im Orjen fest.

1887 erschien im 1. Band von Alfred Kirchhoffs „Länderkunde des Erdteils Europa“ Pencks „Das Deutsche Reich“, dem er eine „Physikalische Skizze von Mitteleuropa“ voranstellte und damit nicht nur die bis heute gültige Definition Mitteleuropas gab, sondern auch dessen natürliche Großlandschaften erstmals begrifflich fasste.

In der „Morphologie der Erdoberfläche“ (2 Bände, 1894) stellte er methodisch zukunftsweisend das Relief der Erde als Ergebnis formender Prozesse dar. 1887–1890 untersuchte Penck gemeinsam mit August von Böhm und Eduard Brückner die Vergletscherung der österreichischen Alpenländer und legte damit die Grundlage zu „Die Alpen im Eiszeitalter“ (3 Bände, 1901–1909 mit Brückner). Dieses Standardwerk hat die Quartärforschung im deutschsprachigen Bereich fest begründet, gab ihr mit der Glazialen Serie eine verlässliche methodische Grundlage und mit den, nunmehr vier, alpinen Eiszeitaltern Günz, Mindel, Riss und Würm eine in den Grundzügen heute noch gültige stratigraphische Basis.

1891 forderte Penck erstmals die Schaffung einer Weltkarte im Maßstab 1:1.000.000 nach einheitlichen Grundsätzen (Gradabteilung und Höhenschichten), deren Realisierung gegen erhebliche Widerstände kurz vor dem 1. Weltkrieg begonnen wurde. Zahlreiche Studienreisen führten Penck unter anderem nach Westeuropa (1883), Spanien und Marokko (1892), Schottland und Irland (1885), Kanada (1897), den USA (1897, 1904 und öfter), Mexiko (1904), Südafrika, Ägypten (1905), Hawaii, Japan, Nordchina, Sibirien (1909), Spitzbergen (1910) und Australien (1914).

1906 wurden Penck als Nachfolger Ferdinand von Richthofens nach Berlin berufen und übernahm neben der Direktion des Geographischen Instituts an der Friedrich-Wilhelms-Universität (heute Humboldt-Universität) auch die Leitung des neugegründeten Instituts und Museums für Meereskunde (1917/18 Rektor, 1926 emeritiert). 1908/09 lehrte Penck als Austauschprofessor an der Yale University und der Columbia University in den USA, während gleichzeitig William Morris Davis den Berliner Lehrstuhl vertrat. Ab 1928 lehrte Penck an der Deutschen Karl-Ferdinands-Universität in Prag.

Im „Versuch einer Klimaklassifikation auf physiogeographischer Grundlage“ (1910) unterschied Penck erstmals humide, aride und nivale Klimabereiche, mit „Die Formen der Landoberfläche und Verschiebungen der Klimagürtel“ (1913) legte er die Grundlagen der Klimamorphologie. Zu aktuellen kulturgeographischen Fragen nahm er in „Die österreichische Alpengrenze“ (1915), mit der Karte „Deutsche, Polen und Kassuben in Westpreußen und Posen“ (1919) und weiteren Veröffentlichungen zur Frage des polnischen Korridors zur Ostsee Stellung.

Gleich nach Kriegsende initiierte Penck zusammen mit Alfred Merz die Einrichtung einer Volkshochschule. 1921 war er maßgeblich an der Schaffung der „Mittelstelle für zwischeneuropäische Fragen“ beteiligt, aus der 1926 die „Stiftung für deutsche Volks- und Kulturbodenforschung“ hervorging. Im Rahmen der völkischen Bewegung wurde das Konstrukt seines „Volks- und Kulturbodens“ von Max Hildebert Boehm und anderen Rechtsintellektuellen der Konservativen Revolution und des Nationalsozialismus aufgenommen.

Seit 1922 schuf er zusammen mit Friedrich Schmidt-Ott und Alfred Merz die Voraussetzungen für die „Meteor“-Expedition im Südatlantik (1925–1927). Ein glänzender, international sehr beachteter wissenschaftlicher Erfolg wurde 1928 die 100-Jahr-Feier der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin unter Pencks Leitung. Seine Publikationen zur Bevölkerungskapazität der Erde („Das Hauptproblem der physischen Anthropogeographie“, 1924, und „Die Bonitierung der Erdoberfläche, 1926) lösten langwierige Diskussionen aus. Sein „Geographischer Führer durch das Tor von Mittenwald“ (1930) schloss erneute Geländearbeiten in den Ostalpen ab.

In den 1930er Jahren war Penck unter anderem Ehrenpräsident der 3. Internationalen Quartärkonferenz in Wien (1936) und Kanzler der Berliner „Mittwochsgesellschaft“, von deren 16 Mitgliedern vier wegen der Beteiligung am 20. Juli 1944 Opfer des NS-Staates wurden. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Pencks Schrift „Nationale Erdkunde“ in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[2]

Penck war einer der bedeutendsten deutschen Geographen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, beeinflusste aber durch seine zahlreichen Schüler (neben Eduard Brückner und Alfred Merz unter anderem Norbert Krebs (1876–1947), Herbert Louis (1900–1985), Herbert Lehmann (1901–1971), Emil Meynen) auch noch die zeitgenössische Geographie. Seine Definition der Erdoberfläche als Energieumsatzfläche führte zur Dominanz naturwissenschaftlicher Methoden mit der Geomorphologie als Leitwissenschaft, und zu entsprechender Schwerpunktsetzung auch in der Landes- und Länderkunde. Das ist infolge des schon in den 1920er Jahren einsetzenden Übergangs zu soziologischen Fragestellungen heute Geschichte geworden.

Ehren

Penck wurden Ehrendoktorate der Universitäten Kapstadt, Oxford (1907), Columbia New York, Innsbruck (1927) und Sofia verliehen. Er war ordentliches Mitglied der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften Berlin und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle (Saale). Zum auswärtigen Mitglied zählten ihn die Accademia dei Lincei Rom sowie die Akademien der Wissenschaften in Wien, Washington, Kopenhagen, Edinburgh, Stockholm, Uppsala und Padua. Mit der Bayerischen Akademie der Wissenschaften war er seit 1909 als korrespondierendes Mitglied verbunden. 1933 erhielt er die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft. Er führte sowohl den österreichischen Hofrats-Titel als auch den preußischen Geheimrats-Titel.

Nach Penck ist das Forschungsschiff Professor Albrecht Penck und der Berg Mons Penck auf dem Erdmond benannt. Ebenso seinen Namen tragen die Penck Ridge im Einzugsgebiet des Franz-Josef-Gletschers in Neuseeland sowie mehrere Gletscher in der Antarktis. Außerdem ist er Namensgeber der Albrecht-Penck-Medaille der Deutschen Quartärvereinigung.

Im Jahr 1953 wurde in Wien Floridsdorf (21. Bezirk) die Penkgasse nach ihm benannt.

1966 gab sich der Maler und Bildhauer Ralf Winkler nach dem Geographen den Namen A. R. Penck.

Werke (Auswahl)

  • Studien über lockere vulkanische Auswürflinge, 1878
  • Die Geschiebeformation Norddeutschlands, 1879
  • Die Vergletscherung der deutschen Alpen, ihre Ursache, periodische Wiederkehr und ihr Einfluss auf die Bodengestaltung,1882
  • Schwankungen des Meeresspiegels, 1882
  • Die Eiszeit in den Pyrenäen, 1884
  • Das Deutsche Reich, das Königreich der Niederlande, das Königreich Belgien, das Großherzogtum Luxemburg (in Richthofens Länderkunde v. Europa 1888/89)
  • Morphologie der Erdoberfläche, 2 Bände, Stuttgart 1894
  • zus. mit E. Brückner, Die Alpen im Eiszeitalter, 3 Bände, Leipzig 1909
  • Tsingtau, 1910
  • Nationale Erdkunde. Buchholz & Weißwange, Berlin 1934

Literatur

  • Schaefer, I.: Der Weg Albrecht Pencks nach München, zur Geographie und zur alpinen Eiszeitforschung. In: Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in München, Band 74, 1989. S. 5-25; München.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Karl Albert Habbe: Penck, Friedrich Karl Albrecht. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, S. 173 f.
  2. http://www.polunbi.de/bibliothek/1947-nslit-p.html Deutsche Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone, Liste der auszusondernden Literatur. Erster Nachtrag, Berlin: Zentralverlag, 1947. Buchstabe P, Seiten 112–118. Olaf Simons, Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg, Seminar für Anglistik/Amerikanistik

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