Fustibal

Fustibal
Rekonstruktion einer balearischen Schleuder um 1500 v. Chr. (Material: Agavenfasern)
Römische Schleuderer im Dakischen Krieg

Die Schleuder ist eine Fernwaffe, die von der Antike bis ins Hochmittelalter weit verbreitet war. Sie besteht in ihrer einfachsten Form aus einem langen Streifen Leder oder Stoff, der in der Mitte eine kleine Ausbuchtung für das Geschoss hat. Der Schleuderer nimmt beide Enden der Schleuder in die Hand, legt ein Geschoss in die Ausbuchtung, schwingt die Schleuder, bis sie eine ausreichend hohe Geschwindigkeit erreicht hat, lässt dann das eine Ende los und das Geschoss fliegt aus der Schleuder.

Inhaltsverzeichnis

Verwandte und Varianten

Stabschleuder

Man kann die Hebelwirkung der Schleuder verbessern, indem man sie am Ende eines Stabes anbringt. Dies ist die Stabschleuder, Stockschleuder oder Fustibal (lateinisch Fustibalus).

Die Stabschleuder wird von dem spätrömischen Militärschriftsteller Vegetius in seiner Abhandlung „De Re Militari“ als übliche Waffe der römischen Armee erwähnt. Die ersten bildlichen Darstellungen finden sich in byzantinischen und mittelalterlichen Werken. Die Stabschleuder konnte schwere Steine, aber auch Brandsätze und später Handgranaten werfen.

Bola Perdida

Dies ist ein Stein, an dem eine Schnur oder ein Riemen befestigt ist – effektiv ein Schleudergeschoss mit daran befestigter Schleuder. Die Bola Perdida – der Name bedeutet ‘verlorene Kugel’ – ist bei den Tehuelche in Patagonien nachweisbar. Siehe auch: Bola

Kestrosphendone

Das Kestrosphendone (auch Kestrosphendon oder Kestros) war eine Schleuder, mit der kurze, schwere Pfeile verschossen wurden. Der Name setzt sich aus den griechischen Wörtern Kestros (Pfeil) und Sphendon (Schleuder) zusammen.

Das Kestrosphendone kam im dritten makedonisch-römischen Krieg zum Einsatz. Von Polybios (Geschichte, Kapitel 27 Abschnitt 11) und Titus Livius (Geschichte, Kapitel 42 Abschnitt 65) wird es erwähnt, aber nicht ausreichend genau beschrieben. Das Kestrosphendone wird später nicht mehr erwähnt.

Das Aussehen und die genaue Funktionsweise sind nicht klar. Eine mögliche Rekonstruktion ist hier zu sehen. Eine weitere Rekonstruktion ist im Artikel „A new reconstruction of the kestros or cestrosphendone“ nachzulesen (siehe Literaturverzeichnis). In diesem Artikel wird ein nachgebauter Pfeil mit einem Gewicht von 184 Gramm beschrieben.

Speerschleuder

Ein entfernter Verwandter der Schleuder ist die Speerschleuder (auch bekannt unter dem aztekischen Namen „Atlatl“). Dabei handelte es sich um einen Stab mit einem kleinen Haken am Ende, in den ein Wurfspeer eingelegt wurde. Der Stab verstärkte wie die Schleuder die Hebelwirkung des Wurfarmes.

Die Schleuder als Belagerungsmaschine

Die Blide ist eine Belagerungsmaschine, die der Stabschleuder ähnelt.

Vor- und Nachteile

Vorteile

Gegenüber anderen Fernwaffen wie Speer, Armbrust oder Bogen hat die Schleuder einige Vorteile:

  • Die Schleuder ist extrem billig und leicht herzustellen. Bogen und Armbrust sind im Vergleich teuer und erfordern besondere Materialien. Wegen des niedrigen Preises und geringen Gewichtes kann ein Schleuderer problemlos eine Ersatzschleuder bei sich tragen (Z. B. als Stirnband).
  • Die Munition liegt in Form von Steinen quasi auf dem Boden[1]. Schleudergeschosse aus Blei lassen sich an jedem Lagerfeuer herstellen. Schleudergeschosse können aus vielen Materialien hergestellt werden (siehe unten). Pfeile und Armbrustbolzen erfordern besondere Materialien (Holz, Metall, Federn) und müssen von Facharbeitern hergestellt werden.
  • Die Schleuder ist nahezu unempfindlich gegen Witterung, schwer zu beschädigen und leicht zu ersetzen. Bögen und Armbrüste sind empfindlich gegen Nässe und Kälte, leicht zu beschädigen und schwer zu reparieren. Besonders die berühmten Kompositbögen der Mongolen und anderer Reitervölker waren gegen nasskaltes Wetter empfindlich.
  • Die Schleuder lässt sich zusammengerollt leicht in der Tasche transportieren. Ein Bogen oder eine Armbrust muss sorgfältig verwahrt werden und ist wegen der Größe beim Transport unpraktisch.
  • Die Schleuder ist extrem leicht. In Zeiten, in denen jeder Soldat seine Ausrüstung auf tagelangen Märschen selbst transportieren musste, war das ein beachtlicher Vorteil [1].
  • Pfeile sind im Flug leicht zu erkennen, metallene Schleudergeschosse nicht. Das macht Überraschungstreffer wahrscheinlicher [2].
  • Die Wurffrequenz eines Werfers liegt wesentlich höher als die eines Bogenschützen.
  • Der Schleuderer benötigt nur eine Hand um seine Waffe zu bedienen, im Gegensatz zu einem Bogenschützen, der seine Waffe mit beiden Händen bedienen musste. Er kann sich mit der anderen Hand festhalten oder einen Schild tragen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere das Bild der Schlacht von Nájera im Abschnitt „Europäisches Mittelalter“ zu beachten.
  • Die Schleuder ist nahezu lautlos.

Nachteile

Die Schleuder hat folgende Nachteile:

  • Das Schleudern erfordert sehr viel Übung. Viele Herrscher versuchten gar nicht erst, die eigenen Soldaten im Umgang mit der Schleuder auszubilden, sondern warben kompetente Schleuderer an. Bekannt wurden zum Beispiel die balearischen Schleuderer als Söldner in der römischen Armee. Schleuderer gehören zu den ersten historisch nachweisbaren Söldnertruppen.
  • Im Wald oder im vom Gestrüpp bewachsenen Gelände fehlte oft der Raum, um die Schleuder zum Einsatz zu bringen.
  • Die Wirkung der Handschleuder gegen Rüstungen ist begrenzt.

Reichweite

Über die Reichweite der Schleuder lässt sich viel spekulieren. Wie alle mit Muskelkraft betriebenen Waffen der Antike und des Mittelalters hing viel von Stärke und Geschicklichkeit des Schützen ab. Die Schätzungen in der Fachliteratur schwanken stark [3].

Es scheint, dass die Schleuder zumindest in der Antike dem Bogen nicht an Reichweite unterlegen war. Xenophon erwähnt in seiner Anabasis, dass rhodische Schleuderer mit Bleigeschossen eine ähnliche Reichweite wie die persischen Bogenschützen erreichten. Der spätantike Militärschriftsteller Flavius Vegetius Renatus gibt in seinem Buch De Re Militari sechshundert Fuß als Übungsentfernung für Stabschleuder und Bogen an. Man kann daher eine Reichweite von 200–300 Metern für Bleigeschosse annehmen.

Munition

Man konnte mit einer Schleuder so ziemlich jedes kleine, schwere Objekt werfen, nicht nur Steine und Bleigeschosse.

Die älteste Munition für die Schleuder waren Steine, wobei runde, glatte Steine aus Flussbetten oder von Stränden besonders gut geeignet waren. Im 1. Buch Samuel wird erwähnt, dass David fünf glatte Steine aus einem Bach als Schleudermunition für den Kampf gegen Goliath auswählt.

Die Steine wurden sorgfältig gesammelt und gelagert. In dem eisenzeitlichen Hillfort Maiden Castle in Dorset (Südengland) wurden an die 40.000 ausgesuchte Kiesel vom nahen Strand als Schleudermunition gefunden [4]. Es wurden nicht nur natürliche Steine benützt, sondern auch behauene Steingeschosse, ungefähr so groß wie Billardkugeln.

Das Gewicht der Steine konnte stark variieren, aber Diodorus Siculus macht eine Gewichtsangabe: Die balearischen Schleuderer im Dienste Hamilkars sollen in der Schlacht von Eknomos (256 v. Chr.) Steine mit einem Gewicht von einer Mina (436,6 Gramm) verschossen haben (Bibliotheke Buch XIX. 109.).

Gegossene Geschosse aus Blei oder anderen Metallen waren noch wirksamer. Bleigeschosse hatten auch den Vorteil einer größeren Reichweite. Xenophon berichtet in seiner Anabasis, dass die Bleigeschosse von rhodischen Schleuderern die doppelte Reichweite der Steingeschosse der persischen Schleuderer erreichten.

Schleudergeschosse aus Stein und Ton (Somerset County Museum in Taunton)

Dazu kamen noch Geschosse aus gebranntem oder getrocknetem Ton zum Einsatz, die an vielen antiken Orten gefunden wurden, z. B. in Hamoukar oder auch in England, siehe Bild rechts. Cäsar berichtet von glühenden, aus Ton geformten Kugeln, die von Schleuderern der Nervier gegen strohgedeckte Scheunen geworfen wurden (Commentarii de Bello Gallico, Buch V, Kapitel 43).

Mit Stockschleudern konnten auch Brandsätze verschossen werden[5] . Die ersten einfachen Granaten wurden ebenfalls mit Stockschleudern verschossen. Der Chronist Olaus Magnus berichtet in seinem Werk 'Historia de gentibus septentrionalibus , dass finnische Krieger sogar glühende Eisenstücke schleuderten [6]. In großen Armeen war es üblich, Geschosse von einheitlicher Qualität und Größe in Massenproduktion herzustellen.

Schleuderbleie mit Inschriften

Schleudergeschoss aus Blei mit der Aufschrift „ΔΕΞΑ“

Es war üblich, Bleigeschosse mit Inschriften zu versehen, die entweder in die Gussform eingearbeitet waren oder nachträglich in das weiche Blei eingeritzt wurden. Neben derben Sprüchen („In die Fresse!“) und Beschimpfungen des Feindes („Auf den Hintern von Octavian!“ [7]) finden sich auch Hinweise auf den Eigentümer oder Hersteller der Geschosse („von Philippos“), was für Archäologen eine wichtige Hilfe bei der Datierung von Funden darstellt. Weiters sind die Inschriften ein gutes Beispiel für die Alltagssprache einer Epoche.

Das wohl bekannteste Geschoss stammt aus dem Athen des 4. vorchristlichen Jahrhunderts und trägt die Inschrift ΔΕΞΑ, was soviel wie „Nimm das!“ oder „Fang auf!“ bedeutet. Es befindet sich heute im Britischen Museum in London. Aus dem antiken Dor sind Bleigeschosse mit der Inschrift „Für den Sieg von Tryphon“ und „Dor – das fünfte Jahr in dem Dor Sumach schmecken muss“ aus der Zeit der Belagerung des Diodotos Tryphon durch Antiochos VII. Sidetes bekannt [8]. Römische Schleuderbleie weisen häufig Aufschriften von Legionen sowie Verfluchungen der Gegner auf. Die Aufschriften auf Schleuderbleien sind ein wichtiges Inidiz für die Lokalisierung von Schlachten. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die schwerste Schlacht Caesars bei Munda [9]. Eine typologische Gliederung der Schleuderbleie erfolgte durch Thomas Völling [10].

Der Corpus Inscriptionum Latinarum enthält weitere Beispiele für beschriftete Bleigeschosse.

Soziale Bedeutung

Die Schleuder war wegen der geringen Kosten eine ideale Fernwaffe für arme Leute. In antiken Völkern mussten die Krieger oft selbst ihre Waffen bezahlen. Die ärmsten Schichten der Bevölkerung konnten sich zumindest mit Schleudern bewaffnen. Auf diese Weise wurden auch die Armen zu effizienten Kriegern, deren Wohlwollen der Herrscher sich erhalten musste, wenn er ihre Unterstützung für seine militärischen Pläne benötigte.

Hirtenvölker brachten oft gute Schleuderer hervor (Der biblische David war Hirte). Schaf- und Ziegenhirten benötigten eine gute, billige Fernwaffe, um die Herde damit zu lenken, Raubtiere und Viehdiebe fernzuhalten und hatten auch genug Zeit, um mit der Schleuder zu üben.

Die Schleuder in der Geschichte

Die Schleuder dürfte neben Wurfholz, Speer, Bogen und Keule eine der ältesten Waffen der Menschheit sein.

Praktisch alle Kulturen der europäischen Antike kannten die Schleuder. Als Ursprungsland der Schleuder in der griechisch-römischen Welt gelten die Balearen-Inseln Mallorca, Ibiza und Formentera. Die Schleuderer von den Balearen werden heute mit dem Namen Els Foners Balears bezeichnet.

Die Balearischen Inseln

Rekonstruktion eines balearischen Schleuderers. Er trägt eine Ersatzschleuder als Stirnband.

Die Urbevölkerung der Balearen, erste Spuren menschlicher Besiedlung stammen aus dem 3. Jahrtausend vor Christus, waren die ersten Jäger die eine Schleuder und als Projektile rundliche Steine benutzten. Später wurde diese Technik auch zur Verteidigung eingesetzt. Die Treffsicherheit war schon damals enorm. Wurfweiten von mehr als 150 Meter werden aufgrund von Rekonstruktionen und Versuchen vermutet. Die Projektile hatten ein Gewicht zwischen 100 und 500 Gramm. Die hohe Kunst des Steinschleuderns machte später die Ur-Mallorquiner zu gefragten und gut entlohnten Söldnern in den karthagischen und römischen Armeen.

  • um 1500 v. Chr: Die Talayot-Kultur, die balearische Variante der Bronze- und Eisenzeit, beginnt. Aus dieser Zeit stammen die ersten Funde über die Steinschleuderer Els Foners Balears, die nun nicht nur Steine als Geschosse verwendeten, sondern auch Bronze- und Eisengeschosse. Die Bronze-Projektile waren zum Teil mit Gravuren zum Hohn der Gegner versehen. Es wurden nicht nur natürliche Steine benutzt, sondern auch eigens behauene Steine.

Die Foners kämpften auch gegen die einfallenden römischen Truppen.

Durch eine geschickte Anordnung von zwei Werfergruppen erzielten die Foners einen einem Vorhang gleichenden Abwehrriegel, so dass der Gegner wenig Chancen hatte, unverletzt durchzukommen. Die Wucht der Geschosse war so groß, dass dem Gegner förmlich der Kopf vom Leibe getrennt wurde. Die Wurffrequenz der Werfer war wesentlich höher als bei Bogenschützen.

Seit dem Jahre 2001 gibt es mehrere Vereine auf den Baleareninseln Mallorca, Menorca, Ibiza und Formentera, die diese Tradition bewahren. Jährlich werden die Balearen-Meisterschaften ausgetragen. Es gibt ein eigens dafür geschriebenes Regelwerk.

Das antike Griechenland

Die Griechen kannten die Schleuder und setzten im Krieg viele Schleuderer ein, die so genannten Sphendoneten. Die später so bekannten Schleuderer aus Rhodos tauchen zum ersten Mal in griechischen Armeen auf.

Naher und Mittlerer Osten

Die Bibel erwähnt Davids berühmten Kampf mit der Schleuder gegen den Philister Goliath (1. Buch Samuel, 17,48 17,49):

48 Als sich nun der Philister aufmachte und daherging und sich David nahte, lief David eilends von der Schlachtreihe dem Philister entgegen. 49 Und David tat seine Hand in die Hirtentasche und nahm einen Stein daraus und schleuderte ihn und traf den Philister an die Stirn, dass der Stein in seine Stirn fuhr und er zur Erde fiel auf sein Angesicht.

Heute wird dieser Kampf oft als die sprichwörtlich ungleiche Konfrontation „David gegen Goliath“ beschrieben, aber David war nicht benachteiligt. Die Schleuder war in der Hand eines geübten Mannes eine tödliche Kriegswaffe.

Die Männer des biblischen Stammes Benjamin werden im Alten Testament für ihre Geschicklichkeit mit der Schleuder gelobt (Richter 20,16):

15 Und es wurden an jenem Tage gezählt von Benjamin aus den Städten sechsundzwanzigtausend Mann, die das Schwert führten, außer den Bürgern von Gibea; von ihnen wurden siebenhundert gezählt, auserlesene Männer. 16 Und unter diesem ganzen Volk waren siebenhundert auserlesene Männer, die linkshändig waren und mit der Schleuder ein Haar treffen konnten, ohne zu fehlen.

In den Heeren der Assyrer gab es Schleuderer, die auf Reliefs in Ninive abgebildet sind.

Die Kelten

Die historischen Kelten kannten die Schleuder als Jagd- und Kriegswaffe.

In irischen Legenden, vor allem im Ulster-Zyklus, ist die Schleuder eine übliche Waffe:

  • Der Held Lugh tötet den König der Fomori, Balor vom bösen Auge, mit dem Tathlum, einem magischen Schleudergeschoss.
  • Königin Medb fällt ebenfalls einem Angriff mit der Schleuder zum Opfer.
  • Der Held Cú Chulainn tötet den als unbezwingbar geltenden Hund des Schmiedes Culann mit einer Schleuder.

Römisches Reich

Die Schleuder heißt auf lateinisch Funda, die Schleuderer nannte man Fundatores oder Funditores. Das römische Reich setzte vor allem auf die berühmten Schleuderer aus Rhodos, von den Balearen oder auf die Akarnanen.

Die Schleuderer Roms verwendeten rauten- oder dattelförmige Bleigeschosse, Glandes (Eicheln) genannt, mit einem Gewicht von 20–50 Gramm[2]. Damit konnte der Schleuderer durchaus Schilde zerschlagen, während ein Treffer auf den Helm zu Gehirnerschütterung oder Erblindung führen konnte.

Eiförmige Steine in Gräbern wie z. B. in Vindonissa könnten Schleudersteine sein, die den Verstorbenen ins Grab mitgegeben worden waren.

Römische Militärärzte hatten ein spezielles Gerät, um Schleudergeschosse aus dem Körper eines Getroffenen zu entfernen. Der römische Arzt Aulus Cornelius Celsus beschrieb entsprechende medizinische Techniken.

Europäisches Mittelalter

Schlacht von Nájera; rechts vom Zentrum ist ein Schleuderer mit einem Schild zu sehen.

Das spätere Mittelalter war das Ende der Schleuder als Kriegswaffe. Sie erscheint noch regelmäßig in Abbildungen nicht nur des Kampfes von David gegen Goliath, sondern auch von Schlachtszenen, wie z. B. in einem Gemälde der Schlacht von Nájera (1367) oder in der Maciejowski-Bibel[11]. Sie hatte aber eine zu geringe Wirkung gegen die dann aufkommenden Plattenpanzer. Der Codex Atlanticus von Leonardo da Vinci (entstanden um 1500) enthält noch Skizzen von Schleudern [12]. Im 16. Jahrhundert verwendete man die Stabschleuder, um einfache Handgranaten zu werfen.

Schleudern wurden im Mittelalter auch bei der Jagd benutzt. „Jagdgesellen“ verwendeten die einfache Schleuder, um Rebhühner aufzuscheuchen. Auf dem Wandteppich von Bayeux ist ein Schleuderer auf der Vogeljagd zu sehen [13].

Amerika

Schleuder aus Peru (Material: Alpakawolle)

Die Inka, Maya und Azteken verwendeten die Schleuder zur Jagd und als Kriegswaffe. Die Azteken verwendeten auch die Speerschleuder (siehe oben).

Eine Inka-Schleuder bestand aus Baumwolle oder der Wolle von Lamas oder Alpakas [14]. Die übliche Munition waren Steine.

Ostasien

Die östlichen Hochkulturen Asiens (insb. China und Japan) scheinen die Schleuder nicht verwendet zu haben. Die Chinesen kannten das Trebuchet bzw. die Zugblide als Belagerungsmaschine. In Tibet war die Schleuder bekannt.

Neuzeit

Bei Kindern (meist Jungen, seltener bei Mädchen) war die Schleuder noch bis ins Fernsehzeitalter ein „Zeitvertreib“ im Freien, der aber „ins Auge“ gehen konnte.

Der französische Ausdruck für Schleuder „fronde“ war auch der Name für eine Revolte des französischen Adels im 17. Jahrhundert. Der Name soll auf die Schleudern zurückgehen, mit denen Steine gegen die Fenster von Häusern von Parteigängern des unbeliebten Kardinals Jules Mazarin geworfen wurden.

Eine Berner Schulordnung von 1636 berichtet, dass Knaben nach dem Schulunterricht gerne „steinschlinggen“.

Militärisch wurde die Steinschleuder (wie auch Speer und Lanze) dann immer mehr durch die Schusswaffen abgelöst. Weiterhin als Waffe eingesetzt wird die Schleuder unter anderem bei gewalttätigen Protesten, z. B. von jugendlichen Palästinensern im Nahostkonflikt[15].

Aktuelle Rechtslage

Moderne Zwillenartige Schleuder

Nach dem deutschen Waffenrecht (Waffengesetz – WaffG, Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.7 in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.3) ist verboten:

  • der Umgang mit Schleudern, die zur Erreichung einer höchstmöglichen Bewegungsenergie eine Armstütze oder eine vergleichbare Vorrichtung besitzen oder für eine solche Vorrichtung eingerichtet sind (Präzisionsschleudern) sowie Armstützen und vergleichbare Vorrichtungen für die vorbezeichneten Gegenstände. Bei einer Präzisionsschleuder im Sinne der Legaldefinition kommt es auf den Wert von 23 Joule nicht an.

Die antike Schleuder spielt heute keine Rolle mehr, weshalb der Gesetzestext sich auf die Zwille bezieht.

Literatur

  • Manfred Korfmann: Schleuder und Bogen in Südwestasien : von den frühesten Belegen bis zum Beginn der historischen Stadtstaaten. Antiquitas: Reihe 3, Abhandlungen z. Vor- u. Frühgeschichte, zur klass. u. provinzial-röm. Archäologie u. z. Geschichte d. Altertums , Bd. 13. Habelt, Frankfurt 1972, ISBN 3-7749-1227-0
  • George M. Hollenback: A new reconstruction of the kestros or cestrosphendone, Royal Armouries Journal Arms & Armour Vol 2, No. 1 (2005), Seite 79–86, ISSN 1741-6124
  • Marcus Junkelmann: Die Legionen des Augustus – Der römische Soldat im archäologischen Experiment. 9. Auflage. Philipp von Zabern, Mainz 2003, ISBN 3-8053-0886-8 Die Schleuder wird auf Seite 194 behandelt.
  • Peter Wilcox & Angus McBride: Rome’s Enemies (2) Gallic and British Celts (Men-at-Arms 158). Osprey Publishing Ltd. Botley, Oxford, UK, ISBN 0-85045-606-1
  • Rafael Trevino Martinez & Angus McBride: Rome’s Enemies (4) Spanish Armies (Men-at-Arms 180). Osprey Publishing Ltd. Botley, Oxford, UK, ISBN 0-85045-701-7
  • Thomas Völling: Funditores im Römischen Heer. Saalburg-Jahrbuch 45 (1990) 24-58.
  • Martin Grünewald/Alexandra Richter: Zeugen Caesars schwerster Schlacht? Beschriftete andalusische Schleuderbleie aus der Zeit des Zweiten Punischen Krieges und der Kampagne von Munda. Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 157 (2006), 261-269.
  • Walter Seiler, Gustav Ritschard: Alte Kinderspiele. Eine Sammlung volkskundlicher Bewegungsspiele aus der Vergangenheit, dargestellt anlässlich der 700-Jahrfeier Unterseens im Jahre 1979. Sonderdruck der Schweizerischen Lehrerzeitung, ausgabe „Schulpraxis“, Monatsschrift des Bernischen Leherervereins BLV, Nr. 25, 21. Juni 1979; Eicher + Co. 3001 Bern

Weblinks

Quellen

  1. a b Vegetius hebt diese Vorteile in seinem Buch „De Re Militari“ hervor: „Es ist weise, alle Truppen, ohne Ausnahme in dieser Kunst auszubilden, weil die Schleuder keine Belastung darstellt und von größtem Nutzen ist, besonders wenn die Truppen an steinigen Orten kämpfen müssen, um einen Berg oder Hügel zu verteidigen, oder eine feindliche Attacke auf eine Festung oder Stadt abzuwehren“.
  2. a b Marcus Junkelmann: Die Legionen des Augustus – Der römische Soldat im archäologischen Experiment, siehe Literaturverzeichnis.
  3. Eine gute Auflistung ist in dem Artikel „The Sling: Forgotten Firepower of Antiquity“ von Robert E. Dohrenwend, enthalten (siehe Literatur).
  4. Siehe dazu [1]
  5. Auf der folgenden Seite zur Stockschleuder ist ein Bild über die Schlacht von Sandwich (1217) zu sehen. Es zeigt einen Stockschleuderer, der eine kleine Flasche (wahrscheinlich mit einer brennbaren Flüssigkeit gefüllt) von einem Schiff aus verschiesst.
  6. Auf der verlinkten Seite ist ein Bild mit Männern zu sehen, die glühende Eisengeschosse mit Stabschleudern verschießen (Book 7, Chapter 16).
  7. Im Originaltext: „Pet[e] culum Octavia[ni]“, Corpus Inscriptionum Latinarum I 682, die Textteile in eckiger Klammer sind ergänzt
  8. Ephraim Stern: Dor, ruler of the seas. Israel Exploration Society, Jerusalem 2000.
  9. Martin Grünewald/Alexandra Richter: Zeugen Caesars schwerster Schlacht? Beschriftete andalusische Schleuderbleie aus der Zeit des Zweiten Punischen Krieges und der Kampagne von Munda. Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 157 (2006), 261-269
  10. Thomas Völling: Funditores im Römischen Heer. Saalburg-Jahrbuch 45 (1990) 24-58.
  11. Siehe z. B. auf den Tafeln 28 (David tötet Goliath) und 42 (König David schickt Urija mit einer Nachricht an Joab).
  12. Siehe Seite 144 des Codex Atlanticus der auf der Seite der Biblioteca Ambrosiana.
  13. Siehe die folgende Abbildung. Der Schleuderer ist in der Mitte unter dem Schriftzug „Turold“ zu sehen.
  14. Beschreibung von Seite 210 des Austellungskatalogs InkaGold: 3000 Jahre Hochkulturen; Meisterwerke aus dem Larco-Museum Peru, Edition Völkinger Hütte 2004, Kehrer Verlag Heidelberg, ISBN 3-936636-39-7
  15. Auf der Website slinging.org befindet sich eine Galerie mit Pressefotos.
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