Fähnrich

Fähnrich

Fähnrich (althochdeutsch faneri, mittelhochdeutsch venre, frühneuhochdeutsch venrich; in der Kavallerie früher auch Kornett, von span. corneta, ‚Reiterfahne, Standarte‘, daraus franz. cornette; engl. ensign) ist ein militärischer Dienstgrad, der - national unterschiedlich - entweder einen Offiziersanwärter oder dienstjüngsten Offizierdienstgrad bezeichnet. In den meisten ehemaligen Bündnisstaaten des Warschauer Pakts bilden die Fähnriche eine eigene Laufbahngruppe zwischen den Offizieren und Unteroffizieren; als solche sind sie den Warrant Officers des angelsächsischen Sprachraums ähnlich.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Fähnrich, Darstellung aus dem 16. Jahrhundert

Im Kriegshaufen der Landsknechte war der Fähnrich der Träger des Feldbanners, um das sich Kompanie oder Fähnlein scharte. Der vom Obristen ernannte Fähnrich musste als besonders zuverlässig und tapfer gelten und schwören, die Fahne bis zum Tode zu verteidigen. Es war ihm unter allen Umständen verboten, die Fahne loszulassen oder gar auf die Erde fallen zu lassen. In Kriegsbüchern des Dreißigjährigen Krieges ist dazu festgelegt, sich in die Fahne einzuwickeln oder mit den Zähnen zu halten, sollte man keine Arme mehr haben.

In einem Reglement von 1726 für Sachsen ist zu lesen: Die Fähndrich-Stelle ist die erste und niedrigste Ober-Officir-Charge, die gemeiniglich einem jungen, qualificirten Menschen anvertraut wird. An sich selbst ist sie eine Adeliche Charge […] Die Function eines Fähndrichs bestehet darinnen, daß er vor allen Dingen das ihm anvertraute Fähnlein bey dem Marsche und Zügen führen, auch solches bis auf den letzten Blutstropfen verdefendiren muß…

Die Aufgabe als Fahnenträger übernahm im 18. Jahrhundert in vielen Ländern die Offizieranwärter Freikorporal (Infanterie, Dragoner) oder Fahnenjunker (Kavallerie).

Dem Fähnrich als niederstem Offizierrang entsprach in der Kavallerie der Kornett. Eine Besonderheit stellte in der Artillerie der Stückjunker dar, der nie eine Fahne zu tragen hatte (die Artillerie führte keine Feldzeichen). Statt dessen befehligte er ein Geschütz (veraltet: „Stück“); sein Status schwankte je nach Armee zwischen dem eines Fähnrichs und dem des Freikorporals.

Preußisches Heer

Mit der Heeresreorganisation von 1807 wandelte sich der Fähnrich vom Offiziersdienstgrad zum Berufsoffiziersanwärter im Unteroffiziersrang; damit trat der Fähnrich an die Stelle des abgeschafften Freikorporals (der seit 1763 mitunter bereits das Fähnrichspatent erhielt, Offiziersrang genoss und darum als Portepee-Fähnrich das silberne Offiziersportepee am Mannschaftssäbel trug). Gleichzeitig entfielen die Bezeichnungen Kornett und Stückjunker gänzlich.

Mindestvoraussetzung zum Eintritt in die Offizierslaufbahn war nun nicht mehr adelige Herkunft, sondern der Nachweis bürgerlicher Bildung in Form der schulischen Mittleren Reife (das „Einjährige“).

Fähnriche in Heer und Marine bis 1945

Portepee-Fähnriche bis 1918

In der Armee des Deutschen Kaiserreiches wurden potentielle Offiziersanwärter (Avantageure/Aspiranten, ab 1899: Fahnenjunker, nun Mannschaftsdienstgrad) von ihrem zukünftigen Regimentschef ausgewählt; anfangs konnte dieser den Avantageur/Fahnenjunker nach frühestens sechs Monaten und nach eigenem Ermessen anhand eines Dienstzeugnisses zum Portepee-Fähnrich (seit 1899 offiziell Fähnrich)[1]. befördern. Der Portepee-Fähnrich besaß nicht mehr Offiziersrang (wie bis 1806), sondern stand an der der Spitze der Unteroffiziere ohne Portepee, rangierte also vor den Sergeanten.

Um Missbrauch (Stichwort „Vetternwirtschaft“) und mangelnder Qualifikation der Bewerber vorzubeugen, wurde das Verfahren zusehends professionalisiert. Um das Jahr 1900 mussten Anwärter, die zwar das „Einjährige“, nicht aber das Abitur besaßen, vor Dienstantritt eine Eignungsprüfung vor der Ober-Militär-Examinationskommission ablegen. Abgefragt wurden schriftliche und mündliche Kenntnisse allgemeinschulischer Art: Deutsche Sprache und Literatur, Latein, Französisch, Mathematik, Geographie, Geschichte, Zeichnen. Bei Nichtbestehen durfte die Prüfung, ganz oder in Teilen, nach etwa drei Monaten letztmalig wiederholt werden.

Nach dem Bestehen der (Portepee-)Fähnrichsprüfung und bei positivem Dienstzeugnis erfolgte die Beförderung zum (Portepee-)Fähnrich. Anschließend besuchten sie ein Jahr lang die Kriegsschule; davon befreit waren Abiturienten, die mindestens ein Jahr auf einer technischen Hochschule, Berg- oder Forstakademie studiert hatten. Mit Ablegung des Offiziersexamens erlangte der (Portepee-)Fähnrich die Berechtigung zum Tragen des Offiziersseitengewehrs (Degen, Säbel) und rückte zu den Unteroffizieren mit Portepee auf. Als sogenannter „Degen-Fähnrich“ rangierte er nun vor dem Vizefeldwebel, doch hinter dem Etatmäßigen Feldwebel. Vor der Beförderung zum Leutnant musste das Offizierskorps in einem Wahlverfahren (Kooptation) seine Einwilligung erteilen.

Der (Portepee-)Fähnrich trug Unteroffiziersuniform und anfangs die Seitenwaffe der Mannschaften (Bajonett oder Mannschaftssäbel), diese jedoch mit dem Offiziers-Portepee. Die Kopfbedeckung war mit der Offizierskokarde versehen. Nach bestandener Offiziersprüfung trug der Portepee-Fähnrich den Offiziersdegen am Mannschaftskoppel. Die Unteroffizierstressen am Kragen entfielen. Zum kleinen Dienst und außer Dienst durfte nun auch der Offiziersüberrock getragen werden, allerdings mit den Mannschaftsschulterklappen.

Fähnriche zur See bis 1918

Zwischen 1855 und 1864 war Fähnrich zur See (vorher See-Kadett erster Klasse) der unterste Seeoffiziersdienstgrad der Preußischen Marine. Nach der Umbenennung in Unterleutnant zur See (seit 1899 Leutnant zur See) entfiel die Bezeichnung, bis sie 1899 in der Kaiserlichen Marine wiedereingeführt wurde.

Fähnrich zur See war nun ein Seeoffizier-Anwärterdienstgrad, ähnlich dem Portepee-Fähnrich des Landheeres. Letzterem entsprachen in der Kaiserlichen Marine die beiden Seeoffizier-Anwärterdienstgrade Seekadett (bis 1899 Kadett) und Fähnrich zur See (bis 1899 Seekadett). Nach bestandener Offiziershauptprüfung war der „Säbel-Fähnrich“ (bis 1899 „Säbel-Kadett“) ranggleich mit dem „Degen-Fähnrich“ des Landheeres. Die Bezeichnungen „Degen“- bzw. „Säbel-Kadett/Fähnrich“ waren keine dienstlichen, sondern umgs. Bezeichnungen.

Die Ausbildungsbestimmungen (insbesondere zu den Bord- und Landzeiten) variierten im Lauf der Jahre. Der folgende kurze Überblick gibt den Stand um das Jahr 1900 wieder: Nach der vierwöchigen militärischen Grundausbildung (Infanterieausbildung) fuhr der Seekadett ein Jahr lang zur See. An Bord übernahm er bereits bestimmte Leitungsaufgaben, wie etwa als Toppsältester das Kommando über die bei Seemanövern im Topp arbeitenden Matrosen.[2]. Nach dem ersten Seejahr legte der Seekadett die Fähnrichsprüfung ab. Es folgte die Abkommandierung zur Marineschule und anschließend die Ablegung der Offiziershauptprüfung; der Fähnrich zur See rückte nun als sog. „Säbel-Fähnrich“ zu den Unteroffizieren mit Portepee auf. Nach 18 weiteren Monaten auf verschiedenen See- und Landkommandierungen stand nach der Offizierswahl durch das Seeoffizierskorps (Kooptation) die Beförderung zum Leutnant zur See an.

Nach etwa zwei Jahren als Leutnant (bis 1899 Unterleutnant) erfolgte die Beförderung zum Oberleutnant zur See (bis 1899 Leutnant).

Erst ab diesem Zeitpunkt reichte der Sold zur Lebensführung. Die Seeoffizieranwärter und Leutnants waren hingegen auf die Unterstützung ihrer Familien angewiesen. De facto stand die Laufbahn der Seeoffiziere darum nur Söhnen der wirtschaftlich besseren Schichten offen; nur besonders talentierte Anwärter (oder solche mit guten Beziehungen) erhielten als „Königskadetten“ eine staatliche Unterstützung.

Praxis nach 1918

Nach 1918 entfielen die Bezeichnungen Portepee-Fähnrich, Degen-Fähnrich usw.; in Reichswehr und Wehrmacht stand nunmehr der Fähnrich beziehungsweise der Fähnrich zur See an der Spitze der Unteroffiziere ohne Portepee; disziplinarrechtlich war er jedoch den Unteroffizieren mit Portepee gleichgestellt. Im Dezember 1920 wurde mit dem Oberfähnrich beziehungsweise Oberfähnrich zur See ein zweiter Fähnrich-Dienstgrad, diesmal vor dem Oberfeldwebel rangierend, geschaffen.

Bundesrepublik Deutschland

Dienstgrad Fähnrich
Dienstgrad Fähnrich zur See

Fähnrich (Abk.: Fähnr / in Listen: FR) bezeichnet in der Bundeswehr einen Offizieranwärter im Feldwebeldienstgrad. Bei der Marine heißt dieser Dienstgrad Fähnrich zur See.

Soldaten in diesem Dienstgrad können innerhalb der durch die Vorgesetztenverordnung (VorgV) gesetzten Grenzen Mannschaften und Unteroffizieren ohne Portepee Befehle erteilen.

Sie werden nach der Bundesbesoldungsordnung A mit der Besoldungsstufe A7 besoldet.

Den Dienstgrad Fähnrich erhält der Soldat in der Laufbahngruppe der Offiziere in der Regel mit Vollendung des 21. Dienstmonats. Bis zur Umstellung auf die zentrale Ausbildung der Offizieranwärter des Heeres im Jahr 2006 sollte zusätzlich dazu der Einzelkämpferlehrgang 1 abgelegt werden. Dieser war jedoch für weitere Beförderungen nicht notwendig. Mittlerweile gilt der EKL 1 im Heer nur noch für Kampftruppen als obligatorisch und wird nach dem Studium durchlaufen. Als Ersatz für den EKL 1 tritt für alle übrigen Truppengattungen der Lehrgang Überleben Einsatz (ÜLE).

Österreich

In der österreichisch-ungarischen Armee war der unterste Offiziersdienstgrad Fähnrich 1838 umbenannt worden in Unterleutnant 2. Gebührsklasse (ab 1849 Unterleutnant 2. Klasse, ab 1867 Unterleutnant, etwa seit 1868 Leutnant). 1908 als Offiziersanwärterdienstgrad wiedereingeführt, ersetzte Fähnrich die 1869 systemisierte Bezeichnung Kadett-Offiziersstellvertreter. Fähnriche bzw. Kadett-Offiziersstellvertreter beendeten als Zöglinge der weniger renommierten k.u.k. Kadettenschulen ihre Ausbildung in der k.u.k. Armee. Im Unterschied zum Kadett-Offiziersstellvertreter stand der Fähnrich nicht mehr an der Spitze des Unteroffizierkorps, sondern gehörte als „Offizier des Soldatenstandes“ einer eigenen Rangklasse an. Dagegen wurden die Absolventen der prestigeträchtigeren Militärakademien damals direkt als Leutnants „ausgemustert“ - und damit als fertige Offiziere.

Siehe auch: Militärschulwesen (Österreich, 1900)

Rangabzeichen („Distinktion“) war von 1868 bis 1918/1923 und dann wieder von 1933 bis 1938 eine 1,3 Zentimeter breite Goldborte an den Kragenenden, darauf der Leutnantsstern (seit 1933 zusätzlich mit einem blanken Kupferknopf dahinter). Vor der Einführung eigener Kadett-Dienstgrade 1869 unterschied sich der Offiziersdienst tuende Offiziersaspirant durch die blanke Offiziersseitenwaffe von den übrigen Anwärtern (diese erhielten 1869 Goldbörtchen zu den Kragendistinktionen). Die Seitenwaffe schmückte das gelb-schwarze Portepee der Unteroffiziere, jedoch in Seidenausführung. Als Kopfbedeckung war zum Kasernen- und Felddienst sowie zum Ausgang die schwarze Kappe der Offiziere erlaubt, mit den Verzierungen (Rose bzw. „Kokarde“, Schlingenspange und Kordel) aus kaisergelber, schwarz geritzter Seide (statt aus Goldgespinst). Zur Parade sowie an Sonn- und Feiertagen war hingegen der Tschako (Fußtruppen, Artillerie, Husaren) beziehungsweise der Helm (Ulanen, Dragoner) der Feldwebel und Wachtmeister Vorschrift. Die mittig längs geteilte, kaisergelbe Doppelborte war aus Seide (statt Schafwolle). Eine Ausnahme bildete der bortenlose Dragonerhelm: Die unterschiedslose Ausführung für Fähnriche und Wachtmeister kennzeichnete eine dreifache Riffelung des gelbmetallenen Seitenrands des Helmkamms.

Fähnrich in Österreich

Im österreichischen Bundesheer wird der Fähnrich zu den Offizieren gezählt, befindet sich als „Militärakademiker“ aber noch in Ausbildung zum Leutnant. Insofern nimmt dieser Offiziersanwärterdienstgrad eine Zwitterstellung ein. In Österreich existieren keine weiteren Offizieranwärterdienstgrade.

Der Dienstgrad Fähnrich wird Einjährig-Freiwilligen nach zwölf Monaten ab Diensteintritt verliehen. Scheitert ein Offiziersanwärter an der Theresianischen Militärakademie während der achtsemestrigen (ab September 2008: sechssemestrigen) Akademieausbildung (inklusive Berufspraktika), so wird er mit dem Dienstgrad Wachtmeister entlassen. Demnach tragen ausschließlich die auszubildenden Militärakademiker den Dienstgrad Fähnrich. Die Beförderung zum vollwertigen Offizier und Leutnant erfolgt am Ende der vierjährigen (bis September 2008: dreijährigen) Ausbildung. Äußerlich unterschieden werden die einzelnen Jahrgänge anhand gelber Querbalken über den Dienstgradabzeichen (Fähnrichsstern): Ein Balken zeichnet den ersten Jahrgang aus, vier Balken den vierten, den Abschlussjahrgang.

Vereinigtes Königreich

Bis ins Jahr 1871 war Ensign der niedrigste Offiziersdienstgrad in den Infanterieregimentern der British Army. Dieser entspricht heute dem Second Lieutenant. Aufgabe dieser Offiziere war es, die Fahne des Regiments zu tragen. Ab dem 16. Jahrhundert hatte das Wort ensign zwei Bedeutungen, zum einen die Fahne an sich und zum anderen den Träger eben jener Fahne. In der Zeremonie Trooping the Colour werden die Fahnen der Regimenter von verschiedenen Dienstgraden getragen, diese haben heute noch die Aufgabe - nicht jedoch den Rang - eines Ensign.

Vereinigte Staaten

Ensign der US Navy

In der US Navy ersetzte der Ensign 1862 den Rang eines „Passed Midshipman“, also einen Midshipman, der seine Ausbildung bereits beendet hatte. Der Ensign der US Navy und der US Coast Guard ist das Äquivalent zum Second Lieutenant der US Army, des United States Marine Corps oder der US Air Force. Im NATO-Rangcode-System hat er die Stufe OF-D und ist damit auch das Äquivalent eines Leutnant zur See der Deutschen Marine. Ein Offizier im Dienstgrad eines Ensign ist typischerweise noch in der erweiterten zweijährigen Spezialausbildung, nachdem er bereits sein Offizierspatent bekommen hat. Nach dieser Ausbildung dient er dann für gewöhnlich als Offizier in einer Division, in der er eine Gruppe von Petty Officers und Mannschaftsdienstgraden führt. Doch selbst die Verwendung als Divisionsoffizier dient eigentlich noch der Ausbildung. Sie soll den jungen Marineoffizier mit den Pflichten und Verantwortlichkeiten, den Systemen, Programmen und Richtlinien des alltäglichen Dienstes mit Unterstützung durch den Divisions-Chief Petty Officers vertraut machen.

Aufgrund ihrer Schulterabzeichen werden US-Ensigns oft auch „butterbars“ (dt. etwa Butterriegel) genannt.

Der dienstälteste Ensign an Bord eines Schiffs der US Navy oder einer Marineflugstaffel erhält extra große Schulterabzeichen, in denen oft das Wort „BULL“ eingraviert ist. Dieser Offizier wird auch „Bull Ensign“ genannt. Der Tradition nach ist dieser Ensign als Mentor verantwortlich für die anderen dienstjüngeren Ensigns der Einheit. Zusammen mit dem dienstjüngsten Ensign, dem „J.O.R.G.“ (Abkürzung für: „Junior Officer Requiring Guidance“ - dt. dienstjunger Offizier, der Führung benötigt) oder „George“, der als Vizepräsident der Messe fungiert, ist er verantwortlich für die Formalitäten der militärischen Dinner während einer „Messe-Nacht“.

Ehemalige Bündnisstaaten des Warschauer Pakts

In den meisten ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten bilden die Fähnriche eine mehrere Dienstgrade umfassende eigenständige Laufbahngruppe, die zwischen den Offizieren und Unteroffizieren eingeordnet ist. Sie gelten als Spezialisten ihrer Laufbahn und werden mit den Warrant Officers der westlichen Staaten gleichgesetzt. Eingesetzt werden Fähnriche meist als Zugführer, Hauptfeldwebel, Werkstattleiter oder in ähnlichen Dienststellungen.

Die Laufbahngruppe der Fähnriche wurde bei fast allen Staaten des Warschauer Pakts bis zu Beginn der 1970er Jahre eingeführt. Das erste Land mit einer eigenen Fähnrichslaufbahn war seit 1957 Ungarn. Davon abweichend installierte Rumänien die fünfstufige Laufbahngruppe der „Militärmeister“ (Maistri militari), vom Maistru Militar Classa IV bis zum ranghöchsten Maistru Militar Principal. Allein Bulgarien verzichtete auf die Errichtung einer solchen Laufbahngruppe.

Auf die Laufbahn der Fähnriche können sich traditionell Kandidaten mit einem höheren Schulabschluss (Abitur oder Fachabitur) bewerben. Typisch ist eine Ausbildungsdauer von zwei Jahren. Die Weiterbeförderung zum Offizier ist in der Regel nicht vorgesehen. Auch werden Berufsunteroffiziere nur selten zum Fähnrich weiterbefördert.

Deutsche Demokratische Republik

In der Nationalen Volksarmee und in den Grenztruppen der DDR bildeten die Fähnriche seit 1974 durch den Ministerbefehl Nr. 168/73 eine eigene Dienstgradgruppe („Fähnrichskorps“) zwischen den Unteroffizieren und Offizieren. Ab dem 1. Oktober 1979 kamen die Dienstgrade Oberfähnrich, Stabsfähnrich und Stabsoberfähnrich hinzu. Sie hatten sich für eine Dienstzeit von 25, später nur noch 15 Jahren zu verpflichten.

Möglich waren Verwendungen als Führer eines Trupps oder Zugs, als Leiter von Werkstätten, Flugleitstellen und Nachrichtenzentralen, als Leiter eines Dienstes (z. B. Waffenmeisterei) oder als Grenzaufklärer. Ebenso möglich war der Einsatz als Hauptfeldwebel (Kompaniefeldwebel) oder als Stellvertreter des Kompaniechefs für technische Ausrüstung.

Zu Fähnrichen rückten zunächst langgediente Stabsfeldwebel auf. Damit sollten Fachkräfte gehalten werden, die sonst nach ihrer zehnjährigen Dienstzeit ausgeschieden wären. Während sich Berufsunteroffiziere außerhalb der Dienstzeit, im Gegensatz zu Soldaten im Grundwehrdienst und auf Zeit, in einem vergrößerten Standortbereich aufzuhalten hatten und für dessen Verlassen einen Urlaubsschein brauchten (was diese Laufbahn vergleichsweise unattraktiv machte), galten für Fähnriche die Regelungen der Offiziere, d.h. außerhalb des Erholungsurlaubes tägliche Erreichbarkeit ohne Aufenthaltsbeschränkung. Seit 1979 war dieser Dienstgrad allein den Absolventen der neuen Fähnrichlehrgänge vorbehalten, die im November 1977 erstmals eingerichtet worden waren. Die zweijährige Ausbildung der Fähnrichschüler erfolgte entweder an einer Offiziershochschule der DDR (OHS) oder an einer Militärtechnischen Schule (MTS). Mit der gleichzeitigen Einrichtung der neuen Dienstgrade Oberfähnrich usw. wandelte sich das „Fähnrichkorps“ endgültig von einer Dienstgradgruppe zu einer eigenen Laufbahn.

Die Fähnriche (neuer Art) sollten hoch spezialisierte „Langdiener“ unterhalb der Offiziersebene stellen und eine Qualifikationslücke in den technischen Laufbahnen schließen: Während Berufsunteroffiziere den Meisterabschluss besaßen, beendeten die Offiziere ihre Ausbildung an der OHS als Diplom-Ingenieure oder Diplom-Wissenschaftler. Die Fähnriche hingegen wurden nun als Fachschulingenieure qualifiziert.

Die Fähnriche trugen die Uniform der Offiziere (Kragenspiegel, silberne Mützenkordel, Leibriemen mit Dornschließe usw.), nicht aber deren blanke Seitenwaffen (Paradesäbel, Dolch des Gesellschaftsanzugs) oder die zur Parade angelegte Feldbinde aus silberfarbenen Aluminiumgespinst.

Die Schulterstücke aus mattsilberner Plattschnur glichen jenen der Leutnante, jedoch waren die beiden äußeren Schnüre steingrau gefärbt (Volksmarine: dunkelblau). Einfache Fähnriche kennzeichneten zunächst nach sowjetischem Vorbild zwei hintereinander angeordnete silberfarbene Sterne. Mit Einführung weiterer Fähnrichsdienstgrade 1979 wurde die Trageweise modifiziert: Der Fähnrich trug nun einen, der Stabsoberfähnrich vier hintereinander angeordnete Sterne. Nachdem für nur wenige Tage silberfarbene Sterne angeordnet waren, waren seit dem 6. Oktober 1979 goldfarbene obligatorisch.

Typisches Kennzeichen war ein auf dem linken Oberärmel von Uniformjacke und Mantel angebrachter Stoffschild mit dem Staatswappen der DDR. Unter dem Staatswappen kennzeichneten maximal drei gestickte Offizierssterne das Dienstalter: ab dem 11. Dienstjahr ein Stern, ab dem 16. zwei Sterne, ab dem 21. Dienstjahr drei Sterne. Die Dienstalterskennzeichnung fiel mit der Einführung der neuen Fähnrichsdienstgrade 1979 weg.

Die Dienstlaufbahnabzeichen wurden nach Art der Unteroffiziere getragen.

Polen

Bis zu den Polnischen Teilungen war der Fähnrich (Chorąży) der unterste Offiziersdienstgrad der königlichen polnischen Armee. Mit der Wiedererlangung der vollen staatlichen Souveränität Polens 1919 wurde der Chorąży wieder als Armeedienstgrad eingeführt, bezeichnete nun aber den höchsten Unteroffiziersdienstgrad. Der Chorąży rangierte unmittelbar vor dem neu eingeführten Offiziersanwärterdienstgrad Unterfähnrich (Podchorąży, 1923 abgeschafft); 1940 wurde ihm der Offiziersanwärterdienstgrad Aspirant vorgesetzt.

In der Polnischen Volksarmee rückte der Chorąży 1943 zu den Offizieren auf und entsprach nun dem Unterleutnant der sowjetischen Streitkräfte. Von 1958 bis 1962 entfiel der Dienstgrad Chorąży völlig, um seit 1963 mit dem Oberfähnrich (Starszy Chorąży, eigentlich: „Seniorfähnrich“) eine eigene Laufbahngruppe zu bilden, Korpus chorążych genannt. Diese wurde 1971 um den Juniorfähnrich (Mlodszy Chorąży ), den Stabsfähnrich (Chorąży Sztabowy) sowie den Stabsoberfähnrich (Starszy Chorąży Sztabowy) ergänzt und 1989 gemeinsam mit dem Juniorstabsfähnrich (Mlodszy Chorąży sztabowy) auf insgesamt sechs Fähnrichsdienstgrade erweitert. Seit 2004 gehört die Laufbahngruppe zu den Unteroffiziere und wurde wieder auf vier Dienstgrade zurückgeführt: Młodszy Chorąży (Juniorfähnrich), Chorąży (Fähnrich), Starszy Chorąży (Oberfähnrich) und Starszy Chorąży Sztabowy (Stabsoberfähnrich).

Sowjetunion beziehungsweise Russland

Im Zarenreich war der Fähnrich (прапорщик, Praporschtschik; in Fehlschreibung auch Praporschik) zuletzt der unterste Offiziersdienstgrad. Das Pendant bei der Marine war der Mitschman (Мичман). Der Dienstgrad kam bei den seit 1631 zunächst aus Westeuropäern rekrutierten „Neuen Regimentern“ auf. Mit der Einführung der Rangtabelle Zar Peter I. wurde er 1722, mit wenigen Ausnahmen, in der gesamten Armee eingeführt. Seitdem wurden mit Erreichen des Fähnrichdienstgrades auch Bürgerliche automatisch in den erblichen Adelsstand erhoben, seit 1856 dann nur noch in den persönlichen Adel.

Der Unterfähnrich (Подпрапорщик, Podpraporschtschik) rangierte ursprünglich zwischen dem Korporal (Капрал, Kapral) und dem Sergeant (Сержант, Sershant). Seit 1798 war ihm der 1826 wieder abgeschaffte Offiziersanwärterdienstgrad Portepee-Fähnrich (портупей прапорщик, Portupej Praporschtschik) vorgesetzt; dieser stand seinerseits gleich hinter dem höchsten Unteroffiziersdienstgrad, dem Feldwebel (Фельдфебель, Feldfebel).

1826 rückte der Unterfähnrich an die Spitze des Unteroffizierskorps und fungierte sowohl als Fahnenträger wie auch als Offiziersstellvertreter; seit 1907 war ihm der Ordinär-Fähnrich (зауряд-прапорщик, Zaurjad-Praporschtschik; wörtl. „gewöhnlicher Fähnrich“) vorgesetzt.

Der Ordinär-Fähnrich in Dienststellung des Feldwebels (зауряд-прапорщик на должности фельдфебеля, Zaurjad-Praporschtschik Na Dolshnosti Feldfebelja) war in seiner Eigenschaft als Kompaniefeldwebel gegenüber allen anderen Unteroffizieren und Offiziersstellvertretern (die keine eigene Rangklasse bildeten!) weisungsbefugt.

Nach der Oktoberrevolution 1917 fielen die Fähnrichsdienstgrade weg. Erst 1972 wurde der Praporschtschik wieder eingeführt, diesmal als Zeit- und Berufssoldaten vorbehaltener höchster Unteroffiziersdienstgrad. 1981 wurde ihm der Oberfähnrich (Старший прапорщик, Starschij Praporschtschik; wörtlich „(dienst)älterer Fähnrich“) vorgesetzt. Letzterem entspricht bei der Marine der Starschij Mitschman (Старший мичман).

Tschechoslowakei beziehungsweise Tschechien und Slowakische Republik

Wie in den beiden anderen Nachfolgestaaten der untergegangenen Donaumonarchie Polen und Ungarn übernahm die Tschechoslowakei den Dienstgrad Fähnrich (Praporčík) von der untergegangenen k.u.k. Armee; der Praporčík bezeichnete nun allerdings nicht mehr einen Offiziersanwärter, sondern den ranghöchsten Unteroffizier. Nach dem Zweiten Weltkrieg abgeschafft, wurde der Praporčík 1959 wieder eingeführt. Jetzt rangierte er zwischen den beiden neu geschaffenen Dienstgraden Unterfähnrich (Podpraporčík) und Oberfähnrich (Nadpraporčík) in einer eigenständigen Laufbahngruppe. Die Nachfolgestaaten der Tschechoslowakei, Tschechien und die Slowakische Republik, behielten die Laufbahngruppe der Fähnriche nach ihrem Beitritt zur NATO unverändert bei.

Ungarn

Zur Zeit der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie war der Zászlós in der Honvéd-Armee das Pendant zum Fähnrich in den Truppen der österreichischen Reichshälfte. Von 1919 bis 1945 zählte er als „Offizier in Ausbildung“ bereits zu den Offizieren. In der Nachkriegszeit zwischenzeitlich abgeschafft, wurde der Dienstgrad Zászlós 1957 wieder eingeführt. Jetzt bezeichnete er jedoch nicht mehr einen Offiziersanwärter, sondern den untersten Dienstgrad der neu geschaffenen Laufbahngruppe der Fähnriche (Zászlósok), die zwei Dienstgrade umfasste: den Zászlós (Fähnrich) und Törzszászlós (Stabsfähnrich). Nach 1989 behielten die Streitkräfte Ungarns - im Unterschied zu anderen ehemaligen Warschauer Pakt-Staaten - die Laufbahngruppe der Fähnriche bei. 1990 kam der Főtörzszászlós (Oberstabsfähnrich) als höchster Fähnrichsdienstgrad hinzu. Gemäß NATO-Rangcode rangieren die beiden unteren Fähnrichsdienstgrade als OR-8, der Főtörzszászlós als OR-9, gemeinsam werden sie zu den Warrant Officers gezählt.

Einzelnachweise

  1. Kabinettsordre Kaiser Wilhelm II., veröffentlicht im Armee-Verordnungsblatt am 1. Januar 1899. Ziel war die Ersetzung von Fremdwörtern durch deutsche Ausdrücke.
  2. Brockhaus 14. A., Bd. 15, Stichwort Toppsältester

Siehe auch

Weblinks


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