Aldrovanda

Aldrovanda
Wasserfalle
Aldrovanda vesiculosa Habitus

Aldrovanda vesiculosa Habitus

Systematik
Klasse: Dreifurchenpollen-
Zweikeimblättrige
(Rosopsida)
Unterklasse: Nelkenähnliche (Caryophyllidae)
Ordnung: Nelkenartige (Caryophyllales)
Familie: Sonnentaugewächse (Droseraceae)
Gattung: Wasserfalle
Art: Wasserfalle
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Aldrovanda
L.
Wissenschaftlicher Name der Art
Aldrovanda vesiculosa
L.

Die Wasserfalle (Aldrovanda vesiculosa), auch Wasserhade oder Blasige Aldrovandie, ist eine fleischfressende Pflanze in der Familie der Sonnentaugewächse (Droseraceae). Die Wasserfalle ist eine Wasserpflanze.

Die Gattung Aldrovanda ist monotypisch, das heißt, sie hat nur eine Art. Es gibt jedoch ausgestorbene Arten derselben Gattung. Innerhalb der Art gibt es signifikante geografische Unterschiede (so kennt z. B. die australische Form weder eine Winterruhe durch Turionen, noch ist sie frosthart).

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Die Wasserfalle ist eine ausdauernde, krautige Süßwasserpflanze. Sie ist wurzellos, nur der Keimling besitzt eine rudimentäre Wurzel, die aber früh abstirbt.

Habitus

Die Pflanze wird etwa 10 bis 30 cm lang. Entlang der Sprossachse stehen in kurzen Abständen in wirtelförmiger Anordnung fünf bis neun 2 bis 3 mm lange Fangblätter an einem Blattstiel, den allerdings Diels als einen „verlängerten Blattgrund“ charakterisiert. Der Blattgrund enthält mehrere luftgefüllte Hohlräume, die für den größten Teil des Auftriebs der Pflanze sorgen. Die Pflanze wächst an der einen Seite und stirbt am anderen Ende ab; unter guten Bedingungen werden so ein bis zwei Wirtel pro Tag gebildet.

Falle

Mit ihren Fangblättern, einer Klappfalle ähnlich einer kleineren Ausgabe der Venusfliegenfalle, fängt die Wasserfalle kleine Tiere, vorzugsweise Wasserflöhe, aber auch beispielsweise junge Mückenlarven. Am Rand der Fallen stehen vier bis sechs auffällig steife Borsten; auch im Inneren ist die Falle fein behaart mit sensiblen Härchen. Dabei handelt es sich um Fühlhärchen, die das Schließen der beiden Hälften der Blattspreite in maximal 1/50 Sekunde veranlassen, wobei der Fang nur bei warmen Wassertemperaturen möglich ist (ab etwa 20 °C). Hat die Falle erst einmal eine Beute gefangen, so wird diese mit Hilfe von Verdauungssäften zersetzt.

Keimende Samen der Wasserfalle

Blüte

Die kleine, weiße Blüte der Wasserfalle erhebt sich an kurzen Stielen über die Wasseroberfläche; sie bleibt nur wenige Stunden geöffnet. Die nachfolgende Bildung der Samenkapsel hingegen erfolgt wieder unter Wasser. Die Samen keimen kryptokotylar, das heißt, die Keimblätter verbleiben innerhalb des Samenkorns und nehmen dessen Reserven, das so genannte Endosperm, auf. Allerdings blüht die Wasserfalle – zumindest in temperierten Bedingungen – eher selten.

Sprossteilung

Die Wasserfalle vermehrt sich meist vegetativ. Dazu verzweigt sich die Pflanze während ihrer Wachstumsphase stark. Durch das nachfolgende Absterben des Hauptsprosses entstehen voneinander unabhängige Individuen. Da die Pflanze starkwüchsig ist, können so schnell zahlreiche Individuen entstehen.

Turionen

Eine zweite Methode vegetativer Vermehrung, die allerdings nur bei winterharten Formen vorkommt, ist die durch so genannte Turionen im Rahmen der Überwinterungsstrategie der Pflanze. Dabei lösen sich zum Ende der Wachstumsperiode Blattwirtel von der Sprossspitze und sinken wegen des hohen Gewichts und des Ausstoßes von Gasen auf den Grund des Wassers. Die Turionen sind frosthart bis zu –15 °C. Mit dem Neubeginn des Wachstums im Frühjahr steigen die Turionen wieder auf und beginnen erneut mit dem Wachstum.

Verbreitung und Habitat

Die Wasserfalle ist die am weitesten verbreitete Karnivorenart überhaupt, denn sie ist in Europa, Asien, Afrika und Australien beheimatet. In all ihren Arealen ist sie jedoch selten. Die Art breitet sich über Epichorie aus: sie haftet am Gefieder von Wasservögeln, die sie so in andere Gewässer verschleppen. Dadurch findet sich die Wasserfalle gehäuft entlang von Vogelzugrouten.

Die Wasserfalle bedarf äußerst sauberer, seichter, heller und warmer stehender Gewässer, die zugleich nährstoffarm und schwach sauer (pH-Wert um 6) sind. Sie ist zwischen Binsen oder Schilf, aber auch Reis frei schwimmend zu finden. Mit zunehmender Verdichtung des Bewuchses ihres Areals geht die Wasserfalle dann wieder zurück und taucht an anderen Stellen wieder auf. Sie reagiert empfindlich auf den Befall durch Algen.

Gefährdung und Status

In europäischen Ländern ist die Wasserfalle selten, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben. Sie wird hier häufig als tertiäres Relikt betrachtet. Vor 200 Jahren ließen sich noch 150 Standorte nachweisen; gegenwärtig sind nur noch knapp unter vierzig bekannt, meist in Ost- und Südosteuropa gelegen (z. B. 10 in Polen, 1 in Ungarn, 1 in Rumänien, sowie wenige im ehemaligen Jugoslawien, in Bulgarien, der Ukraine und Russland). In den letzten 30 Jahren starb die Art in Europa in Frankreich, Italien, der Slowakei, Österreich (Bodensee) und Deutschland aus. Der zu beobachtende Rückgang der Wasserfalle ist im Allgemeinen auf zivilisationsbedingte Eutrophierung (Erhöhung der Nährstoffzufuhr) ihrer Gewässer zurückzuführen.

In Deutschland ist sie erneut in Brandenburg und Worms nachgewiesen; die dortigen Bestände gelten jedoch als angesalbt, offiziell ist sie seit 1986 ausgestorben. Einige Bestände existieren auch in der Schweiz, wo sie eigentlich nicht heimisch ist; diese Standorte gehen auf Ansalbungen aus dem Jahre 1908 zurück. Sie sind aber trotzdem streng geschützt, unter anderem, weil sie auf die in Deutschland selbst erloschenen Bestände aus dem Bodensee zurückgeführt werden.

Auch in Asien ist die Art im Rückgang begriffen; um die Jahrtausendwende ist die Art als Wildform in Japan ausgestorben, nachgewiesen ist sie noch in Bengalen.

In Australien sind die Vorkommen der Wasserfalle noch ungestört. Sie kommt dort sowohl in tropischen Formen (z. B. um Darwin oder in Queensland) wie auch subtropisch (z. B. um Esperance) vor.

Über detaillierte Standorte der Pflanze in Afrika ist wenig bekannt. Berichtete Vorkommen ziehen sich von Nordostafrika bis nach Zentral- (Sudan, Uganda, Ruanda, Tansania, Simbabwe, Mosambik) und Südafrika (z. B. das Okavango-Delta in Botswana). Aufgrund der vergleichsweise ungestörten afrikanischen Flora und der geringen Agrarisierung des Kontinents ist eine Gefährdung der Art dort als unwahrscheinlich anzusehen.

In Australien und allen europäischen Ländern, in denen sie noch existiert, ist die Art streng geschützt.

Paläobotanik

Anhand von fossilen Samen- und Pollenfunden lässt sich die Evolution der Gattung weit zurückverfolgen. Mitte der 1980er Jahre wurden im heutigen Tschechien Samenfragmente einer Art aus dem Ende der Kreidezeit gefunden, die den ältesten bekannten Vorgänger der Gattung darstellen und zugleich die zweitältesten Fossilfunde einer karnivoren Art überhaupt sind. Die Palaeoaldrovanda splendens getaufte Pflanze war eine Zeitgenossin der Dinosaurier und lebte unter tropischen Bedingungen.

Das durch die Klimakatastrophe vor 65 Millionen Jahren ausgelöste Massensterben beeinträchtigte das weitere Gedeihen der Gattung nicht. Fast zwanzig weitere Arten sind aus dem Tertiär bekannt, die sich bereits im Eozän in die Sektionen Aldrovanda, Obliquae und Clavatae trennten. Ob nun Warm- oder Kaltzeiten folgten, die Gattung blieb stets mit mehreren Arten präsent. Selbst im Pleistozän, dem unserer Gegenwart vorausgehenden Erdzeitalter, lassen sich noch sechs Arten nachweisen, von denen jedoch nur A. vesiculosa bis in die Gegenwart überlebte.

Da auf Grund der geringen Masse der Pflanzen alle Fossilien stets nur Samen oder Pollen sind, lässt sich kaum eine Aussage über die Gestalt der eigentlichen Pflanzen treffen. Umso bedeutender war der bisher einzigartige Fund eines fossilen Blattes einer ca. 6 Millionen Jahre alten Aldrovanda inopinata aus dem Miozän 1963 in Wackersdorf. Das Blatt ist denen der heutigen Art sehr ähnlich; ein wichtiger Unterschied liegt jedoch im Fehlen der sensiblen Härchen im Zentrum der Blattspreite.

Botanische Geschichte

Entdeckt wurde die Wasserfalle 1699 von Leonard Plukenet in Indien, der sie Lenticula palustris Indica nannte. Ihren heutigen wissenschaftlichen Namen erhielt sie 1747 durch Giuseppe Monti, der italienische Exemplare beschrieb und zu Ehren des italienischen Gelehrten Ulisse Aldrovandi Aldrovandia vesiculosa nannte. Bei der Übernahme des Namens durch Carl von Linné im Jahre 1753 ging allerdings das erste „i“ des Namens verloren. Ihr erster Nachweis in Deutschland erfolgte 1846 in einem Teich im heutigen Pszczyna in Oberschlesien durch Emanuel Friedrich Hausleutner.

Systematik

Charles Darwin führte noch eine Unterscheidung der tropischen und subtropischen Formen der Wasserfalle von der temperierten Form unter den Bezeichnungen Aldrovanda vesiculosa var. australis bzw. Aldrovanda vesiculosa var. verticillata an. Von dieser Systematik ist man abgekommen; heutzutage werden trotz unterschiedlicher Wuchsformen alle Wasserfallen als ein Taxon geführt.

Die nächstverwandte Art der Wasserfalle ist die morphologisch ähnliche Venusfliegenfalle.

Verwendung

Wie alle fleischfressenden Pflanzen ist auch die Wasserfalle Gegenstand des Interesses von Sammlern. In den 1990er Jahren wurde die Art verstärkt in Sammlungen aufgenommen, nachdem australische Typen importiert wurden, deren tropische bzw. subtropische Wuchsform ein Durchkultivieren unter gleichmäßigen Bedingungen ohne Winterruhe ermöglichte. Ihre dauerhafte Kultur gilt jedoch, auch wegen der aquatischen Haltung und ihrer speziellen Ansprüche, weiterhin als schwierig.

Eine stilisierte Wasserfalle ist das Symbol der deutschen Gesellschaft für Fleischfressende Pflanzen.

Literatur

Weblinks


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