Galeonsfigur

Galeonsfigur
Frauendarstellung auf der Christian Radich
Galionsfigur am Schiffsmodell (18. Jhd.) der Artésien (frz. Marinemuseum)

Eine Galionsfigur ist eine meist aus Holz geschnitzte Figur, die auf Schiffen, vornehmlich Segelschiffen, unter dem Bugspriet angebracht wird. Der Begriff leitet sich vom Galion (Spanisch: Balkon) ab, dies ist ein Vorbau in Form eines Balkones, der bei einigen Segelschiffen zu finden ist. Am Galion war die Galionsfigur befestigt. Im Aberglauben von Seeleuten soll die Figur den Kurs des Schiffes beobachten und es vor Unglück bewahren.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Krullgalion der Amphitrite
Seitlich angebrachte Tierfiguren auf der Great Britain
Beliebtes Motiv: Meerfrauen (Thalassa, Niederlande)

Die große Zeit der Galionsfiguren begann im 17. Jahrhundert und dauerte bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. Im 18. Jahrhundert nannte man die Galionsfigur Bild des Schiffes.

Die Galionsfigur wird oft so gestaltet, dass sie einen Bezug zum Schiffsnamen hat. Zum Teil diente sie auch als Schutzpatron, die Einfluss auf das Gelingen einer Reise hatte; ihre Beschädigung oder gar Zerstörung war ein böses Omen und signalisierte großes Unglück.

Die Formen der Galionsfiguren wandelten sich im Laufe der Zeit. Außer dem Löwen (auf holländischen Schiffen findet man immer einen Löwen, als Wappen des Landes) wurden Meerfrauen und Nixen bevorzugt, aber auch Krieger, Ritter, Fürsten, Reeder, Kaufleute im Zylinder und zarte und kraftvolle Frauengestalten.

Personendarstellungen können von Kopf bis Fuß reichen oder bilden vor allem auf einigen jüngeren Schiffe – sofern sie überhaupt noch Galionsfiguren erhalten – nur den Kopf oder ein Porträt von der Hüfte aufwärts ab. Der Formenreichtum wurde auch bei Tierdarstellungen dezenter. Eine Alternative zu Galionsfiguren war und ist die Krull oder Krullgalion, auch Bugkopf, eine spiralförmige Verzierung ähnlich einer Geigenschnecke. Auf US-amerikanischen Schiffe (engl. billethead oder billet head) hatte er seine Hochzeit von ca. 1830 bis 1880.[1] Ein erhaltenes Beispiel einer Krullgalion findet sich etwa auf der 1887 in England gebauten, heute unter deutscher Flagge fahrenden Amphitrite.

Legenden

Seemannsgeschichten, so verschieden sie im einzelnen sind, geben uns eine gute Vorstellung von der seltsam realen Bedeutung, die damals Galionsfiguren für den Geist der Besatzung gehabt haben: Erregt meldete die Mannschaft der britischen Fregatte Brunswick, es sei ihrer Galionsfigur, die den Herzog von Braunschweig in schottischer Nationaltracht darstellte, der Hut vom Kopf geschossen worden. „Es schickt sich nicht“, so meinten die Seeleute „dass der edle Lord seinen Feinden barhäuptig entgegentritt“. Der Kapitän, selbst schwer verwundet, zögerte nicht lange und stellte als Ersatz seinen goldbetressten Galahut zur Verfügung. Das geschah am 1. Juni 1794. Ehe die Sonne sank, war ein entscheidender Sieg der britischen Flotte über die Franzosen erfochten.

Das Kaperschiff General Armstrong führte eine Galionsfigur von großer Ähnlichkeit mit dem Portrait des populären Kriegshelden. Als das Schiff bei Fayal versenkt werden musste, um nicht in die Hände des Feindes zu fallen, bestand die Mannschaft darauf, den alten General zu retten. Trotz heftigen Kanonenfeuers wurde die Galionsfigur abgesägt und in einem Boot an Land in Sicherheit gebracht.

Als einmal ein Segelschiff nicht so lief, wie der Kapitän es gern wollte, befahl dieser einem Matrosen, der Galionsfigur, einer rassigen Schönen, mit dem Schwapper sanft das Gesicht zu kitzeln und dabei zu sagen: "Loop, min Deern, loop to!". Nach wenigen Augenblicken kam ein günstigerer Wind auf, und das Schiff machte gute Fahrt.

Der Wahrheitsgehalt solcher Geschichten der Romantischen Seefahrt bleiben spekulativ. Zweifellos war für die Seeleute das Bild der Galionspopp (-puppe) die Verkörperung des Schiffes selbst, gleichsam die Seele des Schiffes, das sie trug und dem sie sich anvertraut hatten.

Sonstiges

Eine umfangreiche Sammlung von Galionsfiguren ist im Altonaer Museum (Hamburg) und im Deutschen Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven zu besichtigen.

Es existieren auch die Schreibweisen „Galeonsfigur“ und „Galleonsfigur“, deren Ableitung von dem reich verzierten Segelschiffstyp Galeone herrührt. Ebenso populär wie falsch ist die Schreibweise „Gallionsfigur“.

Symbolische Wortbedeutung

Im übertragenen Sinne verwendet man den Begriff „Galionsfigur“, um konkrete Personen zu bezeichnen, die ein „lebendes Aushängeschild“ eines Vereines oder einer Interessengruppe sind oder eine Führungs- oder Vorreiterfunktion innehaben.

Siehe auch

Bildergalerie

Einzelnachweis

  1. Billethead from Ship "Favorite". From the Tour: Woodcarving from the Index of American Design. Object 4 of 26 auf den Internetseiten der National Gallery of Art (engl.; abgerufen 17. März 2008)

Weblinks


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