Galopprennbahn Hoppegarten

Galopprennbahn Hoppegarten
Haupttribüne der Galopprennbahn im Mai 2007

Die Galopprennbahn Hoppegarten ist eine traditionsreiche, 1868 gegründete Pferderennbahn von 430 Hektar Fläche in Hoppegarten östlich von Berlin. Bis zum Ersten Weltkrieg entwickelte sich Hoppegarten zur wichtigsten deutschen Rennbahn sowie zum Zentrum des gesellschaftlich-politischen Lebens Berlins und zog häufig bis zu 40.000 Zuschauer an. Heute steht die Galopprennbahn unter Natur- und einige Gebäude unter Denkmalschutz. Immer noch werden in Hoppegarten Pferderennen ausgetragen, allerdings befindet sich der Rennbetrieb in einer schwierigen finanziellen Situation.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Rennstrecke befindet sich auf einem Anbaugebiet für Hopfen aus der Zeit des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. Die Tradition der Pferderennen an dieser Stelle geht zurück bis ins Jahr 1494 auf den Kurfürsten Johann Cicero. Das erste Wettbuch für die Rennbahn besteht seit 1835.

Aufstieg zur wichtigsten deutschen Rennbahn

Der Berliner Verein für Pferderennen suchte 1866 ein Gelände für den Bau einer neuen Rennbahn, denn die Pferderennbahn am Tempelhofer Exerzierplatz genügte den technischen und repräsentativen Ansprüchen nicht mehr. Das Vorwerk Hoppegarten, ein Nebenhof seines Gutes, verpachtete Heinrich von Treskow 1866 an das in Hoppegarten ansässige Union-Gestüt. Am 9. Oktober 1867 wurde mit kurzfristig erbauten Holztribünen ein Proberenntag mit drei Jagdrennen auf dem Gelände durchgeführt, der zufriedenstellend verlief. So gründete sich am 15. Dezember 1867 mit 36 Mitgliedern aus ganz Deutschland der Union-Klub. Zu den ersten Mitgliedern zählten Graf Johannes Renard, Heinrich von Treskow, Fedor André, Oberstallmeister von Maltzahn, und der Fürst zu Hohenlohe-Öhringen. Fortan waren die Galopprennbahn und der Klub bis ins Jahr 1945 untrennbar miteinander verbunden.

Die Finanzierung des Rennbahnbaus wurde durch Spenden der Klub-Mitglieder sowie Anteilscheine des Union-Gestüts und des Berliner Rennvereins gewährleistet. Der Berliner Baumeister Carl Bohm besuchte die französischen Rennbahnen in Longchamp sowie Chantilly und wählte diese als Vorbild für die Gestaltung der Hoppegartener Rennbahn. Im Frühjahr 1868 begannen die Erdarbeiten: Eine konsistente Humusschicht wurde auf den Sand aufgetragen, Bewässerungsrohre für den Rasen verlegt und eine Dränage für das Geläuf errichtet. Das Anlegen der 1200-Meter-Geraden trug zur späteren Popularität der Rennbahn bei. Gebaut wurden an einem Hindernis- und einem Flachkurs, doch zur Einweihung war letzterer noch nicht fertiggestellt. Der preußische König Wilhelm I. und Kanzler Otto von Bismarck eröffneten so am 17. Mai 1868 die Galopprennbahn Hoppegarten mit vier Hindernisrennen. Erste Flachrennen wurden erst am 17. Juni ausgetragen. Die Anreise zu diesem ersten offiziellen Renntag im Mai war noch beschwerlich, da der Bahnhof Hoppegarten erst kürzlich fertiggestellt worden und die Anbindung zur Rennbahn kaum vorhanden war. Erst ab 1870 war die Haltestelle Hoppegarten offiziell in den Fahrplänen vermerkt.

Galopprennbahn im Jahr 1912 (Postkarte)

Seit der Eröffnung wurden wichtige Rennen in Hoppegarten ausgetragen. Die berühmtesten Rennen waren das seit 1868 stattfindende klassische Stutenrennen Preis der Diana (2000 Meter), seit 1871 das klassische Henckel-Rennen (1600 Meter) sowie das Union-Rennen und der Große Preis von Berlin (beide 2000 Meter). Mit den Einnahmen konnte der Klub 1874 für 296.000 Taler das Gelände von Treskow erwerben. Die Einführung des Totalisators (Toto) 1872 sicherte die Finanzierung der Rennen und ermöglichte 1888 den Bau von massiven Tribünen (Kaisertribüne) anstelle der alten Holztribünen. Das Verbot der Wettmaschine von 1882 bis 1886 sowie das Sonntagsrennverbot von 1891 durch Wilhelm II. hemmten das Wachstum der Pferderennbahn. Doch die Aufhebung des Verbots im Jahr 1903, das neue Totogesetz von 1905 und die neue Rennordnung von 1912 begünstigten schließlich wieder die Entwicklung. So wuchs die Rennbahn bis zum Ersten Weltkrieg auf fünf Bahnen an und das Areal erreichte mit 780 Hektar seine größte Ausdehnung. Hoppegarten hatte sich zur wichtigsten deutschen Rennbahn entwickelt und war das Zentrum des gesellschaftlich-politischen Lebens Berlins geworden. Häufig sahen bis zu 40.000 Zuschauer die Rennen und bis zu 1500 Pferde standen in den Ställen.

Auswirkung der Weltkriege

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde den britischen und amerikanischen Reitern, die bisher die Rennszene dominiert hatten, die Teilnahme an Rennen in Hoppegarten verweigert oder sie wurden in einem Kriegsgefangenenlager in Berlin-Ruhleben interniert. Der Beliebtheit der Pferderennen tat dies keinen Abbruch, da nun durchweg deutsche Reiter die Siegerlisten füllten. Nach Ende des Krieges fanden bis 1922 jedoch keine Rennen in Hoppegarten mehr statt. Diese waren zur Rennbahn Grunewald verlegt worden, um die Tribünen neu erbauen zu können. Im Jahr 1934 wurde außerdem die Haupttribüne erheblich umgebaut und erweitert, sodass die Rennbahn 1935 beim Großen Preis die 45.000 Zuschauer fassen konnte. Die Weltwirtschaftskrise hatte auch dem Rennbetrieb und der Vollblutzucht Notzeiten beschert, doch am Ende der 1930er Jahre hatte sich die wirtschaftliche Lage in Hoppegarten wieder vollends stabilisiert.

Siegerehrung durch den Reichspräsidenten von Hindenburg 1930 beim Hindenburg-Rennen

Der Zweite Weltkrieg verschaffte Hoppegarten gar ein renommiertes Rennen mehr. Nach den Luftangriffen auf Hamburg im Jahr 1943 wurde das Derby hierher verlegt. Selbst 1944 fanden noch Pferderennen statt – allerdings mit wenig Besuchern und ohne den Totalisator und mit dementsprechend wenigen Einnahmen. Im Spätherbst 1944 wurde schließlich die Haupttribüne zu einer Rüstungsfabrik umfunktioniert und wichtige Gebäude noch im gleichen Jahr durch Luftangriffe zerstört. Das Geläuf wurde 1945 ebenfalls stark beschädigt. Im März 1945 begann der „große Treck“: Über 100 Vollblutpferde wurden von Jockeys innerhalb von drei Wochen nach Schleswig-Holstein geritten. Nahezu alle Pferde erreichten sicher das Ziel, viele wurden dann von der britischen Armee in Besitz genommen. Die in Hoppegarten verbliebenen Rennpferde wurden nach Kriegsende von den sowjetischen Truppen beschlagnahmt oder von der hungernden Bevölkerung geschlachtet.

Nischendasein mit „Volkseigenen Galoppern“

Bereits am 14. Juli 1946 wurde wieder ein offizielles Rennen in Hoppegarten geritten. Dazu war ein Großteil der verbliebenen, in ganz Deutschland verstreuten Rennpferde aufgestöbert worden. Allerdings fehlten zu den Tieren oft die Papiere, sodass ihre vollblütige Abstammung nicht mehr nachgewiesen werden konnte. Trotz dieser Bemühung herrschte von 1947 bis 1949 bei den Rennen ein chronischer Pferdemangel. 1950 waren es schließlich nur noch zwölf Pferde, die an den Start gingen, also erlaubte man kurzerhand als sogenannte „Bauernrennen“ auch die Teilnahme von Nicht-Vollblütern – bevorzugt Nutztiere aus der Landwirtschaft.

Der Union-Klub wurde 1946/1947 als Großgrundbesitzer durch die Bodenreform enteignet und die Rennbahn der Provinzialverwaltung Brandenburg unterstellt. 1952 ging das Eigentum in den Volkseigenen Rennbetrieb Hoppegarten über, 1974 übernahm der VEB Vollblutrennbahnen mit Sitz in Hoppegarten die Leitung aller Rennbahnen in der DDR. Der Zucht- und Rennbetrieb der DDR spielte international kaum eine Rolle und wurde von der Regierung wenig beachtet. Auch das Internationale Meeting der Vollblutpferde sozialistischer Länder, das zwischen 1954 und 1989 acht Mal in Hoppegarten stattfand, konnte daran nichts ändern. Der Pferderennsport führte ein exotisches Nischendasein und sein Niveau sackte bis 1989 immer weiter ab.

Finanznöte und ungewisse Zukunft

Verfallene Anzeigetafel hinter der Haupttribüne

Am 31. März 1990 wurde der erste deutsch-deutsche Renntag mit großem Besucherandrang begangen – konkurrenzfähig war der ostdeutsche Pferderennsport jedoch nicht. Die Rennbahn stand in den ersten Jahren nach der Wende unter der Aufsicht der Treuhand. In den folgenden Jahren gab es mehrere Großereignisse wie Den großen Preis von Berlin, das BMW-Europa-Championat und die Berlin-Brandenburg-Trophy, gar Kamelrennen wurden veranstaltet. Der Wettumsatz betrug 1993 bereits wieder neun Millionen DM, doch die Rennbahn konnte an die erfolgreichen Zeiten vor den Weltkriegen trotzdem nicht anknüpfen.

Hoppegarten gelangte wieder in den Besitz des Union-Klubs, doch große Geldsummen waren zum Erhalt und Ausbau der Rennbahn nötig. Das Land Brandenburg stellte am 8. November 1999 für Investitionszwecke insgesamt fünf Millionen DM zur Verfügung.[1] Der Union-Klub ging 2005 insolvent und die Galopprennbahn in den Besitz der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH über. Der 2006 neu gegründete Rennverein Hoppegarten übernahm die Ausrichtung der Rennen für das Jahr 2007. Die ersten drei von zehn geplanten Renntagen mussten jedoch aus wirtschaftlichen Gründen abgesagt werden. Erst durch einen Zuschuss in Höhe von 150.000 Euro seitens der Gemeinde Hoppegarten wurde der Saisonbeginn möglich.[2]

Im März 2008 erwarb der Fondsmanager Gerhard Schöningh die Rennbahn – Hoppegarten ist damit die einzige Rennbahn in Europa, die komplett in privater Hand ist.[3] Die Rennbahn soll nun schrittweise saniert und das Trainingszentrum ausgebaut werden.

Belege und weiterführende Informationen

Hauptgrundlage des Artikels sind die unter Literatur aufgeführten Bücher von Horst Seyfarth und Thomas Krüger sowie der Artikel des Tagesspiegels. Alle Angaben wie Kosten und Besucherzahlen wurden, soweit nicht abweichend durch Einzelnachweise angegeben, übereinstimmend aus diesen Veröffentlichungen entnommen.

Literatur

  • Horst Seyfarth: Hoppegarten. Deutschlands schönste Galopprennbahn. Verlag Neues Leben, Berlin 1993, ISBN 3-355-01378-1
  • Thomas Krüger: Hoppegarten. Geschichte einer Rennbahn. Ullstein, Berlin 1994
  • Hoppegarten: Vom Kaiser bis zum Themenpark. In: Der Tagesspiegel, 24. März 2001 (Zugriff am 17. Juli 2007)

Weblinks

 Commons: Galopprennbahn Hoppegarten – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rechnungshofbericht zu Hoppegarten vom 20. Dezember 2006
  2. Manuel Holscher: Erleichterung in Hoppegarten. Morgen erster Galopprenntag des Jahres mit 74 Pferden in acht Wettbewerben. In: Berliner Morgenpost, 26. Mai 2007, Zugriff am 17. Juli 2007
  3. Galopprennbahn Hoppegarten verkauft. In: Welt Online; 18. März 2008 (Zugriff am 2. April 2008)
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