Gamme

Gamme
Gammen in Ost-Finnmark, Ende des 19. Jahrhunderts

Eine Gamme ist eine Hütte aus der samischen Kultur in Nordskandinavien, insbesondere Norwegen.

Sie kann vollständig ohne jegliche Befestigungsmaterialien allein aus Birken und Torf bzw. Grassoden gebaut werden. Charakteristisch für eine Gamme ist, dass es in der Mitte eine Feuerstelle gibt, über der der Rauch einfach aus einer eingebauten Öffnung im Dach abzieht. Es gibt traditionell keine Fenster und nur eine Tür, die entweder angelehnt, aufgelegt, oder mittels Lederriemen mit einem Scharnier versehen wird und normalerweise aus stärkeren Birkenzweigen mit einem darübergespannten Fell gebaut wird.

Konstruktion

Gamme Grundkonstruktion. Es stehen nur die vier Grundpfeiler, die oben im Kreuzungspunkt durchbohrt worden sind, und von einem waagerechten Birkenstam gehalten werden.
Gamme im Rohbau, die Belegung dicht an dicht mit den dünnen Birken ist noch nicht abgeschlossen. Diese Gamme wurde auch von der Reihenfolge etwas anders als traditionell gebaut, erst wurde die komplette Holzkonstruktion fertiggestellt (in Abständen von Monaten) und danach dann die Belegung mit Birkenrinde und Grassoden in einem Tag durchgeführt.
Gamme bei der Belegung des Daches. Der kleine Stock unter der Tür hält die Tür auf. Wenn man den wegnimmt, fällt die Tür von selbst zu. Ein Schloss gibt es natürlich nicht.

Die Konstruktion einer Gamme beginnt mit den vier tragenden Außenpfosten oder auch äußeren Sparren, für die stets möglichst bogenförmig krumm gewachsene Bäume ausgesucht und geschält werden, die als Paar eine Art Tor bilden. Am First werden die Balken jeweils einmal durchbohrt und durch einen dort hindurchgesteckten dünneren Baum gehalten. Durch diese Konstruktion steht allein schon die Grundkonstruktion äußerst stabil. Es sind keine weiteren Abstützmaßnahmen nötig. Alle weiteren Lasten liegen später mehr oder weniger vollständig auf dieser Konstruktion. Nur wenn die Pfetten für ihre Länge an den Seiten etwas zu dünn gewählt wurden, sind weitere Stützbalken nötig, um ein Durchfedern der Seitenwände zu vermeiden.

Dieser zentrale „Firstbalken“ wird dann noch von weiteren waagerecht verlaufenden Fuß-, Mittel- und Firstpfetten ergänzt, die jeweils nicht durch Nägel, sondern ausschließlich durch untergestellte Astgabeln und später durch das aufliegende Gewicht der dicken Torflage bzw. Grassodenlage gehalten werden.

An diese waagerechten Pfetten werden dann rundum dicht an dicht dünnere und ebenso geschälte Birken gestellt, und dann wird die erste Lage abgeschälte Birkenrinde als Dachziegel mehrlagig überlappend vor diese dünneren Pinne gelegt und fixiert diese so. Die nächste Reihe wieder überlappender Birkenrinde wird wiederum direkt durch die nächste Lage Grassoden gehalten. Die Pinne liegen dann im oberen Bereich immer flacher, bis sie oben auf dem Dach mit der Gegenseite zusammenstoßen.

Der Boden einer Gamme kann variabel gestaltet werden. Oft wird der Boden mit flachen Steinen ausgelegt, aber auch in dichten Schichten eingelegtes Birkenreisig mit darüberliegenden Fellen ist denkbar. Die Gamme auf den Bildern wurde mit Kies aufgefüllt, auch um die Bodenunebenheit auszugleichen. Die Feuerstelle selbst wird als offene Feuerstelle aus dicken Feldsteinen gebaut. Es gibt keine geschlossene Feuerungsanlagen wie einen Ofen oder einen Kamin; eine Gamme stellt also keine sehr fortschrittliche Art von Behausung dar, sie ist eher primitiv. Der Vorteil ist jedoch, dass das Baumaterial sehr einfach verfügbar ist. Es ist keinerlei Hochtechnik zum Bau nötig, im Prinzip würde eine Feuersteinaxt reichen, auch wenn eine Motorsäge und scharfe Zugmesser, Stahlbeile und eine Axt sehr hilfreich sind.

Die Bauzeit für die auf den Bildern zu sehende Gamme kann bei durchgehendem Bau und einer Person mit etwa drei bis vier Wochen veranschlagt werden, solange das Baumaterial direkt in der Umgebung verfügbar ist. Hilfe ist jedoch vor allem beim Schälen der Birkenstämme und -Pinne und beim Transport der Torflagen und beim Herstellen der Birkenrindenstücke gern gesehen. Die ideale Bauzeit ist das Frühjahr, da dann die Birken frisch im Saft stehen, und das Schälen sehr leicht von der Hand geht. Dazu ist es dann noch nicht allzu warm, so dass man die Abkühlung beim Arbeiten genießen kann. Dazu kommt, dass es ab Mitte März in Nordskandinavien schon länger hell ist, als in unseren Breitengraden, so dass man bis spät in die Nacht arbeiten, und dazu die ersten abendlichen Feuerchen genießen kann.

Nutzung

Das Loch in der Mitte des Daches wird einfach offen gelassen, eine Art Kamin oder eine Abdeckung ist traditionell nicht vorgesehen, der Rauchabzug ist demzufolge nicht optimal. Im Vergleich zu einer modernen Hütte mit einem richtigen Kamin ist eine Gamme daher im oberen Bereich sehr verraucht, je mehr frische Luft nachströmen kann, desto besser.

Eine Gamme wird durch den Rauch mit der Zeit im oberen Teil (innen) schwarz, es lagert sich der Rauch auf dem Holz ab, bis es teilweise tiefschwarz glänzt. Der Übergang dieser Rauchschicht ist ziemlich scharf geschnitten, darunter bleibt das Holz hell und sauber.

Für die Dauerhaltbarkeit ist es das größte Problem, dass die Gamme mit der Holzkonstruktion auf der Erde steht, und so Feuchtigkeit an das Holz kommt. Die Haltbarkeit wurde früher durch das Anbrennen der Hölzer verlängert, die mit der Erde in Kontakt standen. Bei regelmäßiger Pflege und Reparatur kleiner Schäden kann eine Gamme mindestens 100 Jahre alt werden.

Die fertige Gamme, mit geöffneter Tür. Das Gras ist noch das, was an den Grassoden mit dran hing, neu durchwurzelt ist es noch nicht. Der dünne Lichtstreif im Innern des Daches lässt die Dachöffnung erahnen, aus der der Rauch (auch leicht sichtbar) abzieht.

Das Dach selbst, bzw. die Birkenrindenschicht, ist bei richtiger Verlegung vollkommen dicht, das Wasser sickert nur langsam durch das Gras, dringt also nicht durch das Dach, und läuft dann an der Birkenrindenschicht entlang ab, oder verbleibt als Restfeuchte im Grasteil, und wässert so den Grasbewuchs.

Ein Grasbewuchs wird auch bei modernen Holzhütten und Wochenendhäusern in Norwegen gern genommen. Die Isolationswirkung ist sehr gut. Bei der Gamme steht allerdings der freie und ungeschützte Rauchabzug an erster Stelle des Wärmeverlustes. Warm ist es in einer Gamme nur, solange das Feuer brennt. Aber trocken und windgeschützt ist es darinnen, solange sie steht.

Eine Gamme ist in heutiger Zeit kaum sinnvoll zu nutzen. Es hat mehr den Charakter eines Erlebnisurlaubs, darin wirklich zu übernachten. Doch mit anderen darin am Feuer zu sitzen, und gemeinsam das ein oder andere Øl (norwegisch für Bier) zu trinken, bietet schon Stoff für Träume.

Üblicherweise liegt in einer Gamme stets ein wenig Brennmaterial, meist ebenso Birkenholz. Das hat auch den Vorteil, dass man kein Papier oder anderes Anzündmaterial benötigt. Die weiße äußere papierdünne Rindenschicht des Birkenholzes ist sehr gut brennbar, und kann bequem mit der Hand von der Rinde abgezogen werden, und so zum Anzünden des originalen Gamme-Feuers genutzt werden.

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