Gefängnis Hameln

Gefängnis Hameln
Blick vom Klütturm auf die Gefängnisanlage an der Weser um 1900

Das Gefängnis Hameln, auch bekannt als der Stockhof, war ein Gefängnis und Zuchthaus in Hameln. Die Strafanstalt, zu der es bereits seit 1698 eine Vorgängereinrichtung gab, bestand von 1827 bis 1980. Sie lag zwischen der Altstadt und der Weser. Heute befindet sich in den denkmalgeschützten Gefängnisgebäuden ein Hotelbetrieb.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Strafanstalt geht auf den 1698 erbauten Stockhof zurück. Darin waren Gefangene untergebracht, die zum Festungsbau verurteilt waren. Der Name beruht darauf, dass die Gefangenen in ihrem Schlafhaus wegen der Fluchtgefahr nachts an einen Stock angeschlossen waren.

Wegen Überfüllung wurde 1713 ein neues Gefängnis erbaut. 1827 kam es auf dem ehemaligen Gelände der Festung Hameln unmittelbar an der Weser zu einem Neubau, von dem einige der heute noch vorhandenen Gebäudereste stammen. Es entstanden drei Gebäudeflügel und Nebengebäude. Dies war die Königliche Strafanstalt, aus der 1866 ein preußisches Gefängnis wurde.

Zeit des Nationalsozialismus

Gedenktafel vor dem Gefängnis

In der Zeit des Nationalsozialismus waren ab 1933 neben den rund 500 kriminellen Häftlingen auch hunderte politische Gefangene inhaftiert. Es waren nach Ansicht der NS-Machthaber vorwiegend Kommunisten und Sozialdemokraten, aber auch Homosexuelle und Juden. 1935 wurden die Außenmauern erhöht und die Anstalt wurde in ein Zuchthaus umgewandelt. Während des Zweiten Weltkriegs kamen politische Gefangene aus Frankreich und Dänemark dazu (auch als Nacht- und Nebel-Gefangene). Infolge der unmenschlichen Haftbedingungen gab es zwischen 1939 und 1945 305 amtlich registrierte Todesfälle, davon starben 55 noch nach ihrer Befreiung durch die amerikanischen Truppen. Bei Kriegsende befahl die SS am 5. April 1945 während der Beschießung der Stadt eine Räumung des Gefängnisses und den Fußmarsch zum Außenlager bei Eschershausen, der für viele Gefangene zu einem Todesmarsch entlang des Iths wurde.

Nachkriegszeit

Einzelne Gebäude des Gefängnisses heute

In der Nachkriegszeit diente das Gefängnis ab dem 13. Dezember 1945 der britischen Besatzungsmacht bis 1949 als Hinrichtungsstätte. Der Henker war der Brite Albert Pierrepoint. 156 Personen wurden in dieser Zeit als Kriegsverbrecher hingerichtet. Darunter waren die im Bergen-Belsen-Prozess verurteilten KZ-Aufseherinnen Irma Grese, Elisabeth Volkenrath und Johanna Bormann, der Lagerkommandant Josef Kramer, der KZ-Arzt Fritz Klein. Weitere Hinrichtungen aufgrund alliierter Prozesse betrafen auch die KZ-Ärzte Rudolf Rosenthal, Hans Körbel und Benno Orendi, die KZ-Kapo Vera Salvequart, die SS-Aufseherinnen Ruth Neudeck, Dorothea Binz, Elisabeth Marschall und Emma Zimmer, den ehemaligen Bataillionskommandeur der 12. SS-Panzerdivision Bernhard Siebken und Fritz Knöchlein der 4. Kompanie des 2. SS-Totenkopfregimentes.

Weitere 44 Personen wurden hingerichtet, weil sie gegen das Besatzungsrecht verstoßen hatten. Darunter waren 42 ehemalige, z. T. osteuropäische, Zwangsarbeiter. Die letzte Hinrichtung in Hameln erfolgte am 6. Dezember 1949 an dem Polen Jerzy Andziak (einer Displaced Person) wegen Schusswaffengebrauchs mit Todesfolge.

1955 wurde das Zuchthaus Hameln aufgelöst und die Insassen kamen in die JVA Celle. Am 1. Oktober 1958 wurde das Gefängnis zur Jugendstrafanstalt, deren Gefangenen 1980 in die neu errichtete Jugendanstalt Hameln in Tündern verlegt wurden. Damit endete der Gefängnisbetrieb. Im Jahre 1986 wurden Zellenbau, Ost- und Westflügel der Anlage abgerissen. Die übrigen Teile wurden in ein Hotel umgewandelt, das im August 1993 eröffnete.

Politische Häftlinge in der NS-Zeit

Unter britischer Besatzung hingerichtet

Weblinks

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