Genderarchäologie

Genderarchäologie

Geschlechterarchäologie, Genderarchäologie oder archäologische Geschlechterforschung ist neben Siedlungs-, Religionsarchäologie oder Umweltarchäologie ein relativ junges Spezialgebiet der Archäologie. Der erste grundlegende Aufsatz wurde von Margaret Conkey und Janet Spector im Jahr 1984 geschrieben. Gegenstände der Geschlechterarchäologie sind die unterschiedlichen Rollen, Verhaltensweisen, Aufgaben und Eigenschaften von Frauen und Männern in den Gesellschaften der schriftlosen Vergangenheit. Zudem werden die unterschiedlichen Geschlechterkonzepte und -ideologien vorgeschichtlicher Gesellschaften erforscht. Die grundlegende theoretische Annahme dieser Forschungsrichtung besagt, dass Geschlechterrollen nicht biologisch bedingt und angeboren seien, sondern zumindest in weiten Teilen erlernt und Teil der sozialen Ordnung. Um derartige Rollenverteilungen in der Vorgeschichte untersuchen zu können, sei es notwendig, eigene androzentristische Denkmodelle als solche zu erkennen. Der Bereich gehört (einschließlich Semiotik, Systemtheorie etc.) zu den so genannten post-prozessualistischen Ansätzen in der Ur- und Frühgeschichtsforschung.

Geschlechterarchäologen (in der überwiegenden Mehrheit sind es Archäologinnen) ziehen vor allem Gräberfelder heran, um Unterschiede zwischen Männern und Frauen in den vorzeitlichen Gesellschaften und deren Überlieferung in den materiellen Überresten zu erforschen. Diese Unterschiede können physisch überlebt haben, obwohl sie nicht immer offensichtlich und daher offen für eine Auslegung sind. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern werden auch in Abhängigkeit von der Zugehörigkeit zu gesellschaftlichen Gruppen wie Familien, Klassen, Altersgruppen und Religionen untersucht. Ein wichtiges Hilfsmittel der Genderforschung sind anthropologische Geschlechtsbestimmungen an Skeletten und Leichenbränden.

Literatur

  • M. W. Conkey & J. D. Spector: Archaeologie and the Study of Gender. in: Advances in Archaeological Method and Theorie 7 S. 1 - 38 (1984)
  • S. Karlisch, S. Kästner & E.-M- Mertens (Hrsg.), Vom Knochenmann zur Menschenfrau. Feministische Theorie und archäologische Praxis. Frauen - Forschung - Archäologie 3, Münster 1997.
  • Th. Wagner: Von der feministischen Ethnologie zur Genderarchäologie - Herrschaft und Herrschaftslosigkeit, in : Christian Sigrist, (Hrsg.) Macht und Herrschaft (Veröffentlichungen des Arbeitskreises zur Erforschung der Religions- und Kulturgeschichte des Antiken Vorderen Orients) 2004.
  • J.E. Fries & J.K. Koch (Hrsg.), Ausgegraben zwischen Materialclustern und Zeitscheiben, Perspektiven zur archäologischen Geschlechterforschung. Frauen - Forschung - Archäologie 6, Münster 2005.
  • St. Burmeister & N. Müller-Scheeßel: Soziale Gruppen - kulturelle Grenzen 2006

Siehe auch

Weblinks


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