Genlisea

Genlisea
Reusenfallen
Genlisea violacea

Genlisea violacea

Systematik
Abteilung: Bedecktsamer (Magnoliophyta)
Klasse: Dreifurchenpollen-
Zweikeimblättrige
(Rosopsida)
Unterklasse: Asternähnliche (Asteridae)
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Wasserschlauchgewächse (Lentibulariaceae)
Gattung: Reusenfallen
Wissenschaftlicher Name
Genlisea
A.St.-Hil.

Die Reusenfallen (Genlisea) sind eine Gattung fleischfressender Pflanzen aus der Familie der Wasserschlauchgewächse (Lentibulariaceae). Alle bekannten 21 Arten der Gattung sind karnivor. Der botanische Name der Gattung leitet sich von der französischen Schriftstellerin Stéphanie Félicité de Genlis her.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Rhizophyll Genlisea violacea
Genlisea subglabra, Blüte
Samenkapsel von Genlisea repens

Reusenfallen sind wurzellose, rosettenförmige, einjährige oder mehrjährige krautige Pflanzen. Sie sind relativ klein, im Durchmesser 1 bis 5 Zentimeter und nur wenige Zentimeter hoch. Die Mehrzahl der Arten bildet Ausläufer. Insgesamt unterscheiden sich die Arten der Gattung nur wenig voneinander.

Blätter

Zwei Blatttypen sind zu unterscheiden, nämlich die oberirdischen Blätter und die unterirdischen Fallen, die Reusenblätter („Rhizophylle“).

Die oberirdischen Blätter der Pflanzen stehen in einer Rosette, sind hellgrün und zwischen 3 und 50 Millimeter lang. Sie sind meist spatelförmig, vereinzelt spatelförmig-obovat (obovat bedeutet verkehrt eiförmig); ihre Oberfläche ist glatt und ohne sichtbare Nervatur. Bei manchen Arten wie zum Beispiel Genlisea aurea sind die Blätter mit einem schleimigen Sekret überzogen, dessen Funktion noch unklar ist.

Fallen

Die Fallen sind eigentlich unterirdische Blätter, sogenannte Rhizophylle, also von einem Rhizom ausgehende Blätter. Die Pflanzen locken ihre Beute wahrscheinlich durch chemische Lockstoffe an, die von den Rhizophyllen abgegeben werden. Bei der Beute handelt es sich um Wimpertierchen, Fadenwürmer und andere kleine Bodenbewohner. Arten mit größeren Blasen erbeuten aber auch Strudelwürmer und Wenigborster.

Die Rhizophylle haben die Form eines umgedrehten Ypsilons, wobei die beiden Arme jeweils korkenzieherartig verdreht sind; entlang des „Gewindes“ sind schlitzförmige Öffnungen verteilt. Zuvor aber verdickt sich der Stiel nach mehreren Millimetern in eine Blase, die die Funktion eines Verdauungsorgans hat. Zwischen den Gewinden und der weiter oben gelegenen Blase ist das Rhizophyll hohl und in Kammern unterteilt, die durch gerichtete Härchen voneinander getrennt sind. Die gerichteten Härchen erlauben den einmal durch die Öffnung eingedrungenen Beutetieren nur die Bewegung in Richtung der Blase, daher der deutsche Name „Reusenfalle“. In der Blase und auch in der übrigen Falle sitzen Drüsen, die der Verdauung der Beute dienen. Es ist unklar, warum die gelösten Nährstoffe nicht wieder aus der Falle heraussickern; vermutet wurden unter anderem schwache Unterdrücke, die die Fallen wie Pumpen wirken lassen würden.

Die bereits von Charles Darwin vermutete Karnivorie der Gattung wurde erst 1998 definitiv belegt.

Blüten und Früchte

Die Blütenstiele ragen mit bis zu 50 cm Höhe wie bei allen Karnivoren weit über die Pflanze selbst hinaus. An ihrem Ende tragen sie traubenförmige Blütenstände mit bis zu vier meist violetten oder (bei einigen amerikanischen Arten) gelben, gespornten Blüten.

Die Früchte sind kleine runde Kapselfrüchte. Die Art, wie die Früchte sich öffnen, um die Saat freizugeben, die Dehiszenz, dient als Unterscheidungsmerkmal der beiden Untergattungen (siehe unten): Die Samenkapseln von Arten der Untergattung Tayloria öffnen sich entlang länglicher Schlitze, bei den Samenkapseln der Untergattung Genlisea hingegen hebt sich die Spitze der Kapsel am Ende eines spiralförmigen Einschnitts ab. In den Früchten sind einige wenige kleine Samen enthalten, die nur kurze Zeit keimfähig sind.

Verbreitung

Reusenfallen sind Tropenpflanzen; ihre Verbreitungsgebiete sind gleichmäßig zum einen Afrika und Madagaskar sowie zum anderen Mittel- und Südamerika. Die Untergattung Tayloria (siehe unten) ist dabei in ihren Vorkommen auf Ostbrasilien beschränkt. Keine der Arten kommt auf beiden Kontinenten vor. Anders als bisher angenommen, ist diese evolutionäre Trennung nicht auf das Auseinanderdriften der früher zusammengehörigen Kontinente zurückzuführen (Gondwanatheorie), sondern auf nachträgliche Verbringung einer Stammform von Afrika nach Südamerika.

Reusenfallen (Genlisea)
Verbreitungskarte

Afrika

In Afrika sind zehn Arten beheimatet; das Hauptvorkommen findet sich im Raum Sambia, Simbabwe, Mosambik und Malawi, von wo es bis nach Angola sowie Madagaskar ausstrahlt. Weitere kleine Verbreitungsgebiete existieren entlang der zentralafrikanischen Küste und im äußersten Westafrika (Guinea, Sierra Leone, Guinea-Bissau, Elfenbeinküste). Interessant ist dabei die Umgehung der hauptsächlich durch Regenwälder bestimmten Länder Zentralafrikas (Demokratische Republik Kongo, Ruanda, Burundi).

Amerika

Das Zentrum der Vorkommen in Amerika ist der Nordosten Südamerikas, hier vor allem Brasilien. Von den elf amerikanischen Arten finden sich dort neun, davon vier als Endemiten. Im benachbarten Venezuela sind sieben Arten beheimatet, zwei endemisch. Nebenvorkommen finden sich in Guyana, Kolumbien, Bolivien und Paraguay, nach Norden hin strahlt die Gattung über Zentralamerika (Honduras) noch bis nach Trinidad und Kuba aus.

Ökologie

Alle Arten besiedeln hauptsächlich extreme, nährstoffarme und humusarme, feuchte bis nasse Standorte vor allem auf Inselbergen und Ferricreten (Eisenkrustenböden), in denen sie häufig gemeinsam mit anderen Karnivoren (insbesondere Wasserschläuchen und Sonnentauen), aber auch Vertretern der Eriocaulaceae, Xyridaceae und Burmanniaceae vorkommen. Daneben finden sich Reusenfallen aber gelegentlich auch in Weißsandsavannen oder Sümpfen, einige wenige semi-aquatische Arten wie G. repens bevorzugen Gewässerränder als Lebensraum.

Da die Inselbergareale, in denen die meisten Arten beheimatet sind, seltene Lebensräume darstellen, sind die Arten zwar selten, sie sind jedoch nicht als bedroht anzusehen.

Verwendung

Ab den frühen 1990er Jahren kamen die ersten Arten bei Karnivorenliebhabern vereinzelt in Kultur. Ähnlich wie ihre Verwandten, die Wasserschläuche, führen sie in entsprechenden Sammlungen jedoch meist ein Schattendasein. Ansonsten wird die Gattung vom Menschen nicht genutzt.

Systematik

Untergattungen und Arten

Die nächsten Verwandten der Reusenfallen sind die Wasserschläuche. Die Gattung selbst wird noch in zwei Untergattungen gegliedert: Genlisea und Tayloria.

Genlisea hispidula
Laubblätter Genlisea violacea
  • Untergattung Tayloria

Phylogenetik

Eine detaillierte Untersuchung zur Phylogenie der Gattung steht noch aus. Eine Untersuchung zur Familie der Lentibulariaceae (Müller 2004) berücksichtigte sechs Arten und ergab folgendes vorläufiges Kladogramm:

           ,---- Afrikanische Gruppe 3 (G. hispidula)
      ,----+
      |    `---- Afrikanische Gruppe 2 (G. stapfii)
      |    
  ,---+ 
  |   |
  |   |    ,---- Afrikanische Gruppe 1 (G. margaretae)
--+   `----+
  |        `---- Südamerikanische Arten der Untergattung Genlisea
  | 
  `------------- Untergattung Tayloria

Genetik

Mit 63,4 Mbp für Genlisea margaretae bzw. 63,6 Mbp für Genlisea aurea enthält die Gattung die beiden Arten mit den kleinsten bekanntesten Genomen aller bedecktsamigen Pflanzen. Bemerkenswert ist auch die Größe der einzelnen Chromosomen, die sich mit 2,1 Mbp für Genlisea aurea in den Größenordnungen von Bakterien bewegen [1].

Quellen

  • Elza Fromm-Trinta: Genliseas Americanas. in: Sellowia Herbário, Itajaí 36.1984.
  • B. A. Meyers-Rice: Are Genlisea traps active? A crude calculation. in: Carnivorous Plant Newsletter. Arboretum, Fullerton Cal. 23.1994,2, 40. ISSN 0190-9215
  • Eberhard Fischer, Stefan Porembski, Wilhelm Barthlott: Revision Of The Genus Genlisea (Lentibulariaceae) in Africa And Madagascar With Notes On Ecology And Phytogeography. in: Nordic Journal Of Botany. Copenhagen 20.2000,3. ISSN 0107-055x
  • K. Müller u. a.: Evolution of carnivory in Lentibulariaceae and the Lamiales. in: Plant Biology. Wiley-Liss, New York NY 6.2004, 477–490. ISSN 0894-4563
  • Wilhelm Barthlott u. a.: Karnivoren. Ulmer, Stuttgart 2004. ISBN 3-8001-4144-2

Einzelnachweise

  1. J. Greilhuber, T. Borsch, K. Müller, A. Worberg, S. Porembski, W. Barthlott: Smallest Angiosperm Genomes Found in Lentibulariaceae, with Chromosomes of Bacterial Size, in: Plant biology, 2006; 8:770-777

Weiterführende Literatur

  • W. Barthlott, S. Porembski, E. Fischer, B. Gemmel: First protozoa-trapping plant found. in: Nature. London 392,1998, 447. ISSN 0028-0836

Weblinks


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