Geodätische Breite

Geodätische Breite
Ansicht einer Kugel.
Der Äquator (blau) teilt die Kugel in zwei Hälften und kreuzt die Meridiane (gelb) unter 90°. Alle durchgezogenen Linien dieses Bildes sind Großkreise. Die gestrichelten Linien sind die Breitenkreise.

Die geographische Breite φ oder B (lateinisch latitudo, englisch latitude, international abgekürzt mit Lat. oder LAT) ist die im Winkelmaß (also in Grad) angegebene nördliche oder südliche Entfernung eines Punktes der Erdoberfläche vom Äquator. Die Breite kann Werte von 0° (am Äquator) bis ±90° (an den Polen) annehmen. Statt des Vorzeichens (traditionell +Nord, −Süd) ist auch N bzw. S zulässig.

Der für die geographische Breite verwendete Winkel wird nicht im Erdmittelpunkt gemessen, sondern entspricht dem Winkel zwischen der (idealisierten) Lotrichtung und der Äquatorebene der Erde.

  • Orte mit derselben Breite liegen auf einem Breitenkreis, auch Breitenparallel oder Parallelkreis genannt.
  • Zur Identifikation eines Punktes auf der Erdoberfläche – zur Bestimmung seiner geographischen Lage – wird zusätzlich zur Breite die Angabe seiner geographischen Länge benötigt. Die Definition ist bis auf Claudius Ptolemäus zurückzuführen.

Inhaltsverzeichnis

Unterteilung

50. Breitengrad in der Mainzer Innenstadt

Die geographische Breite wird sexagesimal in Grad, Minuten und Sekunden angegeben, wobei eine Minute 60 Sekunden und ein Grad 60 Minuten entsprechen (wie in der Zeitangabe). Bei Dezimalgrad/-minuten/-sekunden werden Nachkommastellen angegeben.

Es gibt verschiedene Methoden der Darstellung, z. B.:

  1. Grad, Minuten, Sekunden: 66° 43′ 12″
  2. Dezimalgrad: 66,7200°
  3. Grad, Dezimalminuten: 66° 43,20′
  4. Grad, Minuten, Dezimalsekunden: 66° 43′ 12,0″

Eine Bogenminute entspricht entlang des Äquators und entlang der Meridiane einer Strecke von einer Seemeile bzw. 1852 Meter, während die Strecke der Bogenminute auf den Breitenkreisen φ (nördlich oder südlich des Äquators) um den Faktor cosφ kleiner ist. Der Abstand zwischen zwei Breitengraden beträgt immer ca. 111,32km.

Fehlt die Angabe °N oder °S so stehen positive Werte für nördliche Breite und negative für südliche Breite.

Bei der Angabe von Ortskoordinaten ist die Breite stets zuerst anzugeben, dann erst die Länge: „B vor L, wie im Alphabet“. Ihren Grund hat diese Konvention in der Geschichte: die Breite konnte bereits Jahrhunderte vor der Länge ziemlich exakt bestimmt werden.

Koordinatenbeispiele

Ermittlung der geographischen Breite

Die Breite lässt sich recht einfach aus dem höchsten Sonnenstand (Mittagsbreite) oder aus der Höhe kulminierender Sterne bestimmen.

Auf der Nordhalbkugel der Erde gibt die Höhe des relativ hellen Polarsterns (Polaris) über dem Horizont ziemlich genau den Breitengrad an: Am Äquator erscheint der Polarstern am Horizont, am Nordpol steht er nahezu senkrecht am Himmel. Tatsächlich ist Polaris knapp 1° vom Himmelspol entfernt; der dadurch entstehende Fehler beträgt wegen der Erddrehung zweimal täglich 0°, zweimal ca. 0,75° und kann durch einfache Formeln oder Mittelung verringert werden.

Bereits die Seefahrer des späten 15. Jahrhunderts verstanden die Breite zur Navigation zu nutzen. Die Bestimmung der geographischen Länge war hingegen komplizierter und erforderte eine genaue Koppelnavigation oder die Messung von Mond-Stern-Distanzen. Seit dem 18. Jahrhundert erfolgt sie mit der genauen Uhrzeit von Chronometern, seit etwa 1990 noch einfacher mit GPS-Satellitenempfängern.

Geodätische, ellipsoidische, astronomische und geozentrische Breite

Die ellipsoidische Breite
entspricht, wenn als Erdmodell ein Rotationsellipsoid verwendet wird, dem Winkel zwischen der Äquatorebene und der Ellipsoidnormalen. Diese Breite wird auch geodätische Breite genannt und in der Landesvermessung und Kartografie verwendet.
Die astronomische Breite
bezeichnet in der Geodäsie den Winkel zwischen der tatsächlichen Lotrichtung und der Äquatorebene. Die Differenz zur ellipsoidischen Breite ist eine Komponente der Lotabweichung (die andere ist die Differenz astronomische minus ellipsoidische Länge).
Die geozentrische Breite
ist die Richtung zum Erdmittelpunkt. Lotrichtung und Ellipsoidnormale verlaufen – außer am Äquator und an den Polen – nicht durch den Erdmittelpunkt. Die geozentrische Breite unterscheidet sich von der geographischen Breite um bis zu 0,2°.

Einfluss auf das Klima

Da die mittlere Sonneneinstrahlung auf einen Punkt der Erdoberfläche von dessen geographischer Breite abhängt, bestimmt diese wesentlich das lokale Klima und kann zur Definition der (geographischen) Klimazonen dienen: Die Tropen liegen zwischen den Wendekreisen (23° 26′) und die Polargebiete oberhalb der Polarkreise (66° 34′), dazwischen die Subtropen und gemäßigten Zonen.

Das Klima hängt aber von weiteren Faktoren ab; so sind z. B. europäische Orte wegen des Nordatlantikstroms in der Regel deutlich wärmer als asiatische und nordamerikanische Orte gleicher geographischer Breite.

Siehe auch

Weblinks


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