Geordnete Geometrie

Geordnete Geometrie

Die Geordnete Geometrie ist eine Geometrie mit recht wenigen Axiomen.

Die Affine Geometrie, die Projektive Geometrie über einem angeordneten Körper sowie die Euklidische Geometrie sind Spezialfälle der Geordneten Geometrie. Da diese Geometrie ohne ein Parallelenaxiom oder ein die Parallelität ausschließendes Axiom auskommt, sind Modelle einer geordneten Geometrie zugleich Modelle einer absoluten Geometrie und Modelle gewisser nichteuklidischen Geometrien können Modelle der geordneten Geometrie sein.

Die Geordnete Geometrie beschränkt sich auf

  • das Konzept eines Punktes (z. B. A, B, C, …) und
  • das Konzept des Dazwischen (z. B. B ist zwischen A und C, geschrieben als [ABC]).
Das entspricht den ersten beiden Axiomen der Euklidischen Geometrie.
  • Man kann eine gerade Strecke von einem Punkt zu einem anderen Punkt ziehen.
  • Man kann eine Strecke kontinuierlich zu einem Strahl verlängern.

Daraus entstehen Begriffe wie

  • das Segment AB (die Menge aller Punkte P, für die [APB] gilt),
  • die Strecke AB (das Segment AB einschließlich A und B),
  • der Strahl AB (die Menge aller Punkte P, für die [PAB] gilt),
  • die Gerade AB (die Vereinigung des Strahls AB, der Strecke AB und des Strahls BA) und
  • das Dreieck ABC (Wenn A, B und C nicht alle auf einer Geraden liegen).

Auch Winkel und Parallele lassen sich definieren.

Die Geordnete Geometrie wird durch die folgenden Axiome exakt definiert:

1. Axiom: Es gibt mindestens zwei Punkte.
2. Axiom: Wenn A und B unterschiedliche Punkte sind, dann gibt es wenigstens einen Punkt C, so dass [ABC].
3. Axiom: Wenn [ABC] dann A ungleich C.
4. Axiom: Wenn [ABC] dann [CBA], aber nicht [BCA].
5. Axiom: Wenn C und D unterschiedliche Punkte auf der Geraden AB sind, dann ist A auf der Geraden CD.

Bislang konnten theoretisch alle Punkte der Geometrie auf einer Geraden liegen. Um diese ‚langweilige‘ Geometrie auszuschließen, fordert man

6. Axiom: Wenn die Gerade AB existiert, dann gibt es einen Punkt C außerhalb der Geraden AB.

Das folgende 7. Axiom stellt auf eine sehr ‚verborgene‘ Weise sicher, dass es zwischen zwei beliebigen Punkten immer noch (mindestens) einen weiteren Punkt gibt. Die direkte axiomatische Forderung nach ‚Zwischenpunkten‘ führt zu axiomatischen Problemen, die hier nicht diskutiert werden können.

7. Axiom: Wenn ABC ein Dreieck ist, und [BCD] und [CEA] gilt, dann existiert auf der Geraden DE ein Punkt F, für den [AFB] gilt.

Weiterhin muss sichergestellt sein, dass die Geraden ‚kontinuierlich‘ sind, d. h. dass keine Lücken auftreten. Eine tiefere Diskussion dieses Konzeptes findet sich in der Analysis, die den analoge Unterschied zwischen rationalen Zahlen und reellen Zahlen beleuchtet.

8. Axiom: (Informal) Die Punkte auf einer Geraden liegen dicht.

Bislang wurde noch gar nicht über die Dimension des von der Geometrie beschriebenen Raumes gesprochen. Sie wird ebenfalls axiomatisch festgelegt:
2 Dimensionen:

9. Axiom: Alle Punkte liegen in einer Ebene.

oder 3 Dimensionen:

9. Axiom: Wenn ABC ein Dreieck bilden, dann gibt es einen Punkt D außerhalb der durch das Dreieck aufgespannten Ebene.
10. Axiom: Alle Punkte liegen im 3-dimensionalen Raum.

oder 4 Dimensionen:

10. Axiom: Wenn ABCD einen 3-dimensionalen Tetraeder bilden, dann gibt es einen Punkt E außerhalb des durch den Tetraeder aufgespannten Raumes.
11. Axiom: Alle Punkte liegen im 4-dimensionalen Raum.

oder mehr Dimensionen

Dieses Schema kann bis zu beliebigen Dimensionen fortgeführt werden.

Literatur

  • H. S. M. Coxeter: Introduction to Geometry. John Wiley & Sons, 1969.
  • O. Veblen: The Foundations of Geometry. Chapter I of J. W. Young’s Monographs on Topics of Modern Mathematics, Longmans Green, New York, 1911.

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