Georg Daniel Teutsch

Georg Daniel Teutsch
Bischof Georg Daniel Teutsch

Georg Daniel Teutsch (* 12. Dezember 1817 in Schäßburg; † 2. Juli 1893 in Hermannstadt) war im 19. Jahrhundert Bischof der Evangelischen Kirche A.B. Siebenbürgens. Außerdem wirkte er als Lehrer, Theologe, Historiker und Politiker. Aufgrund der national-politischen Bewegungen und der wirtschaftlichen Entwicklung des 19. Jahrhunderts ist eine Trennung zwischen den einzelnen Wirkungsbereichen fast nicht möglich.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Teutsch wurde am 12. Dezember 1817 in Schäßburg (heute Sighisoara, Kreis Mureș) als zweites von vier Kindern des Ehepaares Martin Benjamin Teutsch und Maria Katharina, geb. Weiß in eine Handwerkerfamilie hineingeboren.

Er besuchte die Grundschule und das Gymnasium in der Bergschule aus Schäßburg (heute Lic. teoretic Joseph Haltrich), wo er am 1. August 1837 die Matura ablegte. Danach studierte er ab Herbst 1837 Geschichte und Evangelische Theologie in Wien, um es ein Jahr danach in Berlin fortzusetzen. Nach dem zweiten Studienjahr kehrte er nach Schäßburg zurück, um das Studium als Autodidakt abzuschließen. Er war Hauslehrer der Familie Magyay in Karlsburg (Alba Iulia) und Baksay in Marossolymos (Falkendorf, rum. Șoimuș). Zeitgleich nutzte er den Zugang zu der Karlsburger Bibliothek (gegründet vom katholischen Bischof Batthyany) und zu der Brukenthalbibliothek in Hermannstadt, beide reich an Handschriften und Büchern zur Siebenbürgischen Geschichte.

1842 kehrte er nach Schäßburg zurück, um im darauf folgenden Jahr, am 3.-4.Januar 1843, sein Studium mit einer Dissertation in den Fächern Geschichte, Pädagogik und Theologie abzuschließen. Darauf wurde er Lehrer an der „Schäßburger Bergschule“, Konrektor 1845 und Rektor von 1850-1863. 1863 wechselte Georg Daniel Teutsch vom Lehramt ins Pfarramt, und wurde zunächst Pfarrer der evangelischen Gemeinde Agnetheln. Am 19. September 1867 wurde er zum Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Siebenbürgen gewählt. In diesem Amt blieb er bis zu seinem Tod.

Georg Daniel Teutsch heiratete in erster Ehe Charlotte Berwerth 1845, die ein Jahr später verstarb und in zweiter Ehe deren Schwester Wilhelmine. Aus dieser Ehe gingen mehrere Kinder hervor, einer seiner Söhne, Friedrich Teutsch, wurde in der Zeitspanne von 1903 bis 1932 selbst auch Sachsenbischof.

Wirkungskreis

Sein Wirken kann in drei große Bereiche eingeteilt werden: Lehramt, Theologie und Politik. Seine Arbeit war auf den Erhalt der kulturellen, wirtschaftlichen und territorialen Autonomie des “Sachsenvolks” ausgerichtet. Um dieses erreichen zu können, hat er oft auf die Geschichte des “Sachsenvolks” aus Siebenbürgen zurückgegriffen, ein Gebiet, das er während seiner ganzen Laufbahn, unabhängig seines entsprechenden Amtes, erforscht hat.

Lehramt

Seinen ersten Beruf, den des Lehrers, hat er 21 Jahre lang an der Schäßburger Bergschule ausgeübt, davon 13 Jahre als Direktor/Rektor der Schule (1842-1863). Während seiner Lehramtszeit reformierte und entwickelte er das Schulwesen der Bergschule, wobei diese landesweiten Ruhm erlangte. In dieser Schule wurden Lehrer und Pfarrer ausgebildet. Die Schulzeit des Seminars wurde von 2 auf 3 Jahre erweitert. Der Organisationsentwurf der Schulreform, der bis 1883 in Geltung blieb, wurde von ihm gutgeheißen und später im Auftrag des Oberkonsistoriums in Endfassung gebracht. Er vereinheitlichte landesweit den Grundschul- Gymnasial- und Seminarunterricht, wobei sowohl der klassisch-humanistische Unterricht wie auch die Realfächer gleichermaßen berücksichtigt wurden. Diesem ersten Beruf sollte er später, als Pfarrer und noch mehr als Bischof, die Treue halten; nach Amtsantritt in Agnetheln förderte er den Bau einer neuen Schule (die heute seinen Namen trägt) und wirkte für den Ausbau und die gesetzliche Regelung des Volksschulunterrichtes.

Das 1879 erlassene ungarische Schulgesetz, welches die Einführung der ungarischen Sprache in den deutsch-evangelischen Schulen verfügte, weckte die besondere Aufmerksamkeit Georg Daniel Teutschs und seiner Mitarbeiter. Der einmütige Protest begründete sich dadurch, dass die Mehrheit der Grundschüler keine Gelegenheit hatten, diese Sprache jemals zu gebrauchen. Es bestand die Sorge, dass diese Maßnahme der Magyarisierung Vorschub leisten würde.

Gegen Ende seines Lebens wurde unter seiner Leitung das Lehrerseminar aus Hermannstadt ins Leben gerufen. Ein großes Anliegen war ihm zeit seines ganzen Lebens der Fortschritt der Landwirtschaft, die er nach Kräften unterstützt hat.

Im Laufe seines Lebens wurden Teutsch verschiedene Ehrungen verliehen, wie seine Berufung in den Gelehrtenausschuss des Germanischen Museums, die Verleihung der philosophischen Ehrendoktorwürde der Universität Jena und die Wahl zum Ehrenmitglied des Leipziger Schillervereins.

In diese Zeitspanne als Lehrer gehört auch die Revolution von 1848; er war Hauptmann der Schäßburger Bürgerwehr, die gemeinsam mit der kaiserlichen Armee den Bürgerkrieg gegen die von Josef Bem geleitete ungarische Armee gewann.

Theologie

Nach Antritt seines Amtes als Pfarrer, entsprechend seiner Ausbildung in der Tradition jener Jahre, wirkte er für die Inkraftsetzung der neuen Kirchenordnung, die er 1861 maßgeblich mitbestimmt hat. Der Bischofssitz wurde nach seiner Wahl zum Bischof von Birthälm nach Hermannstadt zurückverlegt. Entsprechend der neuen Kirchenverfassung förderte Teutsch in der Folgezeit die Zusammenarbeit zwischen den Geistlichen und den Weltlichen. Die Volkskirche wurde unter seiner Führung als Bischof vollendet und gestärkt. Dazu trugen auch die Visitationen bei, die er von 1870 bis 1884 vornahm. Er schaffte die Visitation sämtlicher Gemeinden der Landeskirche, außer einer einzigen, die wegen Typhus (Kleinalisch) gesperrt war. Die Berichte, die er über ihre Durchführung dem Landeskonsistorium erstattete, gaben den Zustand der Kirche und des Volkes zu dieser Zeit wieder. Sie sind ein zeitgeschichtliches Dokument erster Ordnung. Das Ergebnis dieser Visitation ist nicht einheitlich; seine Berichte über die verschiedenen Kirchenbezirke spiegeln ein äußerst buntes und unterschiedliches Bild wider und beleuchten alle Bereiche der jeweilig visitierten Gemeinde.

Er konnte es nicht verhindern, dass im Zuge der nationalen Bewegung unter den Völkern Siebenbürgens die magyarisch-lutherische Gemeinden, die seit altershehr zur sächsischen Kirche gehörten, sich in ihr nicht mehr heimisch fühlten und ihren Anschluss an die lutherisch-magyarische Kirche des Theißdistrikts verlangten. In den Jahren 1876 bis 1886 vollzog sich die Trennung von 16 lutherischen Gemeinden magyarischer Sprache von der deutschsprachigen lutherischen Kirche, allein zehn davon vom Kronstädter Kirchenbezirk.

Als Theologe war er bestrebt, der Nation das seiner Meinung nach Edelste der Güter, den Glauben an das Evangelium und in ihm die Freiheit des Geistes, zu erhalten, die reine Lehre im Sinne des lutherischen Bekenntnisses. Für ihn war es eindeutig, dass Recht, Verwaltung und Gericht noch nicht allein die tieferen Werte der Gemeinschaft begründen konnten.

Man kann den Einfluss der Theologen der Vermittlung feststellen, der Vermittlung zwischen ewigen und zeitlichen Gütern zwischen den einzelnen protestantischen Kirchen, der Vermittlung zwischen dem christlichen Glauben und den kulturellen Schöpfungen des menschlichen Geistes. Dieses kam auch seinen liberalen Anschauungen entgegen, denn vom Gebiete des Kirchenrechts her war die Verfassung, für die er sich noch in seiner Zeit als Weltlicher eingesetzt hatte, in ihrem Aufbau aus einer deutschen Unionskirche übernommen worden. Er bezeichnete sich selbst als Rationalisten. Als Solcher hatte er schon in seiner Dissertation am 3. und 4. Januar 1843 in der theologischen These den Bekenntnisschriften die Eigenschaft abgesprochen, Glaubensnorm zu sein, und somit das Dasein des Teufels geleugnet. Dieses war auch der Grund, weshalb er später für die restaurative Bewegung des Katholizismus kein Verständnis aufbringen konnte und warum er auch die restaurativ-konfessionellen Bestrebungen in den evangelischen Kirchen ablehnte.

Seine Predigttätigkeit zeigt, wie er die Aufgabe als Pfarrer und Verkündiger verstand; er sprach in seinen Predigten gerne von der Entwicklung zu einem höheren Ziele hin, in die sich der Einzelne durch sein Streben nach einer höheren Sittlichkeit einordnen solle. Er bemerkte, dass die Reformatoren die Bahn zur Forschung geöffnet hätten, so dass der Mensch in den Stand gesetzt werde, die Entwicklung seiner Zeit vorauszusehen, um in seinem Wirken das Sinnliche zu freiem Gehorsam unter das Sittliche zu bringen.

Seine Verkündigung war vornehmlich sittlich geprägt; er sprach von der Vaterliebe Gottes, der das reuige Kind wieder annimmt. Dazu kam noch die Betonung der Gemeinschaft, in einer Zeit, in der sich die Vereinzelung innerhalb der Gemeinde immer mehr bemerkbar machte. Sein ungebrochener Vorsehungsglauben, der sich aus seinem persönlichen Leben und dem Geschick des eigenen Volkes als kräftig erwiesen hat, birgt in seiner optimistischen Weltanschauung wenig Skrupel und Zweifel darüber, ob sein Weg richtig gewesen wäre.

Für ihn, als ehemaligen Lehrer, zählte in erster Reihe die rechte Bildung, die alte Welt- und Lebensanschauung, so dass der Glaube mit ihnen und nicht mit der „Barbarei“ einhergehen konnte. Darum ist es verständlich, dass er ein Anhänger der historischen Theologie war. Er suchte von der Geschichte her den Zugang zur Überlieferung von Jesus zu gewinnen und den Weg des Christentums durch die Geschichte zu verstehen. Das Evangelium war für ihn eine geschichtliche Größe mit einem ewigen Inhalt, ein höchster göttlicher Geist, der nach allen Richtungen menschlicher Entwicklung gewirkt habe. Es sei Jesus, der mit seinem warmen Herzen für uns einstünde. Er vertrat die Meinung, dass uns im Neuen Testament das Christentum Christi entgegentrete und seine Schriften uns die Entwicklung zur geistigen Reife bringen würde.

Gegen Ende seines Wirkens trat auch seine Erkenntnis der Lebensgemeinschaft des Glaubenden mit dem Heiland hervor, weil der Mensch als „ein Hauch des göttlichen Geistes“ zur Gotteskindschaft und Bruderliebe bestimmt sei. Er sah die geschichtliche Entwicklung der Menschheit als einen Weg, der das irdische Dasein zum Anfang des Gottesreiches umgestalte, wo die Gebote Gottes, die zur Gottesliebe und Nächstenliebe aufrufen, erfüllt werden. Weil dieses in der Kirche geschah, welche die irdische Verwirklichung des Reiches Gottes darstelle, sah er sein Lebenswerk in der Gestaltung dieser, der Volkskirche, und hinterließ sie der späteren Generationen als Erbe.

Auch als Bischof wurden ihm manche Ehrungen zuteil. Von 1870 war er Vorstand des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde, Mitglied des Zentralvorstandes der Gustav-Adolf-Stiftung ab 1882, Ehrendoktor der Juristischen Fakultät der Universität Berlin und 1884 wurde er zum Ehrendoktor der philosophischen Fakultät von Jena ernannt. Eine besondere Ehrung war für ihn auch die Einladung zur Einweihung der Schlosskirche von Wittenberg im Oktober 1892.

Literatur

Weblinks

 Wikisource: Georg Daniel Teutsch – Quellen und Volltexte

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