Georg Fahrbach

Georg Fahrbach

Georg Fahrbach (* 6. April 1903 in Criesbach; † 12. Februar 1976 in Stuttgart), von Beruf Verwaltungsbeamter und Bankier, hatte jahrzehntelang eine herausragende Stellung in der deutschen, später auch europäischen Wander- und Naturschutzbewegung. Als engagierter Verfechter des Wander- und Naturschutzgedankens, insbesondere als langjähriger Vorsitzender des Schwäbischen Albvereins von 1939 bis 1973 erlangte der „Albvereins-Fahrbach“ einen weit über seine Heimatregion hinausgehenden Ruf als „erster Wanderer Deutschlands“.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Herkunft und Ausbildung

Georg Fahrbach wurde am 6. April 1903 als siebtes und letztes Kind des Weingärtners Christian Fahrbach und seiner Frau Katharina geb. Most im hohenlohischen Criesbach am Kocher geboren. Als er vier Jahre alt war, starb sein Vater. Da Fahrbachs körperliche Konstitution für nicht robust genug gehalten wurde, den Weingärtnerberuf zu ergreifen, wurde er nach dem Besuch der Volksschule im benachbarten Ingelfingen auf die Ingelfinger Lateinschule geschickt. 1918 besuchte er das Realgymnasium in Heilbronn. Er wollte ursprünglich Lehrer oder Pfarrer werden und war ein guter Schüler, verließ das Realgymnasium aber dennoch nach nur einem Jahr mit der Mittleren Reife, um in der unsicheren Zeit nach dem Ende des Ersten Weltkriegs einen „etwas realeren Beruf zu ergreifen.“[2] Statt dem beabsichtigten Studium der Landwirtschaft kam er durch einen Zufall zur Verwaltungslaufbahn des gehobenen Dienstes. 1919 trat er als Lehrling auf dem Rathaus von Niedernhall ein. Dort, im Rathaus von Unterrot und bei der Verwaltung des Oberamts Hall in Schwäbisch Hall bereitete er sich auf die eigentliche Ausbildung an der Höheren Verwaltungsschule in Stuttgart vor, die er 1924/1925 absolvierte und mit der württembergischen Staatsprüfung abschloss.

Weiterer Werdegang

Von Juni bis Dezember 1925 war Fahrbach Stadtschultheißen-Amtsverweser in Niedernhall. Nach kurzem Dienst beim Oberamt Waiblingen wurde er 1926 vom württembergischen Innenministerium zur Abwicklung von Reichskrediten für die Landwirtschaft ein halbes Jahr zur Württembergischen Hypothekenbank abgestellt. Die Bank war von seinen Fähigkeiten angetan und wollte ihn bei sich behalten. Ein verlockendes Angebot, in den konsularischen Dienst des Auswärtigen Amtes zu treten, schlug er daher aus und trat stattdessen ganz in die Dienste der Bank, bei der er bis zum Ruhestand blieb. Fleiß, Zuverlässigkeit, eine Begabung zur Menschenführung und ein gutes Verhältnis zu seinen Vorgesetzten brachten ihn voran. Ende 1931, im Alter von nur 28 Jahren, erhielt er Prokura, 1934 wurde er stellvertretendes, 1938 ordentliches Mitglied des Vorstands. Am 27. April 1939 heiratete er seine Frau Elisabeth, mit der er in der Folge vier Kinder hatte.

1941 wurde er zum Militärdienst im Zweiten Weltkrieg einberufen und in der Forstner-Kaserne in Karlsruhe ausgebildet. Als Kriegs-, ab 1944 Oberkriegsverwaltungsrat war er anschließend in leitenden Stellungen der Militärverwaltung im besetzten Frankreich und in Italien tätig. In Südtirol geriet er kurz vor Kriegsende in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er Ende 1945 im Wesentlichen unversehrt zurückkehrte.

Wieder zur Hypothekenbank zurückgekehrt, widmete er sich dem Wiederaufbau des Bankgeschäfts. Die Württembergische Hypothekenbank rückte in die Spitzengruppe der deutschen Hypothekenbanken auf. Das Handelsblatt vermerkte im August 1951, diesen Aufstieg habe die Bank hauptsächlich der Aktivität ihres Vorstandsmitglieds Fahrbach zu verdanken.[3] Die Bank konnte ihre Bilanzsumme von 21 Millionen DM im Jahre 1949 über 1,4 Milliarden DM im Jahre 1963 auf rund 3,2 Milliarden DM Ende 1972 steigern.[4] 1966 wurde Fahrbach zum Vorstandsvorsitzenden der Württembergischen Hypothekenbank bestellt und blieb dies bis zu seinem Ruhestand, mit dessen Beginn im Mai 1974 er in den Aufsichtsrat des Instituts wechselte. Neben seiner Vorstandstätigkeit gehörte Fahrbach einer Vielzahl von Bei- und Aufsichtsräten sowie Ausschüssen als Mitglied oder Vorsitzender an, über 20 Jahre lang war er Vizepräsident der Wertpapierbörse Baden-Württemberg.

Wandern und Naturschutz

Fahrbach ist, beginnend in seiner Jugendzeit 1919, jahrzehntelang an fast jedem Sonntag und in allen seinen Ferien und Freizeiten gewandert. Den Schwäbischen Albverein lernte er erstmals während seiner Ingelfinger Schulzeit kennen, als ihm ein Lehrer das Albvereinsblatt vermittelte. Seine Verwaltungsausbildung fiel in die Zeit der Bündischen Jugend, der er zwar nicht angehörte, deren Freude am Wandern er aber dennoch teilte. Als er 1923 in Unterrot war, forderte ihn der Gaildorfer Vertrauensmann des Albvereins auf, bei einem Maientanz der Gaildorfer Albvereins-Jugendgruppe mitzumachen. Fahrbach tanzte mit und trat dem Albverein bei. Im Mai 1923 begegnete er bei einem Wandertreffen dem damaligen Vereinsvorsitzenden Eugen Nägele sowie Wilhelm Mattes, dem Obmann des Öhringer Albvereinsgaus, mit dem er Freundschaft schloss.

Nach Ende seiner Ausbildung schloss Fahrbach sich der Stuttgarter Ortsgruppe des Albvereins an. Da ihn dort manches störte, gründete er im Frühjahr 1928 zusammen mit anderen Jungmitgliedern den Stuttgarter Jung-Albverein, dessen Leitung er übernahm. Nach anfänglichen Differenzen mit der Ortsgruppe wurde der Jung-Albverein bald akzeptiert. Fahrbach wurde 1931 in den Hauptausschuss das Albvereins berufen, 1933 in den Hauptvorstand. 1939 wählte ihn die Vereins-Hauptversammlung in Backnang einstimmig zum Ersten Vorsitzenden des Schwäbischen Albvereins, was er bis 1973 blieb.

In den Jahrzehnten seines Vorsitzes erlangte Fahrbach einen weit über seine Heimatregion hinausgehenden Ruf als „erster Wanderer Deutschlands“.[1] Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte der Schwäbische Albverein einen großen Aufschwung, die Mitgliederzahl stieg auf mehr als das Doppelte. Viele neue Wanderheime, Schutzhütten und Aussichtstürme wurden gebaut; nicht wenige davon gingen auf Fahrbachs Initiative zurück. 1951 war er Mitgründer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Heimat-, Wander-, und Naturschutzbünde, ebenfalls 1951 wurde auf seine Anregung die Deutsche Wanderjugend gegründet und 1969 die Europäische Wandervereinigung, deren Präsident er von ihrer Gründung bis zu seinem Tod 1976 war. Auch die Planung und Durchführung der jährlichen Deutschen Wandertage, mehrtägigen Großveranstaltungen, lag wesentlich in Fahrbachs Hand.

Auch in der Jugendherbergsbewegung war er aktiv. In Jugendherbergen sah er keine „billigen Übernachtungsgelegenheiten“[5], sondern Wanderheime für die wandernde Jugend, „Kultur- und Erziehungsstätten, die den ganzen jungen Menschen ansprechen“[5] sowie „Begegnungsstätten der Jugend der ganzen Welt.“[6] Am Wiederaufbau des Deutschen Jugendherbergswerks nach dem Krieg war er wesentlich beteiligt, leitete einige Jahre den Landesverband Schwaben, war 1949 bis 1953 Mitglied im Hauptvorstand des DJH und von 1953 bis 1961 dessen Erster Vorsitzender.

Der Naturschutz war Fahrbach schon früh ein Anliegen, und bis zu seinem Lebensende setzte er sich fortwährend für ihn ein, sah ihn als absolute Notwendigkeit auch für den Menschen: „Der Unverstand mancher Zeitgenossen darf uns nicht in unserer Überzeugung beirren, daß das Leben auf dieser Erde nicht mehr lebenswert ist, wenn wir nur noch zwischen Beton und in Ruß, Rauch und Lärm leben. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein; er braucht für seinen inneren und äußeren Menschen die Verbindung mit der Natur, und er braucht immer wieder Stunden der Besinnung und des Gelöstseins, wenn ihm seine Seele nicht sterben soll! Wichtiger als aller Fortschritt der Technik, auch wichtiger als das so viel bestaunte Wirtschaftswunder ist die Seele des Menschen, die erst den Menschen macht und ihn von allen anderen Lebewesen unterscheidet. Die Seele aber stirbt, und der Mensch wird zum Roboter, wenn er die Verbindung mit der Natur verliert.“[7] 1939 gründete Fahrbach den Albvereins-Naturschutzdienst; er war Mitbegründer und langjähriges Präsidialmitglied des 1950 gegründeten Deutschen Naturschutzrings. Im Geleitwort zur zweiten Auflage des Taschenbuchs des Naturschutzes (1950) schrieb er: „Unser Ziel muß sein: Jeder Wanderer ein Naturschützer! Jeder Wanderer sei ein Vorbild für die anderen! Das ist die beste Werbung für den Gedanken des Naturschutzes.“[8]

Für seine Ideale des Wanderns und des Naturschutzes setzte sich Fahrbach auch in der Politik ein. Auf seine Initiative hin forderten die deutschen Wandervereine seit dem Deutschen Wandertag 1953 immer wieder regelmäßige Schulwanderungen, mehr Biologie-, Geographie- und Geologieunterricht in den Schulen, den weiteren Ausbau von Natur-, Landschaft- und Heimatschutz, die Bekämpfung allen vermeidbaren Lärms, das Verbot von Motorsportveranstaltungen auf allen Feld-, Wald- und Wanderwegen, die Schaffung weiterer Fußgängerwege abseits der Kraftfahrstraßen und vieles mehr. Im Laufe der Jahrzehnte veröffentlichte Fahrbach hunderte von Aufsätzen in Zeitungen und Zeitschriften, mobilisierte die Öffentlichkeit bei drohenden Verstößen gegen den Naturschutz und stritt für seine Ziele. Für Dutzende von Büchern schrieb er Geleitworte, förderte sie oder fungierte als Herausgeber.

Tod

Georg Fahrbach starb nach kurzer, schwerer Krankheit am 12. Februar 1976 in Stuttgart. Er wurde am 16. Februar auf dem Waldfriedhof Stuttgart beigesetzt; eine Trauerfeier fand am 24. Februar in der Stuttgarter Liederhalle statt.

Ehrungen

Bereits zu Lebzeiten erhielt Fahrbach zahlreiche Ehrungen. Im Juni 1959 ernannte ihn die Universität Tübingen zum Ehrensenator und verlieh ihm zudem 1970 die Ehrendoktorwürde der Naturwissenschaften. Auch die Universität Hohenheim ernannte ihn zum Ehrensenator. Den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland erhielt er zweimal: 1959 verlieh ihm Bundespräsident Theodor Heuss das Große Bundesverdienstkreuz, und am 28. März 1973 erhielt er von Bundespräsident Gustav Heinemann das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern. Das Land Baden-Württemberg ehrte ihn 1963 mit seiner Verfassungsmedaille in Gold, und anlässlich seines 60. Geburtstages 1963 erlangte er die Ehrenbürgerwürde seiner Heimatgemeinde Criesbach.

Die 1973 errichtete, ihm zu Ehren benannte Dr. Georg Fahrbach-Stiftung fördert Maßnahmen, die unter den Begriffen Natur, Heimat und Wandern zusammengefasst werden können, und trägt damit die Lebensaufgabe des Namensgebers weiter. Sie unterstützt die Idee des Wanderns, unter anderem durch die Schaffung europäischer Fernwanderwege, sowie das Verständnis für den Naturschutz, die Landschaftspflege und den Umweltschutz.

Nach seinem Tod wurde Fahrbach zu Ehren ein Wanderweg des Schwäbischen Albvereins angelegt. Der 1977 eröffnete Georg-Fahrbach-Weg führt in Anlehnung an seinen Lebensweg von seinem Geburtsort Criesbach im Hohenlohischen bis nach Stuttgart-Uhlbach.

Ein Studentenwohnheim in Tübingen heißt Georg-Fahrbach-Haus.

Einzelnachweise

  1. a b nach Götz (s. Literatur), S. 27.
  2. nach Dr. Georg Fahrbach, S. 38.
  3. nach Götz, S. 13 f.
  4. nach Götz, S. 13 f., und Dr. Georg Fahrbach, S. 10.
  5. a b nach Götz, S. 20.
  6. nach Götz, S. 19.
  7. nach Götz, S. 24 f., in einem Aufsatz in der Zeitschrift Kosmos mit dem Titel Warum Oasen der Ruhe.
  8. nach Götz, S. 17.

Literatur

  • Georg Fahrbach zum 60. Geburtstag am 6. April 1963. Schwäbischer Albverein, Stuttgart 1963.
    • Darin: Karl Götz: Georg Fahrbach. S. 7–32.
  • Dr. Georg Fahrbach. Reden zum 70. Geburtstag bei der Feier der Württembergischen Hypothekenbank im Zeppelin-Hotel in Stuttgart. Württembergische Hypothekenbank, Stuttgart 1973.
  • Zum Gedächtnis an Georg Fahrbach. Württembergische Hypothekenbank, Stuttgart 1976.
  • Hartmut Müller: Ein Leben für Natur, Wandern und die Heimat. In: Heilbronner Stimme vom 5. April 2003.

Weblinks


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