George Byron

George Byron
Lord Byron

George Gordon Noel Byron, 6. Baron Byron of Rochdale, (* 22. Januar 1788 in London; † 19. April 1824 in Messolongi, Griechenland), bekannt als Lord Byron, war ein britischer Dichter, Enkel von John Byron, einem Südseeforscher und britischen Admiral. Lord Byron war der Vater von Ada Lovelace. Er ist überdies bekannt als wichtiger Teilnehmer am Freiheitskampf der Griechen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

George Noel Gordon Byron, 6. Baron Byron, in albanischer Tracht

Byron verlebte seine frühe Kindheit in Aberdeen, aufgezogen von seiner Mutter, Catherine Gordon of Gight, einer schottischen Adligen. Sein Vater John Byron (genannt: Mad Jack), ein Gardekapitän in der britischen Armee, war bereits 1791 verstorben. Beeinflusst wurde er auch stark vom calvinistischen Glauben seines Kindermädchens May Grey. Byron hatte einen Klumpfuß und litt zeitlebens unter seiner oft schmerzhaften Behinderung, die er als entwürdigende Missbildung empfand und die ihn auch gesellschaftlich einschränkte, da er zum Beispiel nicht tanzen konnte.

Mit zehn Jahren erbte er nach dem Tod seines Großonkels William den Adelstitel Baron Byron of Rochdale in the County Palatine of Lancaster (Rochdale liegt in der Nähe von Manchester und gehörte damals zur Pfalzgrafschaft Lancashire) und das dazugehörige, weitgehend heruntergewirtschaftete Anwesen Newstead Abbey. 1808, nach Erreichen der Volljährigkeit, nahm Byron seinen damit verbundenen Sitz im House of Lords ein. 1809 unternahm er eine große Reise in den Mittelmeerraum: über Lissabon fuhr er nach Spanien und besuchte Malta, Albanien, Griechenland und die Küste Kleinasiens.

Nach seiner Rückkehr wurde Byron 1812 durch die Publikation der ersten beiden Canti von Childe Harold's Pilgrimage quasi über Nacht bekannt. Im gleichen Jahr löste Byron durch sein offenes Verhältnis mit einer verheirateten Frau - Lady Caroline Lamb - einen gesellschaftlichen Skandal aus, der seinen zukünftigen Ruf als Mann von zweifelhafter Moral prägte. Lady Caroline beschrieb den Dichter zu dieser Zeit als: „Mad, bad and dangerous to know.“ Während Byron die Beziehung als eine bloße Affäre sah, die er bald beendete, hatte Lady Caroline geglaubt, von Byron geliebt zu werden. In der Folge verfiel sie schweren Depressionen und Magersucht. Byron verfasste das Gedicht „Remember Thee“, in welchem er ihr Verhalten als Melodramatik ironisiert.

Byrons Halbschwester Augusta, Kohlezeichnung von Georg Hayter (1792 – 1871)

1813 traf Byron in London seine Halbschwester Augusta wieder, die Tochter seines Vaters aus dessen erster Ehe. Augusta sah Byron sehr ähnlich und seine egozentrische Natur verliebte sich in sein Ebenbild, seinen „Doppelgänger“. Die Briefe, die Byron zu dieser Zeit an seine Vertraute Lady Melbourne schrieb, lassen auf ein inzestuöses Verhältnis zwischen Augusta und ihrem Halbbruder schließen. Da Augusta seit 1811 von ihrem Mann George Leigh getrennt lebte, gilt es als biographisch wahrscheinlich, dass ihre im April 1814 geborene Tochter Elizabeth Medora Byrons Kind war. „Diese perverse Leidenschaft war meine tiefste.“ schrieb Byron aus dem späteren Exil an Lady Melbourne. Byron verfasste mehrere Liebesgedichte für seine Schwester: „Stanzas for Augusta“ und „Epistle for Augusta“; in seinen Werken findet sich wiederholt das Motiv der Geschwisterliebe: in Kain und Manfred lieben die Protagonisten ihre Schwestern. Lady Melbourne warnte Byron vor den gesellschaftlichen Konsequenzen, sollte seine Neigung publik werden und riet ihm zu einer baldigen Heirat, um seinen Ruf zu rehabilitieren. Byron verlobte sich mit Melbournes Nichte Annabella Milbanke.

Annabella Milbanke, anonyme Zeichnung, ca. 1813

1815 fand die Heirat in Seaham statt. Das Verhältnis zwischen Byron und seiner Frau war schon nach kurzer Zeit sehr angespannt: der leidenschaftliche, fantasiereiche und zu Scherzen neigende Künstler und die ernsthafte, rational veranlagte Amateur-Mathematikerin litten in der Ehe unter ihren Charakterdifferenzen. Zudem berichtete Annabelle gegenüber ihren Eltern, dass Byron zu brutalen Wutanfällen neigte. Am 10. Dezember 1815 wurde die gemeinsame Tochter Augusta Ada geboren. Anfang 1816 verließ Annabelle ihren Mann nach erbitterten Streitereien und ließ Byron durch den Arzt Dr. Francis Le Mann auf eine mögliche Geisteskrankheit untersuchen, die eine Trennung nach damaligen Recht unmöglich gemacht hätte. Da der Arzt Byron für geistig gesund befand, konnte Annabelle eine dauerhafte Trennung durchsetzen. Annabelle lebte fortan mit ihrer Tochter bei ihren Eltern.

Die skandalumwobene Trennung von seiner Frau führte zu einem öffentlichen Eklat. Byron war gesellschaftlich isoliert und verließ London am 23. April und England am 25. April 1816[1] auf Dauer. Ab Mai mietete Byron die Villa Diodati am Genfer See, dort wohnte er zusammen mit seinem Leibarzt Polidori. Byron erhielt Besuch von Percy Shelley und seiner Partnerin Mary Shelley, der Tochter von Mary Wollstonecraft und William Godwin. Angeregt durch die düstere nächtliche Atmosphäre der Seelandschaft vereinbarte die Runde, Schauergeschichten zu schreiben. Dadurch entstand schließlich Mary Shelleys Roman Frankenstein or: The New Prometheus. Polidori verfasste die Erzählung The Vampyre, die als der literarische Beginn des Genres der Vampirgeschichten gilt. Zu dieser Zeit hatte Byron eine Affäre mit Marys Stiefschwester Claire Clairmont, aus der seine Tochter Allegra hervorging.

Im Oktober 1816 verlegte Byron seinen Wohnsitz nach Venedig. 1817 verkaufte er den Familienstammsitz Newstead Abbey.

Lord Byron auf dem Totenbett, Ölgemälde von Joseph-Denis Odevaere, ca. 1826

Aufgrund seiner politischen Aktivitäten, inspiriert durch die Liebesbeziehung zu der verheirateten Gräfin Teresa Giuccioli, die der italienischen Separatistenorganisation der Carbonari angehörte, geriet er in Konflikt mit den italienischen Fürstenhäusern und wurde zusammen mit Giuccioli nach Pisa verbannt, wo beide bis 1823 lebten. Dort entstand auch der Pisan Circle.

Anfang 1823 nahm Byron als Philhellene das ihm angebotene Kommando über die freien griechischen Streitkräfte an. Ein Jahr später starb Byron in Messolongi in Griechenland an den Folgen einer Unterkühlung und den schwächenden Wirkungen des medizinischen Aderlasses. Wegen seines Engagements für die griechische Unabhängigkeitsbewegung ist Byron in Griechenland bis heute bekannt und hoch angesehen. Die nach dem Griechisch-Türkischen Krieg entstandene attische Gemeinde Vyronas wurde rund hundert Jahre nach dem Tod des Dichters nach ihm benannt[2].

Byrons Leichnam wurde einbalsamiert und per Schiff nach England überführt. Sein Grab befindet sich in der Church of St. Mary Magdalene in Hucknall, Nottingham, nahe Newstead Abbey.

1969 wurde im Poets’ Corner in der Londoner Westminster Abbey eine Gedenktafel für Byron angebracht.

Literarischer Stellenwert

Byrons Werke, die der englischen Spätromantik (sog. Schwarze Romantik oder Negative Romantik) zuzuordnen sind, sind geprägt von Ablehnung gegenüber althergebrachten Strukturen; seine Helden sind, vielleicht als Projektion oder Inszenierung seiner selbst, intelligent, mutig und leidenschaftlich, jedoch gleichermaßen rastlos, verletzlich und einsam, so dass ihnen letztlich Zufriedenheit und Glück versagt bleiben.

Byron schuf mit den Protagonisten seiner Werke eine archetypische Figur der Literatur: den „Byronic Hero“ (dt. Übersetzung mitunter: Byronscher Held), der die Leidenschaft der romantischen Künstlerpersönlichkeit mit dem Egoismus eines auf sich selbst fixierten Einzelgängers verbindet. Der „Byronic Hero“ ist ein Außenseiter und Rebell, dem es jedoch nicht um gesellschaftliche Veränderungen, sondern um die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse geht. Als Vorläufer des „Byronic Hero“ gilt die Figur Satans in John MiltonsParadise Lost“. Byron entwarf mit seinem Helden zugleich den Mythos um seine eigene Person und gehört damit zu den ersten Künstlern, die bewusst ein öffentliches Image pflegten.

Neben einer künstlerisch inspirierenden Freundschaft zu Shelley stand Byron unter anderem in Korrespondenz zu Goethe, dem er sein Werk Manfred als Antwort auf dessen Faust I widmete. Nach Byrons frühem Tod setzte Goethe diesem ein postumes Denkmal mit der Figur des Euphorion im Faust II. Heinrich Heine widmete Byron ein Gedicht (Eine starke, schwarze Barke). Byron übte auf den jungen Edgar Allan Poe großen Einfluss aus; Poe porträtierte ihn in seiner ersten Erzählung Die Verabredung.

Von Byron beeinflusst zeigte sich unter anderem der Maler William Turner und nicht zuletzt der als bedeutendster Schriftsteller Russlands geltende Alexander Puschkin. Der Byronsche Held wurde zum Vorläufer des Topos des „Überflüssigen Menschen“ in der russischen Literatur der 30er-50er Jahre des 19. Jahrhunderts, oft wird in den Werken dieser Zeit auf Lord Byron offen Bezug genommen.

Anekdoten

Von Byron stammt der Ausspruch: „Ich erwachte eines Morgens und fand mich berühmt.“ Im März 1812 erschien „Ritter Harolds Pilgerfahrt“, mit dem sein literarischer und gesellschaftlicher Ruhm begann. Er wurde dem Prinzregenten vorgestellt und hatte Aussicht, Poet Laureate zu werden. Die Aussicht auf diese Ehre versetzte ihn bei seiner freiheitlichen Denkart in Schrecken, und er äußerte zu Lord Holland: „Bedenken Sie! Das Geld, den Wein und – die Schande!“ Seine Gegner sahen darin eine Lästerung des Vaterlandes, das sie ihm von nun an zur Hölle machten, so dass er es für immer verließ.[3]

Werke (Auswahl)

1806 Fugitive Pieces
1807 Poems on Various Occasions, Hours of Idleness
1809 English Bards and Scotch Reviewers
1812 Childe Harold's Pilgrimage, Cantos 1–2
1813 The Giaour; The Bride of Abydos
1814 The Corsair; Lara; Ode to Napoleon Buonaparte
1815 Hebrew Melodies
1816 When in pain
1816 The Siege of Corinth; Parisina; Childe Harold's Pilgrimage, Canto 3; The Prisoner of Chillon
1817 Manfred
1818 Beppo; Childe Harold's Pilgrimage, Canto 4
1819 Mazeppa, Don Juan, Cantos 1–2
1821 Marino Faliero, Don Juan, Cantos 3–5; Cain; The Two Foscari; Sardanapalus
1822 Vision of Judgement
1823 Don Juan, Cantos 6–14
1824 Don Juan, Cantos 15–16

Literatur

  • T. J. Wise, A Bibliography of the Writings in Verse and Prose of George Gordon Noel, Baron Byron, 2 vols (Privatdruck 1933, repr. London, 1962 und 1972).
  • Leslie A. Marchand, Byron: A Biography. 3 vols. (New York: Knopf, 1957).
  • The Works of Lord Byron. Eds Ernest Hartley Coleridge und R. E. Prothero. 13 vols (London, 1898-1904; repr. New York, 1966).
  • Lord Byron: The Complete Poetical Works. Ed. Jerome J. McGann. 7 vols. (Oxford: Clarendon Press, 1980-1991).
  • William H. Marshall, The Structure of Byron's Major Poems (Philadelphia and Oxford University Press 1962; repr. 1974).
  • Leslie A. Marchand, Byron's Poetry. A Critical Introduction (Boston: Houghton Mifflin, 1965).
  • Frederick L. Beaty, Byron the Satirist (DeKalb: Northern Illinois University Press, 1985).


Biographien

  • Benita Eisler: Byron - Der Held im Kostüm, Blessing, 1999. ISBN 3-89667-082-4
  • André Maurois: Don Juan oder das Leben Lord Byrons: eine Biographie, Piper, 1990. ISBN 3-492-11210-2
  • Hartmut Müller: Byron, Rowohlt, 1992, ISBN 3-499-50297-6

Romane über Byron

  • Kasimir Edschmid: Lord Byron, P. Zsolnay 1929. (Roman)
  • Tom Holland: Der Vampyr, Econ, 1996. ISBN 3-612-27200-4 Inspiriert von Polidoris Erzählung wird Byron als Vampir dargestellt
  • Reinhard Kaiser: Der kalte Sommer des Dr. Polidori, Frankfurter Verlagsanstalt 1991. ISBN 3-627-10200-2 (Roman)
  • Tanja Kinkel: Wahnsinn, der das Herz zerfrisst, Goldmann 1990. ISBN 3-442-09729-0 (Mischung von Biographie und Fiktion)
  • Tim Powers: Die kalte Braut, Heyne 1991. ISBN 3-453-05031-2 (mit dem Philip K. Dick Memorial Award ausgezeichneter Fantasy-Roman unter Verwendung realer Lebensdaten)

Filme

  • „Vom sündigen Poeten“, GB 1949
  • Gothic“, GB 1986
  • „Roger Cormans Frankenstein“, USA 1990
  • „Highlander - Das Leben der Bohème“, Originaltitel:„The Modern Prometheus“ Folge 105 der Fernsehserie Highlander USA 1997
  • „Haunted summer“ (Variante in deutscher Sprache: „Schwarzer Sommer“), USA 1988

Musik

Klassische Musik

  • Hector Berlioz schrieb 1834 die Sinfonie mit konzertanter Viola Harold en Italie, die von Byrons Childe Harold's Pilgrimage inspiriert wurde.
  • Giuseppe Verdis 1845 uraufgeführte Oper I due Foscari auf ein Libretto von Francesco Maria Piave basiert auf Byrons Drama The two Foscari.
  • Verdis 1848 uraufgeführte Oper Il corsaro, wieder auf ein Libretto von Francesco Maria Piave, beruht auf Byrons dramatischem Gedicht The Corsair.
  • Tschaikowski: Manfred-Sinfonie op. 58
  • Schumann: Manfred, Schauspielmusik

Andere Musikrichtungen

  • „Byronic Man“ - Cradle of Filth (Thornography), ein Lied aus der Sicht des „byronschen Helden“ geschrieben, dass sich teilweise auf die Biographie Lord Byrons bezieht.
  • „Go No More A-Roving“ - Leonard Cohen, auf seinem 2004er Album „Dear Heather“ befindet sich eine musikalische Interpretation des gleichnamigen Gedichts von Byron.
  • „Vor der Zeit“ - Schiller, auf ihrem Album „Sehnsucht“ liest Ben Becker das Gedicht zu einer musikalischen Interpretation des Gedichtes.
  • „Dark Lochnagar“ - Vertonung des gleichnamigen Byron-Gedichtes durch die Band Green Highland auf dem Album „Farewell to a Friend“. 2007
  • „Lord Byron Blues“ - Le London All Star (u.A. Jimmy Page), auf dem Album „British Percussion“.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://books.google.de/books?id=PO1U7__SGkcC&pg=PA211&dq=Byron+%2223.+April%22+1816&lr=&sig=ACfU3U2OSy3oV6v5h1bka1KgOy8-fWPE8g
  2. Homepage der Gemeinde Vyronas ([1])
  3. Aus: Büring, Wilhelm (Hrsg.): Das goldene Buch der Anekdoten. Kleine Charakterbilder aus dem Leben berühmter Männer und Frauen aller Zeiten. Leipzig: Hesse & Becker o.J.

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