Geringfügige Beschäftigung

Geringfügige Beschäftigung

Eine geringfügige Beschäftigung (auch „Minijob“ oder „400-Euro-Job“ genannt) ist nach deutschem Sozialversicherungsrecht ein Beschäftigungsverhältnis mit einer geringen absoluten Höhe des Arbeitsentgelts (geringfügig entlohnte Beschäftigung) oder ein Beschäftigungsverhältnis von kurzer Dauer (kurzfristige Beschäftigung). Ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis ist sozialversicherungsfrei, auch im Lohnsteuerrecht gibt es Besonderheiten.

Im März 2009 gab es in Deutschland etwa 4,9 Millionen ausschließlich geringfügig Beschäftigte (siehe Statistik).

Inhaltsverzeichnis

Sozialversicherungsrecht

Grundsätzlich müssen alle geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (wie andere Beschäftigungsverhältnisse) der Sozialversicherung gemeldet werden. Für die Einstufung und Behandlung der Beschäftigungsverhältnisse gibt es aber zahlreiche besondere Regelungen.

Geringfügig entlohnte Beschäftigung

Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung liegt nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht überschreitet. Die wöchentliche Arbeitszeit und die Anzahl der monatlichen Arbeitseinsätze sind dabei unerheblich.[1] Ein solches Beschäftigungsverhältnis ist versicherungsfrei in der gesetzlichen Sozialversicherung. Das gilt nicht, wenn zwei oder mehrere geringfügige Beschäftigungsverhältnisse bestehen und das Entgelt hieraus insgesamt mehr als 400 Euro beträgt. Für die versicherungsfreien geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnisse muss der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen trotz der Versicherungsfreiheit Pauschalbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zahlen.

Um das regelmäßige Arbeitsentgelt zu ermitteln, wird in einer vorausschauenden Betrachtung das Arbeitsentgelt eines Zeitjahres zugrunde gelegt, oder, wenn das Beschäftigungsverhältnis kürzer ist, dessen Dauer. Das monatliche Entgelt für diesen Zeitraum darf im Durchschnitt 400 Euro nicht überschreiten.[2]

Das Arbeitsentgelt aus einer geringfügig entlohnten Beschäftigung ist nicht steuerfrei, der Arbeitgeber kann aber unter Verzicht auf die Vorlage einer Lohnsteuerkarte die Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern (einheitliche Pauschsteuer) mit einem einheitlichen Pauschsteuersatz von 2 Prozent des Arbeitsentgelts erheben (§ 40a Abs. 2 Einkommensteuergesetz).

Vor 1999

Bis 1999 war ein Arbeitsverhältnis geringfügig, wenn die regelmäßige Wochenarbeitszeit unter 15 Stunden und das Arbeitsentgelt monatlich ein Siebtel der Bezugsgröße (Durchschnittsverdienst aller in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Arbeitnehmer) nicht überstieg („Geringfügigkeitsgrenze“ 1996 = DM 590 West, DM 500 Ost), oder wenn der zeitliche Umfang der Beschäftigung innerhalb eines Jahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt war.

Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer zahlten Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung, lag das Entgelt unterhalb der „Geringfügigkeitsgrenze“ von 630 DM. Daher ergab sich für den Beschäftigten kein Anspruch gegenüber der Sozialversicherung. Unterhalb der etwas höheren „Geringverdienergrenze“ zahlte nur der Arbeitgeber Sozialbeiträge. Mehrere geringfügige Arbeitsverhältnisse waren zusammenzurechnen, so dass dann diese Grenzen überschritten wurden und keine geringfügige Beschäftigung mehr vorlag.

Geringfügig Beschäftigte waren arbeitsrechtlich den „normalen“ Beschäftigten gleichgestellt. Geringfügige Nebenbeschäftigungen waren bis zu einer bestimmten Höhe sozialbeitragsfrei. Mehrere geringfügige Beschäftigungsverhältnisse wurden zusammengerechnet, so dass so die Eigenschaft der Geringfügigkeit verloren gehen konnte.

Ab 1999

Zwischen dem 1. April 1999 und dem 31. März 2003 galt:

  • Die Geringfügigkeitsgrenze für geringfügig entlohnte Beschäftigung wurde einheitlich für West- und Ostdeutschland bei 325,00 € festgelegt, wurde nicht der allgemeinen Lohnentwicklung angepasst und erlaubte eine Beschäftigung von unter 15 Stunden wöchentlich.
  • Die Mini-Jobs wurden in Teilen sozialversicherungspflichtig: Der Arbeitgeber zahlte pauschale Sozialversicherungsbeiträge von 22 % des Bruttoentgelts.
10 % Krankenversicherung
12 % gesetzliche Rentenversicherung (GRV)

Hieraus ergaben sich in der GRV entsprechend geringe Anwartschaften und eine anteilige Anrechnung der Wartezeit, allerdings keine vollen Leistungsansprüche, die Rehabilitationsleistungen sowie Schutz bei Erwerbsunfähigkeit eingeschlossen hätten. Die Beschäftigten hatten jedoch die Option, ihre Beiträge auf den regulären, für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geltenden Satz in der Rentenversicherung aufzustocken und damit die vollen Ansprüche zu erwerben. Hierfür mussten sie rund 8 % des Bruttolohns aufwenden. In die Arbeitslosenversicherung ist die geringfügige Teilzeitarbeit nicht einbezogen.

  • Geringfügig entlohnte Nebenbeschäftigungen wurden vollständig sozialversicherungs- und steuerpflichtig.
  • Die Einkommen aus der geringfügig entlohnten Beschäftigung waren individuell gemäß Lohnsteuerkarte zu versteuern. Bei Verheirateten allerdings blieben die Einkünfte anrechnungsfrei und wurden in der gemeinsamen Steuerveranlagung nicht berücksichtigt, wenn dieser Ehepartner ausschließlich geringfügig beschäftigt war. Verbunden mit den Splitting-Vorteilen ergab sich eine besondere Förderung dieser Beschäftigungsform aufgrund des Ehestatus. Als dritte Möglichkeit gab es optional die Pauschalbesteuerung mit 20 Prozent.

Ab 1. April 2003

Die geringfügige Beschäftigung ist mit Hartz II mit Wirkung ab 1. April 2003 neu geregelt worden.

  • Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400,00 € nicht übersteigt.
  • Die Begrenzung auf weniger als 15 Wochenstunden entfällt.[3]
  • Neu eingeführt wurde die Gleitzone für Beschäftigungsverhältnisse mit einem Arbeitsentgelt zwischen 400,01 EUR und 800 EUR, auch Midi-Job genannt. In der Gleitzone steigt der Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung mit der Höhe des Entgelts allmählich an, bis er bei 800 € die volle Höhe erreicht. Die Arbeitgeber zahlen die Differenz zum Gesamtbeitrag.
  • Der Arbeitgeber hatte für geringfügig Entlohnte, die in dieser Beschäftigung versicherungsfrei oder nicht versicherungspflichtig waren, folgende Pauschalabgaben zu leisten:
11 % Krankenversicherungspauschale, die kein eigenständiges Versicherungsverhältnis für den Arbeitnehmer in der GKV begründet.
12 % gesetzliche Rentenversicherungspauschale; sie begründet erhöhte Ansprüche auf Rente, aber keine vollen Ansprüche etwa auf Reha oder Erwerbsunfähigkeitsrente.
2 % Pauschale für Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag
= 25,00 % insgesamt

Wird eine geringfügige Beschäftigung in einem Privathaushalt ausgeübt (Haushaltsnahes Beschäftigungsverhältnis), gelten folgende Pauschalabgaben:

5 % Krankenversicherungspauschale
5 % Rentenversicherungspauschale
2 % Pauschale für Lohnsteuer, Kirchensteuer u. Solidaritätszuschlag
0,6 % Umlage nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz
0,07 % Umlage U2
1,6 % Beiträge zur Unfallversicherung
= 14,27 % insgesamt

Die Pauschalabgaben sind vom Arbeitgeber zu tragen, so dass der Arbeitnehmer sein Arbeitsentgelt „brutto für netto“ erhält. Die gesetzlichen Regelungen schließen eine Abwälzung der Pauschalsteuer auf den Arbeitnehmer jedoch nicht aus[4]:

Für die Anmeldung einer Aushilfe sind weitere Angaben wie z.B. Rentenversicherungsnummer, Geburtsort, -datum und -name erforderlich. Bei Arbeitnehmern, die eine geringfügige Beschäftigung ausüben und in dieser Beschäftigung versicherungspflichtig sind, weil sie nach § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI auf die Versicherungsfreiheit verzichtet haben, ist beitragspflichtige Einnahme das Arbeitsentgelt, mindestens jedoch der Betrag in Höhe von 155 Euro (§ 163 Abs. 8 SGB VI). Die Pauschalabgaben muss der Arbeitgeber an die zentrale Einzugstelle, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Minijob-Zentrale), zahlen. Diese teilt dann den Pauschalbeitrag auf die einzelnen Versicherungszweige und die Steuern auf.

Für die Anmeldung und Zahlung der Beiträge gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Für den unternehmerischen Arbeitgeber ist im Regelfall – insbesondere bei schwankendem Lohn – ein monatlicher Beitragsnachweis zu erstellen, wobei die Zahlung durch Scheck, Banküberweisung oder Lastschrifteinzug erfolgt.
  • Für den „Privathaushalt“ als Arbeitgeber gilt das sogenannte Haushaltsscheck-Verfahren. Dabei werden jeweils zum 15. Januar und 15. Juli die Beiträge des vergangenen Halbjahres durch die Bundesknappschaft eingezogen.

Für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wie auch für den Urlaubsanspruch gelten die gleichen Regelungen wie für normale Arbeitsverhältnisse.

Ab 1. Juli 2006

13 % Krankenversicherungspauschale (entfällt bei privat krankenversicherten Minijobbern)
15 % gesetzliche Rentenversicherungspauschale
2 % Pauschale für Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag
0,6 % Umlage U1 (Aufwendungsersatz für Entgeltfortzahlung bei Krankheit) nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (§ 1 Abs. 1)
0,07 % Umlage U2 (Aufwendungsersatz bei Mutterschaft und Beschäftigungsverboten während der Schwangerschaft) nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (§ 1 Abs. 2)
0,10 % Umlage INSO (Insolvenzgeldumlage) nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (§ 358 - § 362)
= 30,77 % insgesamt (17,77 % bei privat krankenversicherten Minijobbern)

Ab 1. Januar 2009

Seit Januar 2009 gelten geänderte Sätze für die Umlagen U1 und U2 von 0,6  % bzw. 0,07 % sowie für die Umlage U3 von 0,1 %, ab 1. Januar 2010 von 0,41 % , ab 1. Januar 2011 von 0,00 % . Die Umlage U3 wird seit 2009 nicht mehr an die Unfallversicherungsträger, sondern an die Minijob-Zentrale abgeführt. Sie ist nicht von Privathaushalten als Arbeitgeber abzuführen (§ 358 Abs. 1 Satz 2 SGB III).

Dazu kommen Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung, deren Höhe von der Branche des Betriebes abhängig ist. Der Beitragssatz für geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten beträgt 1,6 % des jeweiligen Arbeitsentgelts (§ 185 Abs. 4 Satz 3 SGB VII).

Auswirkung Kranken- und Rentenversicherung

Die pauschalen Beiträge der Arbeitgeber an die Krankenversicherung begründen für den geringfügig Beschäftigten kein Versicherungsverhältnis. Eine kostenlose Versicherung im Rahmen der Familienversicherung ist aber in der Regel möglich, wenn der geringfügig Beschäftigte kein weiteres Einkommen erzielt.

Aus der geringfügigen Beschäftigung folgt keine Versicherung in der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die pauschalen Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung werden aber dem Rentenkonto des Arbeitnehmers gutgeschrieben. Auf die Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung kann der Beschäftigte freiwillig durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber mit Wirkung für die Zukunft verzichten (§ 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Er muss dann den Rentenversicherungsbeitrag des Arbeitgebers von 15% auf den regulären Beitragssatz von 19,9% (Stand 2009) aufstocken (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 b SGB VI). Die zusätzlichen 4,9 Beitragspunkte werden vom Bruttolohn des Arbeitnehmers einbehalten. Der Verzicht ist für die Dauer der Beschäftigung bindend. Der Arbeitgeber muss den Beschäftigten auf die Möglichkeit der Aufstockung hinweisen. Auf die Versicherungsfreiheit verzichten ca. 4,2 % der Mini-Jobber (Stand: September 2008)[5]. Mit der Aufstockung des Rentenbeitrags sind u.a. folgende Vorteile verbunden:

  • Es können damit die Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt werden, die nur geleistet wird, wenn der Versicherte insgesamt 60 Beitragsmonate vorweisen kann und wenn zusätzlich in den letzten 5 Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung gezahlt wurden. Auch können Kuren übernommen werden.
  • Die versicherten Minijobzeiten werden voll auf die allgemeine Wartezeit angerechnet. Das ist vor allem wichtig, wenn diese Wartezeit von 5 Jahren für die Regelaltersrente noch nicht erfüllt ist.
  • Die geringfügig beschäftigte Person wird Riester-förderberechtigt.
  • Die monatliche Rente steigt pro vollem Jahr (4.800,00 € Jahresentgelt) um ca. 4,28 €; ohne Aufstockung beträgt die Steigerung nur 3,22 €. Diese Werte gelten für 2008.

Kurzfristige Beschäftigung

Eine kurzfristige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV liegt vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt

Man geht vom 2-Monats-Zeitraum aus, wenn die Beschäftigung an mindestens 5 Tagen pro Woche ausgeübt wird. Bei Beschäftigungen von regelmäßig weniger als 5 Tagen pro Woche geht man bei der Prüfung der Kurzfristigkeit von 50 Arbeitstagen aus.

Bei einer kurzfristigen Beschäftigung sind grundsätzlich keine Sozialabgaben zu leisten, jedoch sind die Umlagen U1, U2 sowie Insolvenzgeldumlage abzuführen. Außerdem ist das Arbeitsentgelt zu versteuern, entweder pauschal oder entsprechend den Angaben auf der Lohnsteuerkarte.

Bei der Beurteilung, ob Sozialabgabenfreiheit besteht, werden alle kurzfristigen Beschäftigungen eines Kalenderjahres zusammengezählt. Wird innerhalb einer kurzfristigen Beschäftigung beschlossen, eine der zeitlichen Grenzen in Zukunft zu überschreiten, wird diese Beschäftigung sozialabgabenpflichtig nicht erst ab dem Überschreiten des Zeitlimits, sondern ab dem Beschluss. Wird also nach 40 geleisteten Arbeitstagen die 50-Tage-Befristung aufgehoben, so tritt ab dem 41. Tag Sozialversicherungspflicht ein.

Achtung: Die Tätigkeit darf nicht berufsmäßig ausgeübt werden, sofern das Entgelt über 400 Euro liegt. Berufsmäßigkeit liegt unter anderem vor, wenn der Arbeitende das Geld für seinen Lebensunterhalt benötigt. Hier eine nicht vollständige Aufzählung:

  • berufsmäßig
  • nicht berufsmäßig
    • normaler Arbeitnehmer, der zusätzlich eine kurzfristige Beschäftigung ausübt
    • Personen, die nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind
    • Schüler während der Schulzeit
    • Studenten während des Studiums

Arbeitsentgelt

Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Entgeltbestandteile, die für Entgeltumwandlung nach dem Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung verwendet werden, sind nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie 4 Prozent Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen[6]. Steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 des Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen gelten nicht als Arbeitsentgelt.

Steuerrecht

Pauschale für Lohnsteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag

Bis 31. März 2003

Besteuerung nach Lohnsteuerkarte oder Pauschalbesteuerung mit einem Satz von 20 Prozent.

Ab 1. April 2003

Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern mit einem Pauschalsteuersatz von 2 % des Arbeitsentgelts erheben (einheitliche Pauschalsteuer), wenn er Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nr. 1b oder 1c („versicherungspflichtig geringfügig Beschäftigte“) oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a („versicherungsfrei geringfügig Beschäftigte“) SGB VI entrichtet. Mit dem Pauschalsteuersatz ist auch der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer abgegolten.

Hat der Arbeitgeber keine Beiträge nach § 168 Abs. 1 Nr. 1b oder 1c oder nach § 172 Abs. 3 oder 3a SGB VI zu entrichten, kann er die Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz von 20 % erheben.

Quelle: (§ 40a EStG)

Lohnsteuer nach Lohnsteuerkarte

Legt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine Lohnsteuerkarte vor, ist der Lohnsteuerabzug nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte vorzunehmen.

Steuerpflicht

Wenn der Arbeitgeber die Pauschalsteuer von 2% gezahlt hat, wird das Arbeitsentgelt beim Arbeitnehmer steuerlich nicht mehr erfasst. Die Einkünfte aus dem Minijob unterliegen dann auch nicht dem Progressionsvorbehalt.

Statistik

Im März 2009 zählte die Bundesagentur für Arbeit in Deutschland etwa 4,9 Millionen ausschließlich geringfügig Beschäftigte; diese Zahl hat sich seit Ende 2005 (also in etwa seit Inkrafttreten des Hartz-IV-Gesetzes) kaum verändert. Hinzu kamen im März 2009 rund 2,25 Millionen geringfügig Beschäftigte im Nebenjob. Frauen sind bei den geringfügig Beschäftigten stärker vertreten als Männer; je nach Region sind bis zu zwei Drittel der Geringverdienenden Frauen.[7]

Kritik und Reformvorschläge

In einer von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichten Studie wird hervorgehoben, dass das deutsche Sozialabgaben- und Steuersystem durch die Behandlung der Mini-Jobs vor allem das Zuverdienermodell mit gering zuverdienender Ehefrau fördert. Aus diesem Grunde wird als Ergebnis dieser Studie die Umwandlung der bisherigen Freigrenze von 400 Euro in einen nicht übertragbaren Freibetrag gleicher Höhe verlangt.[8][9]

Der 68. Deutsche Juristentag beschäftigte sich im September 2010 unter dem Stichwort "atypische Beschäftigungsverhältnisse" auch mit der abgabenrechtlichen Privilegierung der geringfügigen Beschäftigung und forderte deren Abschaffung[10]. Bereits der Gutachter Raimund Waltermann[11] wie auch die Refenten forderten dies zuvor unter Hinweis darauf, dass die geringfügige Beschäftigung die Normalarbeitsverhältnisse zurückdränge. Dies habe auch zur Folge, dass keine ausreichenden Ansprüche auf Altersversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung entstünden. Die Folge sei "gravierende Altersarmut"[12].

Geringfügige Beschäftigung in Österreich

Ein Beschäftigungsverhältnis gilt dann als geringfügig, wenn das gebührende Entgelt 374,02 Euro (Stand: 1. Januar 2011) im Monat nicht übersteigt. Dieser Wert unterliegt einer jährlichen Anpassung.

Geringfügig Beschäftigte sind (nur) unfallversichert, können sich aber günstig freiwillig kranken- und pensionsversichern. Da die Unfallversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber zu entrichten sind, bedeutet das für den Arbeitnehmer, dass auf dem Lohnzettel der Nettolohn dem Bruttolohn entspricht.

Sobald ein Arbeitnehmer durch mehrere Dienstverhältnisse die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, wird er voll versicherungspflichtig, ist also auch in der Kranken- und Pensionsversicherung pflichtversichert. Ist der Beschäftigte als Arbeiter angemeldet, beträgt die Höhe der Abgaben 18,20%, als Angestellter fallen 18,07% an Abgaben vom Bruttolohn an. Eine Mischung der Dienstverhältnisse ist jedoch möglich. So kann man in einem Monat steuerfrei hinzuverdienen sofern man unter der Geringfügigkeitsgrenze bleibt und im nächsten Monat in das Teilzeitverhältnis wechseln, hier jedoch mit den Sozialabgaben von 18,07 bzw 18,2%. Im Gegensatz zum deutschen System wird der Verdienst nicht auf das gesamte Jahr angerechnet, sondern für jeden Monat einzeln, sodass man jeden Monat, in dem man die Grenze überschritten hat, Abgaben zu entrichten hat, auch wenn man unter der Jahressumme von 12-mal der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze bleibt.

Geringfügige Beschäftigung in Belgien

In Belgien gibt es keine versicherungsfreien Mini-Jobs wie in Deutschland oder etwas Vergleichbares. In Belgien gibt es gesetzlich garantierte Mindestlöhne und eine gesetzliche Versicherungspflicht für jeden Arbeitnehmer und Selbständigen. Da aber nicht jeder Mensch eine Vollzeitbeschäftigung annehmen möchte, gibt es die Regel, dass jede Beschäftigung mit mindestens 13 Stunden pro Woche zum Mindestlohn oder höher versichert werden muss. Auf diese Weise bekommt in Belgien jede Person eine Absicherung durch die gesetzliche Sozialversicherung.

Zur Verhinderung von "Schwarzarbeit" bzw. illegaler Beschäftigung in Privathaushalten und Kleingewerbetrieben gibt es für Dienstleistungen in diesen Sektoren sogenannte "Dienstleistungs- und Haushaltsschecks". Diese Schecks kann jede Person bei den gesetzlichen Krankenkassen erwerben, um sie an Beschäftigte im Haushalt oder Kleingewerbe weiterzugeben. Diese Schecks kosten zurzeit 6,80 € und werden in jedem Geschäft und auf jeder Behörde in Belgien zu einem Wert von 5,00 € in Zahlung genommen. Mit der Bezahlung durch diese Schecks sind sämtliche Steuern und Sozialabgaben bezahlt, und sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer sind völlig im legalen Bereich. Die Abgabe der Schecks ist nicht limitiert.

Siehe auch

Zitatnachweise, Fußnoten, Quellen

  1. Geringfügigkeits-Richtlinien, B. 2.2
  2. Geringfügigkeits-Richtlinien vom 14. Oktober 2009, Seite 24
  3. Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung
  4. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 1. Februar 2006, 5 AZR 628/04
  5. Bericht der Minijob-Zentrale
  6. Geringsfügigkeitsrichtlinien, Punkt 2.2.1.7
  7. Statistik-Datenbank der Arbeitsagentur
  8. Nikolaus Hammerschmidt: Familie oder Beruf: Deutscher Fiskus bremst Frauenkarrieren aus. Financial Times Deutschland, abgerufen am 28. November 2010.
  9. Bertelsmann-Studie: Sackgasse Minijob. 26. November 2010, abgerufen am 28. November 2010.
  10. Beschlüsse der Abteilung Arbeits- und Sozialrecht, http://www.lto.de/media/mediadaten_lto/recht_aktuell/djt_2010/finale_beschluesse/beschluesse_arbeitsrecht_final.pdf
  11. Bericht über Gutachten, http://www.manager-magazin.de/politik/artikel/0,2828,719253,00.html
  12. These 13 zum Referat Wolfhardt Kohte

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