Geschichte Britanniens

Geschichte Britanniens
Straßen, Städte und Befestigungen der Römer in Großbritannien

Es ist nur wenig über die Zeit des vorrömischen keltischen Britanniens bekannt. Römische Geschichtsschreiber berichten, dass vor Caesars (mehr oder weniger gescheiterten) Feldzügen nach Britannien nur wenige Kaufleute die Überfahrt von Gallien nach Britannien über den Ärmelkanal wagten. In Tacitus’ Werk Agricola werden die römischen Eroberungsfeldzüge in Britannien zum Teil scharf kritisiert. Die Provinz ging in der Spätantike zu Beginn des 5. Jahrhunderts verloren bzw. wurde faktisch aufgegeben.

Bereits vor den Kelten gab es in Britannien fortgeschrittene Kulturen, die Steinmonumente errichteten, zum Beispiel in Wiltshire.

Siehe auch: Großbritannien in prähistorischer Zeit

Inhaltsverzeichnis

Daten zur römisch-britannischen Geschichte

  • 55 v. Chr. – Cäsars 1. Feldzug nach Britannien
  • 54 v. Chr. – Caesars 2. Feldzug nach Britannien
  • 43 n. Chr. – Britannienfeldzug des Aulus Plautius: 20.000 Soldaten setzen nach Britannien über (während der Regentschaft des römischen Kaisers Claudius). Britannien wird römisch.
  • 44 – Aulus Plautius versucht den Rest der Insel zu unterwerfen. (Er hatte nur ungenaue Vorstellungen von der Größe der Insel.)
  • 47 – Publius Ostorius Scapula folgt Aulus Plautius als Statthalter.
  • 60 – Gnaeus Iulius Agricola erhält sein erstes Kommando in Britannien.
  • 60/61 – Boudicca, Witwe eines keltischen Königs, wagt einen Aufstand gegen die Römer, nachdem diese vertragswidrig militärisch gegen ihre Töchter vorgegangen waren. Sie zerstört den römischen Verwaltungssitz Camulodunum und plündert London und Verulamium. Nach Tacitus werden 70.000 Römer erschlagen, bevor sie die entscheidende Schlacht verliert und anschließend Selbstmord begeht.
  • 62–69 – erfolgreiche Romanisierung Südbritanniens durch die Statthalter Petronius Turpilianus und Trebellius Maximus
  • 78–84 (vermutlich) – Statthalterschaft Agricolas
  • 78 – Der römische Statthalter Agricola führt Krieg im Norden der römischen Provinz Britannien.
  • 117 – Hadrian wird römischer Kaiser und veranlasst bald darauf den Bau des Hadrianswalles, um die Barbaren von den Römern zu trennen. Unter seinem Nachfolger Antoninus Pius wird die römische Grenze um 150 zeitweilig nach Norden verschoben
  • irgendwann nach 211 – Die römischen Truppen am Hadrianswall werden großteils durch irreguläre einheimische Truppen ersetzt.
  • 287 – Carausius ernennt sich zum Herrscher Britanniens. Der Caesar Constantius Chlorus erobert die Insel einige Jahre später zurück.
  • ab 300 – sächsische Piraten suchen Britanniens Küsten heim.
  • 407 – Abzug vieler römischer Truppenteile unter dem Usurpator Konstantin III.
  • 410 – Der weströmische Kaiser Honorius erklärt den römischen Britanniern, sie müssten sich in Zukunft selbst verteidigen, und zieht die letzten regulären Truppen ab. Während der folgenden Jahrzehnte kommt das römische Leben auf der Insel weitgehend zum Erliegen.
  • um 440 – Der römische magister militum Aëtius unterhält Beziehungen zu den verbliebenen Römern in Britannien, lehnt aber militärische Hilfe ab. Wohl wenig später rufen die letzten römischen civitates Angelsachsen als foederati ins Land, doch kommt es bald zu einer Rebellion.

Erster Feldzug Caesars 55 v. Chr.

Im Jahr 55 v. Chr. landeten Julius Caesar und seine Legionen an der britischen Küste, vermutlich lediglich in der Absicht, eine Erkundung vorzunehmen. Während des Feldzugs in Gallien (Gallischer Krieg) war deutlich geworden, dass die Gallier Unterstützung aus Britannien erhielten. Gegen Ende des Sommers kam Caesar zur Auffassung, dass es sinnvoll wäre, zuverlässige Informationen über Land und Leute auf der Insel zu bekommen, zumal die Gallier (aber auch die reisenden Händler) diesbezüglich wenig hilfreich waren. Anfangs sandte er Gaius Volusenus mit einem Kriegsschiff aus, um die Küste zu erforschen, während er gleichzeitig eine Flotte zusammenstellte (und den Aufstand der gallischen Moriner unterdrückte). Innerhalb weniger Tage wurden britische Gesandte bei ihm vorstellig, die versprachen, Geiseln zu stellen und die Römer zu unterstützen. Er empfing sie wohlwollend und sandte sie zurück mit dem Atrebaten Commius, dem er einen gewissen Einfluss in Britannien zutraute.

Caesars Flotte bestand aus rund 80 Truppentransportern, 18 Transportschiffen für die Kavallerie, aber auch Kriegsschiffen. Die Flotte segelte nach Britannien, legte aber nicht sofort an, da britische Streitkräfte von den Hügeln an der Küste aus die Strände kontrollierten und die Ankunft seiner Kavallerie sich verzögert hatte. Nachdem die Römer einige Stunden vor Anker gewartet hatten, segelten sie sieben Meilen weiter zu einem offenen Anlegeplatz. Die Briten unter der Führung von Cassivelaunus waren mit ihren Reitern und Streitwagen in der Lage, der Flotte zu folgen, sodass sie beim Landungsversuch sofort angreifen konnten. Trotz der nachteiligen Situation gelang es den Römern, die Briten mit Hilfe von brennenden Pfeilen, die von den Kriegsschiffen abgeschossen wurden, zurückzudrängen. Die Römer richteten ein Feldlager ein, empfingen erneut Gesandte, von denen Caesar die Überstellung von Geiseln forderte, und trafen auch wieder auf Commius, der bei seiner Ankunft in Britannien festgesetzt worden war. Caesar forderte die Briten auf, Geiseln zu stellen, obwohl seine Kavallerie wegen eines Sturms nach Gallien zurückkehren musste und viele seiner Schiffe bei der Landung beschädigt worden waren.

Die Briten hingegen überfielen eine der Legionen, als die in der Nähe des Lagers Nahrungsmittel beschaffte, indem sie eine Form von Reiterattacke unternahmen, die den Römern neu war. Die Legion wurde jedoch von den übrigen römischen Kräften ersetzt, die die Briten erneut vertrieben. Nach einigen Tagen ohne Kampf aufgrund eines Sturms gruppierten sich die Briten mit weiteren Kräften erneut, wurden aber beim Angriff auf die Römer ein weiteres Mal geschlagen, wobei sie auf dem Rückzug eine große Zahl von Kriegern verloren. Erneut schickten die Briten Botschafter aus, Caesar verdoppelte die Zahl der geforderten Geiseln, die mit nach Gallien genommen werden sollten, worauf aber wohl nur zwei Stämme eingingen. Kurz vor der Tagundnachtgleiche kehrten die Römer nach Gallien zurück.

Zweiter Feldzug Caesars 54 v. Chr.

Im Jahr 54 v. Chr. kehrte Caesar mit einer größeren Armee zurück. Männer aus allen sozialen Schichten aus dem gesamten Römischen Reich beteiligten sich an der Expedition. Diese Invasion wurde ein größerer Erfolg als der vorangegangene Feldzug. Da dieser Feldzug aber auch kein Eroberungsfeldzug war, zogen sich die Römer mit dem Ende des Sommers wieder auf den Kontinent zurück. Tribut und Geiseln wurden Caesar angeboten, und die Invasion der britischen Insel durch Römer fast ein Jahrhundert hinausgeschoben – zumal Caesar sich jetzt auf den sich abzeichnenden Konflikt innerhalb des Ersten Triumvirats vorbereiten und die Eroberung und Unterwerfung Galliens zuvor abgeschlossen werden musste.

Aulus Plautius: Die Eroberung Britanniens 43 n.Chr.

Die Eroberung Britanniens geschah dann zur Zeit des Kaisers Claudius. Im Jahr 43 wurde Aulus Plautius als kommandierender General von vier Legionen mit der Invasion beauftragt; die vier Legionen waren:

also rund 20.000 Soldaten, dazu etwa die gleiche Anzahl von Hilfstruppen.

Als Ort der Landung wird Richborough im heutigen Kent im Südosten Englands vermutet; einige Archäologen haben dies in Frage gestellt und glauben, dass zumindest ein Teil der Kräfte über eine andere Route, zum Beispiel den Solent, gekommen sei. Die Hinweise auf Richborough sind dennoch überzeugend, und das große Feldlager aus der Zeit des Claudius, das dort gefunden wurde, deutet zumindest auf den Brückenkopf hin. Cassius Dios Beschreibung der Landschaft passt auch gut auf das östliche Kent. Eine zweite Armee landete vermutlich in Hampshire, um Verica zu unterstützen.

Der britische Widerstand wurde von den Söhnen des Königs Cunobelin (Cymbeline in William Shakespeares Schauspiel), Togodumnus und Caratacus angeführt. Eine größere britische Einheit traf auf die Römer an einer Furt, die im Medway in der Nähe von Rochester vermutet wird. Eine zweitägige Schlacht (Schlacht von Medway) tobte, in der die Briten schließlich bis zur Themse zurückgedrängt wurden. Die Römer verfolgten sie über den Fluss, wodurch die Briten weitere Männer in den Marschen von Essex verloren. Ob die Römer dabei eine bestehende Brücke nutzten, oder selbst eine Hilfsbrücke bauten, ist unsicher. Mindestens eine Division von batavischen Hilfstruppen schwamm als getrennte Einheit durch den Fluss.

Bei diesem Treffen starb Togodumnus, was die Briten genügend aufgestachelt zu haben scheint, um sich den Römern weiterhin entgegen zu stellen, was wiederum Aulus Plautius so verstörte, dass er nach dem Kaiser rief. Nach einem unentschiedenen Kriegsverlauf über rund zwei Monate traf Claudius zu einem kurzen Aufenthalt in Britannien ein, um sich persönlich um die Armee zu kümmern. Claudius attackierte und eroberte Cunobelinus’ Hauptstadt Camulodunum (Colchester), obwohl für Plautius seine strategischen Fähigkeiten gegenüber seinem moralischen Wert nachrangig war. Es wird gesagt, er habe Kriegselefanten und schwere Waffen mitgebracht, die jeden Widerstand der Briten im Keim erstickt hätten. Nach seiner Niederlage floh Caratacus in die walisischen Berge, um den Kampf von dort aus fortzusetzen. Elf südöstliche Britenstämme unterwarfen sich Claudius und die Römer bereiten sich darauf vor, weiter nach Westen und Norden zu ziehen. Sie richteten ihre Hauptstadt in Camulodunum ein und Claudius kehrte nach Rom zurück, um seinen Sieg zu feiern.

Der Abschluss der Eroberung

Vespasian zog mit einer Armee nach Westen, unterwarf die Stämme und eroberte die Orte auf seinem Weg, wobei er mindestens bis Exeter und vermutlich sogar bis Bodmin gelangte. Die Legio IX wurde nach Norden Richtung Lincoln gesandt. Es ist wahrscheinlich, dass innerhalb von vier Jahren das gesamte Gebiet südlich einer Linie vom Humber bis zum Severn unter römischer Kontrolle stand. Die Tatsache, dass die Römerstraße Fosse Way dieser Linie entspricht, hat manche Historiker zu der Vermutung gebracht, dass sie als Grenzweg in den ersten Jahren der Besetzung diente. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass die Grenze zwischen dem römischen und dem eisenzeitlichen Britannien in dieser Zeit wesentlich stärkeren Schwankungen unterworfen war.

Spät im Jahre 47 begann der neue Statthalter Britanniens, Publius Ostorius Scapula einen Feldzug gegen die Stämme in Kambrien (heute Wales) und dem Cheshire Gap. Die Silurer im südöstlichen Wales bereiteten Ostorius Probleme und verteidigten das walisische Grenzland erbittert. Caratacus selbst wurde in einer Schlacht erneut geschlagen und floh in die Pennines zu den Briganten, die bereits römische Klientel waren. Ihre Königin Cartimandua war nicht in der Lage (oder nicht willens), ihn in Anbetracht des Waffenstillstands mit den Römern zu beschützen, und lieferte ihn an die Invasoren aus. Ostorius starb und wurde durch Aulus Didius Gallus ersetzt, der die walisische Grenze unter Kontrolle brachte, aber nicht weiter nach Westen oder Norden vordrang, vielleicht weil Claudius einen sich lang hinziehenden Krieg für wenig Gewinn im gebirgigen britischen Hochland scheute.

Nero, der 54 Kaiser wurde, schien die Invasion weiterführen zu wollen. Er ernannte Quintus Veranius zum Statthalter, einen Mann, der in Asia Erfahrungen im Umgang mit widerspenstigen Bergstämmen gesammelt hatte. Veranius und sein Nachfolger Gaius Suetonius Paulinus starteten einen erfolgreichen Feldzug in Wales, bei dem im Jahr 60 das Zentrum der Druiden in Mona zerstört wurde. Die endgültige Besetzung von Wales wurde zurückgestellt, als der Aufstand der Icener und Trinovanten unter Königin Boudicca die Römer zwang, sich dem Südosten Englands zu widmen. Die Silurer wurden endgültig erst 76 unterworfen, als Sextus Julius Frontinus' langer Feldzug gegen sie erfolgreich wurde.

Nach der Niederschlagung Boudiccas wurde die Eroberung des Landes im Norden fortgesetzt. Jedoch erst nach langer Unsicherheit und militärischer Zurückhaltung der Römer. Der Historiker Sueton berichtet, dass die Ereignisse des Boudicca-Aufstandes Nero sogar zu der Überlegung veranlasst hätten, sich ganz aus Britannien zurückzuziehen. Die Politik der nachfolgenden Statthalter zielte vornehmlich auf eine Versöhnung mit den Rom-feindlichen Stämmen. Eine Beruhigung der Situation ist vor allem dem Statthalter Marcus Trebellius Maximus (63–69) zu verdanken.

Cartimandua sah sich gezwungen, römische Hilfe anzufordern, um einer Rebellion ihres Ehemannes Venutius zu begegnen. Quintus Petilius Cerialis führte seine Legionen von Lincoln bis nach Eboracum (York) und schlug um 70 Venutius bei Stanwick, was die bereits romanisierten Stämme der Briganten und Parisier noch näher an das Imperium band. Der neue Statthalter im Jahr 77 war der berühmte Gnaeus Iulius Agricola. Er vollendete die Unterwerfung der Ordovicer in Wales und führte seine Truppen dann die Penninen entlang nach Norden. Er nutzte die Gelegenheit, den Geländegewinn durch den Bau von Straßen zu sichern. Er ließ eine Festung in Chester bauen und wandte die Taktik an, lokale Stämme zu terrorisieren, bevor er ihnen Verhandlungen anbot. Im Jahr 80 hatte er den Fluss Tay erreicht, wo er die Festung Inchtuthil bauen ließ. Von hier aus stieß er nach Moray vor, wo er einen vernichtenden Sieg über die Kaledonische Konföderation in der Schlacht am Mons Graupius errang. Er befahl seiner Flotte, die Nordspitze Schottlands zu umsegeln, um zu beweisen, dass Britannien eine Insel ist, und um die Unterwerfung der Orkadier zu erreichen.

Hadrianswall

Agricola wurde von Domitian nach Rom zurückbeordert und scheint durch eine Serie von untauglichen Nachfolgern ersetzt worden zu sein, die nicht in der Lage oder nicht willens waren, die Unterwerfung des Nordens voranzutreiben. Es ist unerheblich, ob die Kosten eines langwierigen Kriegs die ökonomischen oder politischen Vorteile aufwog, oder ob es einträglicher war, die Kaledonier mit einer de-jure-Unterwerfung in Ruhe zu lassen.

Die Römer zogen sich 142 hinter die Flüsse Clyde und Forth zurück, als der Antoninuswall gebaut wurde, bevor sie sich wieder hinter den älteren und stärkeren Hadrianswall an der Linie Tyne-Solway Firth zurückzogen, der bereits 122 gebaut worden war. Das Wallsystem hielt nicht nur keltische Einfälle zurück, sondern erleichterte auch die Kontrolle über den Handel mit den dahinter liegenden Gebieten. Römische Truppen drangen dennoch mehrfach in den Norden des heutigen Schottland vor, darunter im Jahr 209, als Kaiser Septimius Severus die Kaledonische Konföderation schlug und ihre Unterwerfung annahm; der Kaiser starb kurz darauf in Eboracum (York). Der Grad, in dem die Römer mit der Insel Hibernia (Irland) zu tun hatten, ist weiterhin nicht geklärt.

Im klassischen römischen Stil bauten die Römer eine hoch effiziente Infrastruktur auf, um ihre militärische Eroberungen zu festigen, und erschlossen so Britannien, wobei der Grad der Romanisierung sehr unterschiedlich ausgeprägt war: Am stärksten war der römische Einfluss im Süden und Osten, wo auch die Urbanisierung stärker ausgeprägt war. Dort setzte sich die lateinische Sprache bis in die Schicht der Handwerker durch. Ab dem 2. Jahrhundert machte in diesen Regionen auch das Christentum die meisten Fortschritte. Wirtschaftlich waren die Römer vor allem an Zinn und Gold aus Britannien interessiert. Darüber hinaus brachten sie eine neue, im Wollertrag starke Schafrasse aus Kleinasien auf die Insel und legten damit den Grundstein für die britische Wollwirtschaft.

Verwaltung

Britannien war zunächst eine einzige römische Provinz, deren Hauptstadt Camulodunum, nach dem Aufstand der Boudicca Londinium war. Um 197 n. Chr. gab es eine Zweiteilung der Provinz in Britannia Superior mit der Hauptstadt Londinium und Britannia Inferior mit der Hauptstadt Eboracum. Eine weitere Teilung der Provinzen erfolgte unter Diokletian. Britannia Secunda ganz im Norden hatte die Hauptstadt Eboracum. Flavia Caesariensis lag etwa südwestlich davon und hatte Lindum Colonia als Hauptstadt. Britannia Prima im Westen hatte als Hauptstadt Corinium Dobunnorum, Maxima Caesariensis im Süden hatte die Hauptstadt Londinium. 369 kam schließlich noch die Provinz Valentia im Norden hinzu. Ihre Hauptstadt war Luguvallium (Carlisle).

Britannien war unterhalb der Provinzialverwaltung in verschiedene Bezirke, den Civitates unterteilt, daneben gab es noch Gebiete, die einen Militärstatus hatten und Gebiete, die einer Kolonie unterstanden.

Die Civitates

Die Kolonien waren Camulodunum, Glevum und Lindum Colonia. Gebiete unter Militärverwaltung waren große Teile des heutigen Wales und der Nordwesten der Provinz.

Spätantike und der Abzug der Römer

Gegen Ende des 3. Jahrhunderts war Britannien militärisch und wirtschaftlich ein Machtfaktor innerhalb des Römischen Reiches geworden. Im Jahr 287 gelang es Carausius, einem Gallier aus der Provinz Belgica, sich in Britannien zum Gegenkaiser ausrufen zu lassen. Carausius beanspruchte ein Sonderreich, bestehend aus Britannien und dem an den Kanal angrenzenden Teil Galliens. Constantius Chlorus, der nach der Teilung des Reiches durch Diokletian Caesar (Unterkaiser) und Adoptivsohn des westlichen Kaisers Maximian geworden war, erhielt im Jahre 293 im Rahmen der Tetrarchie Britannien und Gallien zugeteilt. Sofort schickte er sich an, mit Hilfe der Flotte die nordgallischen und die britannischen Provinzen zurückzugewinnen. Nach der Rückeroberung Gesoriacums, des heutigen Boulogne, durch Constantius wurde Carausius von Allectus ermordet. Dieser machte sich selbst zum Nachfolger des Usurpators und zog sich mit seinen fränkischen und sächsischen Truppen nach Britannien zurück, wo er von Constantius Chlorus und dessen Feldherrn, dem Prätorianerpräfekten Asclepiodotus in die Zange genommen und vernichtend geschlagen wurde. Constantius zog im Jahre 296 in Londinium (London), der Hauptstadt von Britannia Superior, ein und wurde von der Bevölkerung, die sich Frieden wünschte, offenbar begrüßt.

Die Verwaltungsreform des Kaisers Diokletian brachte eine weitere Aufteilung der Provinzen auf dem Gebiet Britanniens mit sich, die wahrscheinlich von Constantius Chlorus bei seinem Aufenthalt in Britannien eingeleitet wurde. Möglicherweise wurde zuerst eine Teilung der Provinz Britannia Superior in die Teile Britannia Prima und Britannia Caesariensis durchgeführt, Britannia Inferior wurde dadurch zu Britannia Secunda. Bald darauf dürfte jedoch die Provinz Britannia Caesariensis, welche ihren Beinamen vom Caesar Constantius Chlorus selbst erhalten hatte, nochmals geteilt worden sein. Jedenfalls verzeichnen spätere Listen neben Britannia Prima und Britannia Secunda auch noch die Provinzen Maxima Caesariensis und Flavia Caesariensis, welche wahrscheinlich nach Kaiser Maximian und seinem Caesar Constantius Chlorus, der eigentlich Flavius Valerius Constantius hieß, benannt wurden.

Ab dem 4. Jahrhundert wurde Britannien, das nun zusammen mit Gallien und Hispanien einem Prätorianerpräfekten unterstand, dem in spätrömischer Zeit höchsten Zivilbeamten, von Usurpationen heimgesucht: Constantius Chlorus zu Beginn des Jahrhunderts und Flavius Theodosius in den 60er Jahren stellten noch einmal erfolgreich die Ordnung auf der Insel her. Doch wurden nur wenige Jahrzehnte später die meisten Truppen abgezogen: Sie wurden auf dem Festland dringender gebraucht, wo 406/07 die Rheingrenze kollabiert war. Magnus Maximus hatte bereits 383 im Rahmen seiner Usurpation einen großen Teil der Truppen mit nach Gallien genommen - nach Ansicht einiger Historiker (z. B. G. Halsall) war er es, der die ersten angelsächsischen Föderaten auf der Insel ansiedelte, doch ist dies umstritten.

Historisch nachweisbar ist, dass der Abzug der regulären römischen Truppen aus Britannien kurz nach 400 offenbar fast abgeschlossen war. Die archäologischen Belege aus den letzten Jahren römischer Regierung zeigen unzweideutige Zeichen des Niedergangs. Das Leben in den Städten und Villen entwickelte sich seit dem letzten Viertel des 4. Jahrhunderts weniger stark, Tonscherben aus der Zeit nach 400 gibt es kaum, römische Münzen aus der Zeit nach 402 sind selten. Als sich Konstantin III. 407 als Nachfolger des Usurpators Gratian (dem war schon die Usurpation des Marcus vorausgegangen) zum Kaiser aufschwang und den Ärmelkanal mit dem größten Teil der noch verbliebenen Truppen überquerte, hatte die römische Besetzung Britanniens faktisch ihr Ende gefunden. Die kelto-römischen Einwohner waren fortan gezwungen, sich um ihre Sicherheit und Regierung selbst zu kümmern, was auch durch ein Schreiben des Westkaisers Honorius aus dem Jahr 410 deutlich wird, in dem dieser die um Hilfe nachsuchenden Provinzialen angeblich aufforderte, sich selbst um ihre Verteidigung zu bemühen. Traditionell gilt das Jahr 410 damit als der Zeitpunkt, zu dem auch die letzten kaiserlichen Truppen die Insel verließen. Allerdings gaben die Römer den Anspruch auf Britannien de iure nicht auf – noch 130 Jahre später scheint der oströmische Kaiser Justinian I. die Insel als prinzipiell zum Imperium gehörig betrachtet zu haben.

Sehr wenige Quellen stehen für die Zeit nach 410 zur Verfügung: Gildas schrieb erst im 6. Jahrhundert einen Bericht über die Eroberung Britanniens durch die Angelsachsen, doch ist dieser nicht immer zuverlässig. Erst im Hochmittelalter beschrieb Geoffrey von Monmouth in seiner Historia Regum Britanniae den Abzug der Römer detaillierter, wobei aber nicht außer Acht gelassen werden darf, dass seine Schilderung nur teilweise belegt werden kann und großteils zweifellos auf Mißverständnissen und freier Erfindung beruht.

Bald nach dem Abzug der römischen Truppen brach offenbar die nördliche Grenzbefestigung zusammen. Britische Städte wurden geplündert, angeblich die Bevölkerung ganzer Ortschaften ermordet. Kaiser Honorius wies die civitates an, die Verteidigung selbst in die Hand zu nehmen, wobei es sich bei den meisten civitates aber wohl nur um kleine Ortschaften handelte. Bei Gildas wird noch von einem Hilferuf an den weströmischen Heermeister Aëtius um 446 berichtet, doch sah sich Westrom damals längst mit größeren Problemen konfrontiert; Britannien war längst zu einem peripheren (formalen) Bestandteil des Imperiums geworden. Dennoch gibt es Belege für fortbestehende Kontakte zwischen dem südlichen Britannien und dem damals noch römischen Gallien.

Bald darauf nahmen Angeln, Sachsen und Friesen Besitz von der ehemaligen römischen Provinz, wobei man sich darunter jedoch keine Völkerwanderung in einem Zug vorstellen darf; vielmehr gelangten die meisten Germanen in kleinen Gruppen auf die Insel. Genetische Analysen legen nahe, dass die Gesamtzahl der Zuwanderer nicht sehr groß gewesen sein dürfte. Wahrscheinlich hatten die keltisch-römischen Bewohner Britanniens die Angeln und Sachsen als foederati angeheuert, die die Verteidigung gegen die Picten und Skoten im Norden übernehmen sollten. Einzelne germanische Verbände waren möglicherweise schon als Truppen der römischen Armee auf die Insel gekommen. Während der ersten Generation nach dem Abzug der kaiserlichen Truppen konnten sich die römischen civitates auf der Insel mit Hilfe der germanischen Föderaten offenbar (mehr schlecht als recht) behaupten. Vielleicht schwang sich damals ein lokaler Aristokrat, den die spätere Überlieferung als „Vortigern“ in Erinnerung behielt, zum „König“ (rex) der Provinzialen auf.

Um die Mitte des 5. Jahrhunderts scheint es dann zu einem germanischen Aufstand gekommen zu sein, dem die Provinzialen vielerorts wenig entgegen setzen konnten; sehr viele liefen wohl zu den Germanen über oder unterwarfen sich, während sich andere nach Norden und Westen zurückzogen. Vor allem in Wales und Cornwall konnten sich die „römischen“ Briten noch längere Zeit halten, wobei aber der römische Charakter ihrer Zivilisation nebst der lateinischen Sprache bald endgültig verloren ging. Dies bedeutete das Ende der Spätantike für Britannien (im übrigen Europa sollte sie noch länger dauern) und war mit einem enormen materiellen Niedergang verbunden. Die römische Kultur verschwand fast spurlos (auch wenn in Wales noch im 6. Jahrhundert vereinzelt lateinische Inschriften gesetzt wurden), und auch das Christentum scheint zunächst weitgehend ausgelöscht worden zu sein.

Fortsetzung der Geschichte Großbritanniens: Heptarchie

Siehe auch

Literatur

Quellen

(in Auswahl)

  • Caesar, De Bello Gallico, übers. v. E. Siebhorn, Göttingen ²2001. ISBN 3-525-71627-3
  • Tacitus, Annalen, übers. v. E. Heller, Zürich u. a. ³1997. ISBN 3-7608-1645-2
  • Tacitus, Historien, übers. v. J. Borst, München 1959.
  • Tacitus, Agricola, übers. v. K. Büchner, Stuttgart ³1985. ISBN 3-520-22503-4

Sekundärliteratur

Wichtige Beiträge finden sich in der nur diesem Thema gewidmeten Fachzeitschrift Britannia.

  • Anthony R. Birley: The Roman Government of Britain. Oxford 2005, ISBN 0-19-925237-8.
  • Kai Brodersen: Das römische Britannien. Spuren seiner Geschichte. Darmstadt 1998. ISBN 3-89678-080-8 (Quellensammlung)
  • Robin George Collingwood: The Archaeology of Roman Britain. London 1930. ISBN 0-09-185045-2
  • Leonard Cottrell: The Great Invasion. New York 1962. ISBN 0330130374
  • John Creighton: Britannia. The Creation of a Roman Province. Oxford 2005.
  • Ken Dark: Britain and the End of the Roman Empire. Stroud 2002. ISBN 0-7524-2532-3
  • Michael E. Jones: The End of Roman Britain. London u. a. 1996. ISBN 0-8014-8530-4
  • John Manley: AD 43. The Roman Invasion of Britain. Tempus 2002. ISBN 0-7524-1959-5
  • Peter Salway: Roman Britain. Oxford 2000. ISBN 0-19-285404-6

Weblinks


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