Geschichte Osttimors

Geschichte Osttimors
Die Lage Osttimors
Die Republik Timor-Leste

Die Geschichte Osttimors ist geprägt von einer langen Zeit der Fremdherrschaft. 450 Jahre beherrschten die Portugiesen den Osten der Insel, ständig bedrängt von Niederländern und den Topasse. Nur neun Tage nach der Ausrufung der Unabhängigkeit Osttimors 1975 besetzte Indonesien das Land. In Folge der indonesischen Okkupation, die 24 Jahre dauerte, kamen fast 200.000 Menschen ums Leben. Nach drei Jahren Verwaltung durch die Vereinten Nationen wurde Osttimor 2002 in die Unabhängigkeit entlassen. Damit war Osttimor der erste Staat, der im 21. Jahrhundert unabhängig wurde. Sorgten innere Konflikte in den ersten Jahren noch für neue Krisen, stabilisierte sich das Land aber seit dem Zusammenbruch der Rebellenbewegung 2008. 2012 sollen die Sicherheitskräfte der Vereinten Nationen und die International Stabilization Force ISF nach den nächsten Wahlen für Parlament und Präsident abgezogen werden.

Inhaltsverzeichnis

Mythischer Ursprung Timors

Das Leistenkrokodil: Mythischer Ursprung Timors

Hauptartikel: „Lafaek Diak“ („Das gute Krokodil“) – Die Krokodillegende aus Osttimor

Der Legende nach half ein kleiner Junge einem Krokodilbaby, den Weg ins Meer zu finden. Zum Dank dafür nahm das Krokodil den Jungen auf lange Reisen über das Meer mit. Als das Krokodil starb, wurde aus seinem Körper die Insel Timor, die von den Nachkommen des Jungen besiedelt wurde. Noch heute hat das Krokodil in Osttimor große symbolische Bedeutung. Traditionell wird es als „Großvater“ bezeichnet und es gibt den Brauch, beim Überqueren von Flüssen „Krokodil, ich bin Dein Enkel – friss mich nicht“ zu rufen.[1][2]

Vor der Kolonialzeit

Malerei in der Höhle Ile Kére Kére

Die ältesten Spuren menschlicher Besiedlung wurden 2006 in der Kalksteinhöhle Jerimalai nahe Tutuala im äußersten Osten Timors gefunden. Sie sind mindestens 42.000 Jahre alt. Neben Steinwerkzeugen und Muschelschalen, die als Schmuck verwendet wurden, fand man die Überreste von Schildkröten, Thunfischen und Riesenratten, die den Höhlenbewohnern als Nahrung gedient hatten. Diese Funde erhärten die Theorie, dass die Besiedlung Australiens über die Kleinen Sundainseln erfolgte. Von dieser Besiedlungswelle scheinen keine Spuren mehr in der heutigen Bevölkerung Timors zu existieren.[3] Auch in anderen Höhlen nahe Tutuala wurden Archäologen fündig. Besiedlungsreste fanden sich in der Höhle Lene Hara, die auf 30 bis 35.000 Jahre datiert wurden. Die mehrfarbigen Wandmalereien, die Boote, Tiere und geometrische Strukturen zeigen, sind nur 2.000 Jahre alt. Auf 5.000 Jahre werden die Malereien in den Höhlen O Hi und Ile Kére Kére geschätzt,[4][5] die Steingravuren, die Gesichter zeigen, sogar auf 10.000 Jahre.[6]

Die Bevölkerung Timors kam im Rahmen der allgemeinen Besiedelung der Region auf die Insel. Anthropologen gehen davon aus, dass die Nachkommen dreier Einwanderungswellen hier leben, wodurch auch die ethnisch-kulturelle Vielfalt Timors zu erklären ist.[7][8]

Die timoresischen Völker kannten ursprünglich keine Schrift. Daher gibt es keine schriftlichen Überlieferungen von der Geschichte vor der europäischen Kolonisation. Dafür existiert eine reiche Tradition an mündlichen Überlieferungen, wie etwa beim Volk der Bunak im Zentrum der Insel. Die Geschichten wurden in wiederkehrenden Reimen und Alliterationen rezitiert. In jedem Dorf brachten die Alten den Jungen die Legenden des Clans bei, aber es gab auch die Lia Na'ain oder Na'Lia (in etwa Herr der Wörter), Barden, die stundenlang Verse rezitieren konnten. Meistens wurden Verse aus zwei Zeilen verwendet, bei denen jede Zeile aus zwei Sätzen bestand. Der erste Satz der zweiten Zeile wiederholte dabei in anderen Wörtern den Inhalt des letzten Satzes der ersten Zeile. Die Sprache war reich an Metaphern und Symbolen aus der animistischen Kultur Timors. Legenden, wie der Schöpfungsmythos um das Krokodil, wurden außerdem bildlich dargestellt und dekorativ verwendet.

Die vedo-austronesische Einwanderung

Ein Krieger aus Kupang im Westteil der Insel um 1875

Man vermutet, dass vedo-austronesische Völker etwa 40.000 bis 20.000 v. Chr., während der letzten Eiszeit, vom Norden und Westen her Timor erreichten. Zu diesem Zeitpunkt waren die Großen Sundainseln durch Landbrücken mit dem asiatischen Kontinent verbunden und der Weg über das Meer bis Timor deutlich kürzer. Die Einwanderer waren vergleichbar mit den Veddas im heutigen Sri Lanka und scheinen die gleichen Vorfahren zu haben. Ihre Nachkommen, die Atoin Meto (Atoni), repräsentieren wahrscheinlich die ursprüngliche Bevölkerung Timors und zeichnen sich durch eine sehr dunkle Hautfarbe und glatte, schwarze Haare aus. Sie stellen die Bevölkerungsmehrheit im Westen der Insel, auch in der osttimoresischen Exklave Oecusse.[8]

Geht man davon aus, dass die Piroge erst 7000 v. Chr. erfunden wurde, kann man annehmen, dass die Strecken über das Meer mit Flößen bewältigt wurden. Die Menschen lebten in kleinen Clans oder Stämmen zusammen, die als Jäger und Sammler ohne feste Siedlungen umherzogen.[8]

Die Melanesier

Um 3000 v. Chr. kamen aus dem Westen Melanesier mit einer zweiten Einwanderungswelle und brachten die Ovale-Axt-Kultur nach Timor. Erstmals tauchen zu dieser Zeit Töpferwaren, Beile, Angelhaken und Muschelperlen auf Timor auf. Erdnüsse, Kokosnüsse und andere Früchte wurden eingeführt. Die Nachkommen dieser Einwanderer sind verwandt mit Völkern auf Papua-Neuguinea, Vanuatu und den Salomonen. Zu ihnen gehören die Sprecher von Fataluku, Makasae, Makalero und Bunak. Aus dieser Zeit lassen sich erstmals landwirtschaftliche Spuren nachweisen. Die Vedo-Austronesier zogen sich ins bergige Landesinnere zurück, ohne dass größere Vermischungen stattfanden.[8] Neuere, linguistische Forschungen lassen vermuten, dass zumindest die Fataluku auch erst nach der austronesischen Einwanderung von Osten kommend, sich im Osten Timors ansiedelten. Zumindest in den letzten Jahrzehnten wurden aber die dort ebenfalls ansässigen Makuva nahezu vollständig von ihnen assimiliert.[9]

Die Austronesier

Es gibt unterschiedliche Angaben, in wie vielen Wellen die Austronesier Timor erreichten.

Austronesische Gruppen aus Südchina und dem nördlichen Indochina erreichten Timor vermutlich um 2500 v. Chr. Sie breiteten sich unter dem Druck der Expansion der heutigen ostasiatischen Ethnien auf dem ganzen Malaiischen Archipel aus.

Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass etwa um 500 n. Chr. weitere Austronesier, bei denen deutlichere ostasiatische Einflüsse sichtbar waren und welche die dominierende Bevölkerungsgruppe auf dem gesamten Archipel wurde, auch Timor erreichten. Auf den Hauptinseln Indonesiens ist diese Volksgruppe unverkennbar, auf Timor ist man sich aber bei der ursprünglichen Bevölkerung noch nicht einig, doch sie hat ein deutlich asiatischeres Erscheinungsbild als die ursprünglichen austronesischen Einwanderer.[8]

Erst im 14. Jahrhundert wanderten die malayo-polynesischen Tetum nach Timor ein. Sie bilden heute mit 100.000 Mitgliedern die größte Ethnie in Osttimor. Ihren Erzählungen nach stammen sie aus Malakka, von wo sie nach Timor kamen. Zuerst ließen sich die Tetum im Zentrum der Insel nieder und verdrängten die Atoin Meto in den Westteil Timors. Später stießen sie auch in den Ostteil vor und gründeten insgesamt vier Reiche, von denen Wehale das Mächtigste war.[8]

Händler und Könige

Mann in Ermera mit einer Kaibauk, einer timoresischen Krone

Der Hinduismus kam im 1. Jahrhundert n. Chr. nach Timor und der Buddhismus ab den 5. Jahrhundert. Beide hinterließen keine großen Spuren.

Obwohl einige indonesische Publikationen der 1970er-Jahre angeben, dass Timor zum Srivijaya-Reich (7. Jahrhundert bis 13. Jahrhundert) gehörte, fehlen jegliche Quellen, um dies nachzuweisen. Selbst Bali und der Osten Javas gehörten nicht zu diesem Reich, obwohl diese westlich von Timor lagen und hinduistisch und buddhistisch geprägt waren. Vermutlich hinderten javanische Königreiche das Srivijaya-Reich an seiner Expansion in Richtung Osten. Möglicherweise erreichten aber Händler Srivijayas Timor. Niederländische Historiker berichten, dass timoresisches Sandelholz bereits im 10. Jahrhundert durch die Straße von Malakka weiter nach China und Indien transportiert wurde.

Der chinesische Beamte für Überseehandel Chau-Ju-Kua nannte Timor im Jahr 1225 einen Ort, der reich an Sandelholz sei. Santalum album findet sich nicht nur auf Timor, sondern auch auf verschiedenen Pazifikinseln, Madagaskar, Australien und in Indien, doch lieferten nur Timor, Sumba und Solor die höchste Qualität von weißem Sandelholz.

Neben malaiischen und chinesischen Händlern reisten später auch arabische Händler nach Timor, um Sandelholz, Sklaven und Honig zu kaufen, die sie über Java und Sulawesi bis nach China und Indien exportierten. Bienenwachs für die Batikfärberei auf Java war eine weitere wertvolle Handelsware. Mit dem Aufblühen des örtlichen Handels entstanden lokale königliche Familien. Die Händler siedelten nicht auf dem fern den Handelsrouten zwischen China, Indien und den großen Inseln gelegenen Timor, sondern blieben immer nur so lange, wie sie mussten, um ihre Geschäfte abzuwickeln.

1292 scheiterten die Mongolen mit einer Invasion auf Java. Aus dem erfolgreichen Abwehrkampf heraus entstand das hinduistisch geprägte Majapahit-Reich, das in der Mitte des 14. Jahrhunderts seinen Höhepunkt erreichte. Im Nagarakertagama, dem Heldenepos der damaligen Zeit, wird auch eine lange Liste von tributpflichtigen Vasallenstaaten Majapahits aufgeführt. Darunter findet sich auch Timor. Allerdings vermerkte der portugiesische Schreiber Tomé Pires im 16. Jahrhundert, dass alle Inseln östlich von Java Timor genannt wurden, da die Landessprache mit dem Wort „Timor“ den Osten bezeichnet.[8] Noch heute heißt „Osten“ auf Bahasa Indonesia timur. Wie dem auch sei, bereits nach einem Jahrhundert zerfiel die Macht Majapahits aufgrund von Streitigkeiten zwischen den Hinduprinzen und der Verbreitung des Islams in Malaya, dem Nordosten Sumatras und dem Norden Javas. 1409 konvertierte der König von Malakka zum Islam. Andere Herrscher auf Sumatra, Kalimantan, Java, den Molukken und den Philippinen folgten. Timor erreichte dieser Wandel nicht. Das muslimische Malakka gewann an Macht, sodass auch die javanischen Häfen an Bedeutung verloren. Die chinesischen Händler verschwanden fast zeitgleich zwischen 1368 und 1405. Grund war die selbstgewählte Isolation Chinas von der Außenwelt. Als China von 1550 bis 1567 ein zweites Mal seinen Händlern den Außenhandel verbat, übernahmen zunächst die Portugiesen die Handelswege zwischen dem Reich der Mitte und Timor.

Die ersten europäischen Entdecker berichteten von einer Anzahl von kleinen Stammesgebieten und Reichen auf Timor, die durch den Handel entstanden waren und von Liurais (timoresischen Kleinkönigen) regiert wurden. Die Bevölkerung lebte in erster Linie vom Brandrodungsfeldbau. Die Beziehungen zwischen diesen Herrschaftsgebieten waren durch Rituale, Heirat und Handel äußerst komplex. Der Legende nach stammen alle Völker von einem Urahn ab, der die Insel zwischen seinen drei Nachkommen in einen West-, einen Ost- und einem zentralen Bereich aufteilte. Der Mitte der Insel stand das Reich von Wehale vor mit seinen Verbündeten unter den Stämmen der Ethnien der Tetum, Bunak und Kemak. Die Tetum bildeten den Kern des Reiches. Die Hauptstadt Laran auf dem Gebiet des heutigen Westtimor bildete das spirituelle Zentrum der gesamten Insel. Der Westen wurde von Sonba'i dominiert, der Osten von Likusaen (heute: Liquiçá) oder Luca. Diese rituelle Hierarchie der einzelnen Reiche und Voranstellung von Wehale, Sonba'i und Likusaen bedeutete aber keine wirkliche Macht, aber das Prestige der drei Herrscher konnte die Bildung von Bündnissen unterstützen.[10]

Karte Timors von Antonio Pigafetta

Antonio Pigafetta, ein Mitglied der Magellanexpedition, besuchte Timor kurz im Jahre 1522. Er berichtet von vier Hauptkönigen auf Timor, die Brüder waren: Oibich, Lichisana, Suai und Cabanaza. Oibich war der Oberste der vier. Oibich konnte man Wewiku zuordnen, das in späteren Quellen als Stützpunkt Wehales bezeichnet wird. Suai ist Hauptstadt des heutigen osttimoresischen Distrikt von Cova Lima und bildete wahrscheinlich mit Camenaça (Kamenasa, Cabanaza, auch Camenaça oder Camenasse) ein Doppelreich. Lichisana wird mit Liquiçá gleichgesetzt. Da Lichisana und Suai-Cabanaza Wehale tributpflichtig waren und alle diese Reiche im Zentrum und Osten Timors lagen, wurden sie von den Portugiesen später als Provinz von Belu (auch: Belos oder Behale) zusammengefasst. Eisen war bekannt, aber es war keine Schrift in Gebrauch. Die Bevölkerung betrieb traditionelle, animistische Praktiken.

Das westliche Timor erhielt den Namen Servião nach dem dort dominierenden Sonba'i (holländisch: Zerviaen oder Sorbian). 1563 erschien Servião erstmals als Cerviaguo in den Berichten der Portugiesen als wichtiger Umschlagsplatz für Sandelholz an der Nordküste Timors. Da es aber dort keinen Ort gibt, dem man diesen Namen zuordnen kann, geht man davon aus, dass dies ein Außenposten von Sonba'i war, das erstmals 1613 als Königreich Servião auf einer portugiesischen Karte erschien. Servião bestand aus dem größten Teil des Atoin Meto-Gebiets in Westtimor.

Die Stämme am Westrand des Einflussgebietes von Wehale unterhielten gleichzeitig Bündnisse mit Sonba'i und Oecussi, die Stämme im Osten mit dem östlichen Timor und seinen Zentren Atsabe und Lospalos. Auf diese Weise bildete die Insel aus Sicht vieler Timoresen eine Einheit, die erst durch die koloniale Spaltung durch Niederländer und Portugiesen zerstört wurde. Daraus entstand im 20. Jahrhundert das Konzept von „Groß-Timor“, welches die Vereinigung der Insel in einem Staat propagiert. Trotz der vielen ethnischen und sprachlichen Unterschiede zwischen den Bewohnern Timors waren ihre sozialen Strukturen doch sehr ähnlich, was den Kontakt zwischen den Völkern erleichterte. Dies darf aber über die Zersplitterung der Insel nicht hinwegtäuschen. Eine portugiesische Liste von 1811 führt insgesamt 62 Königreiche in Timor auf (16 in Servião und 46 in Belu). Letztlich lässt sich die Anzahl nicht genau festschreiben, da sie sich ständig aufgrund von Kriegen, Zusammenschlüssen und Abspaltungen änderte und manche Reiche anderen untergeordnet waren.[11]

Die Bevölkerung Timors war in verschiedene soziale Schichten unterteilt, deren unterste die Sklaven bildeten. Diese wurden teilweise auch gehandelt, sodass im 17. Jahrhundert timoresische Sklaven auch nach Makassar und von dort weiter nach Palembang, Jambi und Aceh sowie in die Pfefferanpflanzungen auf Südborneo gelangten. Zum Hauptabnehmer wurde in dieser Zeit aber Batavia, das heutige Jakarta. Nahezu jedes Schiff, das von Timor aus den Hafen erreichte, hatte Sklaven an Bord. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein betrieben Niederländer und Portugiesen einen Sklavenhandel, von dem auch die Nachbarinseln betroffen waren. So fingen die Topasse auch auf Roti Menschen als Handelsware ein.[11]

Die Einführung von Mais als Nahrungspflanze in der Mitte des 17. Jahrhunderts hatte großen Einfluss auf die timoresische Bevölkerung, denn die sonst übliche, arbeitsintensive Bewirtschaftung von Reisfeldterrassen (Sawah) war nur begrenzt möglich. Der Wachstum der Bevölkerung war auch abhängig vom Vorhandensein von wertvollen Ressourcen, wie Sandelholz oder Honig. Der Handel mit ihnen förderten den lokalen Reichtum.[10]

Insel der Kopfjäger

Historische Stätten um Tutuala

Mündliche Überlieferungen von den Atsabe Kemak aus dem Distrikt Ermera berichten von Fehden, Kriegen, Eroberungen und Kopfjägern. Solche Ausbrüche von Gewalt entstanden aus unterschiedlichsten Gründen, wie dem Streit um fruchtbares Land, Grenzen, Hochzeitsvereinbarungen oder einfach nur empfundene Missachtungen. Jedes Jahr brachen Kämpfe um Gebiete mit Bienenvorkommen aus, um sich die wertvolle Handelsware Bienenwachs zu sichern. Selbst zwischen den einzelnen Dorfgemeinschaften (Sucos), die von einem Dato regiert wurden, kam es zu Kämpfen um Ackerland, denn keinem Timoresen war es gestattet, Land im Nachbarterritorium zu bewirtschaften, da dann zum einen die Tributpflicht an den Dato und zum anderen die Gerichtsbarkeit im Streitfalle nicht zugeordnet werden konnten. Dies führte dazu, dass vor allem Sucos mit hohem Bevölkerungsdruck stets bemüht waren, ihre Gebiete zu vergrößern. Durch die ständigen Konflikte entstand eine Kultur des rituellen Krieges, die auf Timor Funu genannt wird.[11] Um Tutuala herum gibt es noch Reste von mehreren alten Befestigungsanlagen (lata irinu), mit denen die Fataluku ihre Siedlungen schützten.[12]

Ein traditionelles Schwert aus Timor. Ein Surik.

In den Krieg konnte nicht ohne die Einwilligung durch die Geister der Ahnen gezogen werden. Dazu opferte der Priester (Dato-lulik) einen Büffel und befragte die Geister. Nur wenn die Geister den Kriegsgrund als gerechtfertigt ansahen, konnte man in den Krieg ziehen. Akzeptierten die Geister ihn nicht, musste man die Begründung solange ändern, bis die Geister einverstanden waren. Danach musste jeder Mann vor dem Priester ein Huhn schlachten. Streckte das Huhn dabei das rechte Bein nach oben, musste der Mann in den Kampf ziehen, streckte das Huhn das linke Bein hoch, war er dazu bestimmt, daheim Frauen und Kinder zu beschützen. Letztere konnten, wenn sie wollten, das Orakel noch ein zweites Mal befragen. Erhielt man dann die Erlaubnis zum Kampf, war aber die Wahrscheinlichkeit groß, verwundet oder getötet zu werden, während die Erwählten aus der ersten Runde nach dem Glauben unverwundbar für alle Waffen waren.[11]

Vor einer Schlacht stellten sich die prachtvoll geschmückten sogenannten Meos vor die Krieger und begannen mit Kriegstänzen, die Stimmung anzuheizen, den Mut ihres Stammes zu preisen und die Gegner zu beschimpfen. Danach zogen sie sich zurück und die gegnerischen Parteien begannen, sich aus großer Entfernung heraus gegenseitig zu beschießen – ursprünglich mit Pfeil und Bogen, später mit Feuerwaffen. Sobald dabei ein Mann getötet wurde, endete der Kampf. Für damalige europäische Beobachter erschien diese Art der Kriegsführung seltsam, doch war die Feldschlacht nicht das Hauptziel. Der eigentliche Krieg bestand mehr aus Hinterhalten und Überfällen, bei denen versucht wurde, möglichst viele Köpfe gegnerischer Krieger, Frauen und Kinder als Sklaven sowie Vieh zu erbeuten und manchmal auch das Land des Gegners zu verwüsten. Frauen wurden nur dann enthauptet, wenn sie versuchten, aus bereits eroberten Dörfern zu fliehen, da dies gegen die Sitten verstieß.[11]

Die heimkehrenden Krieger wurden von den Frauen mit dem traditionellen Likurai-Tanz begrüßt, bei dem die erbeuteten Köpfe zur Schau gestellt wurden. Jene, die einen Kopf erbeutet hatten, wurden geehrt, wobei jene Köpfe, die in der Schlacht erbeutet wurden, mehr Ehre einbrachten, als jene aus einem Hinterhalt. Die erfolgreichen Kopfjäger erhielten den Titel Assuai (der Tapfere). Die Kopftrophäen wurden gereinigt, getrocknet und dann in der Hütte des Assuais aufgehängt. Zu jeder Mahlzeit musste dem Kopf ebenfalls etwas zu essen angeboten werden. Schließlich wurde der Kopf dem Liurai oder Dato übergeben, der im Rahmen einer Siegesfeier gegen ihn trat. Dem Assuai wurde als Siegeszeichen ein Armreif oder eine metallene, runde Brustplatte übergeben, die er um den Hals trug.[11]

Timoresen präsentieren die Köpfe ihrer Feinde, Ende des 19. Jahrhunderts

Die erbeuteten Köpfe wurden sorgsam aufbewahrt, damit sie bei einem Friedensschluss unter großen Weinen und Klagen an die Familie des Toten zurückgegeben werden konnten. Fehlte ein Kopf, musste eine hohe Entschädigung gezahlt werden. Nach einem Friedensschluss hegte keine der Seiten mehr Groll gegen die andere. Gefestigt wurde der Frieden meist mit einer Hochzeit oder mit Blutsbrüderschaft. Dies verpflichtete dann im Kriegsfall zur bewaffneten Unterstützung.[11]

Kopfjagd und innere Kämpfe endeten erst, als die Portugiesen nach der Niederschlagung der letzten Rebellion 1912 endgültig die uneingeschränkte Herrschaft über das Land hatten und Feindseligkeiten zwischen den Timoresen und gegen sich unterbinden konnten.

Wissenschaftler sehen, aufgrund von Forschungen auf Neuguinea, wo ähnliche Traditionen existierten, in den stark ritualisierten Kriegen eine Form der Bevölkerungskontrolle. Nicht in erster Linie durch die Opfer des Krieges, sondern durch die Verwüstung der Anbauflächen. Brandrodungszonen mussten von den Unterlegenen aufgegeben werden, bevor der Boden ausgelaugt war, und die Sieger konnten sie aus Angst vor der Rache der Geister und aufgrund von Tabus nicht sofort nutzen. Die nun brachliegenden Flächen hatten die Möglichkeit sich zu regenerieren. Zudem wurde durch die Kriegsform die Kindersterblichkeitsrate bei Mädchen erhöht, wodurch auch durch die geringe Anzahl der Opfer unter den Kriegern, das Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern regional gehalten wurde. Je mehr Krieger ein Reich hatte, desto besser konnte es seine Bevölkerung beschützen und das Territorium vergrößern. Männliche Nachkommen hatten daher eine wichtige Bedeutung.[11]

Portugiesische Kolonialzeit

Ankunft der Portugiesen

Portugiesische Festung auf Solor

Der Portugiese Afonso de Albuquerque eroberte am 15. August 1511 das Sultanat von Malakka. Damit stand Portugal ein wichtiger Stützpunkt für den Handel mit den Kleinen Sundainseln und vor allem den Molukken zur Verfügung, dem Hauptziel der portugiesischen Expansion in Südostasien. Um die Gewürzinseln genannten Inseln zu finden, wurde bereits im folgenden November eine Expedition aus drei Schiffen unter António de Abreu entsandt, der sich bereits bei der Eroberung von Malacca hervorgetan hatte. Nachdem die Schiffe die Molukken erreicht hatten, wandten sie sich nach Südwesten und erreichten 1512 als erste Europäer Timor, Solor und Alor (Ombai). Es ist nicht gesichert, ob die Portugiesen bereits damals Timor betraten. Dokumente vom Beginn der Kolonialisierung gingen durch ein Feuer im Archiv von Dili 1779 verloren. Einige Historiker gehen davon aus, dass das entdeckte Timor nur auf einer Karte vermerkt wurde und eine Landung nur auf Solor erfolgte, nordwestlich von Timor. Hier soll bereits damals eine portugiesische Siedlung gegründet worden sein, die Keimzelle der portugiesischen Kolonien auf den Kleinen Sundainseln. Gesichert ist, dass innerhalb der darauffolgenden drei Jahre die Portugiesen auf Timor landeten. Erstmals taucht Timor namentlich in einem portugiesischen Dokument vom 2. Januar 1514 auf. In einem Brief an König Manuel I. erwähnte Rui de Brito Patalim die Insel. 1515 kamen die ersten Dominikaner als Missionare nach Timor. Ungewöhnlich ist, dass es keinerlei Berichte einer Besitznahme der Insel durch das Aufstellen eines Padrão gibt. Auch genauere Beschreibungen der Insel fehlen, bis Pigafetta am 26. Januar 1522 an Bord des spanischen Schiffs Victoria nahe Batugade anlandete und für 18 Tage blieb.

Portugiesische Karavelle 16. Jahrhundert.

1556 setzten sich die Portugiesen im Gebiet der damaligen Königreiche Oecussi und Ambeno (heute die osttimoresische Exklave Oecusse) das erste Mal auf Timor fest. Hier, wie auf der Nachbarinsel Solor, gründeten die Dominikaner zur Sicherung des Sandelholzhandels eine Siedlung. Auf Timor war es der Ort Lifau (Lifao), 6 km westlich des heutigen Pante Macassar. Zur selben Zeit begann der Dominikaner António Taveira die Missionierung Timors. Man konzentrierte sich dabei im späten 16. Jahrhundert auf die Königreiche an der Nord- und Südküste.[13] 1566 wurde auf Solor eine Festung errichtet, die zum Zentrum des umliegenden Handels wurde. Solor hatte den Vorteil, dass es hier, im Gegensatz zu Timor, keine Malaria gab. Abgesehen von den Missionaren siedelten die meisten Portugiesen noch nicht auf Timor, sondern liefen verschiedene Punkte der Insel an, wie Kupang, Lifau oder Mena (östlich des heutigen Oecusse). Über Solor wurde jährlich das Sandelholz aus Timor exportiert, hauptsächlich nach Macao. Macao war das Bindeglied zu Portugal, auch wenn offiziell während des Großteils der Kolonialzeit Goa der zuständige Verwaltungssitz für Timor war.

Im 16. Jahrhundert waren die Handelswege stark von der Jahreszeit abhängig. Die Karavellen verließen Goa im September mit dem südwärts wehenden Monsun. Von Malakka aus wurden dann indische Waren auf Java gegen chinesische Kupfermünzen getauscht. Dafür erhielt man weiter im Osten auf Sumbawa Reis und einfache Baumwollstoffe, die wiederum auf den Banda-Inseln und Ternate gegen Gewürze getauscht wurden. Einige dieser Handelsreisenden kamen auch nach Solor und Timor, um Sandelholz zu erwerben. Zwischen Mai und September kehrte man mit dem Südwest-Monsun nach Malakka zurück. Dass die Schiffe aufgrund der Windverhältnisse längere Zeit bei Solor und Timor warten mussten, begünstigte die Gründung permanenter Siedlungen. Ende des 16. Jahrhunderts existierten portugiesische Stützpunkte in Lifau, Mena und Kupang. In Mena wurde 1590 die erste Kirche der Insel errichtet.[14] Der Profit ließ sich sehen. Für ein Pikul (62,5 kg) Sandelholz zahlte man auf Timor 1613 den Gegenwert von fünf Réis. In China konnte man für ein Pikul 40 Réis bekommen.[10]

Anfangs unterhielten die Portugiesen auf Timor weder eine Verwaltung, noch Militärgarnisonen oder Handelsposten. Diese wurden erst schrittweise als Reaktion auf die Bedrohung durch die Niederländer aufgebaut, die ihren Einfluss in der Region immer mehr ausdehnten. In den ersten Jahren wurde einige Soldaten unter einem Capitão für Solor angeheuert. Ab 1575 stationierte man hier ein bewaffnetes Schiff mit 20 Soldaten und ab 1595 vergab Goa offiziell den Posten des Capitão, der die Aufgaben eines Gouverneurs für die Region übernahm – sehr zum Unmut der Dominikaner, die sich in ihren Rechten eingeschränkt sahen. Der erste Capitão Goas war Antonio Viegas.

1586 wurden große Teile Timors zur Kolonie Portugiesisch-Timor erklärt. Portugal nutzte die Kolonie nun auch als Verbannungsort für politische Gefangene und einfache Kriminelle. Diese Praxis behielt man bis ins 20. Jahrhundert bei.

Wettlauf um Timor

Portugiesische Einflusssphäre auf den Kleinen Sundainseln im 16. und 17. Jahrhundert
Nachbau eines holländischen Ostindienfahrers von 1629

Am 20. April 1613 eroberten die Niederländer unter Apollonius Schotte die Festung auf Solor. Die Portugiesen wichen nach Larantuka im Osten von Flores aus. Solor wechselte im Laufe der nächsten Jahrzehnte mehrfach den Besitzer, während Larantuka zum neuen portugiesischen Zentrum der Region wurde. Von Larantuka aus kontrollierten die Topasse das Handelsnetz in der Region, vor allem den lukrativen Sandelholzhandel. Die Topasse, auch Bidau, Larantuqueiros oder schwarze Portugiesen genannt, waren Nachfahren von portugiesischen Soldaten, Seeleuten und Händlern, die Frauen von Solor und Flores heirateten. Nach niederländischen Berichten beherrschten die Topasse von Larantuka aus bereits 1623 die Häfen an der Nordküste Timors.[10]

Am 4. Juni 1613 landete Schotte in Mena. Die Herrscher von Mena und Asson wurden dazu bewegt, ein Bündnis mit den Niederländern zu schließen und Sandelholzlieferungen zu garantieren. Danach fuhr Schotte weiter die Küste entlang und schloss dabei mehrere Verträge mit einheimischen Herrschern, die später die Grundlage aller niederländischen Ansprüche in Westtimor waren. Schließlich eroberte er auch das portugiesische Fort bei Kupang und ließ hier, genauso wie in Mena, eine kleine Besatzungsmacht zurück. Doch 1615 gaben die Niederländer zunächst Solor, 1616 dann auch ihre Stützpunkte auf Timor und Flores auf.

Mit der Wiederherstellung der Unabhängigkeit von der spanischen Krone im Jahr 1640 konnte sich Portugal wieder stärker in Südostasien engagieren. Allerdings brach in Makassar eine Revolte gegen die Portugiesen aus. Zudem griff Karrilikio (Camiliquio), der muslimische Sultan von Tolo (Tallo) auf Sulawesi, die Nord- und Südküste Timors mit insgesamt 150 Schiffen und 7000 Mann an. Nach dreimonatigen Raubzügen zog sich Karrilikio zurück. Als António de São Jacinto, Dominikaner und Generalvikar von Solor, mit einer Streitmacht Mena erreichte, fand er den Ort zerstört vor. Die muslimische Besatzung floh ins Landesinnere. Der tote König war von seiner Frau abgelöst worden. Durch ihre Unterstützung gewannen die Portugiesen 1641 wieder die Kontrolle über Mena. Die Königin und ihr Volk konvertierten zum Christentum. Der Liurai von Amanubang (Amanuban), ein Schwager der Königin von Mena und Herrscher des Gebietes um Lifau, trat ebenfalls zum Christentum über und ließ mehrere Kirchen bauen.[15] Am 26. Mai 1641 besiegte Francisco Fernandes eine Streitmacht des Liurais von Wehale an der Grenze zu Mena. Die Portugiesen begannen daraufhin unter Fernandes mit einer groß angelegten Militäraktion, um ihre Kontrolle auf das Inselinnere auszuweiten. Begründet wurde dieses Vorgehen mit dem Schutz der christianisierten Herrscher der Küstenregion. Die vorangegangene Christianisierung unterstützte die Portugiesen bei ihrem schnellen und brutalen Sieg, da ihr Einfluss auf die Timoresen den Widerstand bereits geschwächt hatte.[16] Fernandes führte den Feldzug mit nur 90 portugiesischen Musketieren durch. Unterstützt wurde er aber von zahlreichen timoresischen Kriegern.[17] Fernandes zog zunächst durch das Gebiet von Sonba'i und eroberte bis 1642 das Königreich Wehale, das als religiöses und politisches Zentrum der Insel galt. Mehrerer Herrscher in Westtimor traten anschließend zum Christentum über und leisteten einen Schwur zur Loyalität gegenüber der portugiesischen Krone, so beispielsweise der Herrscher von Kupang. Timor erhielt daraufhin den Namen Ilha de Santa Cruz (Insel des Heiligen Kreuzes), den die Insel lange Zeit behielt. Um 1640 hatten eine Handvoll Priester bereits zehn Missionen und 22 Kirchen auf Timor gegründet.[13] 1644 waren auch die Liurais von Luca und Açao christianisiert. 1647 wurde António de São Jacinto Generalvikar auch für Timor. 1698 kam der Dominikaner Manuel de Santo António nach Timor.[18] Durch seine erfolgreichen Missionierungsversuche um 1700 kamen auch Luca und seine Nachbarreiche im Südosten der Insel unter portugiesischen Einfluss.[10][19] 1701 wurde er von Papst Clemens XI. zum Bischof von Malakka ernannt und residierte bis 1722 in Lifau. Manuel de Santo António gilt somit als erster Bischof auf Timor.[20] Missionierung und wirtschaftliche Interessen gingen dabei Hand in Hand. Die Niederländer hatten andererseits keine Probleme, mit Herrschern zusammenzuarbeiten, die auch mit Gewalt gegen die Christianisierung Timors vorgingen.[10]

Vormachtstellung der Topasse

Timoresische Krieger im 17. Jahrhundert (J. Nieuhof)

Nach dem Sieg gegen Wehale nahm die Einwanderung der Topasse weiter zu. Um 1642 lebte bereits eine große Anzahl von Topasse auf Timor, deren Zentrum Lifau wurde, die portugiesische Hauptbasis auf der Insel. Auch ihr Führer, der später den Titel eines Generalkapitän (Capitão-mor) führte, residierte ab dieser Zeit zumindest zeitweise in Lifau.[10] Von hier aus schlossen die Topasse durch Blutschwüre Bündnisse mit den ehemaligen Vasallen Wehales.[11] Dabei wurde das Blut der Schwurpartner vermischt und getrunken.[10] Als Zeichen des Bundes wurden den timoresischen Herrschern eine Flagge Portugals, ein Schwert und Rüstungsteile übergeben, die gemäß der traditionellen Vorstellung heilige Symbole der Stärke Portugals darstellten. Durch die Übergabe an die Liurais sollte ein Teil dieser Stärke auch auf die lokalen Herrscher übergehen. Die Oberhoheit der portugiesischen Krone wurde anerkannt, allerdings ging dies nicht einher mit der Übergabe von politischer oder wirtschaftlichen Macht. Die Liurais blieben die eigentlichen Herrscher ihrer Reiche.[11] Doch auch wenn diese Reiche nun nominell Verbündete der Portugiesen waren, hielten in Wirklichkeit die Topasse alle Fäden der Macht zusammen. Im 17. Jahrhundert gab es im portugiesischen Einflussbereichs Timors nie mehr als 50 Europäer. Die Expansion und Herrschaft ging von den schwarzen Portugiesen aus.[10]

1640 bauten die Niederländer nahe Kupang ihre erste Festung auf Timor und die politische Teilung der Insel begann. Die Bucht von Kupang galt als der beste natürliche Hafen der gesamten Insel. Seit 1642 schützte wieder ein einfaches Fort den portugiesischen Posten. An ihm scheiterten 1644 zwei niederländische Angriffe. Zur besseren Verteidigung bauten die Dominikaner unter António de São Jacinto 1647 eine neue Festung. 1653 zerstörten die Niederländer den portugiesischen Posten, die danach erneut errichtet wurden. 1655 erhob sich überraschend der bis dahin mit Portugal verbündete Herrscher von Sonba'i gegen die Portugiesen. Er tötete alle Portugiesen in seinem Gebiet und zündete ihre Häuser und Kirchen an. Danach verbündete sich Sonba'i mit den Niederländern. Ein Verlust für die Portugiesen, denn das Reich war eines der prestigereichsten im Westen der Insel. Hintergrund der Rebellion scheinen die persönlichen Aversionen des als aggressiv beschriebenen Liurais von Sonba'i gegen die Portugiesen zu sein. Zudem wendete sich der Angriff gegen die Missionierung der animistischen Einwohner.[10] Am 27. Januar 1656 eroberten die Niederländer schließlich den portugiesischen Posten in Kupang mit einer starken Streitmacht unter General Arnold de Vlamigh van Outshoorn. Allerdings mussten sie sich gleich wieder aufgrund von schweren Verlusten aus der Festung zurückziehen, nachdem sie den Topasse außerhalb Kupangs gefolgt waren. Eine herbe Niederlage mussten die Niederländer auch 1658 einstecken, als Portugiesen und Topasse das Reich von Sonba'i total vernichteten. Einige Bewohner von Sonba'i siedelten sich daraufhin bei den Niederländern in Kupang an.[10] Wenn Liurais von den Portugiesen abfielen, entsandten diese verbündete, timoresische Krieger, wie zum Beispiel aus Amarasi. Hier nutzte die Kolonialmacht die timoresische Tradition der Kopfjagd, die einen ständigen Kriegszustand zwischen verschiedenen Reichen bedeutete; ein Maßnahme, die man bis in das 20. Jahrhundert anwandte.[10] Wie Sonba'i ging es vor allem 1658, 1683 und 1688 auch anderen Reichen, die sich gegen die Portugiesen und Topasse auflehnten, wie zum Beispiel Taebenu. Ihre Einwohner mussten aus ihrer Heimat fliehen und siedelten um nach Kupang. Aus ihnen rekrutierten sich die Niederländer ohne große Anstrengungen neue Verbündete.[10] Bis 1688 schloss die Niederländische Ostindien-Kompanie (VOC) Verträge mit den fünf kleinen Herrschern in der Umgebung von Kupang, den „fünf loyalen Alliierten“ in Sonbai Kecil, Kupang-Helong, Amabi (1665), Amfo'an (1683) und Taebenu (1688). 1661 schloss die VOC zunächst eine Vereinbarung mit Portugal, in der im Gegenzug für den Bestand des niederländischen Postens bei Kupang, die Kompanie die portugiesische Oberhoheit über den Großteil Timors anerkannte.[17] Die niederländische Einflusssphäre blieb vorläufig auf diese Region Timors beschränkt, wenn man von Maubara absieht, das sich 1667 mit den Niederländern verbündete. 1688 gelang den Niederländern schließlich die Eroberung Kupangs.[21] Einer weiteren Expansion standen zunächst die durch die Topasse mit Portugal verbündeten Atoni-Reiche von Amanubang und Amarasi entgegen, die im ständigen Kriegszustand mit den fünf loyalen Alliierten standen.[10]

Timor und Nachbarinseln im 17. und 18. Jahrhundert

1650 warnten die Portugiesen christliche Timoresen davor, mit anderen als ihnen Handel zu betreiben. Zwischen 1665 und 1669 wurden mehrere Reiche von den Portugiesen angegriffen, die politische oder wirtschaftliche Beziehungen mit den Niederländern oder Händlern aus Makassar hatten. Wehale versuchte 1665 die Händler aus Makassar als Verbündete zu gewinnen und weiter im Osten hatten diese bis 1668/69 einen großen Einfluss in Ade und Manatuto. Durch den Verlust von Malakka 1641 und Makassar 1665 gewann Macao für die Portugiesen auf Timor immer mehr an Bedeutung als Verbindung zur Außenwelt. Etwa 20 Dschunken liefen jährlich die Insel an und brachten Reis und Tauschwaren. Chinesische Händler etablierten in den befriedeten Gebieten Handelsbeziehungen mit den Timoresen und begannen sich auch auf Timor niederzulassen – zuerst in Kupang und Lifau, später auch in Dili. Sie kontrollierten einen Großteil des Handels mit Macao, inklusive eines regen Schmuggels. Ab den 1740ern handelten sie direkt mit den Timoresen und brachen so die Handelsmacht der Topasse. Für Macao wurde der Handel mit Timor zur Haupteinnahmequelle, zumal man den lukrativen Handel mit Japan 1639 verloren hatte. Bis 1695 verteilte der Senat von Macao Handelslizenzen, so genannte pautas do navio. Danach wurde der Laderaum der Schiffe aufgeteilt. Ein Drittel stand dem Schiffseigner zur Verfügung, während zwei Drittel zu Gunsten verschiedener Bürger Macaos beladen wurden, vom Generalkapitän bis hin zu Witwen und Waisen. Dieses System wurde von den Schiffseignern als Vorteil gesehen und hatte fast hundert Jahre Bestand.[10][11]

Im späten 17. Jahrhundert wurden mehrere Versuche der portugiesischen Krone vereitelt, die Kontrolle über das gesamte Timor zu gewinnen. 1665 (1664?)[22] wurde der portugiesische Kommandant Simão Luis zum ersten Capitão-Mor von Solor und Timor ernannt, doch der in Larantuka Geborene starb noch vor der offiziellen Amtseinführung.[14] Ihm folgte António da Hornay, ein Hauptmann der Topasse, womit der Titelinhaber praktisch mit dem Herrscher und Oberbefehlshaber der Topasse gleichgesetzt wurde. Die Topasse-Familienclans der Hornays (auch Ornai, Horney) und der Costas wurden die eigentlichen Machthaber in der Kolonie. Die Rivalität zwischen den beiden Clans nutzten wiederum die Portugiesen. Der portugiesische Vizekönig in Goa hatte 1666 gleichzeitig den gleichen Brief auch an António da Hornay und Mateus da Costa gesandt, mit dem er sie jeweils zum Capitão-mor und seinem Repräsentanten erklärte, sofern derjenige die Macht innehabe. Diese lag zu jenem Zeitpunkt bei António, Mateus akzeptierte dies aber nicht und berief sich dabei auf eine frühere Ernennung.[23] Zwischen 1668 und 1670 unterwarf Mateus da Costa für Portugal mehrere Königreiche der Tetum im Küstengebiet Belus.[10] Von 1671 an konnte Mateus auch den Titel des Capitão-Mor für sich beanspruchen,[22] doch starb er 1673.[24] Nach einem kurzen Intermezzo durch Manuel da Costa Vieira gewann António da Hornay noch im selben Jahr den Titel zurück[22] und regierte de facto als Fürst über Larantuka, Solor und Teile Timors. Er wird von den Niederländern als so rücksichtslos beschrieben, dass sie hofften, die Timoresen würden sich deswegen gegen ihn und die Portugiesen wenden. Stattdessen sahen sich die Niederländer einer der wenigen Rebellionen in dieser Zeit auf ihrem Gebiet gegenüber. 1678 verbündete sich Raja Ama Besi von Kupang mit den pro-portugiesischen Amarasi um dem Nachfolger auf seinen Thron anzugreifen.[10] Nach dem Tod von António da Hornay 1693 wurde er von Pater António de Madre de Deus und schließlich von seinem Bruder Francisco da Hornay abgelöst.[22] Schließlich kam es zur Vereinigung der Hornays und der Costas durch die Heirat von Francisco da Hornay mit einer Tochter von Domingos da Costa, dem Sohn von Mateus.[18]

Die Topasse sahen sich von mehreren Seiten bedroht, einmal durch portugiesische Händler, die durch die Krone eine Erlaubnis erhielten die Kontrolle über den Sandelholzhandel zu übernehmen, dann durch die Dominikaner, die versuchten, eine eigene unabhängige Machtbasis auf Timor aufzubauen und schließlich durch einheimische Kleinkönige, die regelmäßig rebellierten, sowohl gegen die Topasse als auch gegen die Portugiesen. Jedoch einte alle der Kampf gegen die Expansion der Niederländer. Zumeist gelang es den Topasse auch durch immer wieder neue Bündnisse rebellische Herrscher zu besiegen. In einem Bericht der VOC aus dem Jahre 1689 heißt es:

Zeichnung der Küste Timors von William Dampier, 1699

„Der Capitão-mor […] verteilt manchmal einige Kleider und anderes an wichtige Könige. Wenn hier und da eine Rebellion ausbricht, nutzt er die Soldaten im Krieg, zusammen mit anderen Timoresen, denn auf dieser Insel gibt es viele Könige, von denen jeder seinen eigenen Distrikt hat. So kann er [der Capitão-mor] sie leichter benutzen, wenn sich diese oder andere erheben, um sie wieder zur Räson zu bringen, ohne maßlose Kosten aufbringen zu müssen. Daneben teilt er die geringe und große Beute mit den obengenannten Kriegern, so dass all jene einen Nutzen haben, die seinem Ruf zu den Waffen gefolgt und gegen die Rebellen gezogen sind. Auf diesen Weg können sie [die Topasse] (wenn sie nicht von einem äußeren Feind angegriffen werden) die Distrikte hier in der Umgebung, und speziell auf der Insel Timor, in strikter Loyalität halten, ohne dass sie Hilfe von den weißen Portugiesen brauchen.[25]

Auch wenn man sich „Untertan des portugiesischen Königs“ nannte, so herrschten die Topasse, nicht Portugal über die Besitzung. Portugiesische Offiziere auf Timor erhielten vom Capitão-Mor nur eine Lizenz zur Gewinnung von Sandelholz und einen kleinen Tribut, den die ansässige Bevölkerung stellen mussten. Diese tuthais bestanden aus Reis, Schweinen und anderen Naturalien.[10] Europäische Portugiesen bildeten ohnehin eine verschwindende Minderheit auf Timor. Der englische Reisende William Dampier beobachtete 1699:

„...obwohl sie darauf Wert legen portugiesisch genannt zu werden und ihre Religion in Ehren halten, sind die meisten Männer und alle Frauen, die hier leben Inder [Südostasiaten]; und es gibt auf der ganzen Insel nur sehr wenige echte Portugiesen. Von jenen aber, die sich selbst als Portugiesen bezeichnen, gibt es Tausende; und ich glaube, dass sie ihre Stärke mehr ihrer Anzahl, als guten Waffen oder Disziplin verdanken.[10]

1695 versuchte der Vizekönig in Goa erneut die Kontrolle zurückzugewinnen und setzte als ersten Gouverneur von Solor und Timor António de Mesquita Pimentel (1696 bis 1697) ein. Doch er zog schnell den Zorn der Einheimischen auf sich. Er plünderte sie schamlos aus und ermordete zwei Kinder von Francisco da Hornay.[14] 1697 wurde Domingos da Costa neuer Capitão-mor[10] und legte schließlich Pimentel in Ketten und ließ ihn nach Goa zurückschicken.[26] Domingos da Costa sah sich aber immer wieder mehreren Rivalen ausgesetzt.[23][27] Pimentels Nachfolger André Coelho Vieira wurde von Domingos da Costa 1698 bereits in Larantuka gefangen genommen und nach Macao zurückgeschickt.[14] Erst der 1701 vom Vizekönig in Goa entsandte António Coelho Guerreiro (1702 bis 1705) konnte sich mit Unterstützung von Bischof Manuel de Santo António in Lifau etablieren, auch wenn die Mehrheit der Topasse sich feindlich gegenüber ihm stellten. Zwar sorgte er innerhalb Lifaus für Ruhe und Ordnung, doch während seiner dreijährigen Amtszeit wurde er praktisch ständig durch die Costas belagert.[10][28]

Flag Portugal (1830).svg  Gouverneure von Portugiesisch-Timor  Flag of Portugal.svg
Siehe Liste der Gouverneure von Portugiesisch-Timor

Am 20. Februar 1702 begann Guerreiro mit seinem Dienst in Lifau. Damit waren die Dominikaner von der Administration der Besitzung offiziell entbunden. Guerreiro baute eine koloniale Verwaltung auf und vergab den Liurais den militärischen Rang eines Coronel (Oberst). Eine Tradition, die bis zum Ende der portugiesischen Kolonialzeit auf Timor 1975 fortgeführt wurde. Bis 1705 hielt Guerreiro durch, bevor er abziehen musste. Nach Manuel de Santo António (1705) übernahm Lourenço Lopes (1705 bis 1706) die Verwaltung der Kolonie. Ihm folgte Manuel Ferreira de Almeida (1706 bis 1708 und 1714 bis 1715), der nicht in der offiziellen Liste der Gouverneure erscheint und wahrscheinlich ein Rivale Domingos da Costas war.[28] Die Portugiesen kehrten nach Lifau zurück, aber ihre Macht blieb eingeschränkt. Manuel de Santo António sorgte bei Domingos da Costa dafür, dass der neue portugiesische Gouverneur Jácome de Morais Sarmento (1708 bis 1710) wieder anerkannt wurde. Doch es kam zum Streit zwischen Morais Sarmento und Manuel de Santo António. Morais Sarmento ließ 1708 gegen jedes Recht Dom Mateus da Costa, den Liurai von Viqueque, festnehmen und erniedrigte ihn. Manuel de Santo António hatte selbst den Herrscher zum Christentum bekehrt, doch Morais Sarmento empfand ihn als „zu unabhängig“ und wollte ihn ersetzen. Domingos da Costa belagerte daraufhin Lifau bis 1709. Manuel de Santo António rettete die Situation, indem er in das Lager von Domingos da Costa ging und den Topasse-Herrscher überredete sich doch wieder unter die portugiesischen Krone zu stellen.[10][14] Der nachfolgende Gouverneur Manuel de Souto-Maior (1710 bis 1714) rehabilitierte Dom Mateus, aber das Bündnis zwischen Klerus und Zivilverwaltung war zerstört.[19] Die Topasse beherrschten weiterhin den Sandelholzhandel im Inselinneren. Manchmal arbeiteten Portugiesen und Niederländer zusammen, um Topasse und Timoresen wieder unter Kontrolle zu bringen.

Zusammenbruch der Topasse-Herrschaft und Vertreibung der Portugiesen nach Dili

Die Belagerung Cailacos 1726

Nach einem erneuten Zwischenspiel von Manuel Ferreira de Almeida, das tödlich endete, hatte Domingos da Costa (1715 bis 1718) selbst die Kontrolle über die Kolonie inne, bis sie wiederum vom neuen Gouverneur aus Portugal Francisco de Melo e Castro (1718 bis 1719) übernommen wurde. 1719 trafen sich die Liurais von etwa einem Dutzend Reichen in Camenaça, um einen Blutpakt zu schließen. Ziel des Bundes war die Vertreibung der Portugiesen und des Christentums insgesamt. Der Camenaça-Pakt (Camnace-Pakt) gilt als Beginn der Cailaco-Rebellion (1719 bis 1769). Gouverneur Melo e Castro musste fliehen und Bischof Manuel de Santo António übernahm die Amtsgeschäfte (1719 bis 1722). Doch auch zwischen Manuel de Santo António und den Topasse kam es zum offenen Konflikt. 1722 sandte der Bischof Arraias, wie timoresische Hilfstruppen genannt wurden, aus Amakono (Groß-Sonba’i) gegen die Topasse aus. Die Amakono wurden abgeschlachtet. Gleichzeitig kämpften andere Arrais gegen Rebellen in Belu. Krieger von Luca attackierten einen Trupp von Moradores, die die Fintas einsammelten und sich auf Weg von Lifau nach Cailaco befanden. Fintas waren Tributzahlungen der mit Portugal verbündeten Reiche in Form von Naturalien, wie sie auch zwischen den timoresischen Herrschern üblich waren. Auslöser war weniger die Verpflichtung zur Zahlung, die zwischen 1710 und 1714 eingeführt wurde, als die Gewalt, mit der die Abgaben eingesammelt wurden.[10][29] Erst Gouverneur António Moniz de Macedo (1725 bis 1728 und 1734 bis 1741) sollte am 10. Juli 1737 erstmals schriftlich eine Regelung über die Erhebung von Fintas festsetzen. Bis dahin wurden die Abgaben ziemlich willkürlich erhoben und teilweise deckten die Einnahmen nicht einmal die Kosten der Eintreibung. Die Idee einer Kopfsteuer wurde zunächst aufgegeben und erst Anfang des 20. Jahrhunderts wieder aufgegriffen und umgesetzt. Im selben Jahr traf der neue portugiesische Gouverneur António de Albuquerque Coelho (1722 bis 1725) in Lifau ein. Dieser verbannte Bischof Manuel de Santo António, der als schwieriger Charakter galt, von Timor. Er sollte bis zu seinem Tod 1733 nicht wieder auf die Insel zurückkehren. Die Verbannung von Manuel de Santo António führte zu Problemen, denn viele timoresische Verbündete hatten wenig Interesse für einen Gouverneur zu kämpfen, der ihren verehrten Bischof fortgeschickt hatte. Albuquerque Coelho wurde drei Jahre lang von den Topasse unter Francisco da Hornay II. in Lifau belagert, ebenso wie für längere Zeit sein Nachfolger Macedo.[10][23]

Ein großes Problem für die Verwaltung der Kolonie waren die langen Entscheidungswege. 1723 beschwerten sich Händler aus Macao beim Vizekönig in Goa, dass Steuern, die Albuquerque Coelho für den Sandelholzhandel eingeführt hatte, die Fahrt zu den Inseln unrentabel machen würde. Die Beschwerde wurde an den König in Portugal weitergeleitet, der sie erst im August 1725 über seinen Staatssekretär an den Ministerrat im Überseeministerium zur Prüfung überwies. Nachdem dieser die Steuern als übertrieben einschätzte, wurde schließlich am 23. März 1726 der Vizekönig in Goa angewiesen, die Steuern wieder abzuschaffen.[30]

„A Topas or Mardick with his wife“ (J. Nieuhof im 17. Jahrhundert)

1725 brach die Rebellion mit aller Kraft aus, als der Liurai von Lolotoe ablehnte, seine Fintas zu zahlen und die portugiesischen Eintreiber nur mit Mühe nach Batugade fliehen konnten. Unter der Führung von Camenaça wurden Kirchen zerstört und Missionare und konvertierte Timoresen ermordet. Der gerade erst neu eingetroffene Macedo versuchte mit den Rebellen zu verhandeln, entsandte dann aber Truppen nach Cailaco, das als das Hauptquartier der Rebellen angesehen wurde. Die Pedras de Cailaco (Felsen von Cailaco), Klippen, die auf bis auf 2.000 m ansteigen und so dem Reich eine natürliche Festung boten, galten als uneinnehmbar. Über 40 Tage belagerten die Portugiesen Cailaco vom 23. Oktober bis 8. Dezember 1726, mussten dann aber, auch aufgrund schwerer Regenfälle, aufgeben. Am 13. Januar 1727 lenkten einige Rebellenführer ein und unterzeichneten ein neues Bündnis mit den Portugiesen. 1730 zog Gouverneur Pedro de Melo (1728 bis 1731) nach Manatuto und musste dort den Angriff durch 15.000 Krieger abwehren. Nach 85 Tagen gelang es ihm, die Belagerung zu durchbrechen. Zwar konnte er die Rebellen aus dieser Region nicht vertreiben, er schloss aber Bündnisse mit dem Liurai von Manatuto und anderen lokalen Herrschern – ein Umstand, der die spätere Verlagerung der kolonialen Hauptstadt von Lifau nach Dili erleichtern sollte. Bei seiner Rückkehr musste Melo feststellen, dass Topasse und Timoresen wieder Lifau belagerten. Nur das rechtzeitige Eintreffen von Melos Nachfolger Pedro de Rego Barreto da Gama e Castro (1731 bis 1734) verhinderte, dass die Portugiesen Lifau aufgeben mussten. Gama e Castro gelang es bis 1732 mit Camenaça und anderen wieder Frieden zu schließen, aber immer wieder brachen neue Rebellionen aus. Als António Moniz de Macedo zu seiner zweiten Amtszeit 1734 antrat, wurde er überraschend freundlich vom Topasse-Führer und Capitão-Mor Gaspar da Costa begrüßt. Nochmals kam es 1737 zum Bündnis zwischen Portugiesen und Topasse.[27]

Dreimal versuchten die Topasse, die Niederländer von Timor zu vertreiben: 1735, 1745, 1749.[23] 1748 hatte Amfo'an die Topasse angegriffen, worauf diese Amanubang und Amakono verwüsten. Beide wechselten daraufhin in das Lager der VOC.[10] Amakonos Herrscher floh mit seinen Männern nach Kupang, was als einer der Auslöser für den gemeinsamen Angriff von Portugiesen und Topasse am 18. Oktober 1749 auf Kupang gilt.[31] Dieser endete, trotz Übermacht, in einem Desaster. Die Niederländer hatten ihre timoresischen Verbündeten und Marjdikers von Solor, Roti und Semau zur Hilfe gerufen. Die Marjdikers waren eine Mischbevölkerung aus verschiedenen „indischen Völkern“, die sich im Gegensatz zu den Topasse nicht zum katholischen Glauben bekannten. Sie etablierten sich im Handel zwischen den Inseln und unterstützten die Niederländer. Bei der Schlacht von Penfui (heute liegt dort der Flughafen Kupangs), am 9. November 1749 scheiterete ein letzter Versuch die Niederländer aus Kupang zu vertreiben. Eine Streitmacht von 50.000 Mann unter Führung von Gaspar da Costa gelang es nicht die 23 europäischen Soldaten und einige hundert einheimischen Verteidiger zu besiegen. Gaspar da Costa und viele weitere Führer wurden der Topasse getötet. Insgesamt sollen 40.000 Krieger der Topasse und ihrer Verbündeten umgekommen sein. Andere Literaturquellen sprechen von nur 2.000 Toten. In Folge der Niederlage brach die Herrschaft von Portugiesen und Topasse in Westtimor zusammen. Sogar Amarasi, einer der treusten Verbündete der Portugiesen wechselte die Seiten. Im April 1751 erhoben sich erneut Liurais aus Servião; einer Quelle nach soll Gaspar erst hier den Tod gefunden haben.[10][23][17]

In den folgenden Jahren schwankten die neuen Verbündeten der Niederländer nochmals. Topasse und Portugiesen konnten die Reiche von Amarasi und Amakono mit großen Versprechungen wieder zu einem Bündnis bewegen. Katholische Priester arbeiteten nach niederländischen Quellen mit „den schönsten Versprechungen“ und „den dunkelsten Drohungen“.[10] Im März 1752 griffen die Niederländer das Reich von Amakono, kurz darauf auch Amarasi und das Topasse-Reich von Noimuti an. Diesen Angriff führte der Deutsche Hans Albrecht von Plüskow, der niederländischer Kommandant von Kupang.[23] Der Kaiser von Amakono wurde nach Batavia ins Exil geschickt. Der Liurai von Amarasi ließ, eingekreist von seinen Feinden, sich und alle Frauen und Kinder von den eigenen Leuten töten. Über hundert Menschen starben.[10] In Noimuti nahm Plüskow 400 Gefangene und eroberte 14 Kanonen.[17]

Auf Betreiben des italienischen Diplomaten Johannes Andreas Paravicini[10] schlossen 48 Kleinkönige Solors, Rotis, Sawus, Sumbas und einem Großteil Westtimors 1756 Bündnisse mit der Niederländischen Ostindien-Kompanie. Dies war der Beginn der niederländischen Herrschaft im heute indonesischen Westtimor. Unter den Unterzeichnern war auch ein gewisser Jacinto Correa (Hiacijinto Corea), König von Wewiku-Wehale und Großfürst von Belu, der auch im Namen von 27 ihm traditionell unterstehenden Reiche im Zentrum Timors den dubiosen Vertrag von Paravicini unterschrieb.[23] Zum Glück für die Portugiesen war Wehale nicht mehr mächtig genug, alle lokalen Herrscher auf die Seite der Niederländer zu ziehen. So blieben die östlichen ehemaligen Vasallen Wehales unter der Flagge Portugals, während Wehale selbst unter niederländische Herrschaft fiel. 16 der 27 Reiche befinden sich heute im Gebiet Osttimors.

Bericht vom Tod von Gouverneur Dionísio Gonçalves Rebelo Galvão 1765

1759 entschied sich Gouverneur Vicento Ferreira de Carvalho (1756 bis 1759), aufgrund der Situation aufzugeben und Lifau eigenmächtig an die Niederländer zu verkaufen. Als die Niederländer 1760 unter Hans Albrecht von Plüskow aber Besitz von dem Ort nehmen wollten, sahen sie sich einer Streitmacht der Topasse gegenüber. Von Plüskow wurde von Francisco da Hornay III. und António da Costa ermordet. Inwieweit der neue portugiesische Gouverneur Sebastião de Azevedo e Brito (1759 bis 1760) an der Abwehr beteiligt war, ist in den Quellen widersprüchlich angegeben.[23][32] Das Verhältnis zwischen Gouverneur und Dominikaner hatte sich zu diesem Zeitpunkt deutlich verschlechtert. Schließlich ließ der Dominikaner Jacinto da Conceição den Gouverneur Azevedo e Brito arrestieren und schob ihn nach Goa ab.[14][33] Bruder Jacinto da Conceição übernahm zusammen mit einem Regierungsrat (Conselho Governativo) mit Vicente Ferreira de Carvalho und Dom José, dem Liurai von Alas die Verwaltung der Kolonie (1760 bis 1761). Doch Jacinto da Conceição wurde von einem Mitverschwörer ermordet.[14][33] Ab 1762 wurde der Regierungsrat von Bruder Francisco de Purificação und Francisco da Hornay III. geführt. 1763 traf der neue Gouverneur Dionísio Gonçalves Rebelo Galvão auf Timor ein, doch er starb am 28. November 1765. Er wurde von Francisco da Hornay III. vergiftet.[33] Wieder übernahmen die Dominikaner, diesmal unter António de São Boaventura mit José Rodrigues Pereira, die Verwaltung der Kolonie. Da Francisco da Hornay III. von der Macht ausgeschlossen wurde, belagerte er ab 1766 Lifau. Mit seinem Verwandten António da Hornay II. schloss Francisco ein Bündnis und beendete so die zeitweilige Teilung der Topasse mit dem Ziel, die Portugiesen endgültig von Timor zu vertreiben.[23][32][34]

1768 landete in Lifau der neue portugiesische Gouverneur António José Teles de Meneses (1768 bis 1776) mit einem Bataillon, das in Sikka rekrutiert wurde.[14] Doch auch diese Verstärkung brachte keine Wende mehr. Angesichts der andauernden Belagerung gab Teles de Meneses Lifau am 11. August 1769 schließlich auf und verließ auf Schiffen mit 1.200 Menschen[17] Lifau in Richtung Osten. Am 10. Oktober begann der Gouverneur mit dem Ausbau Dilis zum neuen Verwaltungssitz. Kurz darauf schworen hier 42 Liurais Portugal die Treue, darunter der einflussreiche Dom Felipe de Freitas Soares, Herrscher von Vemasse und Dom Alexandre, Herrscher von Motael, der Portugal vertraglich die gesamte Ebene von Dili bis zu den umgebenden Bergen übertrug. Durch die vorhergehenden Kontakte der Dominikaner mit den timoresischen Herrschern, wobei bereits Missionen in Manatuto und Viqueque gegründet worden waren, konnte sich Portugal zu dieser Zeit auf eine relativ große Unterstützung durch die Liurais stützen. Dies war später nicht mehr der Fall. Francisco da Hornay bot den Niederländern Lifau an, doch diese lehnten nach reiflicher Überlegung ab.[23]

Das Ringen um die endgültige Grenze

Portugiesische Kanone am Hafen von Dili
Kanone im niederländischen Fort von Maubara

Zur Gründungszeit Dilis herrschte auf Timor ein Gleichgewicht der Kräfte zwischen Portugiesen, Holländern und Topasse. Portugal beherrschte die Nordküste Timors von Batugade bis Lautém, mit Ausnahme von Maubara, wo die Holländer 1756 ein Fort errichtet hatten. Die portugiesische Herrschaft stützte sich auf einheimische Verbündete. Südlich von Dili waren es Motael, Dailor, Atsabe und Maubisse. Westlich unterstützten die Reiche Ermera, Liquiçá und Leamean die Portugiesen. Im Osten fanden sie Verbündete in Hera und Vemasse. Die Grenze zu Westtimor sicherten die Reiche von Servião, Cowa und Balibo und im Südosten, jenseits der Bergkette, zählten zu dieser Zeit die Reiche von Samoro, Lacluta und Viqueque zu den Alliierten Portugals. Lücken im Bündnissystem fanden sich aber an der Südküste und im Osten. Grundsätzlich war Timor nun in einen Machtbereich der Niederländer im Westen, ausgenommen dem Gebiet der Topasse, und eine portugiesische Einflusssphäre im Osten geteilt.

Die Sandelholzvorkommen auf der Insel hatten bereits um 1710 aufgrund der übermäßigen Abholzung deutlich abgenommen. Durch die Cailaco-Rebellion und den Einstieg chinesischer Händler aus Kanton in den Handel zwischen China, Timor und Batavia im Jahr 1723 wurde der Handel von Macao aus unprofitabel. Und auch die Niederländische Ostindien-Kompanie entschied sich 1752 angesichts deutlicher Verluste, ihr Monopol auf den Sandelholzhandel aufzugeben und jedem gegen eine Kommission zu erlauben, Sandelholz zu schlagen. Folge war, dass der Sandelholzhandel endgültig unter die Kontrolle chinesischer Händler fiel. Nur noch ein bis zwei Schoner liefen Kupang jährlich von Batavia aus an und brachten verschiedene Stoffe, die sie gegen Wachs, Schildkrötenpanzer, etwas Sandelholz und Bohnen eintauschten. Laut einem französischen Bericht von 1782 reichte der Profit gerade mal aus, um die Kosten zu decken. Gouverneur João Baptista Vieira Godinho (1785 bis 1788) versuchte, das chinesische Monopol zu brechen, indem er einen freien Handel zwischen Timor und Goa befürwortete. 1785 hatte Dili, zumindest nominell, die Hoheit über die Handelszölle in Portugiesisch-Timor. Dies war wichtig, weil die Gehälter des Gouverneurs und der Beamten von diesen bestritten wurden – ein Umstand, der später zu Zahlungsschwierigkeiten führen sollte. An der Nordküste entstanden mehrere Zollstationen, die auch den Besitzanspruch der Portugiesen dokumentierten. Durch die Handelserleichterungen siedelten sich nun vermehrt auch portugiesische und armenische Familien an.

1781 erhob sich das Reich von Luca, aufgrund von Repressionen gegen die animistischen Religion, in einer mehrere Jahre dauernden Revolte gegen die portugiesischen Kolonialherren, die der „Krieg der Verrückten“ (port.: guerra de loucas, auch guerra de doidas) genannt wurde. Anführer der Rebellen war ein so genannter „Prophet“ oder „maniaco“ (Verrückter), der sich für unverwundbar hielt. Ähnliche Gruppierungen, die im Kampf versuchen, sich mit magischen Ritualen zu schützen, finden sich noch heute in Osttimor. Die Rebellion wurde von Gouverneur Godinho erfolgreich niedergeschlagen. Auch Lifau konnte Godinho 1787 bewegen, sich wieder unter portugiesische Herrschaft zu stellen. Auf Solor garantierte er dem Topasse-Führer Pedro da Hornay seinen Titel und Status als Generalkapitän, ebenso dessen Neffen Dom Constantino do Rosario, dem König von Solor. Dom Constantino garantierte daraufhin seine Loyalität für Portugal und bot Unterstützung bei der Verteidigung Dilis. Pedro da Hornay ging aufgrund des Bündnisses mit Godinho militärisch gegen die Niederländer vor, was aber zu diesem Zeitpunkt vom Vizekönig von Goa nicht gutgeheißen wurde. Der allgemein als fähiger Gouverneur angesehene Godinho wurde vorzeitig abberufen. Ein Schritt, den Goa später bedauerte. Sein Nachfolger, Gouverneur Feliciano António Nogueira Lisboa (1788 bis 1790) geriet bald in Streit mit dem Vertreter der katholischen Kirche in Manatuto, dem Mönch Francisco Luis Francisco da Cunha. Beide beschuldigten sich gegenseitig unter anderem der Raubüberfälle und des Diebstahls von Zolleinnahmen. Um den Gouverneur loszuwerden, wiegelte der Mönch die Einwohner Manatutos zur Rebellion auf. Christianisierte Timoresen drohten die Revolte auf ganz Belu auszudehnen. Schließlich griff der Vizekönig von Goa durch, ließ beide Männer verhaften und von Timor ausweisen. Der neue Gouverneur Joaquim Xavier de Morais Sarmento (1790 bis 1794) brachte die Lage wieder unter Kontrolle.[35][14] Inzwischen griff der Topasse-Herrscher Pedro da Hornay 1790 im Auftrag Portugals erfolglos Maubara an, womit er nur erreichte, dass das Reich westlich von Dili sein Bündnis mit den Niederlanden erneuerte und als Symbol die Flagge der Niederlande setzte.[36] Auch die Niederländer hatten mit Rebellionen in den 1750ern und 1780ern zu kämpfen. Am schlimmsten war der erneute Verlust von Groß-Sonba'i, das nun als unabhängiges Reich sich zwischen Niederländern und Portugiesen bewegte.[10][31]

Um 1800 verfügte Portugal über etwa 40 Militärposten entlang der Küste und ein Militärlager mit 2000 einheimischen Soldaten, die von portugiesischen Offizieren kommandiert wurden. Teilweise waren diese auch indische Sepoys. Die 50 bis 60 Offiziere lebten zumeist in Dili, einige waren aber auch in den Außenposten stationiert. In erster Linie sollten sie niederländischen Ambitionen im Osten Timors vorbeugen, allerdings war die Befestigung Dilis lange Zeit mangelhaft und die Kanonen befanden sich zumeist in schlechtem Zustand. In Manatuto war eine Kompanie von Moradores stationiert, die Portugals Einfluss im wichtigen Zentrum des Herrschaftsbereichs sicherten. Aufgrund des chronischen Personalmangels wurde für die unteren Ränge in der Verwaltung sogar auf Deportierte aus Goa zurückgegriffen. Aber Timoresen kamen in dieser Zeit auch ungewollt nach Goa. Dom Felipe de Freitas, der uneheliche Sohn des Liurais von Vemasse, wurde 1803 von Gouverneur João Vicente Soares da Veiga (1803 bis 1807) als erster timoresischer Rebell nach Goa verbannt.[35][14] Bis dahin war diese Strafe nicht üblich gewesen. 1807 brach in Venilale eine Revolte aus, als der Liurai Cristóvão Guterres ungerechterweise verhaftet wurde. Erst in Goa wurde er von einem Gericht freigesprochen.[14] 1810 bis 1812 war die Stelle des Gouverneurs vakant und ein Conselho Governativo führte die Geschicke der Kolonie. Die Macht lag in den Händen des Liurai von Motael und dem Bischof, der zu dieser Zeit in Manatuto residierte. Gegen diese Parteien musste sich der neue Gouverneur Vitorino Freire da Cunha Gusmão (1812 bis 1815) zuerst durchsetzen. Zwischenzeitlich rebellierten Lacluta, Maubara und Cailaco 1811 gegen die Tributzahlungen.[14]

Französische Karte Timors aus dem 18. Jahrhundert

Großbritannien hielt zwischen 1811 und 1816 die niederländischen Besitzungen auf Timor besetzt, um französischen Versuche sich im Rahmen der napoleonischen Kriege hier festzusetzen, vorzubeugen. Tatsächlich gab es in Frankreich bereits Ende des 18. Jahrhunderts Überlegungen sich in der Region Gebiete anzueignen, letztendlich wurden diese Bestrebungen aber nie über einige Forschungsexpeditionen hinaus vorangetrieben. Nach der Rückkehr der Oranier auf den niederländischen Thron erhielten die Niederländer am 7. Oktober 1816 ihre timoresischen Besitzungen zurück.[11]

1814 wurden noch mehrere Besitzungen der Portugiesen auf den Kleinen Sunda-Inseln von Dili aus verwaltet. Neben Portugiesisch-Timor waren dies die Reiche von Sikka, Larantuka und Noumba auf Flores, Solor, die beiden Reiche auf Alor, Lembata (Lomblen), Pantar, Adonara und ein paar weitere kleinere Besitzungen. Gouverneur José Pinto Alcoforado de Azevedo e Sousa (1815 bis 1820) musste eine Rebellion in Batugade niederschlagen. Dass die Niederländer die Insel Pantar besetzten, konnte er genauso wenig verhindern,[14] wie die Besetzung Atapupus am 20. April 1818 durch 30 niederländische Soldaten, die im Auftrag von Hazaert, ihres Kommandanten in Westtimor, den Flusshafen im Handstreich in Besitz nahmen und die portugiesische Flagge durch die Flagge der Niederlande ersetzten. Hinter der Besetzung standen Ambitionen chinesische Händler aus Kupang, die sich auf diese Weise die von Portugal geforderten Zölle sparen wollten. Atapupu war ein wichtiger Hafen für kleinere Schiffe und eine Hauptquelle an Zolleinnahmen für die Portugiesen. Gouverneur Alcoforado de Azevedo e Sousa beschwerte sich in Batavia über Hazaerts eigenmächtige Besetzung, sein Bestreben Batugade zu erobern und dafür die lokalen Herrscher und die chinesischen Händler gegen die Portugiesen aufzurühren. Alcoforado de Azevedo e Sousa drohte mit Truppen gegen die Niederländer auf Timor vorzugehen und forderte finanzielle Entschädigungen. Die Kommission befand aber, dass die Portugiesen den Sachverhalt falsch angegeben hätten und rehabilitierte Hazaert, der 1820 in sein Amt in Kupang zurückkehrte. Es wird vermutet, dass sich Portugal für den Verlust revanchierte, indem es den rebellischen Herrscher von Amanubang in Westtimor mit Männern und Waffen unterstützte.

1832 verstarb der langjährige Gouverneur Manuel Joaquim de Matos Góis (1821 bis 1832) in Dili. Ein Conselho Governativo übernahm die Verwaltung, zu dem Francisco Inácio de Seabra, Bruder Vicente Ferreira Varela und José Pereira de Azevedo gehörten. Noch im selben Jahr traf der neue Gouverneur Miguel da Silveira Lorena in der Kolonie ein, doch auch er starb kurz nach seiner Ankunft. Wieder übernahm der Conselho Governativo, indem es aber zum Streit kam. Vicente Ferreira Varela ließ die beiden anderen Mitglieder des Rates verhaften und führte nun die Geschäfte alleine weiter, bis der neue Gouverneur José Maria Marques (1834 bis 1839) in Dili ankam.[37][14]

1838 gründeten die Briten die Siedlung Port Essington im Gebiet des heutigen australischen Northern Territorys. Die Siedler mussten mit vielen Schwierigkeiten kämpfen. Nachdem sie sich schon zuvor von der niederländischen Kolonie auf Kisar mit Nahrungsmitteln versorgt hatten, brachten sie Anfang 1839 Wasserbüffel, Timor-Ponys und einige englische Zeitungen von Dili nach Port Essington. Am 13. Februar besuchte der britische Kommandant Sir James J. Gordon Bremer Dili und versicherte sich vom dortigen Gouverneur Frederico Leão Cabreira (1839 bis 1844) weitere Hilfe für die neue Siedlung aufgrund des alten Bündnis zwischen den beiden Kolonialmächten. Auch wenn Port Essington von den Briten bereits 1849 wieder aufgegeben wurde, bedeutete die Erneuerung der Allianz mit den Briten für Portugal eine zusätzliche Unterstützung gegen den Expansionsdruck durch die Niederländer in dieser Region.

José Joaquim Lopes de Lima, portugiesischer Gouverneur 1851 bis 1852

Am 20. September 1844 wurde Macao zusammen mit Portugiesisch-Timor und Solor als eigenes Generalgouvernement von Goa abgetrennt. Im selben Jahr erklärte man die portugiesischen Häfen Timors zu Freihäfen, das heißt auch Schiffe anderer Nationen durften nun in den Häfen anlegen, um zu handeln. Dili profitierte dabei von den Ein- und Ausfuhrzöllen. 1846 begannen die Niederlande mit Portugal Gespräche über die Übernahme portugiesischer Territorien, doch Portugal lehnte zunächst jedes Angebot ab. 1847 kam es zum Streit um die Zugehörigkeit der Inseln Pantar und Alor. Der Liurai von Oecusse aus dem Hornay-Clan beanspruchte sie als Teil seines Herrschaftsgebiets, die somit unter portugiesische Oberhoheit fielen. Die Niederländer aus Kupang forderten ihrerseits die beiden Inseln. Gouverneur Julião José da Silva Vieira (1844 bis 1848) wies dies zurück und unterstützte den Liurai in seinem Anspruch. Beide Seiten verstärkten ihre Truppen auf Timor, doch es war klar, dass Portugal hier sowohl finanziell als auch kräftemäßig auf verlorenem Posten stand. 1850 schlugen die Niederlande erneut Verhandlungen über die Grenzziehung auf den Kleinen Sunda-Inseln vor.

Aber auch beim Schutz der Kolonie vor äußere Bedrohungen zeigte sich die militärischen Schwäche der Portugiesen. So attackierten 1847 vermutlich buginesische Piraten oder Sklavenjäger einen Ort im Distrikt Lautém, was in dieser Zeit nicht ungewöhnlich war. Gouverneur Silva Vieira entsandte eine Militärexpedition, die aber von den Piraten geschlagen wurde. Drei Soldaten wurden dabei getötet. Noch viereinhalb Monate gelang es dann den 70 Buginesen sich einer Belagerung durch 3.000 Krieger zu erwehren, die die lokalen Herrscher zusammengezogen hatten.[37]

Der nachfolgende Gouverneur António Olavo Monteiro Tôrres (1848 bis 1851) sah sich mit nur 120 (meist timoresischen) Soldaten einem Aufstand eines Abtrünnigen Moradores in Ermera gegenüber. 6000 Krieger verwüsteten Ermera und töteten den dortigen Liurai und 60 seiner Anhänger. Gouverneur Tôrres war gezwungen, den Liurai von Oecussi um Hilfe zu bitten, der daraufhin das mit den Rebellen verbündete Reich von Balibo angriff. Bei dieser Gelegenheit setzten sie in Janilo die portugiesische Flagge, was wiederum die Niederländer auf den Plan rief, die befürchteten, dass der Hafen von Atapupu seine Verbindung zum Landesinneren verliere.[37]

Am 30. Oktober 1850 erhielten die portugiesischen Besitzungen auf den Kleinen Sunda-Inseln den Status einer autonomen Provinz, die direkt Lissabon unterstellt war. Der Grund dafür soll in der Ernennung von José Joaquim Lopes de Lima (1851 bis 1852) zum Gouverneur der Kolonie gelegen haben, der am 23. Juni 1851 in Dili ankam. Er war zuvor bereits einstweiliger Generalgouverneur von Goa (Governador Geral Interino), eine Ernennung zum einfachen Distriktsgouverneur (Governador Subalterno) wäre einer Degradierung gleichgekommen. Ein weiterer Grund war die Entfernung nach Macao, was schnelle Entscheidungen unmöglich machte. Man unterstellte die Kolonie der direkten Kontrolle der Zentralregierung, gründete in Dili einen Regierungs- und Finanzrat und nahm zwei Timoresen in die Kolonialregierung auf.

Lopes de Lima entsandte eine Strafexpedition gegen das Reich von Sarau, das im Verdacht stand, mit den buginesischen Piraten zusammenzuarbeiten. Die Vergeltungsaktion über acht Monate, bei der auch das Kanonenboot Mondego eingesetzt wurde, brachte schließlich eine Entschädigungssumme von 2000 Rupien ein. Die Köpfe der gefallenen Gegner wurden nach Dili zurückgebracht und beim Likurai-Tanz zur Schau gestellt. Die timoresische Praxis wurde von den Portugiesen auch in den folgenden Jahren immer wieder bei Rebellionen zur Abschreckung genutzt.[37]

1851 wurde von Niederländern und Portugiesen eine Kommission entsendet, die die Besitzstreitigkeiten klären sollte. Im Juli einigte sich Lopes de Lima mit Baron von Lynden, dem niederländischen Gouverneur von Kupang, in Dili über die kolonialen Grenzen in der Region, jedoch ohne Autorisierung durch Lissabon. Darin wurden die portugiesischen Ansprüche auf den größten Teil Westtimors endgültig zu Gunsten der Niederländer aufgegeben, wofür die niederländische Enklave Maubara im Osten an Portugal gehen sollte. Solor, Pantar, Alor und der Portugal verbliebene Ostteil von Flores wurden an die Niederländer verkauft. Grund für die eigenmächtige Entscheidung Lopes de Limas war der Bankrott der portugiesischen Kolonie. Die Beamten hatten seit zwei Jahren keinen Lohn mehr erhalten, das Kriegsschiff Mondego war reparaturbedürftig und Lopes de Lima wollte einige Schoner ankaufen, um den Handel wieder in Schwung zu bringen. Daher verlangte er auch eine sofortige Auszahlung einer ersten Rate von 80.000 Florins der 200.000 Florins Gesamtsumme. Man muss Lopes de Lima auch zugute halten, dass die Besitzungen auf Flores eher ein Verlustgeschäft waren und die Wirtschaftsbeziehungen zu den anderen Inseln auch nur noch vage bestanden.

Wie zu erwarten stand, fiel der portugiesische Gouverneur in Ungnade, als Lissabon von dem Vertrag erfuhr, auch wenn die verkauften Gebiete eher eine Last, als ein Gewinn für das portugiesische Kolonialreich darstellten. Am 8. September 1852 traf Lopes de Limas Nachfolger Manuel de Saldanha da Gama (1852 bis 1856) an Bord der Mondego in Dili ein, ließ seinen Vorgänger in Arrest nehmen und schickte ihn nach Lissabon zurück. Lopes de Lima starb allerdings auf der Rückreise in Batavia an einem Fieber.

Niederländisch- (orange) und Portugiesisch-Timor (grün) 1911 (Grenzziehung aus niederländischer Sicht)

Die Kolonie wurde am 15. September 1851 wieder der Oberhoheit Macaos unterstellt, doch die Vereinbarungen mit den Niederländern konnten nicht mehr rückgängig gemacht werden, auch wenn der Vertrag über die Grenzen ab 1854 neu verhandelt und erst 1859 als Vertrag von Lissabon endgültig unterzeichnet wurde. Die verschiedenen kleinen Königreiche Timors wurden unter der niederländischen und portugiesischen Autorität aufgeteilt. Die Niederländer traten Maubara an die Portugiesen ab (April 1861) und erkannten deren Ansprüche auf Oecusse und Noimuti an. Dafür akzeptierten die Portugiesen die niederländische Oberhoheit über Maucatar. Damit hatte der Vertrag einige Schwachpunkte. Mit Maucatar und Noimuti verblieb je eine Enklave ohne Meereszugang jeweils im Territorium der anderen Seite. Zudem waren die ungenauen Grenzen der timoresischen Reiche und ihre traditionellen Ansprüche Grundlage für die koloniale Grenzziehung.

Zwischen 1889 und 1892 wurde behauptet, dass portugiesische Beamte Timoresen im niederländischen Gebiet misshandelt hätten, was zu weiteren Spannungen zwischen den Kolonialmächten führte. Mit der Lissabon-Konvention, die am 10. Juni 1893 unterzeichnet wurde und einer Deklaration vom 1. Juli wurde eine Expertenkommission „zur Entwicklung von Zivilisation und Handel“ und zur Auflösung der noch existierenden Enklaven eingerichtet. Falls es dabei zu Schwierigkeiten käme, sollte ein Vermittler eingeschaltet werden. Die Vorwürfe gegen die portugiesischen Beamten wurden zurückgenommen. Die Kommission besuchte Timor und kam zwischen 1898 und 1899 zu einer Einigung über den Großteil des Grenzverlaufs. Ungelöst blieb vor allem das Problem mit den vom Meer abgetrennten Enklaven Noimuti und Maucatar. Dafür einigte man sich, Ansprüche dritter Nationen zu Gunsten des Vertragspartners gemeinsam zurückzuweisen. Der Wunsch nach einem Vorkaufsrecht für Osttimor war auch der ursprüngliche Grund, weswegen die Niederlande nun erneut in Verhandlungen mit Portugal traten. Es gab Gerüchte, dass Russland und Deutschland eine Kohlestation in Portugiesisch-Timor einrichten wollten, beziehungsweise, dass die Kolonie gegen die Anerkennung portugiesischer Ansprüche in Afrika mit Deutschland, Frankreich oder Großbritannien getauscht werden könnte.[38] Tatsächlich vereinbarten am 30. August 1898 Deutschland und Großbritannien im Angola-Vertrag eine gemeinsame Anleihe für das hochverschuldete Portugal, für welche die portugiesischen Kolonien als Pfand vorgesehen waren. Im Falle einer Zahlungsunfähigkeit, wäre Portugiesisch-Timor an Deutschland gefallen. Bereits 1899 wurde der Vertrag aber durch die Verlängerung der britischen Schutzgarantie für Portugal und all seine Besitzungen unterlaufen.[39]

Kartenserie zum Schiedsspruch des Ständigen Schiedshofs vom 25. Juni 1914 zu den Grenzen auf Timor[38]

Zwischen dem 23. Juni und dem 3. Juli 1902 konferierte man in Den Haag erneut. Es wurde gestritten, ob Oecusse Teil der Lissabon-Konvention über den Austausch der Enklaven sei oder nicht. Portugal widersprach, da das Gebiet einen Küstenverlauf hat und daher nicht unter die Definition einer Enklave falle. Nach der Den Haag-Konvention vom 1. Oktober 1904 sollte Portugal die niederländische Enklave Maucatar erhalten, im Austausch für die Grenzgebiete Tahakay (Tahakai), Tamira Ailala (Tamiru Ailala) und Lamaknen und die portugiesische Enklave Noimuti. Die umstrittenen Gebiete im Osten von Oecusse wurden den Niederländern zugesprochen. Portugal ratifizierte den Vertrag bis 1909, doch dann kam es zum Streit um die Grenzziehung an der Ostgrenze von Oecusse.

Grenzstein von 1915 zwischen Westtimor und Oecusse

Als Portugal im Februar 1911 versuchte mit Truppen Maucatar zu besetzen, sahen sie sich im Juni einer überlegenen niederländischen Streitmacht aus ambonesischer Infanterie, unterstützt von europäischen Soldaten, gegenüber. Am 11. Juni besetzten Portugiesen das umstrittene Territorium von Lakmaras, doch am 18. Juli drangen niederländische und javanische Truppen dort wieder ein. Drei Mosambikaner starben dabei, Unterleutnant Francisco da Costa und seine Männer wurden gefangen genommen. Nach dem Sieg der Niederländer strebten sie nun eine friedliche Einigung an. Die Portugiesen gerieten bald darauf durch die Rebellion von Manufahi in Bedrängnis, was sie verhandlungsbereit machte. Nach einem längerem Briefwechsel zwischen den Kabinetten der Länder kam man in der Konvention von 1913 zur Übereinkunft, die Entscheidung über die Streitigkeiten einem Schlichter zu überlassen. Am 25. Juni 1914 fällte der schweizer Richter Charles Edouard Lardy vom Ständigen Schiedshof in Den Haag einen Schiedsspruch (Sentenca Arbitral).[38] Die Landvermessungsarbeiten wurden im April 1915 beendet. Am 17. August 1916 wurde der Vertrag in Den Haag unterzeichnet, der weitgehend die heute noch bestehende Grenze zwischen Ost- und Westtimor festlegte.[40] Am 21. November wurden die Gebiete ausgetauscht. Noimuti, Maubesi, Tahakay und Taffliroe fielen an die Niederlande.[38] Maucatar an Portugal, was dort eine Panik auslöste. Vor der Übergabe an die Portugiesen zerstörten dort 5.000 Einheimische ihre Felder und siedelten nach Westtimor über. In Tamira Ailala wäre man lieber bei Portugal geblieben, während die Herrscher von Tahakay den Wechsel zu den Niederländern begrüßten. In Noimuti war die Stimmung gespalten. Die Dili vorgelagerte Insel Atauro war bereits im Vertrag von 1859 den Portugiesen überlassen worden, doch erst 1884 wurde die portugiesische Flagge in einer Zeremonie auf der kleinen Insel gesetzt und erst ab 1905 zahlten die Bewohner Abgaben an Portugal.

Es grenzt an Ironie, dass beide Kolonialmächte erst wenige Jahre zuvor einigermaßen Kontrolle über die Gebiete gewonnen hatten, über die sie seit Jahrhunderten stritten. Portugal gelang dies mit dem Sieg über Boaventura 1912, die Niederländer mussten sogar bis 1915 fast jedes Jahr Militärexpeditionen ins Landesinnere entsenden, meist gegen das Reich von Amanubang. Noch 1862 spottete Portugals Gouverneur Afonso de Castro (1859 bis 1863): „Unser Imperium auf dieser Insel ist nichts anderes als Fiktion.“[23]

Das Gerangel um die Grenze zwischen Portugal und den Niederlanden und die Zugehörigkeit der einheimischen Bevölkerung zum Westen oder Osten hat bis in die heutige Zeit reichende Folgen. Verschiedene Ethnien, die Teil des Wehale Königreichs oder dessen enge Verbündete waren, wurden durch die Grenze geteilt. So leben heute Teile der nördlichen Tetum, der Bunak und der Kemak sowohl im indonesischen Westtimor als auch im unabhängigen Osttimor. Traditionell machen sich Teile dieser Völker noch immer Gedanken über ein vereintes Timor. Nutzten die Indonesier früher diese Tendenz, um den Anschluss Osttimors an Indonesien voranzutreiben, so warnte man später in Indonesien vor der Unabhängigkeit Osttimors aus Sorge vor sezessionistischen Tendenzen Westtimors und der Idee eines vereinigten und unabhängigen „Groß-Timors(Timor Raya). Diese Tendenzen sind aber in der Bevölkerung Timors nicht sehr ausgeprägt und auch die großen Parteien Osttimors unterstützen diese Idee nicht.[41]

Koloniale Verwaltung und Kirche

Karte Timors von 1888

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts verfügten die Kolonialmächte nicht über eine wirkliche Regierungsgewalt, sondern mehr über Einflusssphären, in denen die einheimischen Liurais die absolute Macht über ihre Reiche hatten und diese über innenpolitische, wirtschaftliche und rituelle Allianzen der Königreiche und Stammesgebiete festigten. Solche Allianzen wurden in der Regel durch Hochzeiten geknüpft, wodurch die Kolonialmächte bei der Bündnissuche grundsätzlich benachteiligt waren, ein Umstand indem die Portugiesen das größte Hindernis für ihre Kontrolle über Osttimor sahen. Die Niederlande beherrschten 1878 real nur einen schmalen Küstenstreifen an der Bucht von Kupang, in dem hauptsächlich Einwanderer von Roti und Sawu lebten. Ähnlich sah es im portugiesischen Timor aus. Auch nachdem die Portugiesen ihren Einfluss bis in das Inselinnere ausgedehnt hatten, Bestand die Kontrolle über das Gebiet nur indirekt über die Liurais. Portugal nutzte dabei das Prinzip Teile und herrsche, wodurch die Kolonialmacht mit einer geringen Streitmacht seine Herrschaft aufrecht halten konnte. Mit Widerstand und Rebellionen der Liurais war aber ständig zu rechnen, weswegen immer wieder militärische Expeditionen notwendig waren.[40] Zwischen 1847 und 1913 mussten die Portugiesen mehr als 60 bewaffnete Expeditionen entsenden, um die Timoresen im Inselinneren und im Süden endgültig zu unterwerfen. Kriege zwischen den Timoresen, Kopfjagd, Sklavenhandel oder Viehdiebstahl konnten die Portugiesen in dieser Zeit nicht unterbinden. Dafür verstanden auch die Timoresen sich darin, die beiden Kolonialmächte auf der Insel gegeneinander auszuspielen. Drohte eine Strafaktion, wechselten vor allem im Grenzgebiet die Liurais einfach ihren Bündnispartner und stellten sich unter den Schutz der anderen Seite. Allgemein waren die Timoresen nicht sehr angetan von der portugiesischen Präsenz und ihrer militärischen Strenge, weswegen es immer wieder zu Revolten kam. So leisteten die Kemak-Herrscher aus Atsabe (im heutigen Distrikt Ermera) wiederholt Widerstand gegen die Europäer, wobei auch lokale Machtkämpfe eine Rolle spielten. Interessanterweise hatten viele der Revolten gegen die Portugiesen ihren Ursprung im Westen von Osttimor, an der Grenze zu den niederländischen Besitzungen. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts gelang es Portugal zunehmend, seine koloniale Kontrolle auszudehnen.

Zwischen dem späten 19. Jahrhundert und dem frühen 20. Jahrhundert entwickelten die Portugiesen ein neues politisches System für die Kolonie. 1860 teilte Gouverneur Afonso de Castro erstmals die Kolonie mit ihren etwa 150.000 Einwohnern in zehn Distrikte, zu denen 1863 noch Oecussi als elfter dazu kam. Jeder Distrikt wurde einem Kommandanten mit militärischen und zivilen Vollmachten zugeordnet, dessen Aufgaben und Pflichten in 39 Artikeln von Castro festgelegt wurden. Die Kommandanten waren als verlängerter Arm des Gouverneurs für den Frieden in ihren Distrikten verantwortlich und mussten mindestens alle zwei Monate eine Inspektionsreise durch alle Reiche in ihrem Distrikt unternehmen. Dabei mussten sie sich über alle Vorfälle informieren und konnten auch die Bewohner wegen Vergehen bestrafen. Nur gegen die Liurais durfte allein der Gouverneur Strafen verhängen. Die Kommandanten waren zudem für die Steuereintreibung und den Aufbau der Kaffeeanpflanzungen verantwortlich. Jedes Reich musste dem Distriktskommandanten fünf Mann für die Distriktsgarde abtreten. Diese Soldaten erhielten eine europäische Ausbildung, wurden eingekleidet und bewaffnet. Außerdem stellte jedes Reich einen Mann als Diener für den Kommandanten sowie Pferde und Mannschaften für die Inspektionsreise. Geschenke durften die Kommandanten von den Liurais nicht annehmen.[11] 1894 wurde erstmals eine eigene Währung eingeführt, der Pataca, der gleichwertig mit dem Pataca Macaos war.

Ein Morador auf Timor, 1909

Eine reguläre, portugiesische Militäreinheit wurde in der Kolonie erst ab 1818 nach einer Reihe von Aufständen stationiert. Das in Goa aufgestellte Bataillon „Defensor de Timor“ (Verteidiger von Timor) schrumpfte aber infolge von ständigen Verlusten und Schwierigkeiten bei neuen Rekrutierungen bis 1850 auf die Größe einer Kompanie. Gouverneur Luís Augusto de Almeida Macedo (1856 bis 1859) baute die Einheit wieder auf ihre alte Stärke von etwa 300 Mann auf. Afonso de Castro vergrößerte nun die Streitkräfte. Neben den von den timoresischen Reichen abgetretenen Kriegern, plante Castro aus Angola und Mosambik 300 bis 400 afrikanische Soldaten nach Timor zu bringen. Sie vertrugen das Klima besser als Europäer und galten als gehorsamer als die Einheimischen, auch wenn Gouverneur Rafael Jácome de Andrade (1888 bis 1889) festhielt:

„Die Afrikaner, die hierher geschickt werden, sind im allgemeinen unverbesserlich, ungehorsam, der Disziplin abgeneigt und lasterhaft. Die Europäer, wenn sie nicht kommen als Unverbesserliche, sind Freiwillige des Heeres der Metropole [des europäischen Portugals] oder Polizeikräfte von Macau, die die Bezeichnung Freiwillige dem des Unverbesserlichen vorziehen.“

Bei den Europäern handelte es sich zumeist um Deportierte, Strafversetzte und Personen, die politischen und anderen Problemen in der Heimat oder den anderen Kolonien entkommen wollten (die sogenannten Freiwilligen). Die afrikanischen Soldaten waren zumeist Verbrecher, Deserteure und andere Problemfälle aus den afrikanischen Kolonien Portugals. Einmal auf Timor, wurden sie gefolgsamer, weil es hier keine Möglichkeit mehr zu Desertion und Flucht gab. Die Timoresen hatten vor den dunklen Afrikanern Angst und entwickelten einen besonderen Hass gegen sie. 1872 gab es in Portugiesisch-Timor 138 europäische und 33 afrikanische Soldaten (Zählungen geben an, dass in der Kolonie 1927 101, 1936 157 und 1950 noch 54 Afrikaner lebten). Zu diesem Zeitpunkt erhielt ein europäischer Soldat 120 Réis, ein afrikanischer 88 Réis und ein timoresischer 58 Réis. Allerdings gab es immer wieder Verzögerungen bei der Zahlung des Solds. Mit Folgen: Gouverneur José Manuel Pereira de Almeida (1863 bis 1864) wurde von den Truppen vertrieben, weil sie ein Jahr lang kein Geld bekommen hatten. Seinem Nachfolger José Eduardo da Costa Meneses (1864 bis 1865) blieb nichts anderes übrig, als einen Kredit bei den niederländischen Nachbarn aufzunehmen. Als Costa Meneses aufgrund einer Krankheit 1865 nach Lissabon zurückkehrte, wurde er vor Gericht gestellt, da er mit der Kreditaufnahme seine Kompetenzen überschritten hatte. Costa Meneses starb während des Verfahrens. Nun musste Francisco Teixeira da Silva (1865 bis 1869) als Gouverneur die unliebsamen Folgen der Meuterei beseitigen. Beförderungen und Solderhöhungen durch seinen Vorgänger wurden zurückgenommen. Das Klima, die Trennung von den Familien und die fehlende Zerstreuung führte zu einer weiteren Demoralisierung der Kolonialtruppen.[11]

Maske aus Osttimor, um 1900 (Metropolitan Museum of Art)

Ohne die Arraias hätte Portugal seine Besitzansprüche nie aufrechterhalten können. Bis 1818 gab es in der Kolonie keine anderen portugiesischen Truppen. Ab 1860 wurden Einheimischentruppen zu einer ständigen Einheit ausgebaut. Einen Sold erhielten nur ein Oberstleutnant und die drei Kommandanten der Kompanien. Die restlichen Soldaten behielten ihren irregulären Status. Gouverneur Afonso de Castro sah in der timoresischen Bergwelt darin einen Vorteil, dass die Timoresen nicht durch Uniformen und europäische Ausrüstung behindert wurden. Die timoresischen Truppen der Portugiesen teilten sich in drei Kompanien (Companhias): Die Moradores, die Bidau und die Sica. Bei den Sica handelte es sich um freiwillige Rekruten aus dem Königreich Sikka im Osten der Insel Flores, bei den Bidau um Topasse und bei den Moradores um Timoresen. Alle drei Gruppen lebten in eigenen Vierteln Dilis. 1895 waren aufgrund der Schwierigkeiten bei der Rekrutierung für Timor nur noch 28 europäische Soldaten in der Kolonie, die 12.350 Timoresen gegen die rebellischen Reiche anführten. Unter Gouverneur José Celestino da Silva (1894 bis 1908) erhielten die Moradores erstmals eine Uniform.[11]

Die seit 1842 im Mutterland geltenden Verwaltungsgesetze wurden ab 1869 auch in der Kolonie angewendet. Doch gerade die ungeprüfte Übertragung von Gesetzen führte zu Problemen. Gouverneur Afonso de Castro kritisierte, dass „wilden, unwissenden und quasi barbarischen Völkern eine Verwaltung gegeben wurde, deren politische, wirtschaftliche, zivile und strafrechtliche Gesetze von diesen Völkern weder verstanden, noch gewürdigt, noch von ihnen bevorzugt werden würde.“ Zudem prangerte Castro an, dass die Machtfülle im militärische und zivilen Bereich zur Willkür des Gouverneurs führen könne. 1834 hatte Portugal zwar militärische und administrative Befugnisse zwar getrennt, dies aber bereits ein Jahr später wieder revidiert. Bereits seit 1822 durfte das Amt des Gouverneurs nur noch mit Militärpersonal besetzt werden. Ab 1869 wurde die Auswahl auf aktive Offiziere mit Erfahrung im Verwaltungsdienst beschränkt, um Günstlingswirtschaft zu vermeiden. Die Dienstzeit wurde auf maximal fünf Jahre beschränkt, real waren es in den folgenden Jahren meistens sogar nur ein oder zwei Jahre. Die Instabilität der portugiesischen Regierung färbte auf die Kolonien ab. Bei jedem Regierungswechsel wurden auch die Gouverneure ausgetauscht, was auch immer wieder zu einem Wechsel im Führungsstil führte. Ein weiterer Grund für den häufigen Austausch war, dass immer wieder Gouverneure im Dienst starben (insgesamt sechs zwischen 1751 und 1887) oder aufgrund der angeschlagenen Gesundheit um vorzeitige Abberufung baten. Ursache war meistens das Dili-Fieber, die Malaria. Seltener kam es zu gewaltsamen Tode. So wurde Gouverneur Alfredo de Lacerda Maia (1885 bis 1887) bei der Revolte der Moradores erschlagen. Problematisch war auch, dass es oft auch keinen Arzt in Dili gab. Gouverneur António Olavo Monteiro Tôrres bat wiederholt am 7. März 1851 in einem Schreiben um eine vorzeitige Entsendung eines Nachfolgers. Er wollte seine verbleibenden fünf Monate im Dienst nicht mehr ausüben, weil er seinen Gesundheitszustand mangels eines Arztes als ernst empfand. Tôrres starb am 24. März.[11] In seiner gesamten Amtszeit hat er keine einzige schriftliche Anweisung aus Macau erhalten.[37]

Portugiesisches Fort in Lautém

Nicht anders ging es vielen portugiesischen Soldaten. Die häufigste Todesursache war für sie nicht das Gefecht, sondern Krankheiten, die unter ihnen krassierten. Sie hatten lange Zeit noch nicht einmal richtige Unterkünfte. Am 24. August 1866 waren die meisten öffentlichen Gebäude Dilis niedergebrannt, darunter auch die Militärbaracken. Selbst sechs Jahre später gab es nur offene Baracken, die während der Regenzeit nur notdürftig abgedeckt wurden. Gouverneur Clímaco de Carvalho brachte 24 Soldaten mit aus Macau, neun davon starben in den ersten acht Monaten. Einen Mangel gab es noch im 19. Jahrhundert auch an ausgebildeten Handwerkern und fähigen Kolonialbeamten, da angesichts der schlechten Bezahlung kaum jemand die Ämter übernehmen wollte. Folge war, dass Portugiesisch-Timor immer wieder als Ziel für Strafversetzungen unliebsamer Beamter wurde. Ansonsten vergab man die Posten an Offiziere und Unteroffiziere der Streitkräfte oder sogar an lokale, einheimische Liuais. Teilweise hatten einzelne Personen mehrere Ämter inne.[11]

Die Eingliederung Portugiesisch-Timors in das portugiesische Kolonialreich war in dieser Zeit einem ständigen Wechsel unterworfen. Die Unterordnung der Kolonie unter Macao und Goa hatte finanzielle Gründe, da man so die koloniale Verwaltung straffen konnte. Der Nachteil lag in der eingeschränkten Entscheidungsbefugnis für die Gouverneure in Dili. Anfragen nach Macao und Goa waren zeitaufwändig. Nach der erneuten Unterordnung unter Macao 1851, wurde ab dem 25. September 1856 wieder Goa für die Kolonie zuständig. Am 17. September 1863 folgte eine erneute Zeit als eigenständige Provinz. Dem Gouverneur wurden ein Sekretär, ein Richter, ein Vertreter der Staatsanwaltschaft und ein Notar zur Seite gestellt und 400 Soldaten dauerhaft in der Kolonie stationiert. Nur in rechtlichen Punkten war Timor weiter Goa unterstellt. 1864 erhielt Dili die Stadtrechte. Am 26. November 1866 kam Portugiesisch-Timor wieder unter die Vorherrschaft Macaos. Immerhin gab man dem timoresischen Gouverneur nun Entscheidungsbefugnisse für den Notfall und ein beratendes Gremium an seine Seite, dem der kommandierende Offizier des Militärs, der Leiter der Mission, ein Richter und ein Kämmerer angehörten. Drei Monate zuvor waren große Teile Dilis durch einen Brand zerstört worden. Der Gouverneur von Macao sammelte bei seiner Bevölkerung für den Aufbau der Stadt. Ab dem 18. März 1869 durften Macao und Timor gemeinsam einen Abgeordneten in das portugiesische Parlament, die Cortes entsenden. De facto bedeutete dies aber nur einen Abgeordneten für Macao, während Timor leer ausging. Nach heftigen Protesten der portugiesischen Verwaltung auf Timor wurde der Kolonie ein eigener Sitz zugestanden. Die Teilnahme an der Wahl des Vertreters war aber stark eingeschränkt. So wurde 1871 Thomas de Carvalho, ein Professor der Medizinischen Schule in Lissabon mit 687 der 695 Stimmen gewählt. Die 29 Stimmen aus dem Distrikt Batugade konnten mangels einer schreibkundigen Person nicht aufgenommen werden. Erst am 15. Oktober 1896 wurde Portugiesisch-Timor endgültig als Autonomer Distrikt zu einer eigenständigen Kolonie. Finanziell und mit Verwaltungspersonal war sie aber weiterhin abhängig von den kolonialen Zentren in Macao und Goa. Macao musste jährlich eine Finanzhilfe von 60.000 Patacas stellen.

In Macao empfand man Timor als kostspieliges Anhängsel, ja als „Parasit“. Es fehlte an eigenständig erwirtschafteten, finanziellen Mitteln, da der Großteil der Einnahmen fast nur aus Naturalien bestanden, die aus den Tributzahlungen der Liurais stammten. Daneben nahm man Zölle für Handelswaren ein, doch die Militärposten die man in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert an der Nordküste errichtet hatte, waren heruntergekommen, weswegen in der zweiten Hälfte der Schmuggel blühte. Von den 50 bis 60 Schiffen, die Timors Häfen zur Regierungszeit Gouverneurs Afonso de Castro jährlich anliefen, war kein einziges portugiesisch. Meistens waren es australische oder amerikanische Walfänger, die zwischen den Gewürzinseln und Timor und im Pazifik bis Australien auf Pottwale Jagd machten. Der Handel lief über chinesische Dschunken, niederländische Schoner oder malaiische Schiffe aus Makassar. Es ist nicht verwunderlich, dass 1888 der portugiesische Abgeordnete José Bento Ferreira de Almeida den Verkauf der kostspieligen Kolonie forderte.[14] 1889 wurden schließlich neue Posten westlich von Dili in Aipelo, Liquiçá, Maubara, Batugade und Oecussi und östlich von Dili in Manatuto, Baucau und Laga errichtet. An der Südküste fehlten Zollstellen weiterhin. 1868 betrug der Haushalt 9.786 Réis, bis 1881 stieg er auf 43.722 Reis. 53 % des Etats ging 1866 allein an das Militär, weitere 25 % für die Verwaltung. Immerhin finanzierte man auch vier Studienstipendien. Zwei in Goa, zwei in Lissabon. 60 Söhne von Liurais wurden in einer Schule in Dili und 20 in einer Mission in Manatuto unterrichtet. Außerdem unterrichtete der Kommandant der Festung von Batugade 15 Schüler. Verglichen mit anderen Kolonien war Timor damals dadurch bei der Bildung sogar vorbildlich.

Denkmal Mutter Gottes in Dili mit dem Wappen der Kolonie und dem Kreuz des Christusordens

Gouverneur António Joaquim Garcia (1869 bis 1870) berichtet, dass 1870 nur noch 23 Liurais Steuern in Höhe von unbedeutenden 2.000 Florins an Portugal zahlten, während es 1776 noch 44 Herrscher gewesen waren. Gouverneur João Clímaco de Carvalho (1870 bis 1871) teilte in einem Bericht von 1872 die timoresischen Reiche in vier Gruppen: Gebiete, wie Dili, Batugade, Manatuto, Vemasse, Laga und Maubara standen unter direkter portugiesischer Kontrolle. Die Reiche in unmittelbarer Nähe zu Dili, vor allem westlich der Hauptstadt, hatten die portugiesische Oberhoheit praktisch anerkannt. Die Reiche im Inselinneren, wie zum Beispiel Cailaco, erkannten diese nicht an, außerdem gab es kaum Kontakte mit den Herrschern. Und schließlich gab es die Reiche an der Grenze zum niederländischen Westtimor, wie Cowa und Sanirin, die offen gegen Portugal rebellierten oder zu denen es, wie zu Suai, seit Jahren keine Verbindungen mehr gab.[11] Der portugiesische Einfluss war gesunken, da sich die Missionare, seit der Verlagerung der Hauptstadt von Lifau nach Dili, mit ihrer Arbeit in das komfortablere Dili oder ganz von Timor zurückgezogen hatten. Seitdem waren niemals mehr als elf Missionare auf der Insel und 1812 schließlich nur noch zwei, inklusive des Bischofs in Manatuto. 1831 taten nur noch fünf oder sechs Priester ihren Dienst auf der Insel. 1834 wurden auch die letzten Missionare für 20 Jahre aus Timor verbannt. Das Dekret Königs Pedros IV. war eine Folge der Liberalen Revolution in Portugal. Am 26. Dezember 1854 wurde die Maßnahme durch ein königliches Dekret zurückgenommen und Priester wurden von Goa nach Timor und Mosambik entsandt. Doch auch nach der Rückkehr der Geistlichen nach Timor schien die Missionierung des Inselinneren aufgegeben worden zu sein. 1861 gab es nur zwei Missionare in der Kolonie und sie verließen nur selten Dili. 1874 wurde versucht die Missionierung Timors wieder voranzutreiben. Am 12. November 1877 wurde per Dekret die Missionierung des Inselinneren angewiesen und ihnen auch das Recht gegeben Schulen in der Kolonie zu gründen. Noch im selben Jahr trafen neun neue Missionare in Timor ein und wurden auf Batugade, Oecussi, Manatuto und Lacluta verteilt. Weitere vier Missionare wurden nach Bidau und Hera geschickt, einer übernahm die Leitung der Grundschule in Motael. Ein chinesischstämmiger Missionar wurde mit der Betreuung chinesischer Schulkinder in Dili betraut. Der Sohn eines Liurais Jacob dos Reis e Cunha war in Macao zum Priester geweiht worden und missionierte an der Südküste zwischen Luca und Alas. Zuvor unterrichtete er seit 1864 in der Missionsschule in Lahane die Söhne von Liurais. Pater Medeiros wurde als Generalvikar und Superior der Kirche nun in Dili stationiert. Medeiros schätzte die Zahl der Christen auf der Insel zu diesem Zeitpunkt auf gerade mal 40.000. In seiner zehnjährigen Amtszeit wurde unter anderem die Jesuitenschule in Soibada gegründet (andere Quellen nennen als Gründungsdatum 1898 und 1904). Weitere Schulen wurden von den Canossianern in Bidau und Manatuto eröffnet. In Manatuto stieg die Schülerzahl auf 180. Die Missionsschule in Lahane wurde 1879 für 16.000 Rupien modernisiert. Sie verfügte nun über Wohngebäude, ein Missionsarchiv und die erste Bücherei auf Timor. Zudem wurden in Dili je eine Hochschule für Jungen und eine für Mädchen eröffnet, auch wenn die Liurais nur widerstrebend ihre Töchter in die Schule schickten, im Gegensatz zu ihren Söhnen. In Dili (inklusive Bidau, Lahane und Motael) gab es 1881 acht Schulen mit 320 Schülern. 1890 wurden noch zwei weitere Grundschulen in Baucau und Manatuto eröffnet. Bischof Medeiros beklagte 1881 aber die Qualität des Unterrichts in den Schulen. Die Lehrer würden die einfachsten Regeln der Pädagogik vernachlässigen und es mangle an einfachsten Dingen, wie Tinte und Papier. Auch beklagte Medeiros eine mangelnde Unterstützung durch die portugiesische Regierung.

1910 wurden die Missionare von der neuen republikanischen Regierung aus der Kolonie ausgewiesen, was einen Rückschlag bei der Missionierung bedeutete. 1916 gab es nur ein Dutzend Geistliche in Portugiesisch-Timor. Ab 1920 verstärkte die Kirche wieder ihr Engagement. 1928 betrug die Anzahl der bekehrten Timoresen gerade einmal 19.000. Mit der neuen portugiesischen Verfassung von 1933 und den Gesetzen von 1935 wurde das Dekret von 1910 wieder aufgehoben, und 1938 betrieb man wieder 20 Missionen. Zusammen mit Macao bildete Portugiesisch-Timor eine gemeinsame Diözese. Am 4. September 1940 wurde die Diözese Dili abgetrennt. Der erste apostolische Administrator wurde Jaime Garcia Goulart, der bereits 1936 als Repräsentant für die Diözese von Macao und Timor nach Dili entsandt wurde.

Clube Chum Fuk Tong Su, die erste chinesische Schule in der Kolonie, bot 1912 neben Unterricht in Chinesisch, auch Englisch, Zoologie und Botanik an. Gouverneur Filomeno da Câmara de Melo Cabral (1911 bis 1913 und 1914 bis 1917) setzte 1916 neue Regeln für die Grundschulen fest. Inzwischen gab es in Portugiesisch-Timor 16 staatliche und neun Missionsschulen. In den ländlichen Gebieten wurde nun der Schwerpunkt der Ausbildung auf die Landwirtschaft gelegt. Ab 1940 verfügte die Katholische Kirche durch ein Konkordat über das Erziehungsmonopol in der Kolonie. Die Kirche war mit der lokalen portugiesischen Administration verbunden und finanzierte ab 1941 das Bildungssystem. Sie vermittelte sowohl katholische als auch portugiesische kulturelle Werte.

Entwicklung der kolonialen Wirtschaft

Im 19. Jahrhundert wurde Kaffee, das Hauptexportgut Osttimors eingeführt

Ab 1854 wurde die Sklaverei offiziell verboten, doch es dauerte lange, dies bei den einheimischen Herrschern durchzusetzen. De facto blieb die Sklavenhaltung in ihrer timoresischen Form bei ihnen bis weit ins 20. Jahrhundert bestehen, wenn auch in Form von wirtschaftlichen Bindungen und einer Dienerschaft.

Bereits Mitte des 18. Jahrhunderts war Kaffee im damals niederländischen Maubara eingeführt worden, doch erst unter Gouverneur Vitorino Freire da Cunha Gusmão wurde er 1815 erstmals in den Küstenregionen westlich von Dili und in Liquiçá angepflanzt. Cunha Gusmão führte zudem Zuckerrohr ein und begann eine Rumproduktion. Doch erst 1858 hatte Kaffee einen beträchtlichen Anteil am Export aus der Kolonie erreicht, neben den alten Handelsgütern Wachs, Honig, Leder, Weizen, Schildkröten und Pferden.[42] In den darauffolgenden Jahren boomte die Kaffeeproduktion, zudem stiegen die Preise auf dem Weltmarkt. Während der Kaffee zwischen 1858 und 1860 noch 7 % des Exports der Kolonie ausmachte, waren es zwischen 1863 und 1865 bereits 54 %. Die anderen Exportgüter verloren schnell an Bedeutung. Wurden zum Beispiel 1859 noch 942 Pferde exportiert, waren es 1865 nur noch drei. Der Sandelholzhandel war schon zuvor unprofitabel geworden. Hier waren Züchter auf Sumba und Roti in Konkurrenz getreten. Dafür wurden vermehrt Wasserbüffel gehandelt. Allein im September 1867 luden fünf niederländische und ein englisches Schiff in Dili 661 Tonnen Kaffee. Die Samen für die Kaffeepflanzen wurden in staatlichen Plantagen gesammelt und in Aufzuchtsstationen in verschiedenen Teilen der Insel herangezüchtet. 1877 berichtete der australische Reisende G. R. McMinn, dass die Kaffeeplantagen an den Nordwesthängen der Hügel angelegt wurden. Die Bewässerung erfolgte von Quellen oberhalb der Pflanzungen mit Bambusleitungen. Zwischen den Kaffeesträuchern wurden Bananenstauden gepflanzt, die die jungen Pflanzen abschirmten und mit dem von ihnen eingefangenen Tau den Kaffee zusätzlich bewässerten. Jährlich würden 1.300 Tonnen Kaffee ausgeführt. Allerdings kritisierte McMinn, wenn die Plantagen nicht in Händen von Privatleuten wären, würden sie zehnmal soviel Kaffee produzieren. Portugal folgte zunächst nicht dem Vorbild der großen Plantagen auf Java, konnte aber dafür eine hohe Qualität des timoresischen Kaffees vorweisen. Zwischen 1879 und 1892 erreichte die Kaffeeausfuhr einen Höhepunkt und blieb bis in die 1930er stabil, als sie zeitweise um die Hälfte sank. Grund waren Pflanzenkrankheiten (Hemilea vastarix) und eine Überflutung des Kaffeemarktes durch Brasilien. Auch heute ist Kaffee das wichtigste Exportgut des Landes. Die Einnahmen reichten aber weiterhin gerade mal für den Sold der regulären Soldaten. Timor blieb weiter von den Subventionen aus Macao abhängig. Gouverneur António Joaquim Garcia empfahl 1870 den nachweislichen Schwund im Zollhaus zu bekämpfen.

Auch hoffte Garcia auf die Nutzung von Bodenschätzen: Kupfer in Vemasse, Schwefel in Viqueque und Gold, Salz und Kohle in Laga. Eine Hoffnung, welche die Portugiesen schon früher gehabt hatten. Bereits António de São Jacinto berichtete Ende des 17. Jahrhunderts König João I. in einem Brief von der Entdeckung großer Kupferminen auf Timor – eine Angabe, die sich wiederholt in den Quellen findet. Gouverneur Azevedo e Sousa ließ nach Erdöl suchen, sein Nachfolger Manuel Joaquim de Matos Góis nach Gold, Kupfer, Salpeter und anderen Bodenschätzen. Vom Fund mehrerer Kupfernuggets nahe Dili wird berichtet, doch konnte ein englischer Bergbauingenieur 1861 keine nennenswerten Kupfervorkommen auf Timor finden.[43] Ab 1884 versorgte man immerhin die Lampen und Straßenbeleuchtung[17] Dilis mit Öl aus Laclubar. 1891 machte sich erneut eine geologische Expedition auf die Suche nach Gold, Kupfer und Erdöl. Nachweisen konnte sie Erdgasvorkommen. Die Idee einer Ölpipeline von Laclubar nach Dili und einer gezielten Ausbeutung des Vorkommens wurde aber nicht weiter verfolgt. Ab 1901 suchten verschiedene britische, australische und andere Firmen auf Timor nach Erdöl. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs berichtete ein britischer Konsul, dass eine kleine, regierungseigene Raffinerie acht Kanister Kerosin pro Tag herstellte. 1940 sprach eine japanische Quelle von Chrom, Mangan, Kupfer und Erdöl in Portugiesisch-Timor. Gold sollte es demnach reichlich als Nuggets an den Südhängen der zentralen Berge geben. Tatsächlich wurde in dieser Zeit Manganerz nach Japan exportiert. Die kleine Mine befand sich im Osten an der Südküste. Zwischen 1936 und 1941 förderte der Niederländer Hofman Manganerz in Nova Benfica (heute: Uatucarbau) und nahe Baucau. Kurz vor Kriegsbeginn vereinbarte die Kolonialregierung Manganlieferungen an Australien.

Eine schillernde Persönlichkeit: José Celestino da Silva, der „König von Timor“, portugiesischer Gouverneur 1894 bis 1908

Erst Gouverneur José Celestino da Silva legte schließlich die Grundlagen für ein funktionierendes Plantagensystem nach niederländischem Vorbild. Gummiplantagen wurden in Hatulia, Uato-Lari und Luca gegründet. Der Kaffeeanbau in die Region von Ermera ausgedehnt (heute das Hauptanbaugebiet in Osttimor). Statt auf kleine private Pflanzungen, setzte Silva auf große, staatliche Plantagen. Dies ging einher mit Kolonialkapitalismus, Landenteignung zu Gunsten europäischer Siedler und militärische Zwangsmaßnahmen. Mehr als 20 Militäraktionen führte Silva in seiner Amtszeit auf Timor durch.[17] Die Timoresen wurden zur Zwangsarbeit gedrängt (ab den 1890er-Jahren beim Straßenbau und in Plantagen, zum Beispiel auf Kaffeeplantagen in Ermera ab 1899 und Kopra zwischen 1911 und 1917). Trotzdem stiegen die Exportzahlen nicht weiter, da die portugiesische Administration weiterhin zu schwach ausgebaut war. 1906 wurde die Kopfsteuer zwischen dem 18. und 60. Lebensjahr eingeführt. Später wurde die Verwaltung ausgebaut. Die lokalen Königreiche wurden 1908 schließlich abgeschafft und die Liurais als Regenten abgesetzt. Die politische und administrative Neustrukturierung veränderte aber die lokale Ideologie und den Alltag nicht. Traditionelle Hierarchien blieben bestehen, unterstützt durch lokale Traditionen und Weltanschauungen. So entstand ein System auf zwei Ebenen – einer kolonialen und einer einheimischen traditionellen. Silvas ungewöhnlich lange Regierungszeit als Gouverneur von 14 Jahren, ist durch seine persönliche Freundschaft zum portugiesischen König Carlos I. zu erklären. Silva lernte in seiner Amtszeit sogar Tetum, die Lingua Franca Timors. Zeitgenössische Kritiker nannten ihn aber, wegen seines Regierungsstils und der unverhohlenen Selbstbereicherung, spöttisch den „König von Timor“.[11][44] Silva wurde erst nach dem Tod von Carlos I. abberufen. Silvas Billanz wird sehr unterschiedlich bewertet. Die einen kritisieren, dass er die Kolonie wie sein Privateigentum regierte und in seine eigene Tasche wirtschaftete. Dabei soll er den Einheimischen selbst das Nötigste zum Leben genommen haben. Andere Historiker sind der Meinung, dass Portugal ohne Silvas Reformen seine Kolonie schon früher verloren hätte. Silva hatte die Herrschaft Portugals endgültig über den gesamten Osten der Insel ausgebreitet. Ein Netz von Militärposten, die sogar telefonisch miteinander verbunden waren, überzog das Gebiet.[11] Ab 1910 engagierten sich insgesamt sechs Gesellschaften mit dem Anlegen von Kaffee-, Kakao- und Baumwollplantagen. Bevorzugt wurden in der jungen portugiesischen Republik nun aber vor allem kleine Plantagen in privater Hand. 6000 Hektar wurden an portugiesische Einzelpersonen vergeben. Mit einem Dekret vom 5. Dezember 1910 wurde dem Gouverneur das alleinige Recht gegeben Flächen bis 2500 Hektar, Distriktadministratoren unter bestimmten Umständen bis 100 Hektar zu vergeben.

Seit 1860 sorgte ein Schiff der niederländischen Koninklijke Paketvaart Maatschappij (KPM) für den Postdienst der Kolonie. Portugal zahlte dafür monatlich 500 Rupias und zusätzlich die Frachtkosten. Davor musste die gesamte Post, auch die offizielle, Händlern aus Makassar mitgegeben werden, die sie nach Kupang brachten. Auch Passagiere und selbst die neuen Gouverneure der Kolonie mussten mit niederländischen, britischen und französischen Schifffahrtslinien von Europa aus reisen, um Portugiesisch-Timor zu erreichen. Noch in den 1940er Jahren dauerte dies, inklusive der Wartezeiten auf den nächsten Anschluss zwischen 45 und 56 Tage. Da die ausländischen Linien für die regelmäßigen Verbindungen zudem Vergünstigungen beim Zoll verlangten, wurde Timor für portugiesische Händler unattraktiv. Quellen schreiben, dass nach dem Verfall der Teepreise 1870 kein portugiesisches Handelsschiff mehr in asiatische Gewässer fuhr, was zu einer Kappung der Verbindung zwischen Lissabon auf der einen und Macau und Timor auf der anderen Seite führte.[11]

Die Telegraphenverbindung ließ auch auf sich warten. Alle anderen portugiesischen Kolonien waren zwischen 1870 und 1886 durch englische Gesellschaften im Auftrag der portugiesischen Regierung an das Netz angeschlossen worden. Ein Telegramm nach Dili musste aber zum portugiesischen Konsul in Makassar geschickt werden. Dort blieb es dann liegen, bis wieder ein Schiff nach Timor ablegte. Gerade in Krisen war deswegen eine Hilfsanfrage an die niederländischen Nachbarn schneller, als in das weit entfernte Macau.[11]

Fassade der Banco Nacional Ultramarino in Lissabon

1912 eröffnete die Banco Nacional Ultramarino (BNU) eine Filiale in Dili. Sie übernahm in den Kolonien die Finanzgeschäfte und die Geldausgabe. Auch vergab sie Kredite an Plantagenbesitzer. 1894 war erstmals eine eigene Währung für die Kolonie eingeführt, der Pataca, der gleichwertig mit dem Pataca Macaos war. Mexikanische Pataca-Silbermünzen waren seit den 1880ern auf Timor im Gebrauch. Parallel wurde bis ins 20. Jahrhundert hinein der niederländische Gulden (Florin) verwendet. Ein Pataca entsprach in etwa zwei Gulden. Mit Eröffnung der BNU in Dili wurden auch erstmals Pataca-Geldscheine ausgegeben, allerdings nur macaonesische Scheine mit dem zusätzlichen Aufdruck „Pagavel em Timor“. Erst 1915 entschied der Regierungsrat, dass nur noch der Pataca in Portugiesisch-Timor gültig sein sollte. Der Beschluss wurde ab dem 4. Mai 1918 umgesetzt. Eigene Geldscheine der Kolonie wurden ab dem 2. Januar 1920 ausgegeben.

1914 trat ein Syndikat aus Hong Kong an die Kolonialregierung heran mit der Bitte zu einer Erlaubnis für die Opiumproduktion in Portugiesisch-Timor. Nach längerem Ablehnen, erhielt das Syndikat Leong Kwong 1916 schließlich doch die Erlaubnis, doch bereits die erste Lieferung von Rohopium aus Indien wurde von den britischen Behörden in Singapur beschlagnahmt, da die Genehmigung zum Export aus Britisch-Indien fehlte. Das Fällen von Sandelholzbäumen wurde aufgrund der Überholzung 1926 verboten. Das zweitwichtigste Handelsgut nach dem Kaffee wurde Kopra, das bis zum Zweiten Weltkrieg um die 10 % des Exports ausmachte. Um einen ausländischen Einfluss zu verhindern, musste mindestens die Hälfte des Kapitals eines Unternehmens, das sich in den Kolonien engagierte, aus Portugal stammen. Timor spielte hier aber aufgrund der chinesischen Händler eine Sonderrolle. So kamen in den 1930ern nur 15 % der importierten Waren aus Portugal und Mosambik, zumeist Wein und Zucker. Baumwollstoffe kamen aber zum Beispiel meist aus japanischen Produktionen. Neben Schiffsverbindungen mit der KPM nach Surabaya und Makassar und einer kurzzeitigen Linie zwischen Macao und Dili, wurde 1934 eine japanische Linie über Surabaya nach Palau eingerichtet, das damals unter japanischer Verwaltung stand. So wurde Japan nach Niederländisch-Indien (für den Weiterexport) und Portugal zum drittgrößten Abnehmer von osttimoresischen Kaffee. Außerdem wurden nach Japan Mais, Manganerz, Kopra, Gummi, Baumwolle und Wachs. Der Handel mit Japan wurde von der Sociedade Agricola Patria e Trabalho (SAPT) organisiert, von der 1940 die japanische Nanyo Kohatsu K. K. 48 % der Anteile kaufte. Die Nanyo Kohatsu K. K. war ein Unternehmen, das die wirtschaftlichen und politischen Interessen Japans in Südostasien und Ozeanien sichern sollte. Die SAPT war ursprünglich von Gouverneur José Celestino da Silva gegründet worden, dessen Familie immer noch zu den Besitzern gehörte. Ab 1941 war sie die einzige große Plantagen- und Handelsgesellschaft in der Kolonie. Sie kontrollierte auch den Handel mit Portugal, womit sie 20 % des gesamten Handels Portugiesisch-Timors beherrschte. Zudem hatte die SAPT ein Monopol auf den Ankauf des Arabica-Kaffees, der wichtigsten und edelsten Sorte Timors.

1934 gab es Berichte, dass Japan den Portugiesen ihre Kolonie für fünf Millionen US-Dollar abkaufen wollten. Fast gleichzeitig gab es Meldungen, die Briten würden den Niederlanden und Portugal 25 bis 50 Millionen US-Dollar für die Insel Timor anbieten, um die Luftverkehrsroute von Europa nach Australien auszubauen. Die portugiesische Regierung dementierte aber diese Angebote kurze Zeit später.[45][46][47]

Sicherung der kolonialen Macht

Boaventura, der Liurai von Manufahi

Die Wirkung der Maßnahmen war sehr unterschiedlich. Die Plantagen mit ihrem Anbau von Handelsgütern statt Nahrungsmitteln für den täglichen Bedarf veränderten nicht viel, die erzwungene Arbeit im Straßenbau jedoch war ein Grund für mehrere Rebellionen zwischen 1860 und 1912. Zwischen Dezember 1893 und Februar 1894 wütete in der Kolonie nochmals die Cholera mit mindestens 1000 Toten. Nach der Revolte von Maubara, die mit Hilfe des Kanonenboots Diu niedergeschlagen worden war, waren die Leichen der Gefallenen liegen geblieben, was zum Ausbruch der Krankheit vor allem in Maubara führte, aber auch in Tibar, Atapupu auf Alor und selbst in Dili krassierte die Seuche. Um die Jahrhundertwende führte im Laufe von 16 Jahren Boaventura, der Liurai von Manufahi, mehrere timoresische Reiche wiederholt gegen die Kolonialherren. Er wurde erst bei der Rebellion von Manufahi 1911/12 mit portugiesischen Truppen aus Mosambik und teils sogar aus Angola endgültig besiegt. Osttimoresische Quellen schätzen, dass bei der Niederschlagung zwischen 15.000 und 25.000 Menschen getötet und viele Tausend gefangen genommen und eingekerkert wurden. Boaventura verschwand als Gefangener auf der Insel Atauro. Timoresen, wie der „Verräter-Liurai“ Nai-Cau und sein Neffe Aleixo Corte-Real, hatten auch auf Seiten der Portugiesen gekämpft. Bis zum Zweiten Weltkrieg folgte nun eine Phase ohne größere, gewalttätige Auseinandersetzungen, eine Phase des Friedens, wie es sie zuvor nie in Timor gegeben hatte. Diese war aber mehr der strafferen kolonialen Kontrolle zu verdanken, als der durchgehenden Sympathie der Timoresen für die Portugiesen.

Die Nachricht vom Sturz der portugiesischen Monarchie traf in Dili am 6. Oktober 1910 ein. Gouverneur Alfredo Augusto Soveral Martins (1910 bis zum 30. Oktober) gab am 30. Oktober offiziell die Ausrufung der Republik bekannt, die blau-weiße Flagge des royalen Portugals wurde eingeholt und die neue grün-rote Flagge Portugals wurde unter Abfeuern von 21 Schuss Salut gesetzt. Martins verließ Dili Anfang November. Das Amt wurde von Martins Sekretär, Kapitän Anselmo Augusto Coelho de Carvalho protokollarisch weiter geführt. Ihn ersetzte am 22. Dezember, ebenfalls protokollarisch, Kapitän José Carrazeda de Sousa Caldas Vianna e Andrade. Der Wechsel zur Republik in Portugiesisch-Timor führte zu Verwirrung bei den Timoresen, denen das Konzept einer Republik fremd war. Teilweise gab es eine Sehnsucht nach der Monarchie, was die Niederländer mit Propagandaaktionen im Grenzgebiet auszunutzen versuchten. Sie verteilten Bilder ihrer Königin Wilhelmina.[48]

Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges war Portugal zunächst neutral. Im August 1914 tauchte vor der Ostspitze Timors der deutsche Kreuzer Emden auf. Gouverneur Filomeno da Câmara de Melo Cabral reagierte ziemlich angriffslustig und ließ den Chef des Postens von Tutuala an Bord der Emden gehen. Dieser wies die Emden an, dass sie sofort die portugiesischen Gewässer verlassen sollte. 1916 trat Portugal in den Krieg auf Seiten der Entente ein. Zu dieser Zeit befürchtete man in Portugal, die Niederlande könnten auf Seiten der Mittelmächte in den Krieg eintreten. Im April 1916 erfuhr man, dass sich deutsche Kriegsschiffe in Niederländisch-Indien befanden. Daraufhin wurde das Kanonenboot Pátria von Macao nach Timor geschickt. Als die Beziehungen zwischen den Niederlanden und Großbritannien auf einen Tiefpunkt sank, zogen die Niederländer 1917 Truppen an der timoresischen Grenze zusammen. Zum niederländischen Kriegseintritt kam es letztendlich nicht. Die Zeit zwischen Ersten und Zweiten Weltkrieg war in Portugiesisch-Timor eine auffällig ruhige Phase ohne Aufstände gegen die portugiesische Kolonialherrschaft.[49]

Die in Niederländisch-Indien aufkommenden indonesischen Nationalisten (Perserikatan Nasional Indonesia) zeigten zu diesem Zeitpunkt kein Interesse an der portugiesischen Kolonie. Ohnehin verhinderte in Portugiesisch-Timor die Diktatur des Estado Novo, die 1926 die Macht in der Republik übernahm, jegliche Bildung einheimischer, politischer Vereinigungen, wie sie im niederländischen Westtimor bereits in den 1920ern und 1930ern entstanden (Timorsch Verbond, Timor Evolutie und andere). Portugiesisch-Timor war sowieso selbst im Vergleich zu anderen portugiesischen Kolonien politisch desinteressiert. In Goa und Portugiesisch-Guinea (heute: Guinea-Bissau) hatte es Widerstände gegen die Diktatur von Salazar gegeben, in Mosambik bis zu ihrer Unterdrückung Organisationen, die sich für die Rechte der europäisch-gebildeten Afrikaner einsetzten. Seit der Boaventura-Rebellion zeigten sich die assimilierten Timoresen aber wenig politisch. Politische Opposition war nur von den etwa hundert portugiesischen Deportierten in Portugiesisch-Timor zu erwarten. Laut einer britischen Quelle waren etwa 60 davon Demokraten, 30 Kommunisten und die restlichen zehn einfache Kriminelle. Verbrecher wurden hauptsächlich von den anderen Kolonien nach Portugiesisch-Timor verbannt; meist von Macao, aber auch zum Beispiel aus Angola. Unter den politischen Deportierten findet sich Manuel Viegas Carrascalão, dessen Söhne eines Tages wichtige Rollen im unabhängigen Osttimors spielen sollten. Auch Großvater und Vater von José Ramos-Horta wurden wegen politischer Opposition nach Timor ins Exil geschickt. Andere hatten in Portugiesisch-Guinea zwischen 1927 und 1931 revoltiert oder waren, wie João Gomes Moreira, in der Unabhängigkeitsbewegung Mosambiks tätig. Um politische Aktionen der Deportierten zu verhindern, waren sie auf die gesamte Kolonie verteilt und in ihrer Bewegungsfreiheit begrenzt. Als Kontrolle mussten sie sich jeden Samstag bei den lokalen Behörden melden. Erst im Zweiten Weltkrieg wurden viele von ihnen gegen die japanischen Besatzer aktiv und kämpften als Antifaschisten auf Seiten der Alliierten mit. Gouverneur Manuel de Abreu Ferreira de Carvalho (1940 bis 1946) nannte Portugiesisch-Timor eine Strafkolonie, gerade weil ständig Chinesen aus Macao nach Timor verbannt wurden. Andererseits wurden aber auch unliebsame Timoresen nach Macao verbannt.

1927 lebten in Portugiesisch-Timor 451.604 Menschen (Zählung vom 31. Dezember 1927). Neben den Deportierten kamen nun auch europäische Auswanderer nach Portugiesisch-Timor, um hier zusiedeln. Teófilo Duarte (1926 bis 1928) war der erste Gouverneur des Estado Novo. Eine Quelle beschreibt ihn als gefährlichen Größenwahnsinnigen, der überall Komplotts vermutete. Vor allem wird ihm die Zwangsarbeit Einheimischer für den Straßenbau vorgeworfen, bei der Tausende an Tuberkulose erkrankten.[14] Duarte förderte gezielt die europäische Einwanderung, auch von politischen Verbannten, die ab 1927 in der Kolonie eintrafen. Vor Beginn des Zweiten Weltkrieges lebten aufgrund dessen etwa 300 Portugiesen in der Kolonie. Daneben gab es etwa 2.000 Chinesen, ein paar Dutzend Japaner, einige Australier, andere Europäer und Personen, die aus den anderen portugiesischen Kolonien stammten, so Inder, Kapverdianer und Macaonesen. Diese waren zumeist in der Verwaltung aktiv. Einheimische ließ Duarte in neue, sogenannte „Eingeborenendörfer“ umsiedeln, da man die bis dahin weit verstreuten und schwer zugänglichen Siedlungen der Timoresen kaum unter militärische Kontrolle bringen, noch unter eine koloniale Verwaltung stellen konnte. Álvaro Eugénio Neves de Fontoura (1937 bis 1940) führte diese Maßnahme ebenso fort, wie später die Indonesier. Die Timoresen wehrten sich oft gegen die Zwangsumsiedlungen. Sie wollten weder von ihren heiligen Stätten fort, noch in neue Siedlungen, die teilweise im malariaverseuchten Tiefland lagen.[50]

Ab dem frühen 20. Jahrhundert wurden erstmals einige Osttimoresen in der Kolonialverwaltung eingestellt. Das Kolonialgesetz von 1930 stellte alle Kolonien unter direkte Kontrolle Lissabons. Legislative Räte wurden aus den kolonialen Eliten aufgestellt: Verwaltung, Kirche, portugiesische Plantagenbesitzer und Armee. Die Familiensippen der Liurais wurden in die koloniale Zivilverwaltung als Verwalter, Lehrer und im Militär eingebunden. Ihre Kinder wurden zur Katholischen Schule geschickt, wodurch eine neue Gesellschaftsschicht in der Kolonie entstand. In dieser Zeit der portugiesischen Diktatur wurde die Bevölkerung in „Eingeborene“ und „Nicht-Eingeborene“ geteilt. Zur letzteren Gruppe wurden auch die Mestiços und „assimilierte Eingeborene“ (Assimilados) gerechnet. Die portugiesische Staatsbürgerschaft stand den Nicht-Eingeborenen offen, sie hatten auch das Wahlrecht für die portugiesische Nationalversammlung und die lokalen legislativen Räte. Sie sprachen Portugiesisch und hatten meistens ein ausreichendes Einkommen. Sie beherrschten den Handel, bildeten die Administration und die lokale politische Elite. 1936 wurde ein neues Steuersystem eingeführt. Jeder erwachsene Mann musste eine jährliche Kopfsteuer zahlen. Europäer, Assimilierte, Plantagenbesitzer und Liurais konnten davon befreit werden. 1937 folgte die Einführung weiterer Steuern, die das gesamte alltägliche Leben betrafen, wie die Hausrenovierungen, Fahrräder, Feiern (außer Hochzeiten), Alkohol, Hahnenkämpfe oder das setzen ausländischer Flaggen. Wer von den Einheimischen seine Steuern nicht zahlen konnte, musste unter der Aufsicht von Moradores Zwangsarbeit leisten. Die Zustände dabei, werden von zeitgenössischen australischen Quellen als brutal beschrieben. Wer floh, wurde als Verbrecher mit 100 bis 200 Schlägen mit dem Bambusstock bestraft.[51] 1940 wurde das Polizeikorps von Dili gegründet.[14]

Der Zweite Weltkrieg und die letzten Jahre der Kolonie

Militärkommandanten Timors während des Zweiten Weltkriegs
Flag of the Netherlands.svg  Niederlande: Nico Leonard Willem van Straten 17. Dezember 1941 – 24. Mai 1942
Flag of Australia.svg Australien: William Watt Leggatt 17. Dezember 1941 – 12. Februar 1942
Flag of Australia.svg Australien: William Veale 12. Februar 1942 – 24. Mai 1942
Flag of Australia.svg Australien: Alexander Spence 24. Mai 1942 – 11. November 1942
Flag of Australia.svg Australien: Bernard Callinan 11. November 1942 – 1942 od. 1943
Flag of Japan.svg Japan: Sadashichi Doi Februar 1942 – August 1942
Flag of Japan.svg Japan: Yuichi Tsuchihashi August 1942 – 1945(?)
Hauptartikel: Schlacht um Timor

Obwohl Portugal neutral war, besetzten 1941 während des Zweiten Weltkriegs 400 niederländische und australische Soldaten Osttimor, um einer japanischen Invasion zuvor zu kommen. Timor sollte als Puffer für Australien dienen. Portugal protestierte erfolglos gegen die Besatzung. Ab der Nacht vom 19. auf den 20. Februar 1942 besetzten die Japaner Osttimor mit 20.000 Mann. Das kleine australische Kontingent wurde schnell aus Dili vertrieben. In den Bergen kämpften sie zusammen mit timoresischen Freiwilligen in Guerillaaktionen gegen die Japaner. Zum timoresischen Volkshelden verklärt wurde Aleixo Corte-Real, der auf Seiten der Alliierten kämpfte und von den Japanern hingerichtet wurde. Insgesamt verloren im Zweiten Weltkrieg zwischen 40.000 und 70.000 Timoresen ihr Leben, auch durch Bombardements von beiden Seiten. So wurde zum Beispiel 1944 Lautém von der australischen Luftwaffe bombardiert. Die Brutalität, mit der japanische Soldaten gegen Unterstützer der Australier vorgingen, ist den Osttimoresen noch immer in Erinnerung. Von Folter, Hinrichtungen, systematischen Vergewaltigungen und Prügelstrafen durch die Japaner wird berichtet. Durch Zwangsarbeit wurden erste Straßen und Flugfelder auf Timor gebaut, die teilweise noch heute von Bedeutung sind. Mit der Kapitulation der Japaner übernahm Portugal 1945 wieder die Kontrolle über seine Kolonie. Während Westtimor mit Indonesien 1949 seine Unabhängigkeit von den Niederlanden erhielt, wurde Osttimor 1951 nur der Status einer portugiesischen Überseeprovinz zugesprochen. Die arabischstämmige Bevölkerung (1949 wurden 149 gezählt) fühlte Sympathien für den neuen, mehrheitlich muslimischen Nachbarstaat und der Ruf „merdeka bersama Indonesia“ (Unabhängigkeit mit Indonesien) wurde unter ihnen laut. 1957 beantragten viele Araber beim indonesischen Konsulat in Dili die indonesische Staatsbürgerschaft, worauf Portugal mit dem Angebot der portugiesischen Staatsbürgerschaft für sie reagierte.

1954 nahm die Transportes Aéreos de Timor (TAT), die erste Fluggesellschaft der Kolonie ihren Betrieb auf und verband verschieden Punkte in der Kolonie und den benachbarten Regionen. 1960 stürzte eine Maschine der TAT auf dem Flug von Darwin nach Baucau ab. Alle neun Insassen des zweimotorigen Flugzeugs kamen ums Leben.[52]

In der Nachkriegszeit wurde die Zwangsarbeit durch die Portugiesen wieder vorangetrieben, um die Kriegsschäden zu beseitigen. Jeder Suco musste Arbeiter für jeweils einen Monat zur Verfügung stellen und die Führer der Sucos erhielten ausgeweitete Rechte, um genügend Zwangsarbeiter auszuheben. Dies führte zu Widerständen und schließlich brach 1959 in Uato-Lari eine Rebellion aus, die sich schnell auf die benachbarten Gebiete im Distrikt Viqueque ausbreitete.[49] Die Portugiesen schlugen die Revolte mit Hilfe timoresischer Milizen aus den Nachbardistrikten und mit äußerster Brutalität nieder. Etwa 1000 Menschen wurden während der Viqueque-Rebellion getötet und die Rädelsführer ins Exil in Gefängnisse in Angola und Mosambik geschickt. Der Priester und spätere Bischof von Osttimor, Martinho da Costa Lopes, war als Gesandter der portugiesischen Regierung Augenzeuge zahlreicher öffentlicher Hinrichtungen. Die Rebellion war nicht spontan ausgebrochen, sondern von einigen Indonesiern, die in Uato-Lari angesiedelt worden waren, geplant worden. Es gibt widersprüchliche Ansichten, ob diese Agenten Indonesiens waren oder Gegner Jakartas, die Timor als Basis für separatistische Bewegungen im Osten des Archipels nutzen wollten.[27][53]

Flagge des Bureau de Luta pela Libertação de Timor und der Vereinigten Republik von Timor

Anfang 1961 versuchte das linksgerichtete Kampfbüro zur Befreiung Timors (Bureau de Luta pela Libertação de Timor) unter Maoclao einen Aufstand mit finanzieller Unterstützung aus Indonesien. Am 9. April riefen sie im Grenzort Batugade eine Republik aus und stellten eine timoresische Regierung mit zwölf Ministern auf. Die Portugiesen schlugen den Aufstand schnell nieder und die Kämpfer flohen nach Indonesien. In Jakarta gründete Maoclao 1963 eine Exilregierung, die Regierung der Vereinigten Republik von Timor, doch auf Druck der indonesischen Regierung ging Maoclao schließlich nach London in den Ruhestand und die Exilregierung löste sich auf. Im Dezember 1966 kam es zu Zusammenstößen zwischen indonesischen und portugiesischen Streitkräften. Die Indonesier brannten in Oecusse einige Dörfer nieder und beschossen das portugiesische Territorium mit Mörsern. Nur die schnelle Reaktion der portugiesischen Armee scheint die indonesischen Trupen von weiteren Attacken abgehalten zu haben.[17] In dieser Zeit wurden die indonesischen Begehrlichkeiten bezüglich der portugiesischen Kolonie immer deutlicher. 1969 wurden Stimmen im Indonesischen Militär laut, die eine Integration Osttimors in Indonesien als entscheidend für die Landessicherheit ansahen, falls die portugiesische Macht instabil werden sollte. Die Möglichkeit einer Annexion wurde ein wichtiger Punkt in der Arbeit der Geheimdienste Indonesiens, Australiens und der USA in den frühen 1970er-Jahren. 1972 erklärte der indonesische Außenminister Adam Malik in einem australischen Interview, Indonesien würde sich eine Befreiungsbewegung gegen die Kolonialherren in Dili wünschen und auch finanziell unterstützen. Zeitgleich verteilte eine Gruppe namens „Unirepublic of Timor Dili“ in Jakarta Flugblätter über die Situation in Osttimor.

Das Interesse der Australier an Portugiesisch-Timor war mit Aufnahme einer regelmäßigen Flugverbindung nach Baucau durch die Trans Australia Airlines (TAA) wieder gestiegen. Die Kolonialherrschaft in den 1960er-Jahren wurde von australischen Journalisten als eine Mischung aus Zivilisierung und Brutalität beschrieben. Die Timoresen würden von morgens bis abends unter der Peitsche Zwangsarbeit leisten müssen. Auch die anhaltende Armut der Bevölkerung und die repressive Verwaltung standen in der Kritik.

Denkmal in Dili zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer 1960

Verglichen mit dem Kolonialkrieg in Afrika war für portugiesische Wehrpflichtige der Dienst in Portugiesisch-Timor deutlich angenehmer. Während Söhne von einfachen Landbewohnern und Arbeitern in Afrika kämpften, nahmen die Angehörigen der Mittelschicht und einflussreichen Familien teilweise sogar ihre Frauen und Kinder mit in das tropische Paradies. Unter diesen Portugiesen waren auch Intellektuelle, die nicht gut auf die portugiesische Diktatur zu sprechen waren. Sie sorgten für einen Aufschwung der urbanen Zentren, vor allem Dilis. So wurden die Infrastruktur ausgebaut und auch erste Sozialwohnungen errichtet. Das Nachrichtenmagazin der Streitkräfte, die Revista do Comando Autonómo Provincial, wurde das Medium erster national-timoresischer Ideen, auch für einheimische Autoren. Die Streitkräfte wurden so unbeabsichtigt zu einem Förderer der timoresischen Gesellschaft.[54]

1972 wurde Osttimor zur autonomen Region der Republik Portugal, womit die Einwohner eine eingeschränkte portugiesische Staatsbürgerschaft erhielten. Diese Maßnahme Portugals mit dem Ziel, Einfluss auf die timoresische Gesellschaft zu bekommen, war, im Gegensatz zu den anderen, erfolgreich. Einige Timoresen aus der assimilierten, städtischen Bevölkerung, Mestiços und Söhne der Liurai-Familien erhielten auch die Möglichkeit zu einem Studium an der Universität Lissabon. Die Sprösslinge der lokal herrschenden Familien wurden zu politischen Führern mit festen Werten ausgebildet, die Bildung, Nationalstolz und auch Gleichheit befürworteten. Diese Privilegierten trafen sich im Geheimen, um ihre Ideen zu Themen von Bildung, über Landwirtschaft, bis hin zu traditionellen Hochzeiten zu diskutieren. Im Januar 1970 begann eine Gruppe solch junger Osttimoresen, Pläne zur Unabhängigkeit der Kolonie zu schmieden. Zu ihnen gehörten Marí Alkatiri, Nicolau Lobato, Justino Mota und José Ramos-Horta.[40] Die katholischen Zeitungen, wie etwa die SEARA, waren ebenfalls ein Sprachrohr für solche Ideen. Politisch waren die jungen Aktivisten jedoch unerfahren und daher trotz ihres Ehrgeizes sehr naiv. Einige baten 1973 die indonesische Regierung um Unterstützung gegen die Portugiesen.[16]

Am 23. August 1973 berichtete der australische Journalist Bill Nicol erstmals von einer politischen Untergrundbewegung namens „Timor Liberation Front“. Diese Bewegung sei nach Aussagen eines „jungen Radikalen“ aus Dili zwar „unbedeutend, unorganisiert und unbewaffnet“, jedoch bereit, gegen die Portugiesen vorzugehen. Nicol war sich sicher, dass der „junge Radikale“ José Ramos-Horta war. Wenige Monate später tauchte Ramos-Horta auch erstmals namentlich in der australischen Presse auf, als er in einem Interview den portugiesischen Kolonialismus und die Politik der australischen Labour-Regierung dazu attackierte. Statt Enthaltungen Australiens bei Kolonialfragen in den Vereinten Nationen forderte Ramos-Horta Unterstützung für Timor in Form von Entwicklungshilfe und Ausbildung. In seiner Heimat geriet Ramos-Horta aufgrund des Interviews in Schwierigkeiten, weswegen er versuchte, sich mit Artikeln in der Voz de Timor von dem Interview etwas zu distanzieren.

Aus dieser gut ausgebildeten, jungen Elite kamen die Gründer der ersten politischen Parteien, als die Unabhängigkeit mit der Nelkenrevolution im April 1974 in Portugal in den Bereich des Möglichen rückte. Die neue Regierung Portugals kehrte zurück zur Demokratie und versprach die Entkolonisierung aller Überseegebiete.

Entkolonisierung

Die neuen Parteien

Flagge der FRETILIN
Wandbild von Ché Guevara in Baucau

Nachdem die Nelkenrevolution die faschistische Diktatur in Portugal beendet hatte, bildeten sich in Osttimor bereits im Mai 1974 drei große Parteien.

Von den traditionellen Eliten (Liurai und Datos) wurde die erste Partei Osttimors, die União Democrática Timorense UDT (Demokratische Union Timor) unterstützt. Die am 11. Mai 1974 gegründete Partei befürwortete zunächst eine enge Bindung an die frühere Kolonialmacht Portugal oder wie sie in Tetum sagte: „mate bandera hum“ – im Schatten der portugiesischen Flagge. Hinter dieser Politik stand Gründungspräsident Mário Viegas Carrascalão, der sich aber nicht dauerhaft durchsetzen konnte. Unter ihrem neuen Präsidenten Francisco Xavier Lopes da Cruz unterstützte die UDT eine schrittweise Heranführung an die Unabhängigkeit. Innerhalb von zehn bis fünfzehn Jahren sollte Portugal die ehemalige Kolonie soweit entwickeln, so dass sie als souveräner Staat überlebensfähig wäre. Allerdings zeigte Portugal wenig Interesse an dieser Idee.

Die am 20. Mai 1974 gegründete Associação Social Democrática Timorense ASDT (Timoresische Sozialdemokratische Assoziation, nicht identisch mit der 2001 gegründeten Partei Associação Social-Democrata de Timor) unterstützte eine schnelle Unabhängigkeit. Am 11. September änderte sie ihren Namen in Frente Revolucionária de Timor-Leste Independente FRETILIN (Revolutionäre Front für die Unabhängigkeit Osttimor). Viele der Parteigründer waren die Söhne von Liurai und waren als Lehrer oder in der Verwaltung tätig. Ihre Unterstützer fand die FRETILIN nicht nur unter vielen prominenten Liurai, sondern auch in den Dörfern.

Der FRETILIN, deren Name der marxistischen FRELIMO in Mosambik ähnelte, wurde von Australien und Indonesien vorgeworfen marxistisch zu sein. Sie wurde aber mehr durch afrikanische Nationalisten, wie Amílcar Cabral in Portugiesisch-Guinea und den Kapverdischen Inseln beeinflusst.

Die Associação Popular Democrática Timorense APODETI (Timoresische Volksdemokratische Assoziation), eine von Jakarta finanzierte Tarnorganisation,[55] strebte den Anschluss an Indonesien als autonome Provinz an. Einer ihrer Führer, José Abílio Osório Soares wurde später Bürgermeister von Dili und der letzte von Indonesien entsandte Gouverneur Osttimors. Die am 27. Mai 1974 gegründete APODETI[56] fand nur Unterstützung bei einigen Liurais in der Grenzregion. Einige von ihnen hatten während des Zweiten Weltkrieges mit den Japanern kollaboriert. Auch die kleine muslimische Minderheit unterstützte die APODETI. Nicht so Marí Alkatiri, ein muslimisches Mitglied der FRETILIN-Führung und späterer Premierminister Osttimors.

Weitere kleinere Parteien waren die Klibur Oan Timor Asuwain KOTA, (Tetum: Söhne der Bergkrieger), die eine Monarchie unter einem lokalen Liurai anstrebte und die Partido Trabalhista (Arbeiterpartei). Sie fanden aber keine nennenswerte Unterstützung. Die Associação Democratica para a Integração de Timor Leste na Austrália ADITLA schlug einen Anschluss an Australien vor, fiel aber zusammen, als die australische Regierung mit Nachdruck die Idee ablehnte.

Wenn man sich diese frühen Parteien und ihre Führer ansieht, wird man unter den jungen (zumeist zwischen 27 und 37 Jahre alt) enthusiastischen Parteigründern aus der einheimischen Elite viele der heutigen Politiker des unabhängigen Staates Osttimor finden.

Die neue demokratische Regierung in Lissabon entsandte am 18. November 1974 Mário Lemos Pires (1974 bis offiziell 1976) als neuen Gouverneur nach Osttimor – er sollte der letzte Gouverneur Portugiesisch-Timors sein und das Land auf seine Unabhängigkeit und Demokratie so schnell wie möglich vorbereiten. Eine seiner ersten Anordnungen betraf die Legalisierung der politischen Parteien als Vorbereitung für freie Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung.

Pires ermutigte die drei großen Parteien zu einer Koalition. Während die APODETI Kooperationstreffen boykottierte, griffen FRETILIN und UDT diesen Vorschlag auf, zumal die FRETILIN dies schon zuvor der UDT angeboten hatte. Am 20. Januar 1975 wurde die Koalition geschlossen und Mitte März bildeten UDT, FRETILIN und die portugiesische Regierung eine Übergangsregierung für Osttimor. Dabei sollten alle drei vertretenen Parteien zu gleichen Teilen beteiligt sein. Diese Übergangsregierung sollte drei Jahre im Amt bleiben, bis dann durch Wahlen eine verfassunggebende Versammlung bestimmt werden sollte. Die Integration sollte beendet werden und verschiedene Sozialprogramme wurden geplant, hauptsächlich aus FRETILIN-Programmen mit Unterstützung durch die UDT. In ländlichen Gebieten hatte die Koalition große Unterstützung und es sah so aus, als ob der Weg zur Unabhängigkeit geebnet worden sei. Streit entwickelte sich in erster Linie mit der APODETI. Eine Konferenz in Macau, die von der portugiesischen Entkolonisierungskommission im Juni 1974 organisiert wurde, um den Konflikt zu schlichten, wurde von der FRETILIN mit Hinweis auf die Teilnahme der APODETI boykottiert. Ramos-Horta nannte dies später im Rückblick einen der größten taktischen, politischen Fehler.[57]

Das Suharto-Whitlam House (Dieng-Plateau, Indonesien). Hier diskutierten die beiden Politiker 1974 über Osttimor

Reaktionen des Auslands

Indonesien und Australien beobachteten die Entwicklung in Portugiesisch-Timor 1974/1975 außerordentlich genau. Die Regierung Suharto befürchtete, dass die linksgerichtete FRETILIN die Regierung übernehmen könnte und dass ein kleiner Staat inmitten des Malaiischen Archipels ein Vorbild für die nach Unabhängigkeit strebenden Provinzen, wie Aceh, West-Neuguinea und die Südlichen Molukken werden könnte.

Australiens Premierminister Gough Whitlam arbeitete eng mit Suharto zusammen und verfolgte die Ereignisse ebenfalls mit Besorgnis. Während eines Treffens im September 1974 auf dem Dieng-Plateau, nahe Wonosobo, auf Java erklärte Whitlam, Osttimor würde „ein überlebensunfähiger Staat und eine potentielle Bedrohung für die Stabilität in der Region“ sein. Obwohl er den Wunsch nach Selbstbestimmung anerkannte, hielt er im Interesse Osttimors einen Anschluss an Indonesien für das Beste.

Die USA hatten mitten im Kalten Krieg und nach dem verlorenen Krieg in Vietnam Bedenken gegenüber einer Unabhängigkeit Portugiesisch-Timors. Nachdem man Indonesien als Verbündeten gewonnen hatte, wollte man nicht mitten im großen Archipel ein destabilisierendes, linksgerichtetes Regime.

Bürgerkrieg und Ausrufung der Unabhängigkeit

Die Flagge Osttimors von Natalino Leitão, wie sie 1975 verwendet wurde

Im Frühjahr 1975 konnte die FRETILIN sich auf eine Mehrheit der Bevölkerung in ganz Osttimor stützen. Am 13. März 1975 wurden im Rahmen des Dekolonisationsprogramms Wahlen im Distrikt Lautém durchgeführt. Ziel war es, die traditionellen Herrschersysteme zu ersetzen. Bei diesem Pilotprojekt für Lokalwahlen gab es keine Parteilisten oder –kandidaten. Die Wähler warfen einfach Kieselsteine in Körbe der Kandidaten um ihre Stimme abzugeben. FRETILIN-nahe Kandidaten konnten sich hier klar gegen UDT-Kandidaten durchsetzen. Am 11. Juli verabschiedete das portugiesische Parlament ein Gesetz, dass für Osttimor die Wahlen für eine Volksversammlung im Oktober vorsah. Ein portugiesischer Hoher Kommissars sollte dann die Kolonie in einer dreijährigen Übergangszeit zur Unabhängigkeit führen.[58] Doch Portugal wurde immer mehr durch zivile Unruhen und politische Krisen von den politischen Entwicklungen in seiner Kolonie abgelenkt. Vor allem beschäftigte es die Entkolonisation von Angola und Mosambik. Viele portugiesische Politiker sahen eine Unabhängigkeit Osttimors immer weniger als realistisch an und diskutierten über einen Anschluss Portugiesisch-Timors an Indonesien.

Guinea-Bissau hatte Ende 1974 seine Unabhängigkeit erlangt. Anfang des Sommers 1975 folgten Mosambik, Kap Verde und São Tomé und Príncipe, doch in Osttimor brachen, nach Intrigen des indonesischen Militärgeheimdienstes BAKIN, Kämpfe um die Macht aus. Seit Mitte 1974 hatte der BAKIN in der „Operasi Komodo“ (Operation Komodo nach dem Komodowaran) mit Osttimoresen, die den Anschluss an Indonesien favorisierten, zusammengearbeitet. Zumeist mit der APODETI, aber ab Mitte März 1975 auch mit einigen UDT-Mitgliedern, deren Angst vor kommunistischen Elementen in der FRETILIN geschürt wurde. Jakarta machte in Treffen den UDT-Führern klar, dass es niemals ein unabhängiges, von der FRETILIN geführtes Osttimor akzeptieren würde. Die vermeintliche kommunistische Bedrohung in der Zeit des Kalten Krieges und kurz nach dem Vietnamkrieg, wurde für jene UDT-Führer, die ohnehin mit dem Bündnis mit der FRETILIN unzufrieden waren, zur Begründung, die Koalition am 27. Mai 1975 zu verlassen. Bereits am 6. Juni 1975 besetzten indonesische Truppen, getarnt als UDT-Kämpfer die Enklave Oecusse.

Flag of East Timor 2-3.png Präsident der Demokratischen Republik Timor-Leste Flag of East Timor 2-3.png
Francisco Xavier do Amaral (FRETILIN) 28. November 1975 – 14. September 1977
Nicolau dos Reis Lobato (FRETILIN) September 1977 – 31. Dezember 1978
 _Präsident_der_provisorischen_Regierung Flag of East Timor 2-3.png  Präsident der provisorischen Regierung Flag of Indonesia.svg
Arnaldo dos Reis Araújo (APODETI) 17. Dezember 1975 – 17. Juli 1976
Flag of East Timor.svg  Präsident der Demokratischen Republik Timor-Leste Flag of East Timor.svg
Xanana Gusmão (parteilos) 20. Mai 2002 – 20. Mai 2007
José Ramos-Horta (parteilos) seit 20. Mai 2007

Am 10. August 1975 versuchte die UDT einen Putsch (Operaçao Sakonar), um der wachsende Popularität der FRETILIN entgegen zu treten. Der indonesische Geheimdienst hatte die UDT zu diesem Schritt bewegt. Marí Alkatiri erklärte später:

„Ohne die Einmischung von außen hätte es keinen Bürgerkrieg gegeben.[59]

80 Mitglieder der FRETILIN wurden von der UDT gefangen genommen, unter ihnen Xanana Gusmão, der spätere erste Präsident Osttimors nach der indonesischen Besatzung. Ein weiteres Dutzend FRETILIN-Anhänger wurde ermordet, wie etwa José Lobato, der jüngere Bruder von Nicolau Lobato. In Dili kam es zu Straßenkämpfen. Osttimoresen, die bisher in der portugiesischen Armee dienten, unterstützten im Kampf die FRETILIN und bildeten den Kern der am 20. August gegründeten Forças Armadas de Libertação Nacional de Timor Leste FALINTIL (Bewaffnete Kräfte zur nationalen Befreiung Osttimors). Im dreiwöchigen Bürgerkrieg kämpften etwa 1.500 UDT-Anhänger gegen 2.000 Mann der FRETILIN. Am 26. August floh Gouverneur Pires auf die Insel Atauro und versuchte von dort aus ein Abkommen zwischen den beiden Parteien auszuhandeln. Von der FRETILIN, die am 27. August Dili einnahm,[17] wurde er gedrängt, zurückzukehren, und die Entkolonialisierung voranzutreiben, aber Pires bestand darauf, auf Anweisungen aus Lissabon zu warten. Er wolle auf diese Weise einen Guerillakrieg gegen die portugiesische Regierung in Osttimor vermeiden.[59] Schließlich konnte sich die besser bewaffnete und von der breiten Bevölkerung unterstützte FRETILIN endgültig durchsetzen und bis September die Kontrolle in der gesamten Kolonie übernehmen.[56]

FRETILIN und UDT mussten später eingestehen, dass beide während des Bürgerkriegs Menschenrechtsverletzungen begangen hatten. So wurden zum Beispiel gefangene Gegner ermordet. In Aileu und Same wurden Anfang 1976 die Massengräber von UDT- und APODETI-Mitgliedern gefunden.[59] Am 27. August 1975 töteten Kämpfer der UDT elf Unterstützer der FRETILIN am Strand von Meti Oan bei Wedauberek (Distrikt Manufahi). Die FRETILIN-Anhänger waren am 11. August gefangengenommen worden, einige gehörten der FRETILIN-Jugendorganisation UNETIM an. Als man erfuhr, dass Kämpfer der FRETILIN anrückten, brachte man die Gefangenen von Same an die Küste und brachte sie dort um. Ein Opfer des Meti Oan-Massakers war Domingos Lobato, Präsident der UNETIM und ein Bruder von Nicolau Lobato.[60]

Insgesamt starben in den Kämpfen etwa 2.000 Menschen. UDT-Kämpfer und Zivilisten flohen in das indonesische Westtimor. Zu der Anzahl der Flüchtlinge gibt es verschiedene Angaben. Die kleinsten Schätzungen nennen 10.000 Flüchtlinge, die offizielle indonesische Zahl von 40.000 wird allgemein als zu hoch eingeschätzt.[61] In Westtimor wurden die Flüchtlinge von der Annexionspolitik Indonesiens eingespannt.[16] Untersuchungen ergaben, dass einige Zivilisten auch von der UDT gezwungen wurden nach Westtimor zu „fliehen“, um dort von der indonesischen Armee rekrutiert zu werden. Allein aus Ermera sollen dies 1.000 Personen gewesen sein.[61]

Indonesien stellte den Bürgerkrieg als Bedrohung dar, der Portugiesisch-Timor in Anarchie und Chaos stürze, aber nur einen Monat später besuchten Hilfsorganisationen aus Australien und anderen Ländern die Kolonie und bezeichneten die Situation als stabil. Die FRETILIN hatte durch die große Unterstützung in der Bevölkerung schnell wieder für Ruhe und Ordnung gesorgt. Auch ehemalige UDT-Anhänger, die geblieben waren, arbeiteten nun mit ihr zusammen.

Als UDT-Kämpfer getarnt besetzten indonesische Truppen am 8. Oktober 1975 den osttimoresischen Grenzort Batugade und vertrieben die dortigen FALINTIL-Einheiten. Hier wurde das Hauptquartier der Operation Komodo aufgebaut. Bis zum 16. Oktober 1975 waren die Grenzdistrikte Bobonaro und Cova Lima in großen Teilen in indonesischer Hand. Zwei britische und drei australische Fernsehjournalisten (die Balibo Five), die an diesem Tag Zeugen der Besetzung der osttimoresischen Grenzstadt Balibo geworden waren, wurden von indonesischen Soldaten gezielt ermordet.[16] Indonesien dementierte selbst jetzt noch, Truppen in Osttimor zu haben oder das Land gar gewaltsam besetzen zu wollen.[62] Bei einem Treffen der Außenminister Portugals und Indonesiens Anfang November in Rom, sagte Portugal zu, nochmals mit den timoresischen Parteien nach einer friedlichen Lösung zu suchen. Zwar hatte die FRETILIN Bereitschaft zu Gesprächen signalisiert, diese fanden aber letztlich nicht mehr statt.[63] Während die FRETILIN weiter versuchte den portugiesischen Gouverneur zur Rückkehr zu bewegen und die portugiesische Flagge vereinzelt von Regierungsgebäuden wehte, zeigte sich, dass internationale Unterstützung, unabhängig von Portugal, immer nötiger wurde. Die FRETILIN startete einen Appell an den Weltsicherheitsrat den Rückzug der indonesischen Truppen zu erzwingen. Am 24. November forderte sie die Entsendung von UN-Friedenstruppen.[17]

In Atabae leisteten Kämpfer der FRETILIN unter Aquiles Freitas Soares, einem timoresischen Adligen aus Letemumo und ehemaligen Unteroffizier der portugiesischen Armee mit zwölf Jahren militärischer Erfahrung, noch bis zum 26. November Widerstand.[60] Seit Mitte des Monats beschossen die Indonesier daher Atabaes Hauptort Aidabaleten von See aus und besetzten ihn schließlich am Morgen des 28. Novembers.[63] Für die FRETILIN war dies das endgültige Signal zur Ausrufung der Unabhängigkeit, da man sich als unabhängiger Staat mehr Unterstützung durch die Vereinten Nationen erhoffte. Am Nachmittag versammelten sich etwa 2.000 Menschen vor dem Regierungspalast in Dili. Truppen der FALINTIL zogen in Tarnuniformen in einer Parade vorbei und Francisco Xavier do Amaral, der Präsident der FRETILIN, fuhr mit dem schwarzen Mercedes-Benz des portugiesischen Gouverneurs vor. Um 17:55 Uhr wurde die Flagge Portugals eingeholt und die neue Flagge Osttimors gesetzt. Dann folgte eine Schweigeminute für „alle, die in den letzten Monaten in ganz Osttimor in antikolonialen Kriegen gestorben sind“. Zur Totenehrung wurde eine Kanone zwanzigmal abgefeuert, dann verlas Amaral die Proklamation der Unabhängigkeit:

„Entsprechend dem größten Wunsch des Volkes von Osttimor und zum Schutz der legitimen nationalen Souveränität hat das Zentralkomitee der FRETILIN beschlossen, die Unabhängigkeit Osttimors einseitig auszurufen. Für heute Mitternacht erklären wir die Geburt der antikolonialen und anti-imperialistischen Nation der Demokratischen Republik Osttimor. Lang lebe die Demokratische Republik Osttimor! Lang lebe das freie und unabhängige Osttimor! Lang lebe die FRETILIN![40]

Die Unabhängigkeitserklärung der Demokratischen Republik Osttimor (port.: República Democrática de Timor-Leste, Tetum: Repúblika Demokrátika Timor Lorosa'e) RDTL wurde von insgesamt zwölf Staaten anerkannt, neben ehemaligen portugiesischen Kolonien wie Kap Verde, Guinea-Bissau, Mosambik oder São Tomé und Príncipe, auch von der Volksrepublik China, als einzigem ständigen Mitglied des Weltsicherheitsrates, Kuba, Vietnam und Schweden.[17] Portugal, Indonesien, Australien, die USA und die Vereinten Nationen verweigerten aber die Anerkennung.

Francisco Xavier do Amaral wurde der erste Staatspräsident Osttimors, Nicolau Lobato Premierminister. Indonesien reagierte mit der Meldung, die Führer von UDT, APODETI, KOTA und der Arbeiterpartei hätten am 30. November 1975 die sogenannte Balibo-Deklaration unterzeichnet, in der zum Anschluss Osttimors an Indonesien aufgerufen wurde. Die Deklaration, eine Ausarbeitung des indonesischen Geheimdienstes, wurde allerdings auf Bali und nicht in Balibo wohl auf Druck der indonesischen Regierung unterzeichnet. Xanana Gusmão nannte das Papier die Balibohong Declaration, ein Wortspiel mit dem indonesischen Wort für Lüge.[64]

Indonesische Besatzungszeit

Invasion durch Indonesien

Verlauf der indonesischen Invasion (1975-1979)

Schon einen Tag nach der Unabhängigkeitserklärung, zog am 29. November 1975 das indonesische Militär in der osttimoresischen Exklave Oecusse offiziell ihre Flagge auf.

Ab dem 7. Dezember 1975 begann mit der Operation Lotus (Operasi Seroja) unter Führuung von General Dading Kalbuadi die Besetzung des restlichen Gebietes von Osttimor. Zuerst wurde Dili in den frühen Morgenstunden durch 20 Kriegschiffe der indonesische Marine beschossen und 13 Flugzeuge bombardierten Ziele in der Stadt, dann landeten Boote an den Stränden und Fallschirmspringer. Auf der Werft Dilis kam es zu öffentlichen Exekutionen. Eines der Opfer dort wurde der australische Journalist Roger East.[17] An Bord zweier portugiesische Korvetten verließ am nächsten Tag Gouverneur Pires und mit den letzten Angehörigen der Kolonialverwaltung seinen Zufluchtsort auf Atauro.[17] Die kleine Insel wurde erst am 30. Dezember von den Indonesiern besetzt.

Am 10. Dezember folgte eine weitere indonesische Landung in Baucau, der zweitgrößten Stadt Osttimors und am 25. Dezember landeten indonesische Truppen nahe Liquiçá und Maubara, wo es ebenfalls zu Massakern an Zivilisten kam. Im Süden werden Suai und Tilomar eingenommen. Am 31. Dezember fällt Manatuto. Politische Unterstützung für die Invasion erhielt Indonesien von der Regierung der USA. Dies belegen Geheimpapiere, die im Dezember 2001 von dem US-amerikanischen National Security Archive (NSA) freigegeben wurden. Nur einen Tag vor der Besetzung Osttimors trafen sich US-Präsidenten Gerald Ford und US-Außenminister Henry Kissinger in der indonesischen Hauptstadt Jakarta mit Präsident General Suharto.[65] Bereits ein Jahr zuvor hatte die indonesische Regierung bei Kissinger angefragt, wie die USA zu einer indonesischen Invasion stehen würden.[66] Im März 1975 empfahl der US-Botschafter in Indonesien David Newson eine Politik des Stillschweigens und unterstützte dabei Kissingers Auffassung.[67] Am 8. Oktober 1975 teilte Philip Habib, Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats, den anderen Teilnehmern mit, dass es so aussehe, als ob Indonesien nun begonnen hätte Osttimor anzugreifen. Kissinger antwortete, er hoffe Habib würde seinen Mund über diese Sache halten.[68] Die USA befürchteten, dass Osttimor zu einem „zweiten Kuba“ werden könne, da die FRETILIN, die Kontakte zur Volksrepublik China hatte, als kommunistisch galt. Gerade in dieser Zeit, kurz nach dem Ende des Vietnamkrieges, wollte man nicht einen kommunistischen Dominoeffekt in Südostasien riskieren, weswegen die USA und Australien die Aktionen des pro-westlichen Indonesiens tolerierten, obwohl Portugal NATO-Mitglied war und versuchte seine ehemalige Kolonie zu unterstützen. Lissabon hatte aber gegen die Interessen der beteiligten Staaten nur diplomatische Möglichkeiten.[69]

Der indonesische General Dading Kalbuadi in Osttimor

Australien, das zum Ende der Amtszeit von Premierminister Gough Whitlam unter einer innenpolitischen Krise litt und schon 1972 mit dem Vielvölkerstaat Indonesien den Grenzverlauf von Westtimor in der Timorsee festgelegt hatte, hatte so die Möglichkeit, auch im Osten von Timor eine Seegrenze günstig festzulegen, mit dann erheblichen Anteilen der Erdölvorräte im so genannten Timorgraben auf seiner Seite. Zwar protestierte Australiens Regierung öffentlich lautstark nachdem die Besetzung schon nahezu vollzogen war, aber man hatte bereits im Geheimen zugesichert nicht aktiv einzugreifen. Diese Politik war in der australischen Öffentlichkeit nicht populär, da man sich an den heldenhaften Kampf der Timoresen während des Zweiten Weltkrieges auf Seiten der Australier erinnerte. Es kam zu heftigen Protesten, die jedoch keine Beachtung fanden.[70]

José Ramos-Horta reiste drei Tage nach Beginn der Invasion als Außenminister des unabhängigen Staates Timor-Leste nach New York, um den Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen über das Vorgehen des indonesischen Militärs zu informieren. Zwar hatten die Vereinten Nationen noch einige Jahre zuvor bei der Annexion West-Neuguineas noch ein Auge zugedrückt, die Besetzung Osttimors erkannten sie aber nicht an. Hier übten mehrere Staaten Druck aus, allen voran Portugal. Zwar legten pro-indonesische Staaten, wie Indien, Japan und Malaysia, in der Generalversammlung der Vereinten Nationen einen Resolutionsentwurf vor, in dem Portugal und den timoresischen Parteien die Verantwortung für die Toten vorgeworfen wurde, dieser wurde aber zugunsten eines Antrags von Algerien, Kuba, dem Senegal, Guyana und anderen abgelehnt. Am 12. Dezember 1975 verabschiedete die UN-Generalversammlung die Resolution 3485, in der bestätigt wurde, dass...

„...die Stellungsnahme des Vertreters Portugals als verwaltende Macht betreffs der Entwicklungen in Portugiesisch-Timor gehört wurden. […] [Die Generalversammlung] beklagt die militärische Intervention durch Streitkräfte Indonesiens in Portugiesisch-Timor und ruft die Regierung von Indonesien dazu auf, unverzüglich seine Truppen aus dem Territorium zurückzuziehen[…] [und] fordert den Weltsicherheitsrat auf dringendste in Aktion zu treten um die territoriale Integrität von Portugiesisch-Timor und das unveräußerliche Recht seiner Bewohner auf Selbstbestimmung zu schützen.“

International galt Osttimor weiterhin als „abhängiges Territorium unter portugiesischer Verwaltung“.[57][71] Am 22. Dezember verabschiedete der Weltsicherheitsrat die UN-Resolution 384, die der Resolution der Generalversammlung folgte. Am 22. April 1976 wurde die Forderung in der UN-Resolution 389 wiederholt.[72]

Während der Invasion kam es zu Massenmorden und -vergewaltigungen. Mitte Februar 1976 waren bereits 60.000 Timoresen getötet worden. In der ersten Zeit besetzten die Indonesier nur strategisch wichtige Ortschaften und Verbindungsstraßen. In vielen Dörfern lebte man gleichzeitig noch unbehelligt von den Invasoren. In dieser Phase flohen viele Timoresen in das Inselinnere, wo es ihn möglich war, kleine Siedlungen aufzubauen und Ackerbau zu betreiben. Erst Mitte 1977 begann das indonesische Militär in diese Regionen vorzudringen.[61] Hatte die FRETILIN zunächst noch die Kontrolle über einen großen Teil Osttimors, gelang es den Indonesiern durch Luftangriffe und der Vernichtung von Feldern, den Widerstand immer mehr in Bedrängnis zu bringen. Ab September 1977 begann die indonesische Armee mit Einkesselungs- und Vernichtungsaktionen gegen Stellungen der FRETILIN, wobei auch Zivilisten getötet wurden.[73] Kam die Zerstörung von Feldern und das Töten von Haustieren durch die indonesischen Truppen häufig vor, gab es auch vereinzelt Fälle, wo die FALINTIL die Übeltäter waren. So wollte man die Bevölkerung zwingen, ihre Felder weiter entfernt von den Dörfern anzulegen, damit auch die Widerstandskämpfer davon profitieren konnten. Verglichen mit den zahlreichen dokumentierten Zerstörungen durch die Indonesier waren dies zwar Einzelfälle, für die betroffene Bevölkerung bedeutete dies aber so oder so Leid und Hunger.[61]

Organisation des Widerstands und interne Kämpfe

Widerstandssektoren der FALINTIL in Osttimor 1975–1999[74]

Mitglieder der Communist Party of Australia übergaben der FRETILIN einen Radiosender, den Alarico Fernandes, der osttimoresische Informations- und Sicherheitsminister, nach der Invasion als Radio Maubere verwendeten, um die Bevölkerung zu informieren, Propaganda zu verbreiten und kodierte Nachrichten an die Kämpfer zu senden. Australische Aktivisten fingen die Sendungen in Darwin auf und verbreiteten sie in Australien weiter. Am 12. Dezember 1978 wurde Radio Maubere durch die Indonesier ausgeschaltet.[40][75] Es gibt Spekulationen, dass Fernandes zu den Indonesiern übergelaufen sei und bereits vor seiner Gefangennahme verschlüsselte Nachrichten über das Radio an die Invasoren sendete, um Stellungen des Widerstands zu verraten.[76]

Innerhalb der FRETILIN kam es 1976/77 zum Streit um die Ausrichtung der Bewegung und die richtige Strategie im Kampf gegen die Invasoren. Verschiedene Mitglieder kritisierten die Schaffung von befreiten Zonen (zonas libertadas), in denen die Zivilbevölkerung den bewaffneten Widerstand unterstützen konnte. So forderte Aquiles Freitas Soares, der sich bei der Verteidigung von Atabae Verdienste erworben hatte, eine rein militärische Strategie, die ohne die zivilen Basen auskommt, um den Zivilisten die Möglichkeit zu geben aus den Bergen in ihre Wohnorte zurückzukehren und sich zu ergeben. Der Liurai Francisco Ruas Hornay sprach sich in Iliomar gegen die Versammlung von Zivilbevölkerung zur politischen Bildung im Sinne der FRETILIN aus. Auch schlug man vor mit anderen Parteien, wie der UDT im Kampf gegen die Indonesiern zusammen zu arbeiten. Unter den Kritikern waren ehemalige Mitglieder der portugiesischen Kolonialarmee, traditionelle Führer und auch Teile der FRETILIN-Führung. Die Meinungsunterschiede eskalierten zum Konflikt. Soares gründete in Quelicai eine eigene Einheit, das Comando da Luta Boru-Quere (Kampfkommando Boru-Quere), auch wegen der Ermordung von mindestens neun Zivilisten in Venilale durch lokale FRETILIN-Führer, die die Opfer der Kollaboration verdächtigt hatten. Hornay musste nach einem Schusswechsel mit seinen Männern fliehen. Die Führung in den Sektoren ging massiv gegen die Dissidenten vor, Ende 1976 wurden sie gefangen genommen. Soares, Hornay und mehrere ihrer Männer wurden hingerichtet.[61][60]

Flag of FRETILIN (East Timor).svg  Wichtige bases de apoio (1976 bis 1978)[61]  FalintilFlag.png
Alas Baguia Barique Beco Builo (Berg)
Cabalaki (Berg) Cailaco Catrailete (am Tatamailau) Fatuberlio Fatubessi
Foho Bibileo Foho Taroman Halik Iliomar Labarai
Laclo Laclubar Lacluta Laleia Lobito
Manufahi (Süd- und Nordsektoren) Malehui (Maucatar) Matebian Maucatar Mehara
Natarbora Ossu Remexio Uai-Mori Uato-Lari
Zoilpo Zova Zumalai

Auf dem FRETILIN-Kongress vom 15. Mai bis 2. Juni 1976 in Soibada wurde Lobato offiziell zum militärischen Kommandanten erhoben. Auf dem Kongress entwickelte die FRETILIN Strukturen für die Zivilbevölkerung in den von ihr kontrollierten Gebieten und den militärischen Widerstand durch die FALINTIL. Die geflohene Zivilbevölkerung wurde in sogenannten bases de apoio (Deutsch: Unterstützungs- oder Rückhaltbasis) in jeder Verwaltungseinheit, nach ihren Heimatorten aufgeteilt, gesammelt. Diese Basen dienten als politische und logistische Stützpunkt, sowohl für Zivilisten, als auch für die Kämpfer.[61] Innerhalb des Zentralkomitees stiegen die Spannungen. Amaral boykottierte die Teilnahme an der Konferenz in Laline im Mai/Juni 1977. Vor allem im Sektor Nordzentrum (Centro Norte) gab es Spekulationen, dass es innerhalb des Widerstands Verräter gäbe. Menschen wurden verhaftet und getötet, weil sie Kontakt mit UDT-Anhängern gehabt hatten, so im Umerziehungslager (Campos de Rehabilitação Nacional, Renal) in Remexio, wo 21 Personen im April 1977 hingerichtet wurden.[60]

Ende Juli beschloss das Zentralkomitee der FRETILIN in Herluli (Remexio), wegen Meinungsverschiedenheiten über das Vorgehen gegen die indonesische Besatzung, die Absetzung Amarals. Nach der Absetzung Amarals kam es im August zu einer Säuberungsaktion innerhalb der FRETILIN. Mehrere Anhänger Amarals wurden gefangen genommen, verprügelt und erschossen, darunter viele seiner Leibwächter. Amaral selbst wurde am 14. September 1977 in Tutuluro gefangen gesetzt. Das FRETILIN-Zentralkomitee warf ihm Hochverrat vor, weil er die Bevölkerung seiner Heimat Turiscai vor Gräueltaten der indonesischen Armee schützen wollte. Auf lokaler Ebene hatte er daher über Truppenreduzierungen und Waffenstillstand verhandelt.[60][61] Im September 1977 wurde Lobato auch Vorsitzender der FRETILIN und nominell Präsident der Demokratischen Republik Osttimor.[59][60] Zum Premierminister und stellvertretenden FRETILIN-Vorsitzenden wurde António Mau Lear Duarte Carvarino und Vicente dos Reis Sahe (auch Vicente Sa'he Reis) wurde zum Nationalen Politkommissar ernannt.[73]

Der Matebian war eines der wichtigsten Rückzugsgebiete für die FALINTIL zwischen 1976 und 1978

Mit Zunahme der Angriffe der indonesischen Armee baute man die Verteidigung der bases de apoio weiter aus. Im äußeren Ring standen Kämpfer der FALINTIL (Companhias de Intervenção, Interventionseinheiten), dem folgte ein Ring ziviler Verteidigungseinheiten, den Forças de Auto-Defesa (Selbstverteidigungskräfte, kurz FADE oder auch Armas Brancas, Weiße Waffen, genannt). Die Zivilisten befanden sich im Zentrum. Ihnen war es verboten den Verteidigungsring zu verlassen. In der Basis war jeder dazu angehalten neben den eigenen Anbauflächen, auchh die Gemeinschaftsgärten der Gemeinde zu bestellen. Die Jugendorganisation OPJT (Organização Popular de Juventude Timorense) und Frauenorganisation OPMT (Organização Popular de Mulheres Timorense) der FRETILIN organisierten Anpflanzungen von Reis, Mais, Maniok und anderen Feldfrüchten. Die Ernte wurde an Bedürftige verteilt und zur Versorgung der FALINTIL-Soldaten verwendet. Außerdem webten die Frauen Stoffe und stellten traditionelle Medizin her. In einfachen Schulen lehrte man Lesen und Schreiben und die politische Ideologie der FRETILIN. Nachts sang man Freiheitslieder. Noch heute romantisieren ehemalige Bewohner diese Zeit, während andere die Arbeit zur Versorgung der Kämpfer als Zwangsarbeit beschreiben. Streitigkeiten und Konflikte, auch private, wurden von politischen Kadern der FRETILIN oder offenen Volkstribunalen (assembleia popular) entschieden. Übeltäter kamen in einfache Gefängnisse, wie Schweineställe, die Renal (Rehabilitação Nasional) genannt wurden. Dabei kam es auch zu Misshandlungen und Folter. Geringere Vergehen wurden mit Arbeiten, wie das Anlegen von Feldern, bestraft. Gingen die Lebensmittelvorräte durch den Angriff der indonesischen Armee verloren, konnte das für die Einwohner den Hungertod bedeuten. Die Versorgung der Bevölkerung wurde mit zunehmender Einengung der unbesetzten Regionen, wie die Gebiete um Matebian, Alas und die Ebene von Natarbora, immer schwerer. Mit dem zunehmenden Bombardement wollten immer mehr Zivilisten sich den Indonesiern ergeben, was die FRETILIN unterband, um die Moral nicht zu untergraben. Teils mit Misshandlungen und Gefängnis. Doch mit der Zeit gaben immer mehr Timoresen auf. Die ersten Zivilisten, die in die Wälder geflohen waren ergaben sich den Invasoren am 3. Februar 1976 in Bobonaro. Jede Woche folgten weitere Gruppen mit bis zu 700 Mitgliedern. Mit als letzte stellten sich 1979 Bunak, die drei Jahre in den Wäldern gelebt hatten.[61]

Bis November 1978 wurden auch die letzten bases de apoio zerstört,[61] über 80 % der FRETILIN-Kämpfer fielen. Lobato wurde bei der „Operation Einkreisung“ verletzt und kurz darauf am 31. Dezember 1978 von den Indonesiern gestellt. Je nach Quelle beging er daraufhin Selbstmord oder wurde von den indonesischen Soldaten erschossen.[61]

Nach Forschungen von Loro Horta, dem Sohn von José Ramos-Horta, wurde mit einer Seeblockade der indonesische Marine zwischen 1975 und 1978 mit australischer Unterstützung verhindert, dass Schiffe der Volksrepublik China die FALINTIL mit Waffen versorgte. China versuchte demnach Waffen für 8.000 Kämpfer inklusive mittleren Luftabwehrgeschützen, leichter Artillerie und Anti-Panzerwaffen für die Infanterie nach Osttimor zu bringen. Die Waffen wurden schließlich stattdessen nach Mosambik gebracht und von der dortigen Regierung im Kampf gegen die RENAMO benutzt. Nach dem Tod Mao Zedongs 1976 sank das Engagement der Volksrepublik für Osttimor und endete 1978 fast völlig. Inoffizielle Kontakte durch Einzelpersonen blieben bestehen, so hielt zum Beispiel Marí Alkatiri über Hong Kong und seine Auslandsvertretungen Kontakt zur Volksrepublik. 1997 war Alkatiri sogar als Gast der chinesischen Regierung bei der Zeremonie zur Übergabe Hong Kongs an China anwesend. Finanzielle Hilfen für den timoresischen Widerstand wurden über chinesische Geschäftsleute weitergeleitet.[77]

Indonesische Verwaltung

Flag of Indonesia.svg Gouverneure der Provinz Timor Timur Timor timur.PNG
Arnaldo dos Reis Araújo (APODETI) 4. August 1976 – 1978
Guilherme Maria Gonçalves (APODETI) 1978 – 1982
Mário Viegas Carrascalão (UDT) 18. September 1982 – Juni 1992
José Abílio Osório Soares (APODETI) 11. September 1992 – Oktober 1999

Mit dem APODETI-Mitglied Arnaldo dos Reis Araújo als Präsidenten wurde von Indonesien am 17. Dezember 1975 die Provisorische Regierung Osttimor (PGET, Indonesisch: Pemerintah Sementara Timor Timur, PSTT) als Marionettenregierung aufgestellt, bestehend aus APODETI- und UDT-Führern.[55] Araújo lehnte am 22. Dezember 1975 in einem Schreiben an den UN-Generalsekretär die Entsendung eines Beobachterteams der Vereinten Nationen ab. Allerdings klagte er in einem geheimen Schreiben im Juni 1976 auch an den indonesischen Präsident Suharto über Übergriffe durch das indonesische Militär:

„Wir räumen ein, dass die Plünderung privater Geschäfte, Behörden und der Staatsfinanzen auf die Emotionen des Krieges zurückzuführen sein könnten. Es ist aber schwer zu verstehen, weshalb noch nach sechs Monaten der grausame Zustand der Unsicherheit besteht. […] Tag und Nacht kommen zu mir ins Büro Witwen, Waisen, Kinder und Krüppel und betteln um Milch und Kleidung. Ich kann nichts tun, als mich mit meinen Tränen ihnen anzuschließen, da die Provisorische Regierung nichts besitzt.[40]

Am 31. Mai 1976 verabschiedete eine vom indonesischen Geheimdienst ausgewählte Volksversammlung[63] mit allen 37 Stimmen[78] eine Petition für den Anschluss an den Nachbarstaat ohne Referendum. Mário Carrascalão erklärte später, dass dies auch der einzige Zweck dieser Volksversammlung gewesen war. Unterzeichnet wurde die Petition von PGET-Präsident Araújo und dem Vorsitzenden der Volksversammlung Guilherme Gonçalves. Man berief sich dabei auf die Balibo-Deklaration. Danach wurden die osttimoresischen Vertreter mit einem Militärflugzeug nach Jakarta geflogen und am 7. Juni übergaben Araújo, Gonçalves, Francisco Xavier Lopes da Cruz und Carrascalão die Petition an den indonesischen Präsident Suharto.[40] Mit dem indonesischen Gesetz Nr. VII/1976 wurde am 17. Juli Timor Timur (indonesisch für Osttimor) offiziell die 27. Provinz der Republik Indonesien und Araújo am 4. August Gouverneur. Vize-Gouverneur wurde Francisco Lopes da Cruz. Araújo verlor aber bereits 1978 seinen Posten, nachdem er öffentlich Indonesien kritisiert hatte. Sein Nachfolger wurde Guilherme Gonçalves, der ebenfalls vorzeitig abtreten musste, nachdem es mit Oberst Paul Kalangi, dem Sekretär der Regionalverwaltung (Sekretaris Wilayah Daerah, Sekwilda), zum Disput über den Anteil der Kaffeesteuer für die örtliche Regierung kam. Vom 18. September 1982 bis zum Juni 1992 war Mário Carrascalão Gouverneur. In seiner Amtszeit normalisierte sich die Zivilverwaltung. José Abílio Osório Soares übernahm 1992 als letzter Gouverneur für zwei Amtszeiten das Amt. Francisco Lopes da Cruz blieb bis 1982 Vize-Gouverneur. Ihm folgten die indonesischen Offiziere Brigadegeneral A B Saridjo (bis 1993) und Oberstleutnant J Haribowo (bis zum Ende der Besatzung 1999). Beide waren zuvor Sekretäre der Regionalverwaltung, die offiziell hinter dem Gouverneur an zweiter Stelle der Administration waren, allerdings die Kontrolle über das Provinzbudget hatten. Eingesetzt wurden sie durch den indonesischen Innenminister. Bis auf einen waren alle Sekretäre in Osttimor Offiziere des Militärs.[79]

Flag of Indonesia.svg Sitzverteilung in der DPRD Timor timur.PNG[79]
Jahr PPP Golkar PDI ABRI gesamt
1980 0 25 0 0 25
1981 0 24 0 0 24
1982 0 32 0 4 36
1987 0 34 2 9 45
1988 0 34 2 9 45
1989 0 33 2 9 44
1990 0 34 2 9 45
1991 0 34 2 9 45
1992 2 29 5 9 45
1997 1 30 5 9 45

Am 4. August 1976 wurde der Rat der Volksrepräsentanten der Provinz (DPRD) installiert mit Guilherme Gonçalves als Vorsitzenden. Es hatte 25 bis 45 Mitglieder, die aber nicht gewählt wurden. 80 % der Sitze waren den vom indonesischen Staat kontrollierten Parteien vorbehalten, die restlichen 20 % standen den indonesischen Streitkräften (ABRI) zu. Auch die Vertreter in den Distriktsparlamenten wurden berufen.[79] Ab Ende 1976 gab das indonesische Militär Passierscheine (surat jalan) an die Bevölkerung aus, die es ihnen erlaubte ihre Siedlungen zu verlassen, um die umliegenden Felder zu bewirtschaften. Vor allem bis 1978 gab es starke Einschränkungen, doch erst 1983 sollte sich die Situation weitgehend normalisieren, so dass auch Flüchtlinge und Vertriebene in ihre Heimatdörfer zurückkehren konnten.[61]

Erstmals nahmen die Einwohner Osttimors an den indonesischen Nationalwahlen 1982 teil, 311.375 Osttimoresen gaben ihre Stimme ab. Das Ergebnis war eindeutig gefälscht. Es ergab über 100 % der Stimmen für die Regierungspartei Golkar. Im Indonesischen Parlament entsandte Timor Timur acht Abgeordnete.[79]

Kopassus und Kostrad-Einheiten bauten parallel zur Zivilverwaltung eine militärische Kommandostruktur auf. Versuche von Vittorio Winspeare Guicciardi, des Sondergesandten des UN-Generalsekretärs, Gebiete, die noch von der FRETILIN gehalten wurden, von Darwin aus zu besuchen, wurden vom indonesischen Militär durch eine Blockade Osttimors verhindert. Korem 164/Wira Dharma wurde offiziell am 26. März 1979 unter dem Hardliner Colonel Adolf Sahala Rajagukguk als Kommandanten etabliert. Die Militärführung der ABRI (Angkatan Bersenjata Republik Indonesia) in Jakarta hatte im selben Jahr die Spezialeinheit Kohankam, ab 1989 Kolakops, für Osttimor geschaffen.

Zur besseren Kontrolle wurden Teile der Bevölkerung aus entlegenen Gebieten zwangsumgesiedelt. Dafür wurden in Osttimor „Transit Camps“ eingerichtet, in die auch hunderttausende der Zivilisten gebracht wurden, die zuvor vor den Invasoren in FALINTIL-kontrollierte Gebiete geflohen waren, bis die indonesischen Offensiven 1977/78 die FRETILIN-Führung dazu zwang, den Zivilisten zu erlauben, sich den Indonesiern zu ergeben. Im Dezember 1978 lebten laut Angaben des indonesischen Mitlitärs 372.900 Timoresen, etwa 60 % der Bevölkerung, in diesen Transit Camps.[17] 1979 gab es nach heutigem Wissensstand in mindestens 139 Orten solche Lager, die wirkliche Zahl der Camps lag wahrscheinlich höher. Allein im Ort Ainaro gab es drei verschiedene Lager. Eines der schlimmsten befand sich ab Ende 1979 in Railaco. Überlebende erzählten, dass sie Wurzeln und Blättern sammeln mussten, um nicht zu verhungern. Internierte aus Lacluta berichteten später:

Bevölkerungsentwicklung in Osttimor 1970 bis 1980
Subdistrikt 1970 Flag of Portugal.svg 1980 Flag of Indonesia.svg Änderung [%] Subdistrikt 1970 Flag of Portugal.svg 1980 Flag of Indonesia.svg Änderung [%]
Aileu 26.217 9.241 -64,8 Lautém 7.088 9.143 29,0
Ainaro 8.985 10.428 16,1 Letefoho 11.410 11.501 0,8
Alas 5.034 3.574 -29,0 Liquiçá 16.416 8.895 -45,8
Atabae 5.013 6.346 26,6 Lolotoe 11.689 4.502 -61,5
Atauro 3.133 5.206 66,2 Lospalos 10.992 15.693 42,8
Atsabe 15.325 10.668 -30,4 Luro 8.212 5.205 -36,6
Baguia 12.239 8.138 -33,5 Maliana 7.508 12.233 62,9
Balibo 30.743 13.179 -57,1 Manatuto 5.703 6.875 20,6
Barique 5.744 1.683 -70,7 Maubara 14.610 11.450 -21,6
Baucau 20.398 25.317 24,1 Maubisse 20.119 10.409 -48,3
Bazartete 16.610 8.997 -45,8 Nitibe 4.753 7.058 48,5
Bobonaro 11.085 20.480 84,8 Oesilo 5.922 7.296 23,2
Cailaco 6.753 5.240 -22,4 Ossu 16.655 12.022 -27,8
Dili 28.516 62.874 120,5 Pante Macassar 10.698 17.034 59,2
Ermera 18.506 18.816 1,7 Passabe 4.379 5.722 30,7
Fatuberlio 8.942 3.074 -65,6 Quelicai 18.780 11.258 -40,1
Fatululic 1.899 1.215 -36,0 Remexio 7.851 4.880 -37,8
Fatumean 2.379 2.164 -9,0 Same 18.438 17.250 -6,4
Fohorem 4.677 3.515 -24,8 Suai 13.484 15.250 13,1
Hato-Udo 4.724 7.871 66,6 Tilomar 3.272 3.501 7,0
Hatu-Builico 6.829 8.459 23,9 Turiscai 5.981 2.890 -51,7
Hatulia 20.743 15.096 -27,2 Tutuala 2.200 2.623 19,2
Iliomar 4.136 5.435 31,4 Uato-Lari 13.911 14.683 5,5
Laclo 6.512 3.578 -45,1 Uatucarbau 6.071 5.802 -4,4
Laclubar 15.316 10.611 -30,7 Vemasse 5.727 4.977 -13,1
Lacluta 9.965 4.132 -58,5 Venilale 11.736 11.148 -5,0
Laga 14.914 13.989 -6,2 Viqueque 14.665 17.986 22,6
Laleia 3.169 1.695 -46,5 Zumalai 13.494 7.043 -47,8
[61] GESAMT 610.270 555.350 -9,0

„1979 ergaben wir uns in der alten Stadt von Lacluta. Etwa 500 Personen starben an Hunger und durch den Mangel an Medikamenten zur Bekämpfung von Tuberkulose, Marasmus und Durchfall. Viele die starben, hatten keine Familienmitglieder mehr, um sie zu beerdigen. Einige starben im Camp und einige während sie im Wald nach etwas zum Essen suchten. Wir überlebten von Essen wie:

  • Sago aus der Bebakpalme
  • Früchte des Gummibaums
  • Guaven
  • Blätter vom Ende der Kokosnuss
  • Maek (eine Knolle)
  • Kuan (eine kleine, fasrige Yamswurzel)
  • Aidak (eine Art Lychee)
  • Kangkung (grünes Gemüse)
  • Bananenschößlinge
  • Laho (Mäuse)
  • Samea (Schlangen)
  • Manduku (Frösche)
Pferde wurden für nur 1.000 indonesische Rupiah und zwei Dosen Reis für je eine Mahlzeit (rantang) von der Hansip gekauft. Goldketten konnte man für eine Dose Reis erwerben. Im Tausch für Nahrung, wie Büffel- oder Hirschfleisch, konnten Töchter an Hansip- und ABRI-Mitglieder zwangsverheiratet werden, selbst wenn sie schon gesetzlich verheiratet waren. ABRI und der Subdistriktadministrator (camat) entschlossen sich die Internierten von der alten Stadt Lacluta in das Dorf Dilor zu verlegen. In Dilor wurden politische Führer und FALINTIL-Mitglieder gefoltert und getötet. Alle Männer, die älter als 15 Jahre alt waren, wurden angewiesen, sich beim Militärposten am Morgen und am Abend zu melden und nachts Wachdienst zu leisten. Wenn sie sich nicht fügten, wurde ihr gesamter Besitz gestohlen und sie konnten gefoltert werden. So zum Beispiel konnte man in schmutziges Wasser für drei Stunden eingetaucht werden, gezwungen werden durch Dornenbüsche zu laufen, auf Kohlen zu stehen oder man wurde mit dem Kopf nach unten aufgehängt. Frauen wurden regelmäßig vergewaltigt und an Hansip und Soldaten zwangsverheiratet, ohne Einverständnis von ihnen oder ihren Familien. Viele Kinder die daraus hervorgingen, wurden einfach verlassen. 1979 bis 1980 erhielten wir Hilfsgüter vom Indonesischen Roten Kreuz, wie Trockenfisch, Huhn, Milch, Mehl, Salz, Decken und Medikamente und wurden von medizinischen Personal betreut, einem Arzt und zwei Krankenschwestern. Jedoch war das Essen, was wir bekamen, zu proteinreich zum Verdauen für unterernährte Menschen und viele starben. Uns wurde schließlich erlaubt, Gärten anzulegen, aber nur in einem Umkreis von weniger als einen Kilometer rund um Dilor und nur mit einer Reisegenehmigung vom Sicherheitschef. Häufig gab es Zwangsarbeit ohne Bezahlung. Es gab keine Ausbildungsmöglichkeiten, weil es keine Einrichtungen oder Lehrer gab. Schulkinder wurden zum Dienst als TBOs (tenaga bantuan operasi, „Operationsassistenten“) gezwungen.[61]

Bis zu zehn Menschen, Kinder und alte Menschen, starben demnach pro Tag. Untersuchungen gehen von tausenden Toten in den Lagern aus. Erst in den 1980ern wurde einigen Insassen erlaubt, wieder in ihre Heimatdörfer zurückzukehren. Andere wurden nach strategischen Gesichtspunkten in neuen Dörfern oder anderen Orten, sogenannten „Siedlungszentren“ (tempat pemukiman) zwangsangesiedelt. In dieser Zeit wurden Zwangsumsiedlungen zu einer der wichtigsten Waffen gegen den timoresischen Widerstand. Opfer waren jene, die unter Verdacht standen, mit der FRETILIN zusammenzuarbeiten oder einfach auch nur die, von denen Familienmitglieder beim Widerstand waren. Tausende, zumeist Frauen und Kinder, wurden Anfang der 1980er nach Atauro deportiert, wo es wieder an Nahrung und anderen Wichtigem fehlte. Erst 1982 wurde dem Internationalem Roten Kreuz erlaubt, den Zwangsumgesiedelten zu helfen.[61]

Im Dezember 1988 beendete Präsident Suharto mit dem Präsidialen Dekret 62 1988 formal die Isolation Osttimor. Das besetzte Gebiet erhielt einen gleichwertigen Status zu den 26 anderen Provinzen Indonesiens. Die Reisebeschränkung wurde für indonesische Staatsangehörige aufgehoben und ausländische Touristen und Journalisten durften nach Einholung einer offiziellen Genehmigung in die Provinz einreisen. Ab dieser Zeit nahm der Einfluss des Militärs innerhalb Osttimors ab.[79] 1993 wurden die Kolakops-Sondereinheiten des indonesischen Militärs in Osttimor aufgelöst und das Gebiet verlor seinen Status als Sonderzone. Der Militärbezirk Korem 164/Wira Dharma stand dann bis zu seiner Auflösung direkt unter der Führung des Bereichskommandos Kodam IX/Udayana auf Bali.

Der Kampf um die Unabhängigkeit

FalintilFlag.png Kommandeure der FALINTIL FalintilFlag.png
Nicolau dos Reis Lobato Mai 1976 – 31. Dezember 1978 †
Xanana Gusmão 1981 – 20. November 1992
(verhaftet)
Ma'huno Bulerek Karathayano 1992 – 5. April 1993 (verhaftet)
Nino Konis Santana April 1993 – 11. März 1998 †
Taur Matan Ruak 1998 – 1. Februar 2001
(Umwandlung der FALINTIL in F-FDTL)

Es folgte eine Zeit geprägt von Terror und der Umsiedlung der Zivilbevölkerung, Verfolgung von Anhängern der Unabhängigkeitsbewegung durch pro-indonesische Milizen und der Armee. Von Indonesien wurden zivile Sicherheitskräfte mit Osttimoresen als Mitglieder aufgestellt. Die Hansip wurden bewaffnet und erhielten einen Sold, während die Ratih (Rakyat Terlatih, „ausgebildete Personen“) weder Bewaffnung noch regelmäßige Zahlungen erhielten.[60] Zivilisten, die sich den Invasoren ergeben hatten wurden zum Teil als TBOs (Tenaga Bantuan Operasi, Operationsassistenzkräfte) zwangsverpflichtet. TBOs mussten die Truppen an die Frontlinien begleiten und Munition und Ausrüstung tragen Zeitweise dienten sie auch als Späher und Führer, manchmal auch als Spione in den von der FALINTIL gehaltenen Zonen. Mit der Verwendung von Zivilisten für kriegerische Zwecke verstießen die Indonesier gegen das Kriegsvölkerrecht.[80]

Mau Lear wurde im Februar 1979 gefangen und getötet. Vom 1. bis zum 8. März 1981 fand am Berg Aitana (Subdistirkt Lacluta) ein Treffen der FRETILIN statt. Die „Reorganisation der Nationalen Konferenz“ diente der Restrukturierung des Widerstands gegen die indonesischen Invasoren nach dem Verlust aller Widerstandsbasen (bases de apoio) und befreiten Zonen (zonas libertadas).[81] Dabei wurde Xanana Gusmão zum neuen Chef der FALINTIL gewählt.[56] War der Guerillakrieg durch die FRETILIN bis zum Tod Nicolau Lobatos nicht die Regel gewesen, begann Xanana Gusmão gezielt mit dieser Taktik für die Unabhängigkeit zu kämpfen. Verschiedene timoresische Gruppierungen bekämpften die Besatzer mit Unterstützung aus der Bevölkerung vom Gebirge aus. Die Zahl der indonesischen Soldaten, die in Osttimor eingesetzt wurden, variierte von 15.000 bis zu 35.000. Bei den Auseinandersetzungen verübte das indonesische Militär massive Menschenrechtsverletzungen und Gräueltaten (unter anderem Mord und Vergewaltigungen). Am 10. Juni 1980 griffen FALINTIL-Einheiten den Fernsehsender in Marabia, das Waffenlager in Becora und militärische Einrichtungen in Dare und Fatu Naba am Rande der Hauptstadt Dili an. Es war der erste größere Angriff, auch „levantamento“ (port.: Erhebung, Aufstand) genannt, seit der fast völligen Zerschlagung der Widerstandsbewegung im Jahre 1978. Das indonesische Militär tötete als Reaktion darauf über 100 Menschen und folterte oder verbannte Angehörige von Widerstandskämpfern auf die als Gefängnisinsel benutzte Insel Atauro.[40]

Indonesisches Propagandabild von 1984: „Die Timoresen mit ihrer Nationalflagge, rot und weiß“

Am 7. April 1981 wurde Tetum, die Lingua Franca Osttimors, vom Vatikan als Sprache für die Liturgie zugelassen. Folge war sowohl eine Verstärkung der nationalen Identitätsbildung der Osttimoresen, als auch ein weiterer Zulauf zum katholischen Glauben. Um 1975 betrug der Anteil der Katholiken an der Bevölkerung nur etwa 30 Prozent. Während des Freiheitskampfes gegen Indonesien wurde die katholische Kirche jedoch zur einigenden Klammer zwischen den Stammesverbänden gegen die überwiegend muslimischen Indonesier. Bis 2002 nahm der Anteil der Katholiken in der Bevölkerung daher auf über 90 Prozent zu. Starken Einfluss hatte die Befreiungstheologie aus Lateinamerika. Ein weiterer Grund für die Zunahme der Katholiken war, dass sich die Einwohner Osttimors bei der Registrierung durch die indonesische Behörden zwischen einer der fünf anerkannten Religionen (Islam, katholisches und protestantisches Christentum, Hinduismus, Buddhismus) entscheiden mussten. Unter dem Druck der Wahl entschieden sich die meisten Osttimoresen für den Katholizismus. Teilweise wird angenommen, dass Gemeinsamkeiten zwischen der alten, animistischen Religion und dem katholischen Glauben, wie die Verehrung von Toten und die Ikonenanbetung hier mit eine Rolle gespielt haben.[49]

Von Mai bis September 1981 folgte „Operasi Kikis“ (auch Operation Pagar Betis), bei der 60.000 timoresische Zivilisten in einem sogenannten „Zaun aus Beinen“ quer durch die Insel streiften, um Aufständige aufzuspüren. Unter den Zwangsrekrutierten, die an vorderster Front gegen die FALINTIL eingesetzt wurden, waren auch Kinder. Am Ende des Marsches wurden am 7. September am St. Antonius-Schrein am Aitana, je nach Angaben zwischen 70 und 500 Menschen, darunter Frauen und Kinder, durch die indonesische Armee getötet.[40] Amnesty International veröffentlichte geheime Dokumente vom Juli 1982, nach denen Rajagukguk, der Befehlshaber des Wehrbereichs für Osttimor, schriftlich seine Einwilligung zur Anwendung von Folter gegenüber verdächtigen Personen mit angeblichen Rebellenverbindungen gegeben hatte.

Flagge der FALINTIL

Am 20. August 1982 kam es zum Cabalaki-Aufstand (Levantamento de Kabalaki) in den Orten Mauchiga, Dare, Mulo (alle Hatu-Builico), Aituto (Maubisse) und Rotuto (Same). FALINTIL-Kämpfer und einige Einwohner aus den Orten griffen dabei mehrere Stützpunkte der Indonesier in der Region an. So die Dare Koramil, Koramil und Polizei in Hatu-Builico und die Hansip in Aituto, Rotuto und Raimerhei. Die Indonesier schickten sofort Truppen in die Region. In Dare wurden Häuser niedergebrannt, Schulen geschlossen und Frauen und Kinder dazu gezwungen Wache in Militärposten zu halten. Außerdem kam es zu Zwangsumsiedlungen, Brandschatzung, Plünderungen und Vergewaltigungen. Die Militärposten wurden in jeder Aldeia der Region errichtet, dazu kamen acht Gemeindeposten um Dare herum. FALINTIL-Kämpfer und ein Großteil der Bevölkerung flohen aus dem Gebiet, manche auch auf den Cabalaki.[82][83][84]

Der stellvertretende Verantwortliche, Colonel Purwanto, begann geheime Verhandlungen mit dem Rebellenführer Xanana Gusmão, die am 23. März 1983 mit einem Waffenstillstand endeten. Allerdings kam es zu Übergriffe durch die indonesische Armee auf die Bevölkerung, unter anderem auch in Kraras (Subdistrikt Viqueque). Daraufhin verübten die FALINTIL zusammen mit Männern aus der Region am 8. August 1983 einen Überfall auf den indonesischen Militärposten in Kraras. 14 Soldaten kamen dabei ums Leben. Es folgte eine Vergeltungsaktion des Militärs, das sogenannte Kraras-Massaker. Fast 300 Einwohner des Dorfes starben, zahlreiche Personen wurden verhaftet, andere konnten in die Berge fliehen. Das Dorf wurde durch die Besatzer aufgelöst.[60] Die Region wird heute das „Tal der Witwen“ genannt.[85]

Indonesisches Integrationsdenkmal in Dili

Zwischen dem 5. und 8. August desertierten Hunderte von Mitgliedern von bewaffneten Milizen (Wanra, Hansip) aus Mehara, Lore, Leuro und Serelau (alle im Distrikt Lautém) und schlossen sich der FALINTIL an. In ihren Heimatorten führten die Indonesier Strafaktionen durch. Hunderte Frauen und andere zurückgebliebene wurden auf Lastwagen zusammengetrieben und für mehrere Monate interniert. Es kam zu Folterungen und Vergewaltigungen. Später wurden mehrere hundert Familien auf die Insel Atauro zwangsumgesiedelt.[61] Noch im August folgte die großangelegte Operation „Operasi Sapu Bersih“ („Reiner Tisch“) des indonesischen Militärs[86] und im September 1983 die Operasi Persatuan und die Operasi Keamanan („Operation Sicherheit“). Von August 1983 bis Juni 1984 erfolgten schwere Bombardements durch die indonesische Luftwaffe, die auch die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft zog. Weitere indonesische Offensiven folgten im November 1986, März 1987 und Juli 1987. Die Reaktion des timoresischen Widerstands bestand aus Hinterhalten im Dezember 1985 und im März 1988. Im Oktober 1986 besetzte die FALINTIL sogar für einige Tage die Stadt Viqueque.[17] Im Dezember 1988 verübte die FALINTIL erfolgreich einen Überfall auf indonesische Soldaten in den Außenbezirken der Hauptstadt Dili.

Mit Unterstützung der Weltbank und der Ford Foundation wurde im April 1985 mit einem Programm zur Geburtenkontrolle begonnen. Dieses führte aber letztlich zu Zwangssterilisationen, Zwangsabtreibungen und Zwangsverhütung. Von einigen Seiten wurden diese Maßnahmen, zusammen mit der Einwanderung von Siedlern aus anderen Teilen Indonesiens, auch als Mittel zur Indoniesierung der Bevölkerung angesehen.[56] Bis 1999 stieg die Anzahl der Indonesier in Osttimor auf 85.000.[17] Das Programm zur Geburtenkontrolle wurde in den Dörfern mit Hilfe des Militärs durchgesetzt, meist durch Hormonimplantate und -spritzen. Wenn es trotzdem zu Schwangerschaften kam, verliefen diese oft mit Komplikationen und tödlich. Einige Kinder wurden mit Missbildungen geboren. Manche Frauen wurden nach der Geburt sterilisiert und Mädchen zusammen mit Impfungen in der Schule ohne Aufklärung empfängnisverhütende Mittel verabreicht. Noch heute mißtrauen viele Frauen Kliniken und gynäkologischen Behandlungen. Zudem stieg die Geburtenrate in Osttimor nach Abzug der Indonesier extrem. Zeitweise hatte das Land die höchste Rate weltweit.[59] In der Hochzeit der Transmigrationspolitik Suhartos erreichte der Anteil der Bevölkerung Osttimors, die aus Indonesien stammt, bis zu 20 %. Auffällig ist, dass der Anteil an Muslimen trotzdem nur 4 % erreichte. Dies lag daran, dass hauptsächlich Katholiken einwanderten.[49]

Flagge des CNRT

Am 31. März 1986 wurde die Nationale Timoresische Konvergenz (Convergencia Nacional Timorense CNT) von UDT, FRETILIN, KOTA und der Partido Trabalhista (Arbeiterpartei) als Dachverband gegründet. Doch es gab weiterhin immer wieder Spaltungen und Machtkämpfe zwischen den einzelnen Gruppierungen. Daher gründeten Xanana Gusmão und José Ramos-Horta 1988 den Nationalrat des Widerstandes der Maubere (Conselho Nacional de Resistência Maubere CNRM) als neue Dachorganisation mit Gusmão an der Spitze. Er sollte den Freiheitskampf besser koordinieren. Die UN-Generalversammlung verabschiedete immer wieder Resolutionen (A/RES/37/30, A/RES/36/50, A/RES/35/27, A/RES/33/39, A/RES/32/34, A/RES/31/53),[87] welche die unrechtmäßige Besetzung verurteilten. Doch der Osttimor-Konflikt bekam wenig Aufmerksamkeit durch die internationale Gemeinschaft.

Der Vorschlag der römisch-katholischen Kirche, einen Volksentscheid über die Unabhängigkeit oder den Verbleib als Provinz Indonesiens durchführen zu lassen, führte zu neuen Diskussionen über die Zukunft der Krisenregion. Carlos Filipe Ximenes Belo, der 1988 zum Bischof geweiht wurde, versuchte mit dem Einfluss der Kirche, das Leid der Bevölkerung zu mindern. Der Besuch von Papst Johannes Paul II. am 12. Oktober 1989 in Osttimor stärkte das Selbstbewusstsein der Bevölkerung und rückte den Konflikt für kurze Zeit wieder in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit. Nach der Messe entfaltete eine Gruppe junger Leute Transparente. Sie demonstrierten für Selbstbestimmung und gegen Menschenrechtsverletzungen. Diesem für Indonesien peinlichen Moment folgte eine Welle von Verhaftungen und Folter. Der amerikanische Botschafter in Jakarta, John Monjo, reiste im Januar 1990 nach Dili, um die Foltervorwürfe zu untersuchen. Vor seinem Aufenthaltsort, dem Turismo Hotel in Dili, kam es an drei aufeinanderfolgenden Tagen zu kleineren Demonstrationen.

Indonesische Truppen versuchten am 14. November 1990 in dem Gebiet um Same und Ainaro mit der „Operasi Senyum“ (Operation Lächeln) Gusmão zu fangen. Vier Tage zuvor war eine Frau gefangen genommen worden, die beim Verhör ausgesagt hatte, dass sich der Rebellenführer bei einem nahegelegenen Berg aufhielt. Xanana Gusmão konnte aber vermutlich eine Nacht vor dem Angriff entkommen. Nach dem Angriff, bei dem zwölf Bataillone und vier Hubschrauber im Einsatz waren, gab das Militär an, etwa 100 Kämpfer aufgespürt zu haben. Weiterhin wurde ein Behälter mit Gusmãos Dokumenten, einer Videokamera und seiner Schreibmaschine gefunden. Unter den Dokumenten befanden sich unter anderem Briefe des Papstes und Bischof Belos.

Friedhof von Santa Cruz, Dili

Seit Herbst 1989 war auf Vorschlag des UN-Generalsekretärs de Cuéllar der Besuch einer portugiesischen Parlamentsdelegation im Gespräch, der aber kurz vor dem Stattfinden von den Portugiesen abgesagt wurde, da Indonesien die Einreise der australischen Journalistin Jill Jolliffe verweigerte. Im November 1991 sollte außerdem der Sonderberichterstatter über Folter, Pieter H. Kooijmans, nach Osttimor reisen, um Berichte von Menschenrechtsverletzungen verschiedener Organisationen zu untersuchen. Während der Anwesenheit des UN-Sonderberichterstatters kam es am 12. November auf dem Friedhof von Santa Cruz in der Hauptstadt Dili zum Santa-Cruz-Massaker (auch Dili-Massaker), bei dem das indonesische Militär über 200 Menschen tötete und in den folgenden Tagen viele verschwinden ließ. Die wegen des geplanten Besuches der Portugiesen angereisten Journalisten konnten das Geschehen beobachten, dem britischen Journalist Max Stahl gelang es, das Massaker zu filmen. Mário Viegas Carrascalão, der zu dieser Zeit der indonesische Gouverneur Timor Timurs war, deckte geheime Exekutionen des indonesischen Militärs auf. Die Veröffentlichung führte weltweit zu großer Empörung. Heute ist der 12. November zum Gedenken der Opfer nationaler Feiertag in Osttimor.

Nach dem Santa-Cruz-Massaker kippte die öffentliche Meinung in der westlichen Welt zu Gunsten der Timoresen. Zudem war die Sowjetunion im selben Jahr von der Weltbühne verschwunden, so dass Indonesien nicht mehr vor einem marxistischen Schreckgespenst warnen konnte. Eine Bewegung, die sich mit Osttimor solidarisierte, entstand in Portugal, Australien und den USA. Das Massaker hatte große Auswirkungen auf die öffentliche Meinung in Portugal, vor allem nachdem im Fernsehen Osttimoresen auf Portugiesisch betend gezeigt wurden. In Australien war ebenfalls ein Großteil der Bevölkerung empört und kritisierte Canberras enge Beziehungen zum Suhartoregime und die Anerkennung Jakartas Souveränität über Osttimor. Dies brachte die australische Regierung zwar in Verlegenheit, aber Außenminister Gareth Evans spielte die Morde als Fehltritt herunter. Auch in Osttimor gewann der Widerstand nach dem Santa-Cruz-Massaker wieder an Kraft. Ende der 1980er/Anfang der 1990er bestand der militärische Widerstand nur noch aus 143 Kämpfern mit 100 Gewehren. Doch nach dem Massaker stieg ihre Anzahl auf 245 Guerillas mit 130 Gewehren.[88]

Demonstration für die Unabhängigkeit Osttimors in Australien

Mit der Verhaftung von Xanana Gusmão am 20. November 1992 und der Weigerung der indonesischen Seite, Verwandte und Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zu den Gefangenen zu lassen, verschärfte sich der Konflikt noch weiter. Gusmão erhielt 1993 die höchste Auszeichnung Portugals als Zeichen des Respekts der Portugiesen. Die Führung der FALINTIL übernahm Ma'huno Bulerek Karathayano (wirklicher Name: Gomes da Costa), der bereits am 5. April 1993 ebenfalls von den Indonesiern gefangen wurde. Ihm folgte Nino Konis Santana, der am 11. März 1998 bei einem Unfall im Distrikt Ermera ums Leben kam.

Portugal versuchte erfolglos, die internationale Gemeinschaft dazu zu bewegen, Druck auf Indonesien auszuüben. Regelmäßig wurde die Situation in Osttimor bei der Europäischen Union zur Sprache gebracht. Allerdings sahen andere EU-Mitglieder keine Vorteile darin, sich mehr für das Land einzusetzen. So zum Beispiel Großbritannien, das enge wirtschaftliche Beziehungen mit Indonesien hatte, inklusive Waffenlieferungen.

wischen dem 13. und 24. November 1994 kam es in ganz Osttimor zu gewaltsamen Demonstrationen. Vielerorts verlor die indonesische Armee zeitweise die Kontrolle über die Situation. Von Januar bis März 1995 wiederholten sich die Ausschreitungen. Erstmals wurden Unabhängigkeitsbefürworter von paramilitärischen Gruppen angegriffen. Weitere gewaltsame Ausschreitungen folgten in den nächsten Monaten.[56] Auslöser war die Verunglimpfung des katholischen Glauben durch einen indonesischen Beamten bei seiner Rede und in Gesprächen mit Einheimischen, während seines Besuchs in Osttimor. Daraufhin griffen osttimoresische Jugendliche die indonesische Polizei und muslimische Einwanderer an und zerstörten deren Eigentum.[49]

Als Präsident Suharto 1995 die Hannover Messe und andere Städte in Deutschland besuchte, wurde er von kleineren Protesten, unter anderem von amnesty international, begleitet. Der Stadtrat von Weimar erklärte Suharto zur unerwünschten Person. In Dresden verwehrte man ihm einen Eintrag in das Goldene Buch der Stadt, bewarf ihn mit Flugblättern und hinderte sein Fahrzeug an der Weiterfahrt. Suharto bevollmächtigte Angehörige des indonesischen Geheimdienstes, in Deutschland zu ermitteln, wer für diese Demonstrationen verantwortlich gemacht werden könnte. Diese Ermittlungen zielten hauptsächlich auf Osttimoresen, die in Deutschland lebten, aber auch auf Sri-Bintang Pamungkas, Mitglied der PPP und des indonesischen Parlamentes, der sich zur selben Zeit in Deutschland aufhielt. Auch wenn die damalige Bundesregierung unter Helmut Kohl die Menschenrechtsverletzungen bei ihren Treffen mit Suharto ansprach, war sie doch ein Befürworter der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Indonesien und Deutschland. Menschenrechtsorganisationen kritisierten vor allem den Export von deutschen U-Booten und Hubschraubern vom Typ Bo 105 nach Indonesien.[89][90]

Träger des Friedensnobelpreises: Bischof Belo

1996 rief die indonesische Demokratische Volkspartei (PRD) zum Rückzug aus Osttimor auf. Die Parteiführung wurde daraufhin im Juli verhaftet. Im selben Jahr erhielten die beiden Friedens- und Unabhängigkeitsaktivisten Bischof Carlos Filipe Ximenes Belo und José Ramos-Horta den Friedensnobelpreis, was dem Konflikt das Interesse der Weltöffentlichkeit einbrachte. Mit Beginn der Asienkrise ein Jahr später und den damit verbundenen Problemen für die Stabilität Indonesiens änderten sich langsam die Umstände. Die USA versagten der Regierung in Jakarta weitere Unterstützung und Australien drängte zu mehr Zugeständnissen.

Am 29. Mai 1997 fanden Wahlen statt, bei denen Vertreter Osttimors für das indonesische Parlament gewählt werden sollten. Zwischen dem 27. und 31. Mai kam es im Umfeld der Wahlen zu mehreren Angriffen durch FALINTIL- Kämpfer durch die insgesamt neun Zivilisten und 20 Angehörige von indonesischen Sicherheitskräften starben. Auch Unabhängigkeitskämpfer kamen ums Leben.[91] Im Juli besuchte Südafrikas Präsident Nelson Mandela Indonesien und traf sowohl mit Suharto, als auch mit dem im Gefängnis sitzenden Xanana Gusmão zusammen. Mandela drängte in einer schriftlichen Erklärung auf die Freilassung aller osttimoresischen, politischen Führer. „Wir können die Situation in Osttimor niemals normalisieren, wenn nicht alle politischen Führer, inklusive Herrn Gusmão, freigelassen sind. Sie sind es, die eine Lösung bringen müssen.“ Die indonesische Regierung lehnte die Forderung ab, verkündete aber, dass die Haftstrafe Gusmãos, die insgesamt 20 Jahre betrug, um drei Monate gekürzt werde.

Beim Nationalen Timoresischen Kongress vom 23. bis 27. April 1998 in Peniche (Portugal) gelang schließlich die Vereinigung der verschiedenen osttimoresischen Gruppen (FRETILIN, UDT, KOTA, APODETI und Arbeiterpartei) und der CNRM wurde in den Conselho Nacional de Resistência Timorense CNRT umbenannt.

Im Mai 1998 trat der langjährige Machthaber Suharto nach Studentenprotesten ab. Im Juni bot sein Nachfolger Bacharuddin Jusuf Habibie Osttimor Autonomie innerhalb des indonesischen Staates an. Eine völlige Unabhängigkeit schloss er aber aus und erklärte, Portugal und die Vereinten Nationen müssten die indonesische Souveränität über Osttimor anerkennen. Der CNRT lehnte den Vorschlag am 11. August 1998 ab und forderte stattdessen ein Referendum über die Unabhängigkeit und die Freilassung Xanana Gusmãos. Es folgten von August bis Oktober Diskussionen zwischen UN-Generalsekretär Kofi Annan und den Außenministern Indonesiens und Portugals über einen Sonderstatus für Osttimor mit einer weitgehenden Autonomie.

Das Unabhängigkeitsreferendum von 1999

Symbol auf dem Wahlschein für die völlige Unabhängigkeit Osttimors
Symbol auf dem Wahlschein für die Autonomie innerhalb Indonesiens

1999 hatte Portugal einige Verbündete, erst in der EU, später auch in anderen Teilen der Welt gewonnen, die Indonesien zu einer Lösung des Konfliktes drängten. Präsident Habibie erklärte unter dem starken internationalen Druck am 27. Januar, dass seine Regierung nun eine Unabhängigkeit Osttimors in Betracht ziehen könne. Am 11. März einigten sich die UN, Portugal und Indonesien auf Ministerebene auf die Abhaltung eines Referendum über die Zukunft Osttimors. Am 21. April einigten sich die Konfliktparteien in Osttimor auf eine Einstellung der Gewalt. Die 2.000 Kämpfer der FALINTIL erklärten sich zum Waffenstillstand bereit.[92]

Pro-indonesische Kräfte in Osttimor reagierten auf die Ankündigung des Referendums mit massiver Einschüchterung und Bedrohung der Bevölkerung. Am 6. April 1999 verübten pro-indonesische Milizen (sogenannte Wanra), wie Besi Merah Putih und Aitarak, zusammen mit indonesischem Militär das Kirchenmassaker von Liquiçá, bei dem zwischen 61 und über 200 Menschen starben. Menschrechtskommissarin Mary Robinson äußerte große Besorgnis über die angespannte Lage.[93] Es gab klare Verbindungen zwischen den 20.000 Milizionären und den zu diesem Zeitpunkt 18.000 indonesischen Soldaten, die sich in Kommandostrukturen und Ausrüstung bemerkbar machten. Die Wanra waren vom Militär aufgestellt worden, offiziell als Bürgerwehr zum Schutz der Öffentlichkeit anerkannt und in die lokale Verwaltungsstruktur integriert. Ihre Finanzierung erfolgte aus Regierungsgeldern und Militärangehörige bildeten die Männer aus. Abgesehen von den Führern waren die Mitglieder der Milizen meist keine politischen Überzeugungstäter. Ein Teil der meist ungebildeten, jungen Männern ließ sich von Geld und Macht blenden, andere wurden unter Androhung von Gewalt zum Mitmachen gezwungen. Die Mitgliedschaft wurde mit traditionellen Zeremonien, wie Blutschwüren besiegelt. Alkohol und Drogen spielten eine große Rolle. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass die Wanra den Auftrag hatten, entweder das Referendum durch einen Bürgerkrieg zu verhindern oder das Ergebnis zu Gunsten Indonesiens zu beeinflussen. Unklar blieb wie weit die Aktionen der Milizen von der Armee oder gar von Jakarta aus angeordnet wurden.[59][92]

Am 5. Mai wurde schließlich die Vereinbarung zwischen Indonesien und Portugal über die Zukunft Osttimors geschlossen und diese am 7. Mai vom Weltsicherheitsrat mit der Resolution 1236 bestätigt. Das Referendum sollte die Einwohner Osttimors vor die Wahl stellen zwischen der Unabhängigkeit und dem Verbleib bei Indonesien als Special Autonomous Region of East Timor SARET. Im Juni traf der UN-Sondergesandte Ian Martin in Dili ein. Er kritisierte die Gewaltakte durch die Milizen, die Zehntausende zur Flucht in den Westteil der Insel zwang. Dort waren sie den indonesischen Einheiten ausgeliefert. Der Weltsicherheitsrat beschloss mit der Resolution 1246 die Aufstellung der UNAMET.[94] 280 UN-Polizisten und 50 UN-Militärberater sollten die indonesischen Sicherheitskräfte während des Referendums beratend zur Seite stehen. Außerdem wurde die indonesische Regierung nochmals auf ihre Pflicht zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in Osttimor hingewiesen. Am 6. Juli kam es trotzdem zu Angriffen durch Milizen auf UN-Mitarbeiter in Maliana und Liquiçá. Indonesien versuchte mit einer Pro-Autoniomie-Kampagne die osttimoresische Bevölkerung für einen Verbleib zu bewegen. Dafür wurden große Summen investiert. Dafür wurden politische Vereinigungen gegründet, die Nahrungsmittel, Medikamente, T-Shirts mit Aufdruck „Pro Autonomie“, Medikamente und Nationalfahnen, verteilten.[59] Der CNRT verzichtete auf öffentliche Großveranstaltungen, um die Gewalt nicht weiter zu schüren.[59]

Rauch über Dili am 8. September 1999

Vom 16. Juli bis zum 5. August lief die Registrierung der Wähler. Sie startete mit drei Tagen Verspätung, weil die indonesischen Sicherheitskräfte Schwierigkeiten hatten für die Sicherheit zu sorgen. 451.792 Einwohner Osttimors wurden als Wähler registriert. Am 20. August wurde in Suai eine Veranstaltung der Unabhängigkeitsbefürworter von Milizen attackiert, in Manatuto wurden UN-Mitarbeiter durch Milizen bedroht.

Die Volksabstimmung vom 30. August 1999 brachte schließlich eine eindeutige Mehrheit mit 344.580 Stimmen (78,5 %) für die Unabhängigkeit gegen 94.388 Stimmen (21 %) für die Autonomie, bei einer Beteiligung von über 98 %, gegen die Autonomie und für die Unabhängigkeit Osttimors. Das Ergebnis wurde am 4. September bekannt gegeben.[95] Für den Fall des Sieges der Unabhängigkeitsbefürworter hatte man die Wanra dazu vorbereitet, durch einen Bürgerkrieg die Zustände soweit zu verschlimmern, dass Indonesien weiterhin als Schutzmacht benötigt werden würde.[59]

Schon ab dem 2. September eskalierte die Gewalt unter den Augen der Angehörigen der UNAMET-Wahlkommission im ganzen Land. Die enttäuschten Gegner der Unabhängigkeitsbewegung, die pro-indonesischen Milizen und die indonesische Armee massakrierten in vielen Landesteilen Menschen und hinterließen nach ihrem Abzug verbrannte Erde. Noam Chomsky schreibt dazu in Radical Priorities:

„In einem Monat wurden bei dieser massiven Militäroperation etwa 2.000 Menschen ermordet, Hunderte Frauen und Mädchen vergewaltigt, drei Viertel der Bevölkerung vertrieben und 75 % der Infrastruktur des Landes zerstört.“

Etwa 280.000 Ostimoresen[59] flohen nach Westtimor oder wurden in die dortigen Flüchtlingslager in Noelbaki, Tuapukan, Naibonat in Kupang, Kefamenanu und 200 weitere, kleinere Lager zwangsevakuiert.[96] Etwa 60.000 Häuser wurden von den Milizen niedergebrannt.[59] Doch das Ziel einen Bürgerkrieg auszulösen scheiterte. Die FALINTIL blieb auf Anweisung Xanana Gusmãos ruhig und reagierte nicht auf die Gewalt der pro-indonesischen Milizen.[59]

Australische INTERFET-Soldaten in Dili

Menschenrechtler in Portugal, Australien, den USA und anderen Ländern der Welt drängten ihre Regierungen, einzugreifen. Die indonesische Regierung solle gezwungen werden, einer multinationalen Eingreiftruppe zuzustimmen, die in Osttimor die Ordnung wieder herstellen könne. Nach der Ermordung von vier lokalen UNAMET-Mitarbeitern, ordneten die Vereinten Nationen den Abzug an.[92] Am 9. September wurden Kredite des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank auf Eis gelegt. Drei Tage später willigte Habibie ein, seine Streitkräfte zurückzuziehen, und stimmte einer internationalen Eingreiftruppe zu. Am 15. September wurde mit der UN-Resolution 1264 die Friedenstruppe INTERFET (International Force for East Timor) legitimiert, welche die Ordnung wieder herstellen sollte.[97] Trotz der Sympathien der Volksrepublik China für Osttimor, bedurfte es noch kurzfristige Verhandlungen und Garantien durch den Westen, damit China und Russland der Entsendung im Weltsicherheitsrat zustimmte. Man befürchtete einen Präzedenzfall, der zum Beispiel auch auf Tibet angewendet werden könnte.[77] 17 Länder stellten insgesamt 9.900 Soldaten. 4.400 kamen aus Australien[98], die anderen zum großen Teil aus Thailand, Malaysia, den Philippinen und Neuseeland. Deutschland entsandte zwei Transportmaschinen mit medizinischen Personal. Weitere Länder schlosen sich im Laufe der folgenden Monate der Mission an.[92] Die Streitkräfte standen unter der Führung des australischen Major-General Peter Cosgrove. Am 20. September landeten die ersten australischen Einheiten auf dem Flughafen Dili.

UN-Verwaltung 1999 bis 2002

Flag of the United Nations.svg  UN-Verwalter Osttimor  Flag of the United Nations.svg
Sérgio Vieira de Mello 17. November 1999 – 19. Mai 2002
Flag of the United Nations.svg  UN-Sonderbeauftragter für Osttimor  Flag of the United Nations.svg
Ian Martin Mai 1999 – November 2002
Sérgio Vieira de Mello 17. November 1999 – 19. Mai 2002
Kamalesh Sharma 21. Mai 2002 - 21. Mai 2004
Sukehiro Hasegawa 21. Mai 2004 – 30. September 2006
Atul Khare 6. Dezember 2006 – 4. Dezember 2009
Ameerah Haq seit 4. Dezember 2009

Nach kleineren Zusammenstößen mit den pro-indonesischen Milizen kontrollierte die INTERFET schnell die Region. Große Teile der Bevölkerung waren in die Berge oder den Westteil der Insel geflohen. Aber auch Mitglieder der Milizen hatten sich nach Westtimor zurückgezogen und führten von dort sporadisch Überfälle durch, hauptsächlich auf den südlichen Teil der Grenze, der von der neuseeländischen Armee kontrolliert wurde. Als diese Überfälle abgewehrt wurden und die indonesische Unterstützung aufgrund internationalen Drucks beendet wurde, zerstreuten sich die Milizen. Bei ihrem Abzug fackelten sie noch viele Häuser ab. Die Exklave Oecusse wurde im Oktober befreit. Am 19. Oktober akzeptierte das indonesische Parlament offiziell das Ergebnis des Referendums und annullierte das Annexionsgesetz von 1976. Mit der Resolution des Weltsicherheitsrates 1272 wurde die UN-Übergangsverwaltung UNTAET[99][100] am 25. Oktober bemächtigt, ab den 14. Februar 2000 den Wiederaufbau des Landes zu organisieren und INTERFET abzulösen.[101] Doch Flüchtlinge wurden in Westtimor noch Monate nach der offiziellen Übergabe an die Friedensmission der UN in Lagern festgehalten und ermordet.[102] Am 1. November 1999 verließ der letzte indonesische Soldat Osttimor im Rahmen einer Verabschiedungszeremonie, bei der neben Vertretern des indonesischen Militärs und der UN auch Xanana Gusmão als Präsident des CNRT teilnahm.[103] Am 17. November übernahm Sergio Vieira de Mello als neuer UN-Sondergesandter in Dili seine neuen Aufgaben als Übergangsverwalter Osttimors. Auf einer Konferenz am 17. Dezember 1999 in Tokio wurden Finanzhilfen in Höhe von über 417 Millionen Euro zugesagt.

Im Dezember wurde der 15-köpfige National Consultative Council (NCC) geschaffen, der die Bevölkerung Osttimors in der Verwaltung vertreten sollte. Am 23. Februar 2000 ging das militärische Kommando von INTERFET auf UNTAET über. Am 28. April nahm der Postdienst Osttimors den Betrieb auf, am 12. Mai fand die erste öffentliche Verhandlung des Distriktgerichts von Dili statt. Am 21. Juni 2000 vereinbarten UNTAET und der CNRT die Neuordnung des NCC. Im nun 33-köpfigen Rat saßen je ein Vertreter der 13 Distrikte, sieben Vertreter des CNRT und drei Repräsentanten anderer politischer Gruppen. Die restlichen zehn Repräsentanten vertraten die Jugend, Frauengruppen, die Gemeinden der Katholiken, Protestanten und Muslime, Arbeiter-, Berufs- und Bauernverbände und die Geschäftswelt. Am 12. Juli stellte der NCC ein Übergangskabinett auf.[104]

Aufgegebenes Gebäude der indonesischen Armee

Am 24. Juli 2000 wurde der neuseeländische UN-Soldat Leonard Manning (24) bei einem Schusswechsel mit einer pro-indonesischen Miliz an der Grenze bei Tilomar getötet und der Leichnam verstümmelt. Er war der erste im Kampf getötete Angehörige der UN-Friedenstruppe in Osttimor.[105] Am 10. August starb ein nepalesischer UN-Soldat im Kampf mit einer Miliz in Suai nahe der Grenze und am 6. September wurden drei UNHCR-Mitarbeiter in einem Flüchtlingslager in Atambua (Westtimor) ermordet. Der Weltsicherheitsrat forderte daraufhin Indonesien mit der UN-Resolution 1319 auf, gegen die Milizen, die ihre Basen in Westtimor hatten vorzugehen, sie zu entwaffnen und die Flüchtlingslager und die Grenze zu sichern.[106] Insgesamt starben 17 UNTAET-Angehörige während der Mission.

Am 12. September beschloss das Übergangskabinett die Gründung der Verteidigungskräfte Osttimors FDTL. Am 1. Februar wurde in einer Zeremonie in Aileu die Umwandlung der FALINTIL in die FDTL offiziell vollzogen. FALINTIL-Kommandant Taur Matan Ruak wurde als Brigadegeneral zum Kommandeur der Streitkräfte ernannt. Am 23. Oktober wurde CNRT-Präsident Xanana Gusmão zum Sprecher des NCC gewählt. Die Nationaluniversität Osttimors wurde am 15. November wieder eröffnet.

Am 9. Juni 2001 löste sich der CNRT auf, um den Weg für den Wahlkampf der verschiedenen Parteien zur bevorstehenden ersten Wahl frei zu machen. Die Wahlen für die verfassunggebende Versammlung wurden am 30. August 2001 abgehalten. Aus der Versammlung wurde mit der Unabhängigkeit das erste Parlament Osttimors. Die FRETILIN gewann bei der Wahl 55 der 88 Sitze (57,3 % der Stimmen), die UDT nur zwei. Zweitstärkste Kraft wurde die Partido Democrático. Am 20. September wurde das zweite Übergangskabinett vereidigt und am 22. März 2002 trat die erste Verfassung in Kraft. Am 14. April wurde Xanana Gusmão zum Präsidenten Osttimors gewählt. Er erhielt 82,7 % der Stimmen.

Die ersten Jahre der Unabhängigkeit

Hello Mister-Supermarkt 2001
Flag of East Timor.svg  Premierminister der Demokratischen Republik Timor-Leste  Flag of East Timor.svg
Nicolau dos Reis Lobato (FRETILIN) 28. November 1975 – September 1978
António Mau Lear Duarte Carvarino (FRETILIN) Oktober 1977 – Februar 1979 †
Marí Bin Amude Alkatiri (FRETILIN) 20. Mai 2002 – 26. Juni 2006
José Ramos-Horta (parteilos) 10. Juli 2006 – 19. Mai 2007
Estanislau da Silva (FRETILIN) 19. Mai 2007 – 8. August 2007
Xanana Gusmão (CNRT) seit 8. August 2007
Anti-Alkatiri-Demonstration für den Erhalt des Religionsunterrichts (2005)

Mit der UN-Resolution 1410 vom 17. Mai 2002 wurde, drei Tage vor der formalen Unabhängigkeit, ein dreijähriges Mandat für die Nachfolge der UNTAET-Mission vereinbart.[107] Die UNMISET-Friedensmission überwachte den Demokratiesierungsprozess in Osttimor von 2002 bis 2006.

Am 20. Mai 2002 wurde die Demokratische Republik Timor-Leste offiziell unabhängig. Der Beitritt zu den Vereinten Nationen als 191. Mitglied erfolgte am 27. September.

Am 4. Dezember 2002 kam es zu Unruhen in Dili und anderen Orten Osttimors, nachdem am Vortag ein Student unter Mordverdacht verhaftet worden war. Zunächst demonstrierten Studenten und Lehrer vor dem Parlament gegen die Verhaftung, da sie diese für unbegründet hielten. Zwar vereinbarte Präsident Gusmão mit den Protestlern, dass diese sich für die Nacht zurückziehen würden, um am nächsten Tag über den Fall mit ihm zu diskutieren, doch zwischenzeitlich trafen weitere Männer ein, die den Protest an sich zu reißen. Sie marschierten zum Hauptquartier der Polizei, um dort zu demonstrieren. Viele der Protestierenden hatten zu diesem Zeitpunkt keinen Bezug mehr zu dem Verhafteten oder kannten überhaupt seine Geschichte. Die Situation eskalierte und die Polizei eröffnete das Feuer. Zwei Studenten wurden getötet. Ihre Körper trugen andere Studenten zum Parlamentsgebäude, wo es dann zu Kämpfen mit der Polizei und zu Plünderungen von Geschäften kam, die zumeist chinesischen Händlern gehörten. Der Supermarkt Hello Mister wurde angezündet, ebenso das Haus von Premierminister Marí Alkatiri, Regierungsfahrzeuge und die An-Nuur-Moschee im arabischen Viertel Dilis. Wieder schoss die Polizei auf die Randalierer und vier weitere Studenten wurden getötet. Alkatiri leitete eine Untersuchung ein und machte ausländischen Einfluss für die Vorfälle verantwortlich.[49][108]

Im Mai 2005 wurde der Religionsunterricht in öffentlichen Schulen nach wochenlangen Protestmärschen wieder als Pflichtfach in den Lehrplan aufgenommen. Premierminister Alkatiri hatte im Februar einen Gesetzentwurf eingebracht, nachdem das Fach nur freiwillig besucht werden sollte.[109]

Am 20. Mai verließen die letzten UN-Blauhelmsoldaten der UNMISET Osttimor. Zurück blieb das United Nations Office in Timor-Leste (UNOTIL) mit 45 Mitarbeitern. Am 23. Januar 2006 forderte Präsident Gusmão eine weitere Präsenz der UN in Osttimor. So würden noch UN-Kräfte zur Ausbildung von Polizisten und als Unterstützung für die kommenden Wahlen 2007 benötigt. Für diese Aufgaben sollten, laut Gusmão, 15–20 militärische Verbindungsleute in einem Special Political Office weiter arbeiten.

Am 6. Januar 2006 wurden drei Indonesier an der Grenze bei Turiskain auf dem Malibacafluss von osttimoresischen Polizisten erschossen. Laut indonesischen Militärquellen waren die drei Opfer beim Fischen, als ohne Vorwarnung auf sie das Feuer eröffnet wurde. Jakarta protestierte heftig.[110] Nach dem Vorfall kam es zu Vergewaltigungen von osttimoresischen Frauen.

Festlegung der Landesgrenze

Grenzstein zwischen Indonesien und Osttimor

Bereits 2001 warnten Angehörige des indonesischen Militärs, dass die Unabhängigkeit Osttimors Sezessionsbewegungen in Westtimor hervorrufen könne. Osttimoresische Separatisten hätten in Westtimor lokale Unterstützung, auch von der dortigen katholischen Diözese Atambua erhalten. Ziel sei die Vereinigung der beiden Inselteile zu einem unabhängigen „Groß-Timor“.[111] 2005 warnte eine lokale Kommission erneut vor einer „Groß-Timor-Gruppierung“ in Westtimor.[112] In der breiten Öffentlichkeit trat eine solche Gruppierung allerdings nicht in Erscheinung und weder die Regierung, noch die großen Parteien Osttimors verfolgen eine solche Politik.

Seit 2005 ist der Grenzverlauf zu Lande mit Indonesien zu 97 % geregelt. Er orientiert sich weitgehend an der kolonialen Grenzziehung zwischen Portugal und den Niederlanden, die aber aufgrund technischer Probleme nur begrenzt nachzuvollziehen war. War in den kolonialen Verträgen zum Beispiel der Talweg als Grundlage der Grenzziehung bei Flüssen festgelegt worden, stellte sich nun heraus, dass dies aufgrund des ständig ändernden Verlaufs der meisten Flüsse nicht möglich war. Man einigte sich dann auf den Median als neue Orientierungslinie.[113] Strittige Punkte sind noch die unbewohnte kleine Insel Fatu Sinai (Pulau Batek), Gebiete um die Exklave Oecusse (Nuaf Bijae Sunan bei Passabe, Naktuka bei Nitibe), sowie die genauen Modalitäten eines Korridors von Oecusse zum Hauptstaatsgebiet. Über diese Punkte, die sich aus Unterschieden zwischen der kolonialen Grenzziehung und lokalen Traditionen ergeben, wird derzeit noch verhandelt.

Im September 2009 fuhr eine Gruppe von indonesischen Soldaten in das osttimoresische Dorf Naktuka und begann Fotos von neu errichteten Gebäuden zu machen. Sie wurden von den Einwohnern kurzerhand rausgeworfen und über die Grenze zurück geschickt. Am 26. Mai 2010 drangen 28 bewaffnete Soldaten der Streitkräfte Indonesiens in den Suco Beneufe ein und setzten in Naktuka ihre Flagge, einen Kilometer von der Grenze entfernt. Am 29. Mai 2010 zerstörten sie zwei Häuser sozialer Einrichtungen im Suco. Am 24. Juni drang erneut eine bewaffnete Einheit der indonesischen Armee einen Kilometer in das Gebiet von Naktuka ein, zog sich aber zurück, als sie auf eine Einheit der osttimoresischen Grenzpolizei traf. Einwohner Naktukas sehen einen Zusammenhang mit der unklaren Grenzziehung zwischen den Ländern. Dies waren die schwersten Vorfälle zwischen den beiden Ländern seit der Unabhängigkeit Osttimors 2002.[114]

Verteilung der Erdölvorkommen zwischen Osttimor und Australien

Das Verhältnis zu Australien war durch die Debatten über die Seegrenze zwischen den beiden Ländern gespannt. Canberra beanspruchte Erdöl- und Erdgasfelder im Timorgraben, den Osttimor als innerhalb seiner Seegrenzen liegend betrachtet. Während Osttimor, nach dem UN-Seerechtsübereinkommen, die Festlegung der Grenze in der Mitte zwischen den Ländern forderte, bestand Canberra auf einer Orientierung nach dem Verlauf des Randes der australischen Kontinentalplatte. In der indonesischen Besatzungszeit wurde das Ölfeld in der Timorsee zwischen Timor und Australien entdeckt und am 11. Dezember 1989 der Timor Gap Treaty zwischen den Regierungen Indonesiens und Australiens geschlossen. Erst im Mai 2004 bestätigte die australische Regierung erneut die Gültigkeit des Vertrages in dieser Form, der die Seegrenze, und damit auch die Rohstoffe, zu Gunsten Australiens verschob.[115] Osttimor warf Australien daraufhin vor, durch seine Grenzziehung Osttimor täglich eine Million US-Dollar an Lizenzeinnahmen vorzuenthalten. Am 12. Januar 2006 einigten sich die beiden Länder im Treaty on Certain Maritime Arrangements in the Timor Sea den Gewinn aus dem Öl- und Gasvorkommen der Greater Sun Rise Area 50:50 zu teilen. Diese Vorkommen gehören zu den reichsten im Asiatisch-Pazifischen Raum. Ein 50-Jahre-Moratorium bezüglich der Seegrenze wurde vereinbart, ohne dass Osttimor auf seine Ansprüche verzichtet. Beide Länder ratifizierten das Abkommen 2007.

Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen

Graffiti in Tutuala mit dem Wort für „Mörder“

Die Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen während der Besatzungszeit und speziell um das Unabhängigkeitsreferendum 1999 fand auf verschiedenen Ebenen statt. Zum einen durch ein Ad-hoc-Menschenrechtsgericht in Jakarta und einem Sondergericht in Osttimor. Dazu kamen die von Osttimor und Indonesien gemeinsam eingerichtete Wahrheits- und Freundschaftskommission (Commission for Truth and Friendship CTF) und die Empfangs-, Wahrheits- und Versöhnungskommission (Comissão de Acolhimento, Verdade e Reconciliacão de Timor-Leste CAVR) von den Vereinten Nationen.[59]

Die rechtliche Aufbereitung sparte aufgrund der Masse an Verbrechen von vornherein kleinere Vergehen wie Einschüchterung, Beleidigung, Brandstiftung, Diebstahl, Zerstörung von Eigentum und Ernten sowie leichte Körperverletzung aus. Ermittelt wurde nur wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie Mord, Vergewaltigung und Vertreibung. Problematisch bei der Versöhnungsarbeit war auch, dass in Osttimor meistens Täter und Opfer aus dem gleichen Dorf kamen und teilwesie sogar miteinander verwandt waren. Viele Täter von geringeren Straftaten waren aufgestachelt oder unter Gewaltandrohung zum Mitmachen gezwungen worden. Immer wieder sind die Täter von 1999 auch zuvor selbst Opfer im Bürgerkrieg zwischen UDT und FRETILIN geworden. Diese inneren Spannungen verhinderten die Rückkehr vieler Flüchtlinge aus Westtimor. Diese Probleme wollte man durch die Arbeit der Wahrheitskommissionen ausgleichen.[59]

Menschenrechtsgericht in Jakarta

Mit der Einrichtung des Menschenrechtsgerichtshofs in Jakarta verhinderte Indonesien ein internationales Tribunal. Allerdings beschränkte man die Zuständigkeit des Gerichts auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die im April und September 1999 in den Distrikten Dili, Liquiçá und Suai verübt wurden. Am 14. März 2002 begann der Menschenrechtsgerichtshof mit seiner Arbeit. 16 Angehörige des indonesischen Militärs und Polizei, der letzte Gouverneur Timor Timurs José Abílio Osório Soares und der Führer der Aitarak-Miliz Eurico Guterres wurden in zwölf Verfahren angeklagt. Olivio Moruk, ein weiterer Milizenführer, wurde kurz nach Bekanntwerden der Anklage unter bis heute nicht geklärten Umständen in Atambua umgebracht. Es wird darüber spekuliert, dass er über die Hintermänner der Gewaltwelle von 1999 im indonesischen Militär aussagen hätte wollte. Entgegen der Forderung der indonesischen Untersuchungskommission KPP-HAM fanden sich der ehemalige Oberkommandierende des Heeres und Verteidigungsminister General Wiranto, der frühere Geheimdienstchef Generalmajor Zacky Anwar und João Tavares, der Oberkommandierende der Milizen, nicht auf der Anklagebank wieder. Menschenrechtler kritisierten auch bereits die Anklageschriften der Staatsanwaltschaft. Obwohl die Gewaltwelle 1999 eindeutig vom indonesischen Militär initiiert und die Milizen durch das Militär ausgerüstet und finanziert wurden, stellte man die Vorfälle als bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen innerhalb der Bevölkerung dar, die nicht ihren Ursprung in der Armee hatten. Entsprechend bewertete das Gericht die Vorfälle und ließ die de facto Kontrolle der Milizen durch die indonesische Zivilverwaltung und dem Militär bei den Urteilen unbewertet.[59]

Der Markt von Baucau war 2010 immer noch verwüstet.

Sechs der 18 Angeklagten wurden schließlich verurteilt. Am 27. November 2002 erhielt Eurico Guterres zehn Jahre Haft. Seiner Miliz wird die Beteiligung an mehreren Massakern angelastet, so unter anderem die Kirchenmassaker von Suai und von Liquiçá. Ein Berufungsgericht verringerte 2004 die Strafe auf fünf Jahre. Guterres war dann aber bis zu einer weiteren Verhandlung am Obersten Gerichtshof Indonesiens auf freiem Fuß. Am 13. März 2006 bestätigte das Oberste Gericht in Jakarta die zehnjährige Haftstrafe wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Guterres. Vier der fünf Richter sahen als erwiesen an, dass er im April 1999 seine Anhänger nicht abgehalten hat das mit Flüchtlingen gefüllte Haus von Manuel Carrascalão anzugreifen. Guterres, der jetzt die indonesische Staatsangehörigkeit besitzt, bezeichnete sich als unschuldig. Im Mai 2006 wurde er in Kupang verhaftet und in Jakartas Hochsicherheitsgefängnis Cipinang gebracht. Ironischerweise wurde hier zuvor der ehemalige Freiheitskämpfer und jetzige Präsident Osttimors Xanana Gusmão gefangen gehalten. Im April 2008 sprach das Oberste Gericht Guterres erneut frei, da er nicht für alle Taten seiner Miliz verantwortlich gemacht werden könne.

Am 12. März 2003 wurde Brigadegeneral Noer Moeis zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er war der Befehlshaber der Truppen in Osttimor im Sommer 1999 und wurde für schuldig befunden, die Gräueltaten der pro-indonesischen Milizen geduldet zu haben. Ähnlich begründet wurden die drei Jahre Haft, zu die Generalmajor Adam Damiri, der ranghöchste Angeklagte, am 5. August verurteilt wurde. Überraschend, denn die Staatsanwaltschaft hatte aufgrund angeblich mangelnder Beweise bei Damiri auf Freispruch plädiert.[59] José Abílio Osório Soares wurde zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Der Vertreter der Anklage hatte zehneinhalb Jahre gefordert. Das Oberste Gericht in Jakarta bestätigte den Schuldspruch des Menschenrechtsgerichtshofs am 12. April 2004. Nach nur vier Monaten Haft war aber eine Anfechtung des Urteils in letzter Instanz erfolgreich und Soares wurde freigelassen. Begründet wurde die Aufhebung des Urteils damit, dass Osttimor damals unter Militärverwaltung stand und daher der zivile Gouverneur nicht für die Verbrechen verantwortlich gemacht werden könne.

Letztlich wurden vom Menschenrechtsgerichtshof sechs der achtzehn Angeklagte verurteilt, die Urteile aber alle nach und nach durch die oberste Instanz wieder aufgehoben. Auffällig war, dass nur bei den beiden Osttimoresen das Mindeststrafmaß von zehn Jahren Haft angewandt wurde. Bereits für die relativ milden Urteile und die zwölf Freisprüche des Menschenrechtsgerichtshofs gab es Kritik durch die internationale Staatengemeinschaft und Menschenrechtsorganisationen.[59]

Special Panels for Serious Crimes in Dili

Gleichzeitig mit dem Abzug der letzten UN-Blauhelmsoldaten, stellten am 20. Mai 2005 die von den Vereinten Nationen eingerichtete Anklagebehörde (Serious Crimes Unit) und die Sonderkammer (Special Panels for Serious Crimes SPSC) beim Distriktgericht Dili ihre Arbeit ein. Hunderte ungelöste Fälle von schweren Menschenrechtsverletzungen wurden der vollkommen überforderten nationalen Justiz überlassen. Mehr als die Hälfte der Mordfälle und ein noch größerer Anteil der Vergewaltigungen blieben damit nicht geahndet.[59] Im November 2004 endeten bereits die Ermittlungen durch die SCU.[116]

Das Tribunal bestand jeweils aus zwei internationalen und einem einheimischen Richtern. Die Ankläger der SCU waren ebenfalls internationale Juristen. Bis zur Unabhängigkeit Osttimors 2002 unterstand die Behörde der UN-Mission, danach direkt der obersten Staatsanwaltschaft des Landes. Nebenbei wurde mit Hilfe des SPSC auch einheimisches Personal ausgebildet, was den Aufbau der nationalen Justiz unterstützte. Die SCU verfolgte Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die im Zeitraum zwischen dem 1. Januar und dem 25. Oktober 1999 begangen wurden. Grund für die Einschränkung war die geringe finanzielle und personelle Ausstattung der Behörde. Ziel war es, nicht nur die ausübenden Straftäter zur Verantwortung zu ziehen, sondern auch die Befehlshaber und die für ihre Untergebenen Verantwortliche zu verurteilen, was auch die indonesische Streitkräfte betraf.[59] Der ehemalige Mitarbeiter der SCU Marco Kalbusch erklärte:

„Das gesamte Territorium Osttimors wurde als ein einziger Tatort angesehen, wodurch die Hunderte einzelner Menschenrechtsverletzungen – Tötungsdelikte, Vergewaltigungen, Zerstörungen und Vertreibungen – in ihrer Gesamtheit betrachtet werden konnten. Somit konnte der Nachweis eines weitreichenden und systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung erbracht werden, dessen Teil die einzelnen Menschrechtsverletzungen waren, mit denen die Täter Druck auf die Bevölkerung ausüben wollten, damit diese beim Referendum aus Angst zugunsten einer Autonomie innerhalb des indonesischen Staatsverbandes stimmen würde.[59]

Bis zur Einstellung ihrer Arbeit hatte die UN-gestützte Justiz 391 Personen angeklagt, von denen sich jedoch 316 in Indonesien aufhielten. 87 Angeklagte, meist Mitläufer in pro-indonesischen Milizen kamen ins Gefängnis.[59] So wurde zum Beispiel am 9. Dezember 2003 das ehemalige Milizenmitglied Salvador Soares wegen der Ermordung zweier UNTAET-Mitarbeiter 1999 zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt.

Am 24. Februar 2003 wurden Ex-Gouverneur José Abílio Osório Soares und der frühere indonesische Armeechef General Wiranto durch das SPSC in Abwesenheit verurteilt.[117] Am 10. Mai 2004 wurde durch das SPSC ein internationaler Haftbefehl gegen Wiranto erlassen, doch er wurde vom osttimoresischen Generalstaatsanwalt Longuinhos Monteiro nicht an Interpol weitergeleitet. Die Regierungen in Jakarta und Dili arbeiteten mit dem Gericht bei der Verfolgung indonesischer Angeklagter nicht zusammen. Sie wollten beiderseitige Verhältnis nicht belasten, weswegen indonesische verurteilte Verantwortliche aus Verwaltung und Militär nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. Präsident Xanana Gusmão bedauerte gegenüber Indonesien sogar die Anklagen, während die Vereinten Nationen für die Verantwortung für die Anklagen auf die osttimoresische Justiz verwiesen.[59]

CAVR und CTF

Logo der CAVR

Um eine Versöhnung parallel zur Strafverfolgung zur erreichen gründeten die Vereinten Nationen und Osttimor 2000 die Empfangs-, Wahrheits- und Versöhnungskommission (CAVR). Im Juli 2001 unterzeichnete Sérgio Vieira de Mello die Regulation zur Einrichtung der CAVR. Sie sollte alle Menschenrechtsverletzungen in der Zeit zwischen dem 25. April 1974 und dem 25. Oktober 1999, inklusive der Vorkomnisse des Bürgerkrieges zwischen UDT und FRETILIN, dokumentieren und bei der Versöhnung innerhalb des Landes unterstützen. Dafür wurden Aussagen von Zeugen, Opfern und Tätern gesammelt und öffentliche Anhörungen durchgeführt.[59]

Sieben nationale Kommissare, 30 regionale und 250 Mitarbeiter arbeiteten, unterstützt von internationalen Experten, in 13 Distriktsteams. Der Hauptsitz der CAVR war in Dili, dazu gab es sechs weitere regionale Büros. Außerdem gab es ein beratendes Gremium, zu dem beispielsweise der am 7. September 2004 ermordete indonesische Menschenrechtsanwalt Munir Said Thalib gehörte. Der Hauptsitz der CAVR befand sich in Dilis Stadtteil Balide im ehemaligen Gefängnis Comarca.[59]

Die öffentliche Arbeit der CAVR endete im April 2004. Im Oktober 2005 übergab die CAVR den über 2.000 Seiten starken Bericht Chega! (port.: „Genug!“, „Schluss!“) über die Auswirkungen der Indonesischen Besatzung an Präsident Xanana Gusmão. Im November wurde eine Kopie dem Parlament und im Januar 2006 der UN ausgehändigt.[118] Die australische Zeitung The Australian, die singapurer The Straits Times und andere Zeitungen veröffentlichten Inhalte aus dem Bericht schon zuvor, nachdem er ihnen zugespielt wurde. Die Veröffentlichung des Berichts führte zu Verstimmungen in der osttimoresischen Regierung, die dadurch die Beziehungen zu Indonesien weiter belastet sah, zumal die indonesische Regierung vorher nicht die Gelegenheit hatte den Bericht genauer zu studieren.

Die CAVR sprach mit 8.000 Zeugen und kam zu dem Schluss, dass zwischen 1975 und 1999 bis zu 183.000 osttimoresische Zivilisten umkamen – von insgesamt 800.000 Einwohnern. 18.600 seien illegal ermordet worden oder verschwanden, weitere 84.200 verhungerten oder starben an Krankheiten. 8.500 Folterfälle habe es gegeben. 70 % aller Morde hätten indonesische Sicherheitskräfte begangen, die durch den Konflikt nach indonesischen Militärangaben etwa 17.000 Tote[17] zu verzeichnen hat. Der Rest geht aufs Konto osttimoresischer Kollaborateure, aber auch Freiheitskämpfer haben getötet. The Australian zitierte weiter, die Besatzer hätten „beschlossen, Verhungernlassen als Kriegswaffe einzusetzen“. Außerdem wurde im Bericht vom Verbrennen oder Vergraben von lebenden Menschen, Abschneiden von Ohren und Genitalien und vom Einsatz von Napalm berichtet. „Systematische Exekutionen, Folter, Vergewaltigungen und sexuelle Sklaverei waren offiziell von Indonesien akzeptiert“, so die CAVR. Die CAVR warf Regierungsbeamten und indonesischen Ministern vor von den geplanten Einschüchterungen und die Strategie der verbrannten Erde gewusst zu haben. Anstatt sie aufzuhalten, unterstützten sie diese direkt, hieß es im Bericht. Die CAVR empfahl, die Täter vor Gericht zu stellen und Entschädigungen von Indonesien zu fordern. Ebenso von Staaten, die das Suhartoregime militärisch unterstützten, wie die USA und Großbritannien.[119]

Auch der FRETILIN wurden für die Zeit von 1974 bis 1999 Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Im Bericht wurden 1.297 illegale Tötungen (Mord), 71 Fälle von Verschwinden von Personen, über 3.000 Verhaftungen, fast 1.000 Fälle von Misshandlungen, sexuelle Übergriffe, über 400 Fälle von Zwangsumsiedlung, erzwungene Rekrutierung und Zerstörung von Privateigentum aufgeführt. Diese Vorfälle fanden mehrheitlich in den 1980ern statt.

Der ehemalige Oberbefehlshaber des indonesischen Militärs General Endriartono Sutarto erklärte, er könne sich nicht vorstellen, dass Militär und Polizei so viele Tote zu verantworten haben. Auch eine absichtlich verursachte Hungersnot bestritt er. Indonesiens Verteidigungsminister Juwono Sudarsono nannte den Bericht „einen Statistikkrieg über Sachen, die nie geschehen sind.“

Als Alternative zum Strafverfolgungsprozess in Osttimor und Indonesien sollte sich die Wahrheits- und Freundschaftskommission (CTF), nach südafrikanischem Vorbild, mit der Aufarbeitung der Verbrechen von 1999 beschäftigen. Am 9. März 2005 unterzeichneten die Präsidenten Gusmão und Yudhoyono in Jakarta ein entsprechendes Abkommen. Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen kritisierten in einer Erklärung das Abkommen als Versuch, einen Schlussstrich unter der Vergangenheit zu ziehen, ohne die Täter zu bestrafen.

Präsident Xanana Gusmão sagte 2005 über die CAVR, sie hätten „grandiosen Idealismus, der weit über konventionelle politische Grenzen geht“. Er warb für ein gutes Verhältnis mit dem inzwischen demokratischen Indonesien. Er hielt an der CTF und ihrem Ziel „Aufarbeitung ohne Strafverfolgung“ fest. Dem gegenüber kritisierte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon 2007 die CTF, da sie Amnestie auch für schwere Verbrechen gewährt. Ban erklärte:

„Die Politik der Vereinten Nationen ist jedoch, dass sie nicht eine Amnestie für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen oder schwere Verbrechen gegen die Menschenrechte befürworten oder stillschweigend dulden kann und auch nicht etwas unternehmen kann, das solches unterstützt.“

Ban untersagte UN-Angehörige, wie den UN-Sondergesandten in Osttimor 1999 Ian Martin, als Zeugen vor der Kommission auszusagen.[120]

Die Existenz der paramilitärischen Milizen bestätigte erstmals Generalleutnant a.D. Kiki Syahnakri, der letzte Militärkommandeur der Provinz Timor Timur bei seiner Aussage vor der CTF im Oktober 2007. Die Wanra (Volkswiderstandsgruppen) seien vom indonesischen Militär legal ausgebildet und bewaffnet worden. Menschenrechtsverletzungen durch den indonesischen Staat bestritt er aber. Stattdessen beschuldigte er die Vereinten Nationen für die Gewalt von 1999 mitverantwortlich gewesen zu sein.[121]

Im Juli 2008 legte die CTF schließlich ihren 300 Seiten starken Bericht vor. In ihm wird festgestellt, dass Regierung, Militär und Polizei Indonesiens eine schwere Mitschuld an den Menschenrechtsverletzungen bei den Unruhen von 1999 haben. Die alte Besatzungsmacht habe die Milizen finanziert und ausgerüstet. Indonesische Soldaten werden im Bericht bezichtigt führende Rollen bei den Massakern innegehabt zu haben. Die Polizei wird beschuldigt bei der Gewalt mitgewirkt zu haben, anstatt sie zu verhindern. Diese Gewalt sei nicht zufällig, willkürlich oder spontan, sondern organisiert gewesen. Hier widerspricht der Bericht der bisherigen indonesischen Darstellung. In kleinerem Rahmen werden auch Unabhängigkeitsgruppen für Menschenrechtsverletzungen, wie Freiheitsberaubung verantwortlich gemacht. Der Abschlussbericht wurde einstimmig von der CTF verabschiedet und von den Regierungen beider Länder akzeptiert. Im Bericht werden die Verantwortlichen aufgefordert, sich bei den Opfern zu entschuldigen. Namen einzelner Täter werden im Bericht nicht aufgeführt, was von Außenstehenden kritisiert wird.[122][123] Indonesiens Staatspräsident Susilo Bambang Yudhoyono erklärte seine „Reue für die Fehler“, die 1999 gemacht wurden. Osttimors Premierminister Xanana Gusmão sagte, er sei zufrieden mit der Entschuldigung.[124][125]

Nahe biti - eine Matte für den Frieden ausrollen

Traditioneller Ort der Versöhnung: Ein Heiliges Haus (Uma Lulik) in Lospalos

Gerade die mitten durch Gemeinden und Dorfgemeinschaften verlaufenden Konfliktlinien, aber auch Fehden, die schon seit Jahrhunderten bestanden, erschwerten den Versöhnungsprozess im Land, den die CAVR begleitete. Hilfreiches Mittel dafür war das Streitschlichtungs- und Versöhnungsverfahren „nahe biti“ (Tetum für „eine Matte ausrollen“, in etwa:„Meinungsverschiedenheiten lösen“), das aus der traditionellen Kultur Osttimors stammt und in nahezu allen ethnischen Gruppen des Landes zu finden ist. Dabei vermitteln traditionelle Autoritäten nach Anhörung beider Seiten, woraufhin eine Entschädigungszahlung erfolgt. Mit dem Niederlassen auf einer Bastmatte besiegeln die Konfliktparteien mit dem Vermittler die Versöhnung.[59][126] Das nahe biti wird mit den Worten „Saida mak ladiak haluha tiha ka monu hela iha ne’e, labele louri ba liur. Maibe buat nebe mak diak lori ba hodi fo hatene ba, no hanourin, oan sira.“ (Tetum: „Was schlecht ist, soll vergessen sein und soll nicht nach Hause mitgenommen werden. Ihr könnt jedoch die guten Dinge mitnehmen, um davon zu erzählen und um sie Euren Kindern beizubringen.“) beendet. Die Osttimoresen unterschieden dabei traditionell zwischen biti boot („großen Matten“, Dinge die den Stamm, Clan oder Sippe betrafen) und biti kiik („kleinen Matten“, Familienangelegenheiten).[126]

Aus der Tradition entwickelte man einen formalen Prozess zur Versöhnung in den Gemeinden (Community Reconciliation Process) für minderschwere Verbrechen, der sowohl rechtlich als auch gesellschaftlich anerkannt wurde.[59] Durchgeführt wurden die Zeremonien in Heiligen Häusern (Uma Lulik), in denen auch die für sie notwendigen rituellen Gegenstände (Sasan Lulik) aufbewahrt wurden.[127]

Entschied sich ein Täter der freiwillig für die Versöhnung, konnte er sich an die CAVR wenden, sofern er vollständig geständig war, sich der Verantwortung für seine Taten stellte und in Zukunft auf Gewalt verzichtete. Diese Vereinbarungen wurden schriftlich protokolliert. Straftäter ohne politischen Hintergrund blieb dieser Weg verwehrt. Die Anklagebehörde prüfte nun, ob es sich bei der Tat nun um ein minderschweres Verbrechen gehandelt hatte und ob es keine weiteren Anschuldigungen gegen den Täter gab. War beides der Fall setzte sich das Distriktsteam der CAVR mit dem betroffenen Suco und den Opfern in Verbindung, um ihre Bereitschft zur Versöhnung zu prüfen. Mit fünf Vertretern des Sucos wurden dann, wenn möglich, an ein oder zwei Tagen, mehrere den Suco betreffende Fälle behandelt. Meistens waren die Vertreter von der Kirche, traditionelle Führer (Liurai oder Dato-lulik) und Chefe de Sucos, beziehungsweise Chefe de Aldeias. Besonders achtete man entgegen der bisherigen Tradition darauf, dass im Gremium auch mindestens ein oder zwei Frauen saßen. Trotzdem war es schwer Frauen, sei es nun als Opfer oder als Täter, im Prozess teilhaben zu lassen. Zum einen waren sie sehr zurückhaltend, zum anderen verließen sie oft die bis spät nachts dauernden Versöhnungsveranstaltungen, um sich zum Beispiel um die Kinder zu kümmern. Teilweise vergass man auch einfach Frauen als Opfer. Der Distriktkommissar der CAVR leitete den Prozess. Nach Anhörung der Täter, die die Umstände der Geschehnisse beschrieben und um Verzeihung baten und der Opfer, konnte die gesamte Gemeinde Fragen zu dem Vorfall stellen. Dann vermittelte das Gremium eine angemessene Entschädigung und eine symbolische Wiedergutmachung. Neben der Zahlung von kleinen Geldsummen und traditionellen Gegenständen konnte dies auch in Form von Gemeindearbeit oder der Hilfe beim Wiederaufbau eines Hauses geleistet werden. Die Vereinbarung wurde, wie ein Urteil beim Distriktsgericht registriert. Nach Ableistung der Sühne konnte der Täter nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. Bei Verstoß drohten ihm aber ein Jahr Gefängnis oder bis zu 3.000 US-Dollar Geldstrafe.[59]

Am Ende gab es bei der CAVR 1.542 Anfragen auf ein Versöhnungsverfahren. Bei 86 Personen wurde es verweigert, da man den Tätern schwerere Verbrechen anlastete. Über 90 % der Verfahren betrafen Straftaten während der Krise von 1999. Die meisten Täter waren Mitglieder oder Mitläufer der pro-indonesischen Milizen oder hatten für das indonesische Milität, Polizei oder Geheimdienst gearbeitet. In einigen Fällen wurde den Tätern durch das Gremium die Vergebung verweigert, weil man die Entschuldigung nicht für glaubwürdig empfand. Die große Resonanz für das Versöhnungsverfahren läßt sich mit dem Wunsch der Täter erklären, wieder in die Gesellschaft aufgenommen zu werden, zumal auch deren Kinder und andere Familienmitglieder ausgegrenzt wurden.[59]

Zudem wurde ein nationales nahe biti mit Vertretern aus allen 13 Distrikten des Landes in der Hauptstadt Dili durchgeführt. Dabei entstandene Sasan Luliks wurden dann an zwölf Uma Luliks in den anderen Distrikten Osttimors weitergegeben.[127]

Die meisten geständigen Täter, die sich dem nahe biti unterzogen hatten, waren zufreden mit der Aussöhnung, doch gab es Kritik, dass nur die kleinen Täter zur Rechenschaft gezogen wurden, während Befehlshaber und Hintermänner sicher vor Strafverfolgung in Indonesien waren. Ohne eine Verurteilung der Haupttäter bliebe nach Ansicht viele Osttimoresen die Versöhnung und Aufarbeitung nur unvollständig.[59]

Flüchtlinge in Westtimor

Nach der Gewaltwelle lebten 250.000 Osttimoresen im Westteil der Insel. Entweder waren sie von Milizen und Armee zwangsevakuiert worden oder hierher geflohen. Von ihnen blieben viele auch nach dem Abzug der Indonesier in den Flüchtlingslagern. Es waren ehemalige Befürworter des Anschlusses an Indonesien und auch solche, die während der Unruhen Verbrechen gegen ihre Nachbarn verübt hatten. Man befürchtete Repressalien bei einer Rückkehr in die Heimatdörfer. Osttimor versuchte mit Hilfe der CAVR (die in ihrem Namen mit der Bezeichnung „Empfang“ sich direkt an die Flüchtlinge richtete) Vertrauen zu schaffen. So half man bei der Versöhnung zwischen Rückkehrern und ihren Nachbarn. Man organisierte sogar „Komm-und schau“-Besuche von Flüchtlingsdelegationen in der Heimat. Nur vereinzelt kam es zu Racheakten und Selbstjustiz. Problematisch war allerdings die Kontrolle der Flüchtlingslager durch bewaffnete ehemalige Mitglieder der Wanra und ihre Führer. Sie warnten mit Horrorszenarien vor angeblichen Gefahren in der Heimat und versuchten durch die Flüchtlinge politischen Druck auszuüben. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen konnten anfangs nur unter Begleitschutz der indonesischen Polizei begrenzt in die Lager. Am 6. September 2000 wurden drei Mitarbeiter des UNHCR aus Kroatien, Äthiopien und Puerto Rico in einem Lager bei Atambua brutal ermordet und die Leichen teilweise verbrannt. Auslöser der Gewalt war der ungeklärte Mord am Milizenführer Olivio Mendosa Muruk. Bei seiner Beerdigung mit 3.000 Trauernden kam es zu den Angriffen auf die UN.[128] Daraufhin zogen die Vereinten Nationen ihre Mitarbeiter ab und der UN-Sicherheitsrat forderte von Indonesien die Entwaffnung und Auflösung der Milizen. Stattdessen stellte die indonesische Regierung die Unterstützung der Flüchtlinge ein, woraufhin diese sich mit Kleinhandel, Landwirtschaft und Kleinkriminalität selbst versuchten zu versorgen. Dies führte wiederum zu Konflikten mit der lokalen Bevölkerung. Außerdem nutzten die Milizen die Flüchtlingslager als Basen für Operationen in Osttimor. Im Dezember 2002 wurden zwei Dörfer im Osten von Milizen überfallen, die über die Grenze gekommen waren. Erst mit der Zeit konnte man den Einfluss der Milizen schwächen. Noch heute leben zahlreiche Flüchtlinge immer noch in Westtimor. 2005 waren es noch 30.000.[59][129] Mehrere Zehntausend lebten hier noch 2010 in Baracken.[130]

Die Unruhen von 2006

Hauptartikel: Unruhen in Osttimor 2006
Premierminister Marí Alkatiri trat aufgrund der Unruhen 2006 zurück.

In der Bevölkerung machte sich schon länger immer mehr der Unmut über die fehlenden Verbesserungen der Situation breit. Osttimor ist das ärmste Land Asiens und vollständig abhängig von ausländischer Hilfe. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, das Wirtschaftswachstum niedrig und die regierenden Politiker standen in der Kritik. Die Reichtümer aus den Gas- und Erdölvorräten konnten bisher noch nicht ausgebeutet werden, um die leeren Staatskassen zu füllen. Die Regionen im Westen des Landes fühlten sich bei der Verteilung von Ämtern gegenüber den östlichen Landesteilen benachteiligt. Hier spielten anscheinend die traditionellen Netzwerke und innere Spannungen eine Rolle.

Ab Ende April 2006 erlebte Osttimor die schlimmsten Unruhen seit dem Abzug des indonesischen Militärs 1999. Die Proteste entzündeten sich an der Entlassung von knapp 600 der 1.600 Soldaten der Verteidigungskräfte Osttimors, die Anfang 2006 im Laufe weniger Wochen aus Protest über die schlechten Arbeitsbedingungen und Beförderungsregelungen desertierten. Sie beschuldigten Premierminister Marí Alkatiri, er würde bestimmte Volksgruppen bei den Beförderungen bevorzugen. Im Mai eskalierte der Konflikt. Es kam in Dili zu Straßenschlachten und Brandschatzungen. Kriminelle Jugendbanden zogen plündernd durch die Hauptstadt und die FDTL lieferte sich mit den Rebellen Gefechte. Am 25. Mai landete eine internationale Eingreiftruppe (International Stabilization Force ISF) auf Bitten der Regierung Osttimors. Unter Führung Australiens sollten die Soldaten aus dem Nachbarland, aus Neuseeland, Malaysia und Portugal wieder für Ruhe und Ordnung sorgen.

Flüchtlingslager in Balide, Dili 2006

Der Konflikt entwickelte sich mit der Zeit immer mehr zum Machtkampf zwischen Premierminister Marí Alkatiri und Präsident Gusmão. Alkatiri wurde beschuldigt Milizen mit Waffen ausgerüstet zu haben um politische Gegner ermorden zu lassen. Innenminister Rogerio Lobato und Verteidigungsminister Roque Rodrigues wurden in diesem Zusammenhang entlassen, Lobato verhaftet. Am 25. Juni traten Außenminister und Friedensnobelpreisträger José Ramos-Horta und der Minister für Verkehr, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Ovidio Amaral von allen ihren politischen Ämtern zurück. Damit protestierten sie gegen die Entscheidung der FRETILIN an Premierminister Alkatiri festzuhalten. Einen Tag später gab Alkatiri auf, nahm die Verantwortung für die Unruhen auf sich und erklärte seinen Rücktritt. Am 8. Juli wurde José Ramos-Horta offiziell zu Alkatiris Nachfolger ernannt und am 10. Juli vereidigt.

In Dili herrschte zunächst gespannte Ruhe, da Ramos-Horta von allen Seiten akzeptiert wird. Langsam kehrten ein Teil der Flüchtlinge in ihre Heimat zurück oder zogen, wenn ihre Häuser zerstört waren, in die von der Regierung bereitgestellten Massenzeltlager. Die Zahl der niedergebrannten Häuser soll in die Tausende gehen. Bei den Unruhen sind mindestens 37 Menschen getötet worden, 155.000 waren auf der Flucht. Ab Ende August kam es immer wieder zu Kämpfen zwischen den Banden aus den verschiedenen Landesteilen. Bis Anfang 2007 fanden weitere 30 Menschen dadurch den Tod.

UNMIT

UNMIT-Angehörige aus den Philippinen in Osttimor

Der Weltsicherheitsrat einigte sich am 25. August 2006 auf eine neue Mission, die gemäß der Resolution 1704 die Sicherheit in Osttimor wieder herstellen, beim wirtschaftlichen Aufbau helfen und die anstehenden Präsidenten- und Parlamentswahlen 2007 unterstützen sollte.[131] Die UNMIT (United Nations Integrated Mission in Timor-Leste), die Folgemission der UNOTIL, bestand aus etwa 1600 Polizisten, Militärberatern und zivilen Angestellten.

Nach der Zeremonie kündigte Premierminister Ramos-Horta seinen Rücktritt für den Fall an, dass Milizen und oppositionellen Gruppen weiter gewaltsam Widerstand gegen die Regierung leisten. Wenige Stunden nach dem Beginn der UN-Mission beschossen sich am Abend rivalisierende Banden mit Pfeilen in der Nähe des Präsidentenpalastes.

Am 17. Oktober veröffentlichen die UN einen Bericht zu den Unruhen, in dem ein Ermittlungsverfahren gegen Ex-Premierminister Alkatiri, die ehemaligen Minister Rogerio Lobato und Roque Rodrigues und dem Chef der Streitkräfte Brigadegeneral Taur Matan Ruak empfohlen wird. Alkatiri habe es nicht geschafft zu verhindern, dass Waffen an Zivilisten verteilt wurden, obwohl er davon gewusst haben soll. Ruak und die Minister sollen für die Waffenverteilung verantwortlich gewesen sein. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass Ruak versagt habe die Unruhen zu verhindern. Die Erschießung unbewaffneter Polizisten durch Soldaten könne ihm aber nicht zur Last gelegt werden. Auch Präsident Gusmão werden im Bericht Fehler bei den Verhandlungen mit den Rebellen vorgeworfen. Er habe die institutionellen Kanäle nicht respektiert. Vom Vorwurf, Gusmão habe Rebellenchef Alfredo Alves Reinado und seine Männer zu Straftaten angestiftet, wurde er entlastet. Im Zusammenhang mit einer Schießerei am 23. Mai wurden Reinado und seinen Männern „crimes against life and the person“ vorgeworfen. Reinado rechtfertigte sich, er sei damals angegriffen worden und habe sich nur verteidigt. Präsident Gusmão begrüßte den Bericht als unabhängig und unparteiisch und forderte die Regierung auf, die Empfehlungen des Berichts zu überprüfen. Am 7. März 2007 wurde Ex-Minister Lobato nach einem Gerichtsverfahren zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Die Haftstrafe wurde zum Unabhängigkeitstag 2008 auf die Hälfte der Zeit verkürzt.

Die Regierung Xanana Gusmão

Machtverlust der FRETILIN bei den Wahlen 2007

Die Wahlen 2007 verliefen relativ gewaltlos. Bei der Präsidentschaftswahl trat Xanana Gusmão nicht wieder an. Stattdessen stellte er sich später bei den Parlamentswahlen als neuer Premierminister zur Wahl. Dafür bewarb sich sein enger politischer Freund, der seit 2006 amtierende parteilose Premierminister José Ramos-Horta für das Amt des Präsidenten. Während der erste Wahlgang von verschiedenen Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet war, verlief der zweite ohne größere Zwischenfälle. Ramos-Horta konnte sich gegen den Kandidaten der Regierungspartei FRETILIN Francisco Lu-Olo Guterres durchsetzen und trat das Amt des Staatspräsidenten am 20. Mai an. Tags zuvor war er vom Amt des Premierministers zurückgetreten, welches Vize-Premierminister Estanislau da Silva von der FRETILIN übernahm. Internationale Wahlbeobachter kritisierten zwar mehrere Vorkommnisse bei der Wahl, nannten sie aber im Großen und Ganzen frei und fair.

Zu den Parlamentswahlen am 30. Juni 2007 traten insgesamt 14 Parteien an.[132] Die Stimmauszählung war ohne größere Auffälligkeiten. Die FRETILIN verlor ihre absolute Mehrheit und konnte nur noch 29,02 % der Wähler hinter sich vereinigen. Der CNRT von Xanana Gusmão erreichte auf Anhieb 24,10 % und ging mit Coligação ASDT/PSD und Partido Democrático PD eine Allianz (Aliança da Maioria Parlamentar) ein. Diese Allianz stellt im neuen Parlament 37 der 65 Abgeordneten. Außerdem zogen noch zwei weitere kleine Parteien und ein Wahlbündnis (PUN und UNDERTIM und Aliança Democratica KOTA/PPT) in das Parlament ein. Die anderen Parteien scheiterten an der Drei-Prozent-Hürde. Xanana Gusmão wurde am 8. August 2007 zum Premierminister vereidigt.[133]

Bereits kurz nach der Beauftragung Gusmãos mit der Regierungsbildung kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen. Allein in den östlichen Hochburgen der FRETILIN, den Distrikten Viqueque und Baucau wurden zwischen dem 8. und 14. Dezember 323 Häuser angezündet und 4.000 Menschen vertrieben.[134] Insgesamt betrug die Zahl neuer Vertriebener 6.000. Die schlimmsten Vorfälle waren der Überfall auf ein Konvent und Waisenhaus der Salesianer Don Boscos in Baguia, bei der minderjährige Mädchen vergewaltigt wurden und ein Überfall auf einen UN-Konvoi in Viqueque. Neuen Zündstoff brachten drei Vorfälle, bei denen australische Truppen die Flagge der FRETILIN verunglimpft und gestohlen haben sollen. Der australische Kommandeur, Brigadier John Hutcheson gab persönlich eine der Flaggen zurück und bedauerte den Vorfall. Die zwei anderen Flaggen wurden über andere Behörden zurückgegeben. FRETILIN-Generalsekretär Alkatiri forderte daraufhin den Abzug der Australier, da sie nicht mehr neutral seien.

Die Krise um Alfredo Reinado

Osttimors Staatspräsident und Friedensnobelpreisträger José Ramos-Horta wurde am 11. Februar 2008 schwer verletzt

Rebellenchef Reinado hatte am 16. Juni 2006 seine Waffen abgegeben unter der Voraussetzung, dass die internationalen Truppen für seine Sicherheit garantieren. Doch am 25. Juli wurde Reinado von den Australiern aufgrund illegalen Waffenbesitzes verhaftet. Später sollte er auch wegen Mordes angeklagt werden, da bei Gefechten zwischen seinen Leuten und regierungstreuen Truppen am 23. Mai 2006 ein Soldat ums Leben gekommen war. Reinado und 56 Anhänger gelang jedoch am 30. August die Flucht aus dem Gefängnis. Im Distrikt Ermera erklärten sie sich bereit sich unter Aufsicht der Sicherheitskräfte zu stellen. Ende Februar 2007 floh Reinado erneut mit seinen Leuten. Man schreibt ihnen die Überfälle auf zwei Posten der Grenzpolizei zu, bei denen Waffen gestohlen wurden. Präsident Gusmão ermächtigte die internationale Friedenstruppe zur Verhaftung von Reinado und bat auch Indonesien um Unterstützung.

Am 1. März 2007 wurde Reinado in Same zusammen mit 150 Mann von der australischen Armee eingeschlossen. Zu ihm gesellten sich Gastão Salsinha, ein weiterer Anführer der rebellierenden Soldaten und der Parlamentsabgeordneter der Partido Social Democrata (PSD) Leonardo Isaac, um ihn zu unterstützen. Teile der Zivilbevölkerung flohen aus dem Ort. Reinado drohte der Regierung erneut mit Bürgerkrieg, Australien warf er eine illegale Invasion in Osttimor vor. Am Morgen des 4. März stürmten australische Einheiten, unterstützt von zwei Hubschraubern und gepanzerten Fahrzeugen den Ort. Vier Rebellen wurden getötet, doch Reinado und Salsinha konnten mit ihren Männern fliehen. Nur einige Rebellen konnten gefangen genommen werden. Isaac blieb unverletzt. In der Nacht darauf kam es zu Protesten und Ausschreitungen in Dili, Gleno und Ermera. Isaac distanzierte sich später von Reinado, mit der Begründung, dieser strebe einen bewaffneten Kampf gegen die Regierung an.

Im Laufe des Jahres 2007 versuchte die Staatsführung Reinado zu bewegen, sich den Behörden zu stellen. Obwohl Staatspräsident José Ramos-Horta sich auch persönlich mit dem Rebellen traf, konnte er keinen Erfolg erzielen. Reinado drohte sogar mit Bürgerkrieg. Am 11. Februar 2008 kam es in Dili im Wohnhaus von Ramos-Horta zu einem Schusswechsel zwischen den Rebellen und dem Sicherheitspersonal. Reinado und ein weiterer Rebell kamen dabei ums Leben, Ramos-Horta und einer seiner Leibwächter wurden schwer verletzt. Kurz darauf wurde auch Premierminister Xanana Gusmão von Reinados Männern angegriffen, konnte aber unverletzt entkommen. Die Rebellenbewegung brach in den folgenden Wochen zusammen. Die Rebellen wurden entweder gefangen genommen oder begaben sich freiwillig in Regierungsgewahrsam. Am 3. März 2010 wurden 24 Rebellen für die Überfälle zu Haftstrafen zwischen 9 und 16 Jahren verurteilt. Unklar blieb auch nach der Gerichtsverhandlung wer auf den Präsidenten schoss und wer Reinado und seinen Leibwächter tötete.[135] Am 24. August begnadigte Präsident Ramos-Horta alle Verurteilten.[136]

Weitere Entwicklungen

Am 12. Oktober 2009 konnte die Regierung ein Misstrauensvotum mit den Stimmen der Koalition (38 gegen 25) abwehren. Auslöser war die Freilassung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Maternus Bere auf Veranlassung von Premierminister Gusmão und Präsident Ramos-Horta. Indonesien hatte gegen die Verhaftung seines Staatsbürgers Anfang August protestiert, woraufhin Bere am 30. August zum 10. Jahrestag des Unabhängigkeitsreferendums an die indonesische Botschaft in Dili übergeben wurde. Die eigenmächtige Freilassung führte zu schweren Vorwürfen aus der Bevölkerung, von den Vereinten Nationen, der Katholischen Kirche und Menschenrechtsorganisationen. Das Oberste Gericht des Landes ermittelt wegen eines möglichen Verfassungsbruchs. Gusmão erklärte, er habe Bere im Interesse der gutnachbarschaftlichen Beziehungen freigelassen. Bere wird die Beteiligung am Kirchenmassaker von Suai vorgeworfen, bei dem 1999 vermutlich bis zu 200 Menschen ermordet wurden.[137]

Korruptionsvorwürfe durch die oppositionelle FRETILIN gegen Regierungsmitglieder konnten bisher nicht bestätigt werden, führten aber Ende 2008 zu ausführlichen Diskussionen zu dem Thema. 35 % der Osttimoresen glaubten, die Korruption wäre schlimmer geworden. Die Regierung gründete daraufhin eine Anti-Korruptionskommission (KAK), die die verschiedenen Vorwürfe untersuchen sollte. Im September 2010 wurden der stellvertretende Premierminister José Luís Guterres und Außenminister Zacarias da Costa vorläufig suspendiert.[138] Hintergrund ist die Vergabe eines hochdotierten Diplomatenposten an die Ehefrau von Guterres.[139] Am 25. November wies das Distriktsgericht von Dili alle Vorwürfe gegen Costa zurück.[140] Am 9. Mai wurde auch Guterres freigesprochen.[141] Dafür kamen wenige Monate später neue Vorwürfe gegen die Ministerinnen Emília Pires (Finanzen) und Lúcia Lobato (Justiz) auf.

Die Bindungen zu Australien schwächen sich weiter ab, da Osttimor versucht mit möglichst vielen Partnern zusammen zu arbeiten. Der Wunsch der australischen Premierministerin Julia Gillard, in Osttimor ein Zentrum für Asylanten einzurichten, lehnt die Regierung Gusmão, wie die Opposition ab.[142] Von der Volksrepublik China kaufte Osttimor, sehr zum Mißfallen Australiens, zwei neue Patrouillenboote.[143] Auch mit den USA und der Gemeinschaft der Portugiesischsprachigen Länder (CPLP) gibt es militärische Zusammenarbeit. Mit der ehemaligen Besatzungsmacht Indonesien verbesserten sich die Beziehungen weiter. Es unterstützt, wie die meisten Mitglieder, den Vorschlag Osttimor 2012 in die ASEAN aufzunehmen.[144] Allerdings gab es immer wieder Zwischenfälle um das umstrittene Gebiet bei Naktuka. Mehrfach drangen indonesische Soldaten in das von Osttimor beanspruchte Gebiet ein, vertrieben Osttimoresen und zerstörten deren Eigentum.[114]

Als Sprecher sogenannter „gefallener Staaten“ etablierte sich Osttimor durch eine Konferenz der g7plus-Staaten in Dili im April 2010. Die Konferenz sollte zum Austausch von Erfahrungen bei Stabilisierungsmaßnahmen und zur Stärkung gemeinsamer Interessen gegenüber Geberstaaten dienen, wobei sich Osttimor selbst als Erfolgsbeispiel für eine gelungene Stabilisierung sieht.[145] Osttimors Finanzministerin Emília Pires wurde zur neuen Vorsitzenden der g7plus-Staaten gewählt.[146]

Anhang

Hauptquellen

In englischer Sprache:

Einzelnachweise

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  4. Lene Hara
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  121. Jakarta Post, 25. Oktober 2007, TNI 'armed' East Timor civilians
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  123. Financial Times, 12. Juli 2008, Jakarta blamed for East Timor rights violations
  124. BBC, 15. Juli 2008, Indonesia regrets E Timor wrongs
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  145. Speech by his excellency the Prime Minister Kay Rala Xanana Gusmão at the opening session of the “g7+” meeting
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Siehe auch

Literatur

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  • S. O'Connor: Nine New Painted Rock Art Sites from East Timor in the context of the Western Pacific Region, (2003), Asian Perspectives, Vol. 42, No. 1, Hawai’i, pp. 96-128.
  • Sue O'Connor, Matthew Spriggs, Peter Veth: Excavation at Lene Hara Cave establishes occupation in East Timor at least 30,000–35,000 years ago. In: Antiquity. 76, No. 291, 2002, ISSN 0003-598x, S. 45–50.
  • Andrea Fleschenberg (Hrsg.): Osttimor – Vier Jahre Unabhängigkeit. Soziale, politische und wirtschaftliche Entwicklungen. Focus Asien. Bd 27. Asienhaus, Essen 2006. ISBN 3-933341-35-3 (pdf)
  • I. Glover: Archaeology in Eastern Timor, (1986), 1966-67. Terra Australis II, Canberra, ANU
  • Jörg Meier: Der Osttimor-Konflikt (1998–2002). Gründe und Folgen einer gescheiterten Integration. Bewaffnete Konflikte nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes. Bd 17. Verlag Dr. Köster, Berlin 2005. ISBN 3-89574-560-X
  • Andrea K. Molnar: "Died in the service of Portugal", legitimacy of authority and dynamics of group identity among the Atsabe Kemak in East Timor. Journal of Southeast Asian Studies, Special publication series. Singapore 2005, auch in: Journal of Southeast Asian Studies. Cambridge 37.2006, 2, 335-355. ISSN 1474-0680
  • Peter L. Münch-Heubner: Osttimor und die Krise des indonesischen Vielvölkerstaates in der Weltpolitik. Berichte und Studien der Hanns-Seidel-Stiftung e.V. Bd 82. München 2000. ISBN 3-88795-214-6
  • José Ramos-Horta: Funu – Osttimors Freiheitskampf ist nicht vorbei! Ahriman, Freiburg 1997. ISBN 3-89484-556-2
  • Monika Schlicher: Portugal in Osttimor. Eine kritische Untersuchung zur portugiesischen Kolonialgeschichte in Osttimor 1850 bis 1912. Aberag, Hamburg 1996. ISBN 3-934376-08-8
  • Brad Simpson: Indonesiens Kolonialkrieg in Osttimor 1975–1999. In: Bernd Greiner /Christian Th. Müller / Dierk Walter (Hrsg.): Heiße Kriege im Kalten Krieg. Hamburg, 2006, ISBN 3-936096-61-9, S. 339–375. (Rezension von H. Hoff, Rezension von I. Küpeli)
  • Matthew Spriggs, Sue O'Connor: Vestiges of Early Pre-agricultural Economy in the Landscape of East Timor. Recent Research. In: Anna Karlström, Anna Källén (Hrsg.): Fishbones and glittering emblems. Southeast Asian archaeology 2002. Museum of Far Eastern Antiquities (Östasiatiska museet), Stockholm 2003, ISBN 91-970616-0-3, S. 49–58.

Weblinks

 Commons: Geschichte Osttimors – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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