Geschichte von Freiberg am Neckar

Geschichte von Freiberg am Neckar

Freiberg am Neckar entstand am 1. Januar 1972 aus dem Zusammenschluss der drei Dörfer Beihingen am Neckar, Geisingen am Neckar und Heutingsheim.

Inhaltsverzeichnis

Frühgeschichtliche Besiedlung

Das heutige Stadtgebiet ist schon in der Jungsteinzeit für damalige Verhältnisse dicht besiedelt. Die Bandkeramiker besiedeln ab circa 4000 vor Christus die Lössflächen an Neckar, Murr und Bottwar sowie das Lange Feld und die westlich davon gelegenen Gäulandschaften. Um Monrepos, Heutingsheim und Geisingen existieren ab circa 3500 vor Christus Siedlungen mit 100–150 Häusern. Oscar Paret wird 1908 in Beihingen in der Nähe des Bahnhofs ein jungsteinzeitliches Dorf mit Überresten von Tongefäßen und anderen Haushaltsgeräten sowie Knochen von Rindern, Schafen und Schweinen entdecken. Auch beim Bau des Rathauses 1973 werden zahlreiche Keramiken einer jungsteinzeitlichen Siedlung ausgegraben.

Aus der keltischen Periode ab etwa 1300 vor Christus sind ein Gehöft westlich von Heutingsheim, sowie Gräber in Beihingen und Geisingen nachgewiesen. Der keltische Fürstensitz befindet sich ab circa 750 auf dem nahe gelegenen Hohenasperg.

Römische Zeit und Völkerwanderung

Votivplatte für die keltische Göttin Epona, am Fundort ausgestelltes Replikat, Original im Landesmuseum Stuttgart

Im 1. Jahrhundert nach Christus dringen die Römer in den Neckarraum ein. Etwa 90 nach Christus wird der Neckar-Odenwald-Limes errichtet. In unmittelbarer Nachbarschaft entsteht das Kastell von Benningen. Eine römische Straße führt von Bietigheim über Geisingen und Pleidelsheim bis zur Mündung der Murr.

Ab 150 entstehen zahlreiche römische Gutshöfe, so genannte Villae Rusticae, im heutigen Stadtgebiet. Sie werden von ehemaligen Legionären bewirtschaftet. In Beihingen sind solche Güter in der heutigen Weinstraße sowie am Talrand zwischen Beihingen und Benningen nachgewiesen. In Geisingen sind zwei Güter an den Inneren Kirchäckern und an den Langen Wiesen nachgewiesen, in Heutingsheim an der Steig, an den Bettäckern, an den Kreuzwiesen und in der westlichen Siemensstraße.

Im 3. Jahrhundert verdrängen die Alemannen die Römer im Neckarland. Im Jahre 260 durchbrechen sie endgültig den Limes. Wenige Jahre später entsteht Beihingen als alemannisches Haufendorf. Am Ort des alten Beihinger Schlosses wird ein Herrenhof erbaut. Alemannische Gräber befinden sich an den heutigen Verbindungsstraßen zwischen Beihingen und Heutingsheim sowie zwischen Beihingen und Geisingen.

Eine umstrittene Deutung leitet die Ortsnamen Beihingen, Geisingen und Heutingsheim aus den vermuteten Namen alemannischer Sippenführer namens Biho, Giso und Huto her.[1] Eine andere Deutung führt die Namen auf topographische Umstände zurück: bei oder mai bedeute Sumpf, gis bedeute sumpfiges Wasser.[2]

Nach dem Sieg der Franken über die Alemannen in der Schlacht von Zülpich kommt die Gegend ab circa 500 unter fränkische Oberhoheit. Beihingen wird Bestandteil des Herrschaftsgebiets der Grafen von Ingersheim.

Frühes Mittelalter

Mitte des 6. Jahrhunderts beginnt die Christianisierung des Gebiets. Um 650 herrscht in Geisingen christlicher Ortsadel. Ab etwa 700 wird eine erste Kirche in Beihingen vermutet. Durch eine Stiftung kommen große Teile des Gebiets 789 in den Besitz des Klosters Lorsch. 818 entsteht als befestigte Wehrkirche die erste Steinkirche, Vorgängerin der heutigen Amanduskirche. Die Kirche ist eine Stiftung von Adelold, Hofgeistlicher und Notar Ludwigs des Frommen. Ebendieser Adelold schenkt 836 und 944 dem Kloster Lorsch weitere Güter in Geisingen (Gisingheim) und Beihingen. Aus dem Jahr 836 datieren auch die ältesten bekannten urkundlichen Erwähnungen Geisingens und Beihingens (Villa Bibinga).

972 wird erstmals die Grafschaft Ingersheim und gleichzeitig das dazu gehörende Dorf Marbach als dazu gehörender Fronhof urkundlich erwähnt. Beihingen und Heutingsheim werden als diesem Fronhof zugehörend genannt. Aus demselben Jahr stammt auch die erste urkundlicher Erwähnung Heutingsheims als Hutingesheim.

Vom Hochmittelalter bis zur Renaissance

Generelle Herrschaftsverhältnisse

Im 11. Jahrhundert erbauen die Grafen von Ingersheim in Calw eine Burg. Fortan nennen sie sich Grafen von Calw. Ihr Besitz in Geisingen geht zwischen 1037 und 1050 allmählich in die Grundherrschaft der Markgrafen von Baden über.

Adelsnamen im heutigen Freiberger Straßenbild (Fotocollage)

Die Geschicke der drei Orte Beihingen, Geisingen und Heutingsheim werden von nun an bis zum Reichsdeputationshauptschluss durch den jeweiligen Ortsadel bestimmt, mit vielfältigen und teilweise verwirrenden Wechseln der Herrschaftsverhältnisse.

Beihingen

Haus im Kleinbottwarer Hof in Beihingen. Die Anfänge dieses ehemaligen großen Bauernhofs reichen zurück bis ins 13. Jahrhundert

Um 1150 teilt sich die Herrschaft der Grafen von Calw in mehrere Linien. Infolge dieser Teilung kommen 1165 3/5 Beihingens an die Grafen von Calw-Löwenstein und 2/5 an die Pfalzgrafen von Tübingen-Asperg. In jener Zeit entsteht auch der der Nordteil des alten Beihinger Schlosses.

Unter wechselnden Herrschaften wird diese Teilung bis 1810 bestehen bleiben. 1308 kommt die Grafschaft Asperg und damit der kleinere Teil Beihingens an das Haus Württemberg. Die Lehens- und Herrschaftsverhältnisse bis zum Ende des 14. Jahrhunderts sind nicht restlos geklärt. Sicher ist, dass seit die 14. Jahrhundert die Nothaft von Hohenberg Beziehungen nach Beihingen unterhalten. Einige Quellen gehen davon aus, dass 1344 die Ritter Hans und Straub Nothaft den größeren Ortsteil samt Schloss als Lehen erhalten. Möglicherweise geht der kleinere Ortsteil bereits 1338 als Lehen an die Nothaft. Fest steht jedenfalls, dass 1395 der kleinere Ortsteil als Lehen an die Familie von Stammheim geht, und dass im 15. Jahrhundert die Ritter von Nothaft die Herrschaft über das Schloss und den größeren Ortsteil innehaben.

Epitaph für Bernhard V. Nothaft, † 1467, in der Beihinger Amanduskirche

In einer Bestandsaufnahme der Grafen von Württemberg ist festgehalten, dass der württembergische Teil Beihingens zu dieser Zeit aus 23 Häusern, 21 Hofstätten und zwei Großhöfen besteht. Alle württembergischen Einwohner Beihingens sind leibeigen.

Das alte Schloss von Beihingen

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts sind die Nothaft eine einflussreiche Familie. Werner IV. Nothaft, ansässig im Beihinger Fronhof und Rat bei Eberhard IV., stiftet 1425 in der Stuttgarter Stiftskirche eine Pfründe und einen Altar. Die Nothaft widmen sich im 15. Jahrhundert der Erneuerung und dem Ausbau der Dorfkirche, der Amanduskirche. Um 1440 wird der massive Wehrturm der Amanduskirche und ihr Chor vollendet. Bis 1500, vermutlich schon früher, entsteht das heutige Hauptschiff und eine Erweiterung um eine heute nicht mehr bestehende Kapelle. Wesentlich für die Erweiterung ist eine Stiftung des Mainzer Domherren Peter Nothaft, möglicherweise sind auch schon Leistungen seines Vaters Bernhard V. Nothaft maßgeblich.[3]

1462 wird die Grafschaft Ingersheim und mit ihr der größere Ortsteil Beihingens kurpfälzisch. Für das Jahr 1469 ist eine Verlängerung des Nothaftschen Lehens am größeren Ortsteil durch den Pfalzgrafen beurkundet.

Um 1480 wird vermutlich der Südflügel des alten Beihinger Schlosses erbaut. Diese Jahreszahl findet sich als älteste Jahreszahl am Gebäude.

Die Grafschaft Löwenstein und mit ihr die Oberhoheit über das Lehen am größeren Ortsteil Beihingens kommt 1504 an das Haus Württemberg. Heimaran Nothaft verkauft dieses Lehen 1534 an seinen Schwager Ludwig von Freyberg-Steußlingen, mit Ausnahme des Patronats über die Pfarrkirche. Letzteres veräußert Nothaft in einem Tauschgeschäft 1551 an Herzog Christoph von Württemberg.

Geisingen

Epitaph für Wolf von Stammheim, † 1541, in der Geisinger Nikolauskirche

Mit der Grafschaft Asperg kommt 1308 auch das Dorf Geisingen an Württemberg. Vom dort kommt Geisingen als Lehen an die Ritter Sturmfeder. 1336 wird erstmals die Nikolauskapelle urkundlich erwähnt, in einer Urkunde des Markgrafen von Baden an Friedrich Sturmfeder. 1361 verkauft Friedrich Sturmfeder das Lehen Geisingen an Contz von Stammheim.

Ab 1474 lässt Hans von Stammheim die Geisinger Nikolauskirche erbauen. 1522 wird schließlich der Kirchturm vollendet. Die Kirche bleibt bis 1780 die Grablege der Geisinger Ortsherren. Ab 1486 erbaut Hans von Stammheim das Wasserschloss in Geisingen; die Familie verlegt 1495 ihren Wohnsitz dorthin.

1505 wird Geisingen als Pfarrei selbstständig. Zuvor ist es eine Filiale von Ingersheim gewesen.

Heutingsheim

Kreuzrippengewölbe im Chor der Kirche Simon und Judas

Um 1100 entsteht eine Holzburg namens Kasteneck bei Heutingsheim, Sitz der Kastner von Heutingsheim. Diese sind vermutlich Dienstmannen der Herren von der nahe gelegenen Burg Lichtenberg und haben im 13. Jahrhundert Besitzrechte in Heutingsheim. Daneben oder zuvor gibt es einen direkt im Ort ansässigen Ortsadel. 1231 und 1280 ist jeweils ein Burkhard von Heutingsheim urkundlich erwähnt. 1305 verkauft Albrecht Kastner von Heutingsheim die Vogtei über das Dorf an das Kloster Bebenhausen.

Mit der Herrschaft Lichtenberg fällt Heutingsheim vermutlich Mitte des 14. Jahrhunderts an Württemberg. Mitte des 14. Jahrhunderts wird auch die Burg Kasteneck wieder zerstört. Auf ihre ehemalige Existenz deuten heute im Wesentlichen eine Reihe von Pfostenlöchern hin, sowie eine Verkaufsurkunde von 1428, in der der Verkauf des Burgstadels Kasteneck an die Herren von Stammheim festgehalten ist.

Die bereits in Geisingen ansässige Familie von Stammheim erweitert ihr kleines Territorium, indem sie um 1360 und in den Jahren danach auch den größten Teil Heutingsheims (und den kleineren Teil von Beihingen, siehe oben) erwirbt. Ab 1485 entsteht, gestiftet von Hans von Stammheim und erbaut vom Baumeister Peter von Koblenz, die Heutingsheimer Kirche St. Simon und Judas.

Die Reformationszeit und die Zeit bis zum Dreißigjährigen Krieg

Einführung des Protestantismus

Erste evangelische Regungen in der Gegend werden kurz nach 1520 offenkundig. Der Pfarrer in Besigheim wird um diese Zeit abgesetzt. Ein Pfarrer in Großingersheim fällt durch herzoglich-württembergische und evangelische Gesinnung auf.

Wann genau der Protestantismus in den drei Gemeinden eingeführt wird, ist ungeklärt. Der Übergang geht allmählich, mit Verzögerungen und Vorbehalten, vonstatten. Die Ortsherren warten zunächst das Ergebnis des Schmalkaldischen Krieges und einige Jahre danach ab, ehe um 1550 herum der Protestantismus allgemein eingeführt wird. Selbst die Herren von Stammheim-Geisingen, Lehensleute des protestantischen Herzogs von Württemberg, lassen sich diese Zeit.

Entwicklung in Beihingen

Restauriertes Wappen der Herren von Freyberg am Beihinger Rathaus
Epitaph für Ludwig von Freyberg in der Beihinger Amanduskirche

Mit Ludwig von Freyberg tritt jene Familie in die Ortsgeschichte ein, von der die spätere Stadt ihren Namen und ihr Wappen ableiten wird.

In den Jahrzehnten nach seiner Erwerbung an Beihingen von 1535 bis zu seinem Tode 1569 kommt es zu fortgesetzten Auseinandersetzungen mit den Grafen von Löwenstein über das Patronat der Pfarrei St. Amandus. Die Streitigkeiten drehen sich um die Auswahl und Berufung der Pfarrer und deren Einkünfte. Eine große Rolle spielt das Bekenntnis Ludwigs von Freyberg zum Protestantismus ab 1558. Im Verlauf der Auseinandersetzung verlieren die Löwensteiner mehr und mehr an Einfluss, und das Recht zur Besetzung der Pfarrstelle, die Kollatur, geht schließlich an Württemberg über.

Auch die Verhältnis der Ortsherren untereinander ist nicht frei von Konflikten: 1545 nimmt Ludwig von Freyberg sechs jüdische Familien, die aus Württemberg vertrieben worden sind, in Beihingen auf. Württemberg unter Herzog Ulrich verfolgt eine judenfeindliche Politik, während viele Reichsritter die Vertriebenen gerne als Schutzjuden bei sich aufnehmen. Hans von Stammheim-Geisingen, der Ortsherr über den kleineren Ortsteil, möchte dies als treuer württembergischer Lehnsmann nicht akzeptieren.

Epitaph für Hans Georg von Hallweil, † 1593, und seine Frau Maria Magdalena von Freyberg, in der Beihinger Amanduskirche

Nach Ludwig von Freybergs Tod 1569 wird das Erbe am größeren Teil Beihingens unter seinen drei Schwiegersöhnen Hans Georg von Hallweil, Johannes Wolf von Stammheim und Friedrich von Breitenbach aufgeteilt. Friedrich von Breitenbach erbaut 1573 gegenüber dem alten Schloss das neue Schloss. Hans Georg von Hallweil ist auch Obervogt von Backnang und Marbach.

Gemeinsam beantragen die drei Ortsherren beim Kaiser ein eigenes Hochgericht für Beihingen. Der Kaiser fragt beim Herzog von Württemberg nach, ob dies für Württemberg nachteilig sei. Letzterer lehnte den Antrag ab.

Als Hans Wolf von Stammheim und Friedrich von Breitenbach 1588 ohne männliche Nachkommen sterben, fallen ihre Erbteile, zum Teil über Zwischenstationen, an die Familie Hallweil.

Die Pestepidemie 1596 und 1597 wütet auch in Beihingen und gibt Anlass zur Anlage eines Totenbuchs. An dessen Anfang stehen nur Pestopfer. Für 1597 verzeichnet das Totenbuch weitere 72 Pestopfer. Im Juli 1599 kommt es zu einer weiteren Seuche: An der Roten Ruhr sterben 13 Personen. Im Jahr 1607 fordert die Pest weitere 38 Todesopfer.

1614 wird in Beihingen ein Rathaus erbaut, Vorgängerbau des heutigen alten Beihinger Rathauses. Der Renaissanceeingang ist heute noch erhalten.

Entwicklung in Geisingen und Heutingsheim

Mit dem Tode Hans Wolf von Stammheims 1588 tritt eine weitere Familie in die Ortsgeschichte ein. Johann Sebastian Schertlin von Burtenbach, Sohn des schwäbischen Kreishauptmanns Sebastian Schertlin von Burtenbach, erbt den Stammheimischen Besitz in Geisingen und Heutingsheim und im kleineren Teil Beihingens. 1592 bewilligt der Herzog von Württemberg dem neuen Ortsherren ein eigenes Hochgericht für Geisingen.

1592 wird zum ersten Mal das Rathaus in Heutingsheim urkundlich erwähnt. Ende des 16. Jahrhunderts dehnt sich das Heutingsheimer Gebiet bis hin zum heutigen Schloss und See Monrepos aus.

Im Dreißigjährigen Krieg

Epitaph für Johann Heinrich Schertlin von Burtenbach († 1635) in der Geisinger Nikolauskirche

Württemberg ist zunächst keine kriegführende Partei, deshalb macht sich der Dreißigjährige Krieg in seinen Anfangsjahren nur mittelbar, durch Münzverschlechterung, Teuerung und durch Berichte von Flüchtlingen bemerkbar. Die kleine Münzeinheit, der Kreuzer, ist eine gängige Einheit bei kleinen Alltagsgeschäften. Dessen Wert verschlechtert sich von 1/120 Reichstaler im Jahr 1619 auf 1/600 Reichstaler im Jahr 1622. Einzelne Flüchtlinge, die von Kriegsgräueln berichten, tauchen ab 1622, nach der Schlacht bei Wimpfen, am Ort auf.

Unmittelbar am Ort sind innere Probleme zunächst wichtiger:

  • 1618 wird die Besetzung der Pfarrstelle in Beihingen erneut zum Anlass einer Machtprobe. Bei den ersten beiden Kandidaten, die der Ortsherr Ludwig von Hallweil vorschlägt, verweigert das Stuttgarter Konsistorium die Zustimmung und schickt seinerseits einen Kandidaten zur Probepredigt, den wiederum die Ortsherrschaft ablehnt. Erst beim vierten Kandidaten einigt man sich.
  • 1626 sterben an der Pest in Beihingen 205 Menschen, ein Drittel der Einwohner.

Ab 1628 macht sich der Krieg direkt durch finanzielle Lasten und durch durchziehende Truppen bemerkbar. Beihingen muss 1.220 Gulden an Kriegs- und Quartierlasten zahlen. In Heutingsheim entstehen Quartierkosten von 526 Gulden.

1631 tritt Württemberg offiziell in den Krieg ein. Kaiserliche Soldaten lagern zwischen Beihingen und Heutingsheim und quartieren sich zweimal in Beihingen ein. Die Soldaten müssen mit Nahrung und Wein versorgt werden, darüber hinaus rauben sie wertvolle Zugpferde. Eine dritte Einquartierung kann durch Bestechung von Offizieren abgewendet werden.

Nach dem Sieg der kaiserlichen Truppen in der Schlacht bei Nördlingen besetzen die kaiserlichen Truppen die Gegend und drangsalieren die örtliche Bevölkerung. Fast die gesamte Beihinger Bevölkerung flieht nach Marbach. In der Zeit von September 1634 bis August 1635 sterben 69 Beihinger, davon 21 auf der Flucht nach Marbach.[4] In Geisingen quartieren sich einige 100 kaiserliche Soldaten ein. Heutingsheim wird im Dezember 1634 geplündert.

Unter den Toten des Jahres 1635 befindet sich der Beihinger Pfarrer. Die Pfarrstelle bleibt bis 1640 unbesetzt und wird von Marbach aus verwaltet. Ein Teil der Flüchtlinge kehrt 1635 wieder nach Beihingen zurück, doch Anfang 1636 sterben weitere 30 Personen in Beihingen, zum Teil durch Hunger.

1643 ziehen mit Württemberg verbündete schwedische und französische Truppen in der Gegend ein. Für die Bevölkerung macht dies kaum einen Unterschied: Auch von den „Verbündeten“ drohen Raub und Plünderung. Erneut flieht die Bevölkerung nach Marbach. 1645 halten sich erneut französische Truppen und bayerische Truppen am Ort auf. Ein bayerisches Hauptquartier befindet sich 1645 in Marbach. Bei Beihingen überqueren die Franzosen unter Marschall Turenne den Neckar.

Die Zeit von 1648 bis 1700

Erholung nach dem Kriege

Im Westfälischen Frieden von 1648 wird Württemberg in seinen alten Grenzen wiederhergestellt. Die Bevölkerung ist jedoch von 450.000 auf 166.000 geschrumpft. Verglichen mit anderen Orten ist Beihingen glimpflich davon gekommen: Kirche, Schlösser und die wichtigsten Gebäude der Gemeinde sind intakt. Auch Geisingen und Heutingsheim stehen noch, im Gegensatz zu einigen anderen Orten rund um den Hohenasperg, die bis auf die Grundmauern verwüstet sind.[5]

So kommt es bald nach Kriegsende zur wirtschaftlichen Erholung und zu einer Wiederbelebung des Gemeindelebens. Auch im übrigen Württemberg geht es nach einiger Zeit wieder bergauf: Zwar liegen 1652 in Württemberg noch 40.200 Morgen (rund 120 km²) Weinberge und 1/3 des Nutzlandes brach. 1654 wird jedoch eine reiche Ernte „wie seit Menschengedenken nicht“[6] eingefahren. Bereits 1649 wird in Württemberg die Volksschulpflicht eingeführt; Beihingen richtet eine Sommerschule ein und gibt sich eine Schulordnung. Bis 1653 ist der Ortsherr Friedrich Georg von Hallweil zurückgekehrt, zur gleichen Zeit haben sich zwei Gastwirte in Beihingen niedergelassen.

Beihingen und Friedrich Georg der Zänker

Die beiden Ortsherren Friedrich Georg von Hallweil und Wolf Ludwig Schertlin von Burtenbach geraten jedoch rasch über fast alle Aspekte des örtlichen Lebens in Streit, sei es die Pfarrei, die Mühle, das Wirtshaus, die Brauerei, das Krebswasser, die Schäferei, die Rechtsprechung. Auch auf eine Besetzung der Schulmeisterstelle können sich die Dorfherren nicht einigen. Die Bürgerschaft bestellt 1654 schließlich einen Schulmeister. Obwohl er von den Bürgern akzeptiert ist, vertreibt ihn Friedrich Georg von Hallweil unter Androhung des Turms 1657 aus dem Dorf.

Innenhof des alten Schlosses von Beihingen

Friedrich Georg von Hallweils streitsüchtige Art bringt ihm schließlich den Beinamen der Zänker ein. Die Schertlin zu Burtenbach hingegen haben sich durch Hilfen und Patenschaften vor und nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges bei den Untertanen beliebt gemacht. So wächst die Einwohnerzahl des schertlinischen Ortsteils beständig an, während viele hallweilsche Untertanen alles daran setzen, in ein schertlinisches Haus umzuziehen. 1656 beschweren sie sich beim Ritterkanton Kocher, dass Friedrich Georg durch sein „unfriedliches Wesen“ die Einwohner vertreibe. Zehn hallweilsche Häuser stünden leer, während der andere Ortsteil überfüllt sei. Um die Lücken aufzufüllen, lädt Friedrich Georg im gleichen Jahr Einwanderer aus der Schweiz zur Ansiedlung ein.

Der Streit um die Schulmeisterstelle setzt sich auch 1657 und 1658 fort, weil Hallweil den von Schertlin und der Bürgerschaft bevorzugten neuen Kandidaten abermals nicht akzeptieren mag. 1658 wird schließlich ein Vergleich geschlossen, der den Hallweils das Vorrecht einräumt, die Schulmeisterstelle zu besetzen, aber festlegt, dass der Schulmeister zuvor dem Schertlin zu „präsentieren“ sei. Abermaligen Streit um die Schulmeisterschaft gibt es 1662 bis 1664 und 1668–1669. 1669 setzt der Herzog per Verordnung einen Schulmeister ein, nachdem die Stelle monatelang unbesetzt geblieben ist.

Mit allen drei Pfarrern der Amanduskirche zwischen 1655 und 1661 kommt es zu Streitigkeiten, die das kirchliche Leben im Dorf fast völlig zerrütten. Am 3. Mai 1657 münden diese sogar in einer Schlägerei auf dem Kirchhof, angezettelt von Frau von Hallweil und ihrem Reitknecht auf der einen und dem Pfarrer und seiner Frau auf der anderen Seite. Diese weitet sich zur Massenschlägerei aus, als dem Pfarrerehepaar Teile der Bevölkerung aus dem schertlinischen Ortsteil und der Adligen Bedienstete aus dem Schloss zu Hilfe eilen. Nach diesem Zwischenfall muss der Pfarrer nach Stuttgart fliehen. 1661 steht abermals die Besetzung der Pfarrstelle an. Versehen mit einem Ernennungsschreiben aus Stuttgart, das an beide Ortsherren gerichtet ist, kommt der nächste Pfarrer nach Beihingen. Hallweil schickt ihn weg, weil ihm allein die Besetzung der Pfarrstelle zustehe. Als der Herzog droht, Hallweil zu „arrestieren“, gibt dieser nach. Der neue Pfarrer wird eingesetzt und bleibt bis 1693 im Amt.

Das dörfliche Leben normalisiert sich erst wieder, als der Zänker 1671 stirbt. Er wird ohne Grabmal im Chor der Amanduskirche beigesetzt.

1680 wird der Nordtrakt des alten Beihinger Schlosses renoviert und wahrscheinlich auch erweitert. Die Jahreszahl findet sich über der Eingangstür zum Nordtrakt.

Der Schlossausbau in Geisingen

Das Geisinger Schlössle

1671 lässt Wolf Schertlin von Burtenbach das Geisinger Wasserschloss um einen Neubau, das Schlössle, erweitern. In Geisingen steht nun eine großzügige, ummauerte Anlage mit Innenhof, zwei Wohngebäuden, Torhaus, Turm, Wassergraben, Backhaus und Kelter.

Der pfälzische Erbfolgekrieg

Zum Ende des 17. Jahrhunderts müssen die drei Orte Geisingen, Heutingsheim und Beihingen erneut unter einem Krieg leiden, dem pfälzischen Erbfolgekrieg. Im Dezember 1688 marschieren französische Truppen in Stuttgart ein. Den gesamten Neckar entlang, bis Beihingen hinauf, konfiszieren die Franzosen die Fährschiffe. In den Jahren 1689 und 1690 müssen bayerische und kursächsische Truppen von den Gemeinden in der Gegend verköstigt werden.

Während des Krieges, 1691–1692, tritt eine weitere Adelsfamilie in die Geschicke Beihingens ein: Die Familie Hallweil verkauft 1/8 ihres Ortsteils an die Familie von Gemmingen.

Das schlimmste Kriegsjahr wird das Jahr 1693. Im August fällt die Festung Hohenasperg gegen die französischen Truppen unter General Mélac. Die 70.000 Mann starke französische Armee setzt anschließend bei Beihingen über den Neckar. Die gesamte Neckarebene um Pleidelsheim sowie Murr- und Bottwartal bis Großbottwar sind von lagernden französischen Truppen besetzt. Die ansässige Bevölkerung flieht, und in den Dörfern wird vandalisiert und geplündert.

In Beihingen werden die drei Kirchenglocken sowie das Rathausglöcklein geraubt, rund 230 Scheffel[7] Getreide verbrennen. Das gesamte Kirchengestühl und die Kanzel der Amanduskirche werden verbrannt, die kultischen Geräte für Taufe und Abendmahl geraubt, und die Kirchenregister vernichtet.

Beim anschließenden Gegenangriff durch badische Truppen und Rückzug der Franzosen befindet sich deren Hauptquartier im verlassenen Heutingsheim. Auch Heutingsheim wird ausgeplündert, und die Kirchen- und Gemeindebücher werden vernichtet. Die Kirche in Geisingen brennt sogar vollständig ab.

Im Lager bei Heutingsheim wird schließlich ein Loskauf zwischen Württemberg und Frankreich vereinbart: Gegen eine Zahlung von 400.000 Reichstalern ziehen die Franzosen aus Württemberg ab.

Im September 1693 kehrt die Bevölkerung in ihre Dörfer zurück. Im hallweilschen Teil Beihingen sind dies nur 15 der zuvor 26 Haushalte. 10 Häuser in Beihingen bleiben leer, da deren Bewohner verhungert sind. In Geisingen gibt es noch 17 Haushalte. Auch 1694 herrscht Hungersnot, da zuvor aus Mangel an Zugvieh nicht genug Getreide, vor allem Wintergetreide, angebaut werden kann. Beihingen nimmt 1694 ein Darlehen von 200 Gulden beim Ritterkanton Kocher auf, kann jedoch die Zinsen nicht bezahlen.

Besitzwechsel in Heutingsheim

Das Schloss in Heutingsheim

In Geisingen ist der Ortsherr, Philipp Conrad Schertlin von Burtenbach, 1695 mit mehr als 20.000 Gulden Schulden belastet. Er verkauft deshalb Dorf und Schloss Heutingsheim an den württembergischen Oberstallmeister Levin von Kniestedt. Der neue Ortsherr lässt 1696 den Blauhof des Klosters Bebenhausen in Heutingsheim durch ein Schloss ersetzen.

Erholung in Beihingen

1698 hat sich das wirtschaftliche Leben so weit erholt, dass die Bürger die Wiederherstellung ihrer Kirche in Angriff nehmen können. Eine neue Glocke und eine neue Altarbibel werden gekauft. 1699 bekommt die Amanduskirche sogar ihre erste, der Stadt Besigheim abgekaufte, Orgel.

Das 18. Jahrhundert

Generelle Entwicklung

Epitaph aus dem 18. Jahrhundert in der Nikolauskirche

Das angehende 18. Jahrhundert ist geprägt vom Aufstreben des Handwerks, vom Ausbau der Landwirtschaft und von wachsendem Wohlstand. Eine gewisse Ausnahme machen die sprichwörtlich armen Geisinger Bürger unter ihrem überschuldeten Ortsherrn. Die Bevölkerungszahl wächst stark an. Auch die Leibeigenschaft wird im 18. Jahrhundert Schritt für Schritt abgebaut, jedoch erst 1817 in Württemberg restlos abgeschafft.

Im Siebenjährigen Krieg 1756–1763 steht Württemberg auf der Seite Frankreichs gegen Preußen und muss Truppen stellen. Von den Zwangsaushebungen sind wohl auch Beihingen, Geisingen und Heutingsheim betroffen. 2/3 dieser zwangsweise rekrutierten Männer desertieren.

Etwa ab 1775 wird in der Gegend in größerem Umfang die Kartoffel angebaut. Zu Lasten der Schafweide breitet sich der Feldbau, insbesondere der Kleeanbau, weiter aus.

Die französische Revolution von 1789 findet in Württemberg auf Grund des relativen Wohlstandes und der politischen Beteiligung der Bevölkerung unter dem populären Herzog Carl Eugen nur schwachen Widerhall bei der Bevölkerung.

1793 beteiligt sich Württemberg am ersten Koalitionskrieg gegen Frankreich. Vom Einfall französischer Truppen 1796 bei Cannstatt unter General Moreau ist die gesamte Region betroffen. 1800, im zweiten Koalitionskrieg, dringen erneut französische Truppen in Württemberg ein.

Beihingen

1710 stirbt Ludwig Friedrich, der letzte des Beihinger Familienzweiges der Hallweil. Schon zuvor hat die Familie von Gemmingen nach und nach 1/4 des hallweilschen Besitzes in Beihingen erworben. Nun erwerben sie die übrigen 3/4 aus dem Erbe. Bis 1809 sollten nun 3/5 des Ortes gemmingenscher Besitz sein.

1713 wird im Beihinger Rathaus der spätere Pfarrer und Erzieher Johann Friedrich Flattich geboren.

1727 werden erstmals Auswanderungen aus Beihingen erwähnt. Zwei Familien und eine männliche Einzelperson ziehen nach Amerika. Weitere Auswanderungen sind für 1743 überliefert. 1744 kommt es zu einer Auswanderungswelle Beihinger Familien nach Pennsylvanien, vermutlich nicht aus wirtschaftlicher Not, sondern aus pietistischer Gesinnung. Insgesamt sind die Auswanderungen nach Amerika nur lückenhaft dokumentiert.

1750 wird erstmals eine Feuerspritze in Beihingen genannt.

Orgel der Amanduskirche

Um 1750 setzt sich in der Gegend das Rokoko durch. 1752 erhält die Amanduskirche eine große Erneuerung in diesem Stil. Dach, Fenster, Mauerwerk und Gestühl werden saniert. Die Decke wird mit Ornamenten bemalt und erhält vergoldete Zierknäufe. An den Emporen entstehen die künstlerisch wertvollen Ausmalungen des Prager Malers Hans Stiegler.

1764 bis 1766 erhält die Amanduskirche eine neue Orgel, erbaut von Orgelbaumeister Johannes Weinmar aus Bondorf. Der Orgelprospekt ist bis heute erhalten geblieben.

Zwischen 1765 und 1778 ist bei Beihingen eine Schiffbrücke über den Neckar in Betrieb. Beim Hochwasser 1769 wird sie weggerissen. Die Teile werden in Heilbronn (sic) wieder geborgen und die Brücke wiederhergestellt. Bei einem Hochwasser 1778 wird sie schließlich irreparabel zerstört. Sie wird durch eine Fähre ersetzt, die bis 1875 in Betrieb bleibt.

1796 fallen versprengte französische Soldaten in der Gegend ein. Überwiegend aus Kriegsfreiwilligen bestehende Trupps erpressen Geld von der Gemeinde, plündern den Weinkeller der Pfarrei, rauben Kleidungsstücke und Schuhe und erschießen Federvieh. Mit Hilfe französischer Feldwächter und einheimischer Freiwilliger können die Marodeure vertrieben werden.

Die Einwohnerzahl von Beihingen beträgt im Jahr 1800 716 Personen.

Geisingen, Heutingsheim, und die schertlinischen Besitztümer in Beihingen

Die Nikolauskirche in Geisingen (Turmhaube von 1900)
Das Rathaus in Heutingsheim

Im Oktober 1701 kann die 1693 abgebrannte und inzwischen wieder aufgebaute Kirche in Geisingen eingeweiht werden.

1723 erbaut Friedrich Ludwig von Kniestedt ein weiteres Schloss in Geisingen, das obere Schloss am Berg direkt unterhalb der Kirche. Die Familie verkauft das Schloss 1786 weiter an den Kaufmann Tobias Bender. Von diesem erwirbt es 1788 das Land Württemberg, das es sofort an die Gemeinde weiterverkauft. Diese wiederum verkauft es an Geisinger Bürger.

1781 wird das Rathaus in Heutingsheim erbaut.

1782 verkauft Karl Christian Adam Schertel von Burtenbach seinen Geisinger Besitz, sowie den ihm gehörenden Teil Beihingens, an Herzog Carl Eugen. Aus dem verkauften Besitz wird ein württembergisches Stabsamt gebildet. Ab 1783 verkauft das Herzogtum einen großen Teil der Besitztümer in Geisingen und Beihingen an Bürger.

1800 leben in Heutingsheim rund 475 Personen.

Das 19. Jahrhundert

Neuordnung in Folge der napoleonischen Herrschaft

Beihinger Schulhaus von 1807 (Kellergeschoss von 1776)

Mit dem Frieden von Lunéville verliert Württemberg seine linksrheinischen Besitzungen. Im Reichsdeputationshauptschluss 1803 wird es durch die Auflösung kleiner Fürstentümer und Territorien dafür entschädigt. Die südwestdeutschen Reichsritter zahlen 1802 ein Bestechungsgeld von 200.000 Francs an Außenminister Talleyrand sowie 100.000 Gulden an Napoléon und seine Minister. Dennoch schließt Napoléon 1805 ein Bündnis mit den süddeutschen Fürsten, mit dem die Reichsritterschaft in Süddeutschland aufgehoben wird.

Gleichzeitig gibt sich Württemberg ein neues Privatrecht nach dem Vorbild des französischen und römischen Rechts und eine neue Verfassung nach dem Vorbild der französischen Ministerialverfassung. Die Kirchengüter werden der Staatskasse einverleibt. Die Landstände verlieren ihr Mitregierungsrecht, und die Gemeinden ihr Besteuerungsrecht. Mit dem Organisationsedikt von 1806 gibt sich Württemberg eine neue Verwaltungsgliederung in Oberämter.

Beihingen wird bereits 1805 württembergisch, Geisingen und Heutingsheim folgen 1806. Die drei Orte werden zuerst dem Oberamt Marbach zugeschlagen, kommen jedoch später zum Oberamt Ludwigsburg.[8].

1809 erlöschen auch die reichsritterschaftlichen Gerichtsbarkeitsrechte in Beihingen und Heutingsheim.[9]

Die Wirtschaftskrise von 1812–1817

Die Jahre 1812 bis 1815 bringen eine Periode wirtschaftlicher Not. Vier aufeinander folgende Regensommer führen zu Ernteausfällen. Die männliche Bevölkerung ist durch die napoleonischen Kriege dezimiert: Von 15.800 württembergischen Soldaten kehren nur 300 (sic) aus dem Russlandfeldzug zurück. 1814 erfriert fast die gesamte Weinernte. Eine Teuerungswelle, die daraufhin einsetzt, erreicht ihren Höhepunkt im Jahr 1817.

Verwaltungsreformen von 1818–1822

Mit dem Verwaltungsedikt von 1822 gibt sich Württemberg eine neue Gemeindeverfassung, die eine in Deutschland einzigartige Selbstverwaltung der Gemeinden vorsieht: Die Bürgerschaft wählt den Gemeinderat und den Bürgerausschuss. Der auf Lebenszeit amtierende Schultheiß wird aus drei von der Gemeinde vorgeschlagenen Kandidaten vom Oberamt ernannt.[10]

In Beihingen behalten die Grundherren dennoch einigen Einfluss am Ort: Sie behalten das niedere Strafrecht im Schloss und dem zugehörenden Besitz, und die Befugnis, Kirchen- und Schulvisitationen beizuwohnen. Faktisch ernennen in Beihingen die Grundherren wohl auch den Ortsvorsteher.[11] Auch die Lehrer werden bis ins 20. Jahrhundert hinein von den Grundherren ernannt. Außerdem behalten die Familien von Kniestedt und von Gemmingen das Privileg der Steuerfreiheit. Die Herren von Gemmingen haben auch weiterhin Einkünfte am Zehnten von Bürgern und Pfarrei in Beihingen.

Weitere wirtschaftliche und politische Entwicklung im 19. Jahrhundert

Hütte für Weinberghüter (Wengerterhütte) oberhalb von ehemaligem Weinberg bei Beihingen

Die beginnende Industrialisierung macht sich am Ort zunächst kaum bemerkbar: Beihingen, Geisingen und Heutingsheim behalten ihren Charakter als landwirtschaftlich geprägte Dörfer. Die Gesamtbevölkerungszahl der drei Dörfer wächst von 1828 bis 1863 nur unwesentlich von 1941 auf 2003 Einwohner.

Die Wirtschaftskrisen von 1830 und 1846–1855 sowie die damit verbundenen Auswanderungswellen tragen möglicherweise zu dieser Stagnation bei.

In politischer Hinsicht kommt es, trotz der gescheiterten Paulskirchenverfassung von 1848, zu weiterer Liberalisierung. 1836 werden die Frondienste in Württemberg gegen Zahlung eines Ablösegeldes abgeschafft. Über dessen Höhe kommt es in Beihingen zu Auseinandersetzungen, die sich noch bis über das Jahr 1839 fortsetzen. 1850 werden auch Lehen und Zehnte abgeschafft. Bis 1854 sind alle Zehnten in unseren drei Dörfern durch einmalige Ausgleichszahlungen abgelöst.

Am deutsch-französischen Krieg 1870–1871 nehmen 16 Männer aus Beihingen teil, von denen einer ums Leben kommt.

1871 wird erstmals ein Beihinger Fabrikarbeiter schriftlich erwähnt, der in Ludwigsburg verunglückte Thomas Walter. Auch in der Landwirtschaft macht sich die beginnende Mechanisierung bemerkbar: In den 1870er Jahren kommen die ersten Futterschneide- und Dreschmaschinen auf. 1871 wird in Württemberg das metrische System eingeführt.

Altes Bahnhofsgebäude von 1881

1875 erhält Beihingen eine Bahnstation, auf dem Höhenrücken 1½ km oberhalb des Ortskerns. 1879 wird die Bahnstrecke Backnang–Bietigheim eröffnet und Beihingen an diese angeschlossen, ab 1881 gibt es von Beihingen aus einen Zweig nach Ludwigsburg.

Ab 1889 wächst im Pfarrhaus ins Heutingsheim der spätere Archäologe und Landeskonservator Oscar Paret auf.

1890 nimmt in Beihingen der Lehrer Wilhelm Mezger, der letzte von den Grundherren ernannte Lehrer, seinen Dienst auf. Er bleibt bis 1929 im Dienst. 1892 werden bürgerliche und kirchliche Gemeinde getrennt. Das kirchliche Vermögen wird aus dem Gemeindevermögen herausgezogen.

Zwischen 1881 und 1895 kommt es zu einer weiteren Auswanderungswelle nach den USA. Diese wird auch gefördert durch eine landwirtschaftliche Krise Anfang der 1890er Jahre. 1893 kommen in Beihingen in Folge eines dürren Sommers 420 Rinder um; 1894 ist ein großer Teil der Weinernte wegen schlechter Qualität unverkäuflich.

Die Einwohnerzahl Beihingens, Geisingens und Heutingsheims beträgt 1900 insgesamt 2.298 Personen.

Das 20. Jahrhundert

Die Jahre bis zum Ersten Weltkrieg

In der Wirtschaftsstruktur der drei Orte beginnt bereits vor 1900 ein grundlegender Umbruch: der Übergang von Landwirtschaft zur industriellen Beschäftigung. Um 1900 ist bereits rund die Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung bei den Fabriken in Ludwigsburg, Kornwestheim, Bietigheim und Stuttgart beschäftigt, wo die Löhne deutlich attraktiver sind als in der Landwirtschaft. Die gute Bahnanbindung begünstigt diesen Wandel. Allerdings geben viele der Fabrikarbeiter der ersten und zweiten Generation ihre Bindung an den Boden nicht ganz auf: Viele bewirtschaften zu Hause noch ihr Stückle, ziehen dort Gemüse und Kartoffeln, mästen Geflügel oder ein Schwein.

Zu Beginn des 20. Jahrhundert bekommt Beihingen eine Dorfwasserleitung. In der unterhalb des Bahnhofs gelegenen Klinge wird ein Wasserhochbehälter mit 230 m³ Fassungsvermögen eingerichtet. 1902 gibt es in Heutingsheim im Gasthaus Sonne den ersten Telefonanschluss. Im gleichen Jahr zeigt sich mit dem ersten Fischsterben im Neckar eine der Kehrseiten der Industrialisierung.

Um 1900 wird in Geisingen der Weinbau aufgegeben. Ein anderes Wirtschaftsgut gewinnt an Bedeutung, nämlich der Kiesabbau im Neckar. 1905 wird eine Seilbahn eingerichtet, die den ausgebaggerten Neckarkies zum Beihinger Bahnhof hinauf transportiert. Diese Seilbahn hat bis 1922 Bestand, der Kiesabbau wird jedoch fortgesetzt, bis in den 1960er Jahren die Kies- und Sandmassen unterhalb der Brücke völlig ausgebaggert und erschöpft sind. In der Landwirtschaft gewinnt ab etwa 1910 der Tabakanbau wirtschaftliche Bedeutung. Er wird bis in die 1960er Jahre in wirtschaftlich bedeutendem Umfang fortgesetzt.

1906 wird mit einem neuen Gemeinderecht die lebenslängliche Amtszeit der Schultheißen aufgehoben.

Stauwehr bei Beihingen

Das Jahr 1910 verzeichnet eine rege Bautätigkeit in Heutingsheim. 1911–1914 entsteht, 200–500 m rechts des Flusslaufs, der Kanal für das Kraftwerk Alt-Württemberg. Der ursprüngliche Flussarm zwischen Beihingen und Ingersheim führt ab nun nur noch das Wasser, das für den Kanal nicht gebraucht wird. Im Sommer fällt das alte Flussbett sogar häufig trocken. Am Anfang des 5 km langen Kanals in Beihingen entsteht ein Stauwehr, an dessen Ende bei Pleidelsheim ein weiteres Stauwehr und das Kraftwerk. 1915 wird das Kraftwerk in Betrieb genommen.

Der erste Weltkrieg

Das benachbarte Ludwigsburg ist eine starke Garnisonsstadt. Auch das umliegende Gebiet wird für die Mobilmachung genutzt. Anfang August 1914 ist Geisingen komplett mit Artillerietruppen belegt, die anschließend nach Frankreich verlegt werden.

Ab 1915 macht sich der Krieg mit ersten Rationierungen bemerkbar. Brot- und Fleischkarten werden eingeführt. In Geisingen steigt die Arbeitslosigkeit. Zur Beschäftigung der Arbeitslosen lässt die Gemeinde Rohrlegearbeiten ausführen.

Ab 1916 werden in die Dörfer von hamsternden Städtern aufgesucht. Ab Mai 1917 werden allgemeine Lebensmittelkarten eingeführt und die Lebensmittel straff rationiert. Zwei Glocken der Amanduskirche und die Beihinger Rathausglocke werden fotografisch registriert und anschließend eingeschmolzen.

Am Ende des Krieges hat Beihingen von 235 Männern, die in den Krieg zogen, 44 als Gefallene zu beklagen.[12]

Die Weimarer Republik

Das nun spürbare Bevölkerungswachstum führt zu Wohnungsnot. In Beihingen werden zu deren Linderung im alten Schloss und im alten Schulhaus 1920 insgesamt 10 Notwohnungen gebaut. Heutingsheim wächst, begünstigt durch Grundstücksverkäufe der Ortsadligen, in Richtung Bahnhof. 1921 wird in Geisingen die Zwangswirtschaft für Wohnraum eingeführt.

In der Bevölkerung bildet sich ein verändertes politisches Bewusstsein heraus: Während der Unruhen von 1919 gibt es in Heutingsheim kurzzeitig einen Arbeiter- und Bauernrat. In den 1920er Jahren gewinnen die SPD und auch die KPD starken Rückhalt in der örtlichen Arbeiterbevölkerung.[13]

Die Wirtschaftskrise in den Jahren ab 1929 versuchen die Gemeinden durch Notstandsarbeiten zu lindern. In Heutingsheim wird im Zuge dieser Arbeiten der Gründelbach reguliert. Ende 1930 zählt Beihingen 51 Arbeitslose. Die Gemeinde gewährt Winterbeihilfen und Weihnachtszuwendungen. Geisingen hat in den Jahren 1931–1932 über 70 Arbeitslose, von denen etwa die Hälfte in Notstandsarbeiten beschäftigt werden können.

Die NS-Herrschaft

Mit den Gleichschaltungsgesetzen wird die 1906 reformierte Gemeindeordnung erneut geändert. Die Amtsdauer der Bürgermeister ist wieder auf Lebenszeit. Die Gemeinderäte werden aufgelöst und durch neue, auf 6 Jahre „berufene“ Gemeinderäte ersetzt. In allen drei Gemeinden werden Straßen und Plätze in Adolf-Hitler-Platz, Adolf-Hitler-Straße, Horst-Wessel-Platz und Hermann-Göring-Straße umbenannt.

Der Übergang zu den neuen Machtverhältnissen geschieht weitgehend reibungslos. „Aus den lokalen Presseberichten des Jahres 1933 gewinnt man den Eindruck, dass Kirche, Partei und Gemeindeverwaltung einander respektierten und gemeinsam den Anforderungen der ‚neuen Zeit’ gerecht zu werden versuchten“.[14]

Es gibt jedoch auch Opposition. Der Geisinger Gemeinderat lehnt im Februar 1933 einen Antrag der NSDAP ab, einen Gemeindesaal kostenlos nutzen zu dürfen. Im September 1935 kommt es in einer Geisinger Wirtschaft zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen SA-Leuten und Gegnern der NSDAP.

Die hartnäckigsten Auseinandersetzungen spielen sich zwischen den Kirchengemeinden und dem Staat ab. Bei den kirchlichen Gemeinderatswahlen im Juli 1933 können die Deutschen Christen in Beihingen, Geisingen und Heutingsheim nicht Fuß fassen. Die Kirchengemeinden wählen im Wesentlichen ihre alten Gemeinderäte wieder. Im württembergischen Kirchenkampf 1934 ergreift der Heutingsheimer Pfarrer Friedrich Medinger, wie viele andere württembergische Pfarrer, Partei für seinen Landesbischof Theophil Wurm. Dafür handelt er sich eine Anzeige des Bürgermeisters und eine polizeiliche Vernehmung ein. Da der nationalsozialistische Staat in diesem Streit schließlich zurücksteckt, geschieht Medinger kein unmittelbares Leid. Er wird jedoch überwacht und 1939 frühpensioniert.

1938 beginnt der Bau der Reichsautobahn Strecke 81, der heutigen A81. Sie überquert zwischen Beihingen und Geisingen den Neckar und trennt Geisingen von Beihingen und Heutingsheim.

Der Zweiten Weltkrieg beginnt im August 1939 wieder mit der Einquartierung von Truppen. In Geisingen sind 2000 Mann stationiert. Außerdem erwähnen die Ortschroniken Luftschutz- und Verdunklungsübungen.

Ab 1940 werden polnische Zwangsarbeiter in Geisingen eingesetzt. 1942 werden Wolle, Pelze und Skier für die Wehrmacht bei der Bevölkerung gesammelt. Die 1925 wiederbeschafften Glocken der Amanduskirche und die Rathausglocke in Beihingen müssen wieder für den Krieg herhalten.

1943 werden französische Kriegsgefangene im Schloss in Beihingen einquartiert. Die Bevölkerung bereitet sich auf den Luftkrieg vor: Unter den Schlössern der drei Gemeinden, den Rathäusern dem Heutingsheimer Pfarrhaus und unter Privathäusern werden, teils als öffentliche Leistung und teils in Eigenleistung der Bevölkerung, Luftschutzräume gebaut.

1944 wird dieser Luftkrieg zur Tatsache. Die Jagdbomber haben es vor allem auf die Bahnanlagen und auf durchfahrende Züge abgesehen. In Heutingsheim werden Kindergarten, Mühle und Turnhalle von Bomben getroffen. Einige Flugzeuge werden abgeschossen. Die Besatzungen werden in Heutingsheim, Geisingen und Pleidelsheim bestattet.

Im Winter 1944–1945 herrscht ständig Luftalarm. Wegen Kohlemangels kann kein Schulunterricht mehr stattfinden. Im April 1945 erreichen französische Truppen die Enz. Der Ortsgruppenleiter der NSDAP lässt Volkssturmeinheiten aufstellen. Sowohl in Geisingen als auch in Beihingen werden Artilleriestellungen angelegt. Durch Artilleriebeschuss und Bombeneinschläge entstehen Gebäude- und Flurschäden. Am 20. April sprengen die deutschen Truppen alle Eisenbahn- und Straßenbrücken, insbesondere die über den Neckar. Am 21. April ziehen sie ab.

Die Übergabe an die französischen Truppen erfolgt kampflos und ohne Übergriffe von deren Seite. Es kommt jedoch zu Plünderungen durch befreite Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter.

Wachstum zur Stadt

Bereits im Mai 1945 räumen die französischen Besatzungstruppen wieder das Gebiet, das nun zur amerikanischen Besatzungszone gehört. Die nationalsozialistischen Gemeinderäte werden abgesetzt. An deren Stelle treten freiwillige Aktionsausschüsse, die in Kooperation mit der Besatzungsmacht den Wiederaufbau und die demokratische Neuordnung in Angriff nehmen. Die Straßen-Umbenennungen von 1933 werden rückgängig gemacht.

Bei der Volkszählung Ende 1946 zählt Beihingen 1557 Einwohner, Geisingen 987 und Heutingsheim 1439. Ein beträchtlicher Teil dieser Bevölkerung sind Heimatvertriebene. Im Laufe des Jahres 1946 werden den drei Dörfern insgesamt 976 Vertriebene zur Unterbringung zugewiesen.

Wie überall in Deutschland sind auch in unseren drei Dörfern die ersten Nachkriegsjahre geprägt von Mangel an Nahrungsmitteln, Brennstoff und Wohnraum und vom Schwarzmarkt. Verhungern muss jedoch niemand. Beihingen holzt 1947 große Waldflächen ab und enteignet 1948 Grundflächen des Freiherrn Max von Gemmingen zugunsten des öffentlichen Wohnungsbaus.

Trotz dieses Mangels kommt der Wiederaufbau rasch in Schwung. 1947 wird in Beihingen die erste feste Neckarbrücke im Landkreis wiederaufgebaut. In Geisingen beginnt die Kanalisation der Gemeinde.

1948 hat Beihingen noch 55 bäuerliche Haushaltungen. Die Jahre ab 1949 sind geprägt vom wirtschaftlichen Aufschwung in der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland. Die drei Gemeinden wachsen rasant in der Fläche und nach der Einwohnerzahl. Sie verlieren vollends ihren Charakter als landwirtschaftliche Dörfer und werden zu städtischen Siedlungen an der Peripherie eines Ballungsraumes. Die landwirtschaftlichen Flächen zwischen den Orten verschwinden, die drei Orte wachsen nahtlos zusammen und dehnen sich von der ursprünglichen Tallage auf die umliegenden Höhenzüge aus. Mitte der 1960er Jahre überschreitet die Gesamtbevölkerung der drei Orte die 10.000.

Industriegebiet am Neckar oberhalb von Beihingen

1954 beginnt die Erschließung eines ersten Industriegeländes in Heutingsheim. Es bleibt nicht bei dieser einzigen Fläche: An der Peripherie des neu entstandenen Konglomerats, in Beihingen am Ufer des Neckar, in Heutingsheim auf der Anhöhe oberhalb der Bahnlinie und am westlichen Ende von Geisingen, entstehen weitere Industrie- und Gewerbegebiete mit insgesamt 0,85 km² Fläche und mehr als 120 mittelständischen Betrieben. Zusammen mit 300 Kleinbetrieben und Ladengeschäften bieten diese Firmen Anfang der 1980er Jahre rund 2.750 Arbeitsplätze an.

Ab 1954 wird der Kraftwerkskanal am Neckar zum Schifffahrtskanal ausgebaut. 1955 befahren die ersten Motorschiffe die Strecke. 1954 setzt die Gewässergüte-Überwachung des Neckar ein. Die Gewässergüte zwischen Marbach und Pleidelsheim ist zu diesem Zeitpunkt durch industrielle und häusliche Abwässer auf stark verschmutzt bis sehr stark verschmutzt abgesunken. Abgesehen von Schlammröhrenwürmern, Egeln, Mückenlarven und Wasserasseln befindet sich kein mit den Augen wahrnehmbares tierisches Leben mehr im Wasser. Erst Mitte der 1970er Jahre bessert sich, dank intensiver Abwasserreinigung, dieser Zustand, und ab den 1980er Jahren können im Neckar bei Freiberg wieder Fische gefangen werden.

1968 muss der alte Ortskern von Beihingen dem Verkehr weichen. Etwa 14 Gebäude werden abgerissen. Landwirtschaftliche Betriebe finden sich ab den 1960er Jahren fast nur noch außerhalb der drei Orte, in Form von frei stehenden Aussiedlerhöfen, umgeben von großen, flurbereinigten Flächen.

Die Amanduskirche in Beihingen wird in den 1950er Jahren einer groß angelegten Restaurierung unterzogen, bei der vieles von der wertvollen künstlerischen Substanz der alten Kirche wieder zutage gefördert oder in den alten Glanz versetzt wird. Ein anderes Schicksal nimmt die Ende der 1960er ebenfalls renovierungsbedürftige Kirche Simon und Judas in Heutingsheim. Nach einem Brand des Pfarrhauses und des Kirchturms im Oktober 1970 ist das alte Pfarrhaus nicht mehr zu retten und wird neu errichtet, und auch das Langschiff der Kirche wird im modernen Stil neu eingerichtet.

Der moderne Marktplatz; rechts ein Teil des Rathauses

Am 1. Januar 1972 vereinigen sich die drei Gemeinden Beihingen am Neckar, Geisingen am Neckar und Heutingsheim zur Gemeinde Freiberg am Neckar. An der Nahtstelle zwischen den drei Gemeinden entsteht ein modernes Zentrum mit Marktplatz und Rathaus. Im März 1974 zieht die Verwaltung und der Gemeinderat in das neue Rathaus ein. Im November 1975 wird das große Schulzentrum, bestehend aus Hauptschule, Realschule und Gymnasium in einem gemeinsamen Bau, fertig. In den Jahren bis 1982 wird diese Schule weiter ausgebaut und bietet schließlich Platz für 1.850 Schüler. Das Hallenbad wird 1976 eingeweiht. Gleichzeitig und in den Folgejahren entstehen am neuen Marktplatz eine Reihe moderner Gebäude, in denen sich Geschäfte und Arztpraxen einmieten.

Anlieferung von Zuckerrüben am Bahnhof Freiberg zur Verladung, Oktober 1974

Die Bahnstrecke nach Stuttgart wird 1978 und 1979 zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert. Der Bahnhof bekommt einen Parkplatz für Pendler, eine Unterführung und neue Bahnsteige – das alte Bahnhofsgebäude hat in dieser Funktion ausgedient und wird zu einem Wohn- und Gasthaus. 1980 wird Freiberg an der Linie S4 in das Stuttgarter S-Bahn-Netz einbezogen.

Am 1. Januar 1982, die Gemeinde zählt inzwischen 13.500 Einwohner, zeichnet die Landesregierung Freiberg am Neckar mit dem Status einer Stadt aus.

Literatur

  • Otto Majer: Beihingen – Geisingen – Heutingsheim, Geschichte in Zahlen, Eigenverlag Stadt Freiberg am Neckar, 1989
  • Alois Seiler: Steinzeitsiedlungen und römische Höfe, in: Stadt Freiberg am Neckar (Herausgeber): Lebendiges Freiberg am Neckar. Ein Heimatbuch, Eigenverlag Stadt Freiberg am Neckar 1982, S. 10–14
  • Alois Seiler: Gemeinsames Schicksal schon im Mittelalter, ebenda, S. 15–20
  • Alois Seiler: Kirchen und Schlösser als Geschichts-Zeugen, ebenda, S. 59–64
  • Martin Hohnecker: Einst drei Bauerndörfer, jetzt ein Gewerbeplatz, ebenda, S. 99–102.
  • Martin Hohnecker: Silberzüge lösen die Dampflok ab. Kleine Freiberger Eisenbahngeschichte, ebenda, S. 86–87.
  • Friedrich Winter: Amanduskirche Freiberg am Neckar, Verlag Memminger, Freiberg am Neckar 2001, ISBN 3-9807733-0-2
  • Evangelische Kirchengemeinde Heutingsheim (Herausgeber): 1487–1987 Kirche Simon und Judas Heutingsheim, Eigenverlag 1987

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Otto Majer, Beihingen, Geisingen, Heutingsheim, S. 18
  2. ebenda, Bearbeiterhinweis, laut Hans Bahlow:Deutschlands geographische Namenswelt. Etymologisches Lexikon der Fluß- und Ortsnamen alteuropäischer Herkunft., Suhrkamp 1985, ISBN 3-518-37721-3
  3. Am Südschiff der Kirche findet sich eine lateinische Inschrift, die diesen Stiftungsakt festhält. Aus dieser geht allerdings nicht der Umfang der Erweiterungen hervor; die Inschrift stellt lediglich fest, dass Nothaft capellam fieri fecit (eine Kapelle errichten lässt) (Friedrich Winter: Amanduskirche Beihingen, S. 17)
  4. Majer (S. 96) erwähnt für 1635 weitere 95 Pesttote (in Marbach verstorben?), ohne Quellenangabe. Winter erwähnt diese Toten nicht.
  5. Über den Bevölkerungsverlust in Beihingen, Geisingen und Heutingsheim machen die vorliegenden Quellen keine Angaben. Da aber das Gemeindeleben rasch wieder in Schwung kommt und keine Berichte über eine große Zahl leer stehender oder zerstörter Häuser vorliegen, ist zu vermuten, dass die Verlustquote bei weitem nicht so hoch ist wie insgesamt in Württemberg.
  6. Majer, S. 101
  7. das entsprach in Württemberg etwa ebenso vielen Hektolitern
  8. Majer, S. 150, gibt 1808 als Jahreszahl für Beihingen an, macht jedoch für Gesingen und Heutingsheim keine konkreten Angaben
  9. Majer, S. 150; dort keine Angaben über Geisingen
  10. Meyers Konversationslexikon von 1888, Band 16, S. 16.776.
  11. Majer, S. 156, schreibt unter Berufung auf die handschriftliche Ortschronik, dass die Grundherren den 1. Ortsvorsteher ernennen.
  12. Über die Verlustzahlen von Geisingen und Heutingsheim machen die Quellen keine Angaben.
  13. in Geisingen bei der Reichstagswahl 1930: SPD 102 Stimmen, KPD 157, NSDAP 5 (sic), laut Hohnecker, S. 100.
  14. Friedrich Winter, Kirchenkampf in Heutingsheim, in: 1487–1987 Kirche Simon und Judas Heutingsheim, S. 86

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