Geschieden

Geschieden

Die Scheidung ist eine formelle, juristische Auflösung einer Ehe.

Geschieden ist neben ledig, verheiratet und verwitwet einer der vier weltweit üblichen Familienstände, wobei Scheidung nicht in allen Rechtssystemen möglich ist, und die Vorgehensweise sehr unterschiedlich. Daneben gibt es verschiedene Formen der Ungültigkeit der Ehe (Aufhebung, Nichtigkeit, Annullierung) aus formellen Gründen, sowie die Trennung ohne Beendigung des Eheverhältnisses. In erweitertem Sinne bezieht sich der Ausdruck Scheidung rechtlich auch auf gleichgeschlechtliche Ehen oder eingetragene Partnerschaften, nicht aber andere Lebensgemeinschaften.

Inhaltsverzeichnis

Deutsches Recht

siehe auch: Eherecht

Internationale Zuständigkeit

Die internationale Zuständigkeit ist innerhalb der Europäischen Gemeinschaft mit Ausnahme Dänemarks mit der „Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung“[1] (Brüssel IIa Verordnung – auch EuGVVO II oder EheVO-II) einheitlich geregelt worden.

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. a EheVO-II ist das Gericht desjenigen EG-Mitgliedsstaates zuständig, in dem

  1. beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten, wenn ihn einer dort noch hat;
  2. der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder im Falle eines „gemeinsamen Antrags“[2], wo einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
  3. der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens 6 Monaten vor der Klage aufgehalten hat und Staatsangehöriger dieses Staates ist oder in Ermangelung einer Staatsangehörigkeit sich mindestens ein Jahr aufgehalten hat;

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. b EheVO-II sind auch die Gerichte des EG-Mitgliedstaates international zuständig, desses Staatsangehörigkeit beide Ehegatten haben.

Die internationale Zuständigkeit kann unter Umständen für einen Deutschen, dessen Ehegatte ein Ausländer ist, bedeuten, dass für seine Scheidungsklage kein deutsches Gericht international zuständig ist.[3]

Diese internationale Zuständigkeit ist innerhalb der EG ausschließlich. Nur nicht EG-Staaten können ihre Gerichtsbarkeit ebenfalls für berufen erklären. Eine Restzuständigkeit bleibt dem nationalen Recht, wenn der Beklagte weder Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaates ist noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EG-Mitgliedsstaat hat (Art. 6 EheVO-II); deutsche Gerichte sind in diesem Fall nach § 606a ZPO international zuständig. Ist der Kläger Deutscher und der Beklage weder EG-Inländer oder in der EG ansässig, ist die deutsche Gerichtsbarkeit mit der Sache betraut.

An der Scheidung ist die Scheidungsfolgesache Unterhalt geknüpft: Hierzu gibt es bereits seit Inkrafttretens des europäischen Rechts Brüssel I – auch EuGVVO genannt – eine entsprechende Regelung.

Soweit ein deutsches Gericht international zuständig ist, prüft es, ob es deutsches oder bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ausländisches Recht anzuwenden hat.

Anwendbarkeit

siehe auch: Internationales Privatrecht

Deutsche Gerichte und Behörden wenden auf deutsche Staatsbürger stets deutsches Recht an.

Bei Ausländern muss unterschieden werden:

Gehören beide Ehegatten, die sich scheiden lassen wollen, zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit demselben ausländischen Staat an oder gehörten sie diesem zuletzt an, richtet sich die Scheidung nach dem Recht ihres Heimatstaates (Art. 17 Abs. 1 EGBGB).

Ist einer der Ehegatten Deutscher, haben beide ausländischen Ehegatten verschiedene Staatsangehörigkeiten oder sind die Eheleute Asylanten oder Konventionsflüchtlinge[4], so wird das Recht des Ortes angewendet, wo die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten, wenn einer von ihnen ihn dort noch hat. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch eine Inländerprivilegierung vorgesehen: ist einer der Ehegatten Deutscher und ist die Ehe nach dem Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts unscheidbar, wird sie nach deutschem Recht geschieden. Klagt ein Deutscher auf Scheidung der Ehe und ist nach der EheVO-II die deutsche Gerichtsbarkeit unzuständig, kommt dem Deutschen die Inländerpriviligierung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nicht zugute.

Bei der Form der Scheidung ist das deutsche Recht streng. Auch wenn auf die Scheidung der Ehe durch das deutsche Familiengericht ausländisches Recht angewendet wird, kann in Deutschland die Ehe nur durch Gerichtsurteil (z. B. nicht durch Verstoßung oder Aufhebungsvertrag) geschieden werden. Diese Formstrenge steht im Gegensatz zur Toleranz gegenüber ausländischen Formen des Eheschlusses in Deutschland (z. B. vor einem Konsul oder Geistlichen).

Deutsche Vorschriften

Das deutsche Recht sieht die Ehe als lebenslange Institution, deren besonderer Schutz in Art. 6 des Grundgesetzes gefordert wird. Die Ehe kann daher nur durch den Tod, durch Scheidung oder durch Aufhebung beendet werden. Die Scheidung oder die Aufhebung muss im Wege der Gestaltungsklage durch richterliches Urteil erfolgen. Scheidungen werden mehrheitlich von Frauen eingereicht.[5]

Die Scheidung wurde zusammen mit der Zivilehe 1875 im Deutschen Reich eingeführt. Bis zum Inkrafttreten der Reform von 1976 (1. EheRG) galt im Ehescheidungsverfahren das Schuldprinzip. Dieses wurde in einer Reform der entsprechenden Paragraphen durch das sogenannte Zerrüttungsprinzip abgelöst. Im Gesetzestext selber wird dabei vom Scheitern der Ehegemeinschaft gesprochen. Die Reform von 1976 macht Unterhaltsrechte und -pflichten nicht mehr von einer „Schuld“ abhängig, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der geschiedenen Ehepartner, unter Berücksichtigung des Prinzips einer Eigenverantwortung.[6][7]

Tatbestände

Die Voraussetzungen einer Scheidung sind, nachdem sie jahrzehntelang im Ehegesetz „ausgelagert“ waren, inzwischen wieder abschließend in den § 1564 bis § 1568 BGB sowie in den § 622 bis § 629d ZPO und die einvernehmliche Scheidung in § 630 ZPO geregelt. Die Scheidungsfolgen (wie Unterhalt, Sorgerecht, Umgangsrecht und Versorgungsausgleich) werden in den § 1569ff BGB im 2. und 6. Buch der ZPO und im 2. Abschnitt des FGG geregelt. Ein Regierungsentwurf zur Vereinheitlichung des zersplitterten Scheidungsverfahrensrechts in ZPO und FGG, das sog. FamFG liegt zur Prüfung dem Bundesrat vor.

Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Das ist der Fall, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft gemäß § 1353 BGB (mensa et toro) nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (s. § 1567 BGB).

Um den Ehegatten eine genaue Untersuchung des Merkmals Scheitern (Zerrüttung) zu ersparen, gibt das BGB dem entscheidenden Richter zwei Vermutungen an die Hand:

  1. Leben die Ehegatten mehr als ein Jahr getrennt, so wird die Zerrüttung vermutet, sofern diese als „nicht heilbar“ angesehen wird: wollen beide Ehegatten geschieden werden („einverständliche Scheidung“) oder besteht keine Bereitschaft, sich zu versöhnen, ist unwiderlegbar von einer Zerrüttung auszugehen.
  2. Nach drei Jahren Trennung kann die Ehe auch gegen den Willen des anderen Ehegatten geschieden werden. Auch diese Vermutung ist unwiderlegbar.

Ist die Fortsetzung der Ehe einem der Ehegatten eine unzumutbare Härte (§ 1565 Abs. 2 BGB), die in der Person des anderen Ehegatten begründet liegt, kann die Ehe aber vor Vollendung des ersten Trennungsjahrs und ohne Einwilligung beider Ehegatten geschieden werden. Eine solche unzumutbare Härte wird angenommen, wenn Misshandlungen vorliegen oder der Ehegatte beispielsweise eine weitere Person in die Ehe aufnehmen wollte (im Stil einer „Ménage à trois“). Deutsche Gerichte tendierten in der Vergangenheit dazu, den Begriff immer weiter zu fassen und immer neue subjektiv empfundene unzumutbare Härten zu akzeptieren.

Der Beginn des Trennungsjahres kann rechtssicher durch den Wechsel in die Steuerklasse IV im laufenden Jahr bzw. Steuerklasse I im auf die Trennung folgenden Kalenderjahr auf der Steuerkarte dokumentiert werden. Hierzu ist beim Einwohnermeldeamt eine Erklärung zum Familienstand abzugeben.

Härteklausel

Zu beachten ist die Härteklausel nach § 1568 BGB: Da die Scheidung in der Regel eine schwere Härte für minderjährige Kinder darstellt, ist zu prüfen, ob ein Fortbestand der Ehe aus Gründen des Kindeswohls möglich erscheint (§ 1568 Abs. 1 1. Alt. BGB). Zugleich wird aber auch der andere Ehepartner geschützt, wenn dieser wegen Krankheit oder vorgerückten Alters besonderer Schutzwürdigkeit bedarf.

Die praktische Relevanz dieser Vorschrift ist aber eher als gering einzustufen.

Verfahren

Das Verfahren der Scheidung findet vor dem AmtsgerichtFamiliengericht – statt. Anders als bei anderen Verfahren vor dem Amtsgericht besteht in Scheidungsverfahren Anwaltszwang, das heißt, jedenfalls der Antragsteller muss sich von einem Anwalt vertreten lassen.

Im Scheidungsverfahren können auf Antrag in einem sogenannten Scheidungsverbund andere Familiensachen (Regelung der elterlichen Sorge, des Umgangs, des Unterhalts, der Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, der Zuweisung von Ehewohnung und ehelichem Hausrat) für den Fall der Scheidung mit geltend gemacht werden. In der Regel zwingend und ohne Antrag einer Partei ist mit der Scheidung der Versorgungsausgleich zu regeln.

Außergerichtlich können einige Scheidungsfolgen geregelt werden; z. B. kann ehevertraglich auch anlässlich der Scheidung auf Zugewinnausgleich und unter bestimmten Einschränkung auch auf Ehegattenunterhalt verzichtet werden. Solche Vereinbarungen sind notariell zu beurkunden.

Rechtsweg

Während die erstinstanzliche Verhandlung stets vor dem Amtsgericht stattfindet, ist die Berufungsinstanz das Oberlandesgericht. Revisionen erfolgen zum Bundesgerichtshof.

Siehe auch: Scheidungsformel

Seit 2000 bieten einige Rechtsanwaltskanzleien in der Bundesrepublik Deutschland eine sog. „Internetscheidung“ an. Bis heute besteht jedoch die Möglichkeit einer Scheidung über das Internet nicht. Zudem ist zu bedenken, dass zu einem so komplexen Rechtsgebiet wie der Scheidung eine ausführliche Beratung dringend zu empfehlen ist, die im Übrigen keine zusätzlichen Kosten verursacht, da eine sog. „Internetscheidung“ genauso nach dem RVG vergütet wird wie die Präsenzscheidung mit ausführlicher Beratung im Anwaltsbüro. Gleichwohl ist es auf diesem – wenngleich weitgehend anonymisierten – Weg möglich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um das Scheidungsverfahren durch diesen bei einem ordentlichen Gericht betreiben lassen.

Österreichisches Recht

Internationale Zuständigkeit

Österreichische Stellen prüfen die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung nur, wenn sie, insbesondere nach der EheVO-II international zuständig sind.

Anwendbarkeit

Die Vorschriften über die Anwendbarkeit des österreichischen Rechts (Internationales Privatrecht) sind im Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) geregelt.

Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts unterliegt in der Sache ähnlichen Vorschriften (§ 20 in Verbindung mit § 18 IPR-Gesetz) wie die des deutschen. Das österreichische Recht verzichtet aber auf eine Inländerpriviligierung. Statt dessen findet bei bi-nationalen Ehen stets, im Falle eines Österreichers österreichisches Recht, im Falle eines Ausländers dessen Heimatrecht auf die Scheidung Anwendung, wenn nach dem Recht des (letzten) gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts die Ehe nicht geschieden werden kann (§ 20 Abs. 2 IPR-Gesetz).

Österreichische Vorschriften

Die Scheidung der Ehe ist neben der Nichtigerklärung der Ehe und der Aufhebung der Ehe eine der Möglichkeiten, die Ehe zu beenden. Österreich hat das Scheidungsrecht im Ehegesetz (EheG), das bis 1977 weitgehend gleichlautend mit dem dEheG in Deutschland war, geregelt. Zwischenzeitlich kamen einige Änderungen, wie der verschuldensunabhängige Unterhalt (genauer: Unterhalt trotz Verschuldens) hinzu.

Rechtsdogmatisch gesprochen handelt es sich bei der Scheidung um die Kündigung“ des Dauerschuldverhältnisses Ehe, die nur aus besonderen Gründen möglich ist. Wenngleich nicht ausschließlich, so steht dennoch seit der Reform des Eherechts im Jahr 1999 das Zerrüttungsprinzip vor dem Verschuldensprinzip. Scheidungsgründe sind dem Zerrüttungsprinzip folgend grundsätzlich „relativ“; so kann z. B. ein Ehebruch, der die Gemeinschaft der Ehegatten nicht tatsächlich zerrüttet, nicht zur Scheidung führen.

Ehescheidungsgründe:

  • Streitige Scheidung
    • Verschuldensscheidung
    • Scheidung aus anderen Gründen
      • Krankheit
        • wg. auf geistiger Störung beruhenden Verhaltens
        • wg. Geisteskrankheit
        • wg. ansteckender oder ekelerregender Krankheit
      • Auflösung der häuslichen Gemeinschaft
  • Einvernehmliche Scheidung

Verschuldensscheidung

Die Verschuldensscheidung erfordert eine

  • schwere Eheverfehlung bzw. ein ehrloses und unsittliches Verhalten, die/das zu einer
  • Zerrüttung der Ehe führt.

Schwere Eheverfehlung: Das Gesetz selbst nennt demonstrativ Ehebruch, körperliche Gewalt oder schweres seelisches Leid. Weiter zu nennen sind z. B. Trunksucht, ständige Streitereien, schwere Beschimpfungen, Vernachlässigung des Haushalts, Verweigerung der ehelichen Beiwohnung.

Zerrüttung: Die Ehe ist zerrüttet, wenn die körperliche, geistige und seelische Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist, so dass eine Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.

Der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung nicht begehren. Nicht um eine schwere Eheverfehlung handelt es sich bei Reaktionshandlungen (z. B. Ehefrau verweigert Beiwohnung durch gegenwärtig volltrunkenen Mann). Auch Kompensationshandlungen (z. B. Ehefrau verweigert – zur Vergeltung – den Geschlechtsverkehr zwei Tage nachdem Mann volltrunken war) machen den vormalig Unschuldigen nicht zum (überwiegend) Schuldigen.

Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft

Diese Scheidungsvariante erfordert eine

  • Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft seit 3 Jahren (bzw. 6 Jahren) und die
  • Zerrüttung der Ehe.

Häusliche Gemeinschaft: Diese ist beendet, wenn die eheliche Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in ehewidriger Intention beendet wird. Demgemäß reicht bereits eine Trennung von Tisch und Bett (a mensa et toro). Nur gelegentliches eheliches Beiwohnen genügt nicht für das Bestehen der häuslichen Gemeinschaft. Demgegenüber ist eine bloße räumliche Trennung (z. B. aus beruflichen oder sonstigen Gründen) ohne Zerrüttung unbeachtlich.

Nach drei Jahren ist die Scheidung nur möglich, wenn die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann oder die Scheidung den (unschuldigen) Beklagten härter (Härteklausel) treffen würde als den Klagenden die Abweisung des Scheidungsbegehrens. Ein derartiger Härtefall ist nach der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Wohl der Kinder, der Dauer der Aufhebung, dem Alter der Ehegatten etc. zu beurteilen. Nach sechs Jahren kann die Ehe jedenfalls aufgehoben werden.

Insbesondere auch der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung begehren; er muss dafür jedoch damit rechnen, Unterhalt nach § 94 ABGB wie bei aufrechter Ehe (!) leisten zu müssen.

Einvernehmliche Scheidung

Diese Scheidungsform erfordert die

  • Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr, eine
  • schriftlichen Vereinbarung sowie
  • Zerrüttung der Ehe, die (rein formell, es wird nicht nachgeprüft) eingestanden werden muss.

Eheliche Lebensgemeinschaft: Diese umfasst die allgemeinen ehelichen Pflichten des § 90 ABGB (gemeinsames Wohnen, Treue, Beistand etc.); auf eine Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft (siehe oben) im rein räumlichen Sinn kommt es nicht an, folglich ist letzterer auch nicht erforderlich für die einvernehmliche Scheidung.

Die schriftliche Vereinbarung, die zivilrechtlich als Vergleich (Recht) qualifiziert werden kann, muss Einigung enthalten über: hauptsächlichen Aufenthalt der Kinder, Obsorge, Ausübung des Rechts auf persönlichen Verkehr, Unterhalt für die Kinder, Unterhalt der Ehegatten zueinander

Schweizerisches Recht

Internationale Zuständigkeit

Für die Schweiz gilt die EheVO-II der Europäischen Union nicht. Nach Art. 59 Vorlage:Art./Wartung/ch-Suche des schweizerischen Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) sind Schweizer Gerichte international zuständig, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, oder der Kläger, der in der Schweiz wohnhaft ist, Schweizer ist oder der Kläger sich seit mindestens einem Jahr in der Schweiz aufhält. Lebt das Ehepaar im Ausland, sind schweizer Gericht dennoch zuständig, wenn einer der Ehegatten Schweizer ist und es unmöglich oder unzumutbar ist die Klage am Wohnsitz eines der Ehegatten zu erheben (Art. 60 Vorlage:Art./Wartung/ch-Suche IPRG Heimatzuständigkeit).

Anwendbarkeit

Die Anwendbarkeit ist im Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geregelt.

Die Schweiz knüpft für die Beurteilung, welches Recht auf die Scheidung anzuwenden sei, anders als Deutschland und Österreich grundsätzlich nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern am Wohnsitz der Ehegatten an. Verwendet man als Anknüpfungsmoment den Wohnsitz, führt das viel häufiger zur der Anwendung eigenen Rechts, weil vor schweizer Gerichten sehr häufig nur Personen mit schweizer Wohnsitz zu klagen pflegen. So richten sich beispielsweise die Voraussetzungen für die Scheidung nach Schweizer Recht, wenn zwei Deutsche seit über einem Jahr Wohnsitz in der Schweiz haben.

Die schweizer Gerichte wenden auf das Recht der Scheidung grundsätzlich immer schweizer Recht an (Art. 61 Vorlage:Art./Wartung/ch-Suche Abs. 1 IPRG). Das gilt selbst dann, wenn schweizer Gerichte nach Art. 60 IPR-Gesetz heimatzuständig sind (Art. 61 Abs. 4 IPRG). Etwas anderes gilt nur, wenn beide Ehegatten Ausländer sind, welche dieselbe Staatsangehörigkeit haben und nur einer von ihnen seinen Wohnsitz in der Schweiz hat (Art. 61 Abs. 2 IPRG). Hält sich der eine ausländische Ehegatte seit mindestens 2 Jahren in der Schweiz auf oder ist er auch Schweizer, so ist schweizer Recht anzuwenden, wenn nach dessen Heimatrecht die Scheidung nicht oder nur unter außerordentlich schweren Bedingungen zulässig ist (Art. 61 Abs. 3 IPRG).

Schweizerische Vorschriften

In der Schweiz ist die Scheidung im Zivilgesetzbuch (ZGB) umfassend geregelt. Hierbei ist zwischen der Scheidung auf gemeinsames Begehren und der Scheidung auf Klage zu unterscheiden:

Scheidung auf gemeinsames Begehren

Diese ist im Art. 111 ZGB geregelt. Bei der umfassenden Einigung (also auch hinsichtlich der Scheidungsfolgesachen) wird vom liberalen Grundsatz der Vertragsfreiheit ausgegangen. Geprüft wird somit vor Gericht nur der freie Wille und die reifliche Überlegung – nicht jedoch die faktische Zerrüttung, die nach ZGB nicht Voraussetzung für die Scheidung ist.

Artikel 111 ZGB lautet:[8]

  1. Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an; es überzeugt sich davon, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung voraussichtlich genehmigt werden kann.
  2. Bestätigen beide Ehegatten nach einer zweimonatigen Bedenkzeit seit der Anhörung schriftlich ihren Scheidungswillen und ihre Vereinbarung, so spricht das Gericht die Scheidung aus und genehmigt die Vereinbarung.

Es ist zulässig, eine "Teilkonvention" einzureichen, die nur gewisse Folgen der Scheidung (Unterhalt, Güterrecht, Teilung der Pensionskassenguthaben) beinhaltet. Der Scheidungsrichter entscheidet dann über die Scheidungsfolgen, über die sich die Ehegatten nicht geeinigt haben.

Weitere Länder

  • Chile ermöglichte als letzter südamerikanischer Staat die Scheidung erst 2003/2004.
  • In Irland wurde die Möglichkeit der Scheidung durch die 15. Verfassungsänderung 1995 eingeführt. Diese Verfassungsänderung wurde in einer Volksabstimmung nur mit knapper Mehrheit (50,25 % dafür und 49,75 % dagegen) [9] gebilligt. 1986 war ein Versuch der Regierung, die Verfassung in diesem Sinn zu ändern, noch an einer Volksabstimmung gescheitert.
  • In Italien wurde die Scheidung 1970 gegen den Widerstand des Vatikans parlamentarisch ermöglicht.[10]
  • Zu Japan siehe Ehe und Scheidung in Japan
  • Zu der Republik Türkei siehe Ehescheidung in der Türkei

Rechtsvergleichung

Der Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Scheidungsrecht ist wohl primär der Umstand, dass das deutsche Recht zur Gänze, das österreichische Recht nur überwiegend vom Zerrüttungsprinzip dominiert ist. Zwar ist die „Härtefallscheidung“ in Deutschland wohl durchaus mit der „Verschuldensscheidung“ in Österreich vergleichbar, jedoch stellt das deutsche Recht auch hier nicht auf Schuld, sondern auf die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens ab.

Im österreichischen Recht fällt der Unterhalt für den schuldig geschiedenen Partner niedriger aus als bei unverschuldeter Scheidung. In Deutschland spielt dieser Aspekt zwangsläufig keine Rolle für die Höhe des Unterhalts.

Im Fall einer Trennung ist die (streitige) Scheidung nach deutschem Recht bereits nach einem Jahr (Trennungsjahr), spätestens aber nach drei Jahren möglich. Das österreichische Recht fordert grundsätzlich eine Trennungszeit von drei Jahren, im Härtefall sogar von sechs Jahren. In diesem Fall ist der Bestandsschutz des österreichischen Rechts weitreichender.

Die einverständliche (deutsche) oder einvernehmliche (österreichische) Scheidung erfordert nach deutschem Recht ein Jahr Trennung, die (ggf. unter Eid) mündlich vor Gericht versichert werden muss, nach österreichischem Recht nur ein halbes Jahr Trennung, die im Scheidungsantrag nur rein formal ohne Überprüfung zugestanden werden muss. Hier ist der Bestandsschutz des deutschen Rechts wesentlich weitreichender.

Deutschlandlastige Artikel Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Hilf mit, die Situation in anderen Ländern zu schildern.
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Daten und Statistiken zu Ehescheidungen

Deutschland

Die jährliche Anzahl der Eheschließungen und Ehescheidungen hat sich in Deutschland folgendermaßen entwickelt:

Eheschließungen und Scheidungen in Deutschland
Jahr Ehe-
schließungen
Ehe-
scheidungen
Zusammengefasste Scheidungsziffern
nach 25 Ehejahren (in %)
Zusammengefasste Scheidungsziffern
nach 45 Ehejahren (in %)
1990 516.388 154.786 27,4 29,3
1995 430.534 169.425 30,9 33,2
2000 418.550 194.408 37,3 40,3
2005 388.451 201.693 40,4 44,2
Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, BiB-Mitteilungen, 04/2007 vom 11. Februar 2008, S. 13

Österreich

Fast 90 % der Ehescheidungen erfolgen einvernehmlich. Dies erklärt sich dadurch, dass ein mit dem Rechtsstreit verbundenes „Schmutzwäschewaschen“ vor dem Richter mit gegenseitigen Vorwürfen bezüglich zum Teil intimer Lebensumstände für beide Parteien meist als problematischer empfunden wird als eine mitunter mühsame Einigung. Auch die Möglichkeit, weitgehend selbst über die Folgen der Scheidung disponieren zu können, anstatt lediglich Anordnungen eines Richters Folge leisten zu müssen, wird vielfach als vorteilhaft empfunden (siehe auch Mediation).

Ethische Aspekte

Die Scheidung ist die formelle, juristische Beendigung einer Ehe. Im Gegensatz dazu ist die Trennung die tatsächliche Beendigung einer Ehe, die sowohl im Rechtssystem Österreichs als auch im Rechtssystem Deutschlands Voraussetzung für Scheidung ist. Die offizielle Scheidung nach diesen beiden Rechtssystemen ist somit die formale Auflösung einer bereits nicht mehr existenten Ehe.

Ethische Aspekte erstrecken sich auf Inhalte, nicht auf Form. Eine ethische Bewertung einer Scheidung ist somit – im Gegensatz zu einer ethischen Bewertung der Trennung – grundsätzlich nicht möglich.

Lückenhaft In diesem Artikel oder Abschnitt fehlen folgende wichtige Informationen: Es fehlen folgende nicht-juristische Gesichtspunkte: Geschichte der Scheidungen (z. B. in der Antike), ethische Aspekte und ggf. noch weitere

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Wirtschaftliche Aspekte

Stephen Jenkins (Institute for Social and Economic Research, Council of the International Association for Research on Income and Wealth) kam in einer Langzeit-Studie zum Ergebnis, dass in Großbritannien Männer nach einer Scheidung sich wirtschaftlich wesentlich verbesserten und Frauen hingegen sich verschlechterten. Diese Aussage trifft häufig selbst dann zu, wenn es sich hierbei nicht um Väter und Mütter, also um die Frage der Versorgung von Kindern, handelt.[11]

Die Position in den Religionen

Jüdische Religion

Im Judentum ist die Scheidung ein komplexer Akt, der eine Korrektur der Vergangenheit darstellt: Ähnlich wie die Buße ein in der Vergangenheit zerschnittenes Band zwischen dem Menschen und JHWH wieder knüpft, kann durch die Scheidung das in der Vergangenheit gesetzte Band zweier Seelen rückwirkend gelöst werden. Die Vorschrift ist in wenigen Zeilen der Thora zu finden. Eine Scheidung ist jederzeit ohne Grund von beiden Seiten möglich. Allerdings gibt es seit Jahrhunderten Probleme, wenn die Frau die Scheidung will. Der Mann muss sie zwar ziehen lassen, kann (darf aber nicht) ihr aber den Scheidebrief (get) verweigern. Da – außer in Israel – der Get nirgends einklagbar ist, ist der ziehenden Frau bei verweigertem Get die Wiederheirat verwehrt.

Christentum

Nach dem Rechtsverständnis der römisch-katholischen Kirche ist eine Scheidung nur in zwei eng begrenzten Fällen möglich: Wenn sich einer der beiden Eheleute, die zur Zeit der Eheschließung beide ungetauft waren, taufen lässt, und der ungetauft Bleibende den christlichen Glauben nicht akzeptiert und sich entweder deswegen trennen möchte oder „den Schöpfer lästert“, dann kann der getaufte Partner eine neue Ehe mit einem Getauften eingehen, was die erste (nichtsakramentale) Ehe auflöst. Außerdem kann der Papst die Eheauflösung gewähren, wenn die Ehe nicht vollzogen wurde; diese Gewährung wird jedoch nur äußerst selten erteilt. Dies ist nicht mit der impotentia coeundi (sog. Ehehindernis göttlichen Rechts) zu verwechseln, bei der die nachträgliche Ungültigerklärung einer Ehe gemäß can. 1084 § 2 möglich ist (Schutz-Canon gegen sog. „Alibi-Ehen“). In letzterem Falle gilt die Ehe als nie wirksam geschlossen, während es bei einer Auflösung einer nicht vollzogenen Ehe durch den Papst dabei bleibt, dass die Ehe tatsächlich existiert hat.

Anders verhält es sich bei der Eheannullierung, die voraussetzt, dass eine Ehe nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.

In Fällen von Ehezerrüttung/Ehebruch, die von der römisch katholischen Kirche als Außenbeziehung bezeichnet wird, gesteht die römisch-katholische Kirche in besonderen Härtefällen (wie Kuckuckskind oder manifeste Gewalt) den Eheleuten nur die faktische informelle Trennung, nicht aber die formelle Scheidung zu. Die Begründung ist hierzu zweifach: Zum einen ist die katholische kirchlich geschlossene Ehe eines der höchsten sieben Sakramente: Scheidung ist somit – im Gegensatz zu Mord oder Abtreibung – ein Sakrileg, für das es mittels Beichte keine Absolution gibt. Die andere Begründung ist die, dass bei nicht kinderloser Ehe eine Scheidung faktische Halbwaisen produziert, d. h. Scheidungskinder werden bei Scheidung und Wiederheirat Halbstiefkinder.

Bis ins 20. Jahrhundert hinein lehnten die meisten westlichen Kirchen Scheidung kategorisch ab. Die römisch-katholische Kirche sowie der überwiegende Teil der pietistischen, täuferischen und charismatischen Kirche halten bis heute daran fest. Grundlage für die restriktive Beurteilung ist Matthäus 19,3–9: Jesus wendet sich hier scharf gegen den mosaischen Scheidebrief, nicht aber gegen die schuldige Scheidung (jedoch noch restriktiver mit dem Hintergrund des Unterganges des Südreiches: Maleachi 2,10–16). Der Verweis auf die alttestamentliche Regelung der Scheidung (Scheidebrief)[12] macht deutlich: Es gibt Situationen, die so ausweglos sind, dass allein noch eine Scheidung möglich ist (zur katholischen Position dazu siehe CIC 1143). Spätestens seit 1970 ist dies in den evangelischen Landeskirchen Deutschlands sowie in vielen protestantischen mainline Churches in den Vereinigten Staaten sowie in gemäßigten protestantischen Kirchen in anderen westlichen Industriestaaten allgemein anerkannt; für die Katholiken lässt sich dies – im Gegensatz zur kirchenamtlichen Lehre – etwa 10 Jahre später feststellen. Neuerdings wird die Ehescheidung als Möglichkeit auch unter evangelikalen, charismatischen und pfingstkirchlichen Christen in Betracht gezogen.

Die Mehrzahl der Ostkirchen hat die Scheidung seit langem als manchmal notwendiges Übel akzeptiert (oikonomia). Nach orthodoxem Glauben ist das alttestamentliche Gesetz durch Christus gegeben; wenn er darin „wegen der Härte der Herzen“ eine Scheidung erlaubt hat, so ist seine Äußerung im Neuen Testament nicht als Widerspruch dagegen zu verstehen (denn Gott widerspricht sich nicht), sondern als Warnung gegen leicht genommene Scheidung. Die Östlich-Orthodoxen (orthodoxe Kirchen im engeren Sinne) erlauben bis zu maximal drei Eheschließungen. Die Zeremonie zu einer Wiederheirat ist allerdings weit weniger feierlich als die zu einer ersten Heirat; vielmehr überwiegt der Gedanke der Buße. Vor einer dritten kirchlichen Hochzeit wird ein Jahr strenger Buße vorausgesetzt.[13]

Islam

siehe auch: Scheidung einer islamischen Ehe, Talaq (Scheidung seitens des Mannes), Chulla (Scheidung seitens der Frau).

Im Islam gibt es die Möglichkeit zur Scheidung.

Siehe auch

Literatur

  • Thomas Rauscher: Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Band I und II, 2. Auflage Sellier European Law Publisher 2006

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:338:0001:0029:DE:PDF
  2. unerheblich ist, ob nach dem Recht des Mitgliedsstaates, dessen Gericht zuständig ist, formal die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags existiert, Thomas Rauscher in Europäischen Zivilprozeßrecht Kommentar Art. 3 Brüssel IIa VO Rdnr. 19
  3. Rauscher in Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Art. 3 Brüssel IIa VO Rdnr. 3
  4. Art. 12 Genfer Flüchtlingskonvention
  5. Abendblatt: Keine Lust mehr auf Ehe?
  6. Peter Borowsky: Sozialliberale Koalition und innere Reformen – Kapitel „Ehe- und Familienrecht“. In: Informationen zur politischen Bildung (Heft 258). Bundeszentrale für politische Bildung. Abgerufen am 11. Mai 2008.
  7. Wie im Orient?, DER SPIEGEL 49/1970, S. 70–86, 30. November 1970. Online-Version (HTML). Aufgerufen am 11. Mai 2008.
  8. Art. 111 Vorlage:Art./Wartung/ch-Suche Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, admin.ch
  9. http://www.irlandlexikon.de/?letter=S
  10. taz:Und führe Politiker nicht in Versuchung
  11. Amelia Hill: Men become richer after divorce. The Observer 25.1.2009
  12. Deuteronomium 24,1
  13. Die Grundlagen der Sozialdoktrin der Russisch-Orthodoxen Kirche X.3
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