Gesetz der ersten Wellenfront

Gesetz der ersten Wellenfront

Der Präzedenz-Effekt, auch Gesetz der ersten Wellenfront genannt, ist ein psychoakustischer Effekt. Er besagt folgendes: Trifft das gleiche Schallsignal zeitverzögert aus unterschiedlichen Richtungen bei einem Hörer ein, nimmt dieser nur die Richtung des zuerst eintreffenden Schallsignals wahr. Die verzögert eintreffenden Schallsignale werden dann in der Richtung des ersten Signals (der ersten Wellenfront) lokalisiert.

Inhaltsverzeichnis

Gültigkeitsbereich

  • Der Präzedenz-Effekt wirkt, wenn die Zeitverzögerung zwischen "erster Wellenfront" und den folgenden "Wellenfronten" im Bereich zwischen 2 ms und etwa 50 ms liegt. Diese Grenzen sind signalabhängig, während bei Sprache die obere Grenze bei etwa 50 ms liegt, kann sie bei Musik auch mehrere 100 ms betragen.
  • Liegt die Zeitverzögerung unter 2 ms, so tritt Summenlokalisation ein. Die wahrgenommene Richtung des Schallsignals befindet sich zwischen den Richtungen der Schallquellen.
    Angewendet wird die Summenlokalisation bei der Intensitätsstereofonie: 2 Lautsprecher strahlen das gleiche Signal mit unterschiedlichen Pegeln ab. Die wahrgenommene Richtung hängt dann vom Pegelverhältnis zwischen den beiden Lautsprechern ab und befindet sich zwischen den beiden Lautsprecherstandorten.
  • Überschreitet die Zeitverzögerung Werte von 50 ms (bei Sprache) oder 100 ms (bei Musik), so wird gegebenenfalls der verspätet eintreffende Schall als Echo wahrgenommen; dann wird er richtungsmäßig seiner Einfallsrichtung korrekt zugeordnet.

Die Zeitverzögerung, ab der ein verspätet eintreffender Schall als Echo wahrgenommen wird, ist abhängig von der Art des Signals. Für impulshaltige Signale kann dieses ab 50 ms der Fall sein. Für Signale mit nahezu konstanter Amplitude kann die Echoschwelle im Bereich von 1 bis 2 Sekunden liegen.

Eine Sonderform des Präzedenz-Effekts ist der sogenannte Haas-Effekt. Haas zeigte, dass das "Gesetz der ersten Wellenfront" selbst dann wirkt, wenn der Pegel des verzögert eintreffenden Schalls um bis zu 10 dB über dem der ersten Wellenfront liegt. In diesem Fall ist der Gültigkeitsbereich aber wesentlich stärker eingeschränkt und umfasst nur noch Zeitverzögerungen von 10 bis etwa 30 ms.

Nutzung

Relevant ist der Präzedenz-Effekt beim Hören in geschlossenen Räumen. Mit Hilfe dieses Effekts bleibt es dem Menschen möglich, auch bei Vorliegen von vielen Wandreflexionen noch die Richtung einer Schallquelle (z. B. eines Sprechers) zu bestimmen.

Für Audio-Beschallung in großen Räumen wird der Haas-Effekt genutzt, um an entfernten Sitzen den Schallpegel anzuheben. Hierzu werden Lautsprecher im Zuhörerraum so angesteuert, dass das Lautsprechersignal etwa 20 ms später als der Direktschall beim Zuhörer eintrifft. Der Zuhörer nimmt hierbei nur die Richtung des Direktschalls wahr, profitiert aber von dem höheren Schallpegel, den die Lautsprecher erzeugen.

Geschichte

Das "Gesetz der ersten Wellenfront" wurde erstmals 1948 von Lothar Cremer beschrieben. In der englischsprachigen Literatur wird unter dem Begriff "Präzedenz-Effekt" nicht nur das "Gesetz der ersten Wellenfront" verstanden, sondern es wird mit der "Summenlokalisation" zusammengefasst.

Siehe auch

Lokalisation | Raumakustik | Franssen-Effekt | Delay (Musik) |

Weblinks


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