Gier (Film)

Gier (Film)
Filmdaten
Deutscher Titel: Gier
Originaltitel: Greed
Produktionsland: USA
Erscheinungsjahr: 1924
Länge: 140/239 Minuten
Originalsprache: Englisch
Stab
Regie: Erich von Stroheim
Drehbuch: Joseph Farnham (Zwischentitelautor),
June Mathis,
Erich von Stroheim
Produktion: Louis B. Mayer,
Irving Thalberg
Musik: Robert Israel
Kamera: William H. Daniels,
Ben F. Reynolds,
Ernest B. Schoedsack
Schnitt: Rex Ingram,
June Mathis,
Grant Whytock,
Erich von Stroheim
Besetzung

Zasu Pitts als Trina,
Gibson Gowland als McTeague,
Jean Hersholt als Marcus,
Dale Fuller als Maria

Gier (Originaltitel: "Greed") ist ein Stummfilm von Erich von Stroheim, welcher trotz der Zerstörung der Originalversion durch die Produzenten und Zensoren Bedeutung erlangte.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

McTeague ist ein eher schlichter Mensch, der im Bergwerk arbeitet. Eines Tages folgt er einem falschen Zahnarzt auf die Wanderschaft und lernt mehr schlecht als recht dessen Handwerk. Einige Jahre später betreibt er in San Francisco eine eigene Praxis. Dort lernt er Trina, die Verlobte seines Freundes Marcus kennen, als dieser sie zu ihm in die Behandlung bringt. Als Trina betäubt auf dem Behandlungsstuhl liegt, wird McTeague von einem ihm zuvor unbekannten, heftigen Verlangen nach der Frau ergriffen. Nur mit Mühe kann er sich beherrschen, sich an ihr zu vergreifen. Bei einem Ausflug gesteht McTeauge seinem Freund, dass er in seine Verlobte verliebt ist. Großspurig "überlässt" Marcus sie ihm. Obwohl Trina von dem grobschlächtigen McTeague nicht besonders angetan ist, beginnen sie sich regelmäßig zu treffen und auch Trinas Familie ist mit der Beziehung einverstanden. Es wird Verlobung gefeiert. Am selben Abend wird bekannt, dass Trina mit einem Los 5000 Dollar gewonnen hat. Marcus wird von heftigem Neid ergriffen und er ist davon überzeugt, dass er Anspruch auf einen Teil des Geldes hätte.

McTeague und Trina heiraten und führen vorerst ein einigermaßen harmonisches Leben. Eines Tages kommt es in der Kneipe zum offenen Streit, als Marcus betrunken ein Messer nach McTeague wirft. Marcus zeigt McTeague bei den Behörden an, weil dieser ohne Zahnarztstudium praktiziert. McTeague darf seinen "Beruf" nicht mehr ausüben. Das Paar könnte dank Trinas 5000 US-Dollar, damals eine stolze Summe, trotzdem ein sorgenfreies Leben führen. Trina, schon immer äußerst knauserig, weigert sich aber, auch nur einen Cent des Geldes auszugeben. Stattdessen schickt sie McTeague auch bei Sturmwetter auf Arbeitssuche - ohne ihm Geld für die Straßenbahn zu geben. Trinas Geiz nimmt pathologische Züge an. Stundenlang putzt sie ihre Geldstücke, wenn McTeague außer Haus ist. Das Paar sinkt immer tiefer ins Elend. Der sonst gutmütige McTeague fängt an zu trinken. Unter Alkohol misshandelt er seine Frau brutal und beißt ihr in die Finger, um Geld von ihr zu erpressen. Völlig verwahrlost verlässt McTeague schließlich seine Frau.

Um nicht ihr Erspartes antasten zu müssen, arbeitet Trina als Putzfrau in einem Kindergarten. An einem Weihnachtsabend erscheint McTeague bei ihr und fordert die 5000 Dollar. Als Trina sich weigert, ermordet er sie und nimmt das Geld an sich. Er wird nun steckbrieflich gesucht und gerät auf seiner Flucht ins Death Valley. Marcus schließt sich einem Suchtrupp an und schließlich findet er McTeague, beinahe am Ende, im Todestal. Im Kampf um das Geld erschlägt McTeague Marcus, ist jedoch durch Handschellen, die dieser ihm zuvor angelegt hatte, an ihn gekettet. In der tödlichen Sonne wartet er auf seinen sicheren Tod.

Hintergrund

Erich von Stroheim war geradezu besessen von dem Roman McTeague des amerikanischen Naturalisten Frank Norris und plante, die Geschichte Seite für Seite zu verfilmen. Das reichte Stroheim aber nicht: Um McTeauge noch deutlicher zu charakterisieren, drehte Stroheim auch einen ausführlichen Prolog, welcher im Roman nicht vorhanden ist.

In diesem Film waren nicht dekadente Verführer und Königshäuser seine Sujets, sondern die amerikanischen Underdogs und Kleinbürger. Stroheims eigenwillige Methoden unterschieden sich aber bei den Dreharbeiten nicht von denen seiner anderen Filme: Jedes kleinste Detail des Romans hatte auch im Film zu erscheinen. Gedreht wurde an Originalschauplätzen in San Francisco und im Death Valley. Für den Prolog, der in der Originalfassung über eine Stunde dauerte, mietete Stroheim ein stillgelegtes Bergwerk und drehte wochenlang in den Stollen die Szenen, die McTeague als Kumpel zeigen.

Stroheim ließ Szenen dutzende Male wiederholen, bis er den gewünschten Effekt erreicht hatte. Der Schauspieler Gibson Gowland musste sich für die Messerszene in der Kneipe von einem professionellen Messerwerfer, den Stroheim angeheuert hatte mit echten Messern bewerfen lassen, damit die Szene echt wirkte. Die Death-Valley-Szenen wurden auch dort gedreht bei zeitweise 50 Grad im Schatten. Ein Mitarbeiter starb unter der Hitze. Alle Beteiligten waren am Schluss der Dreharbeiten körperlich entkräftet. Die Einrichtungen der ärmlichen Wohnungen wurden von Stroheim persönlich in Trödlerläden zusammengesucht. Klingeln hatten zu funktionieren (obwohl es ein Stummfilm war), das billige Bier musste (während der Prohibition) echt sein.

Das Ergebnis war ein Film, der aus 42 Filmrollen bestand, was einer Laufzeit von 8 bis 10 Stunden entspricht. Stroheim wollte ihn in zwei Teilen herausbringen. Die Produzenten waren entsetzt, als sie den Film sahen. Das war kein "Good Clean Fun" für die ganze Familie. Hier waren kaputte Menschen in ihren Abgründen zu sehen.

Diese Version wurde aber nur ein einziges Mal bei einer Privatvorführung aufgeführt. Das Studio MGM verlangte deutliche Kürzungen vor der Kinoauswertung. So wurde der Film in mehreren Zwischenschritten auf eine Länge von etwa 10 Rollen (ca. 145 min) gekürzt, unter anderem vom damals bekannten Regisseur Rex Ingram. Schon die ersten zwei Stunden der Langfassung wurden fast komplett herausgeschnitten, dadurch verschwanden mehrere Figuren und ganze Handlungsstränge aus dem Film. Das herausgeschnittene Material wurde mit größter Wahrscheinlichkeit bei Aufräumarbeiten im Filmlager von MGM vernichtet. Die Filmdosen waren mit dem Arbeitstitel "McTeague" beschriftet. Niemandem fiel auf, dass es sich um die komplette Version von Greed handelte.

Trotzdem gibt es immer wieder Gerüchte von geheimnisumwitterten Filmsammlern, die eine komplette Version des Films wie einen Schatz hüten. Es sind lediglich Standfotos aus den verschollenen Szenen erhalten. Der Filmhistoriker Rick Schmidlin hat 1999 mit Hilfe der Standfotos und des Drehbuches eine Fassung von 243 Minuten erstellt, die wenigstens einen ungefähren Eindruck des Ganzen bietet.

Greed war in den USA ein Misserfolg an der Kinokasse und wurde von den meisten Kritikern vehement abgelehnt. Auch in Deutschland rief der Film heftige Reaktionen hervor. So ließen sich etwa in Berlin empörte Zuschauer das Eintrittsgeld zurückerstatten und der Film wurde nach wenigen Tagen wieder aus dem Programm genommen.

Heute erscheint Greed regelmäßig in den Bestenlisten der Filmgeschichte auf den vordersten Rängen.

Literatur

Herman G. Weinberg: The Complete Greed of Erich von Stroheim, Arno Press, NY, 1972, ISBN 0-4050-3925-5.

Weblinks


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