Gittervorspannung

Gittervorspannung

Die Gittervorspannung dient der Anpassung des genutzten[1] Bereichs der Augenblickswerte der Eingangsspannung einer mit einer Röhre aufgebauten Verstärkerstufe an den durch die Kennlinie einer Elektronenröhre gegebenen Aussteuerungsbereich. Die Anpassung erfolgt durch Addition der Eingangsspannung und der Gittervorspannung (Reihenschaltung). Die Gittervorspannung legt mit weiteren Parametern den Arbeitspunkt einer Röhrenschaltung fest. Relevant ist die Spannung zwischen Steuergitter und Kathode, nicht zwischen Steuergitter und Schaltungsmasse.

Die Wahl eines dem Anwendungszweck der Röhre oder des Transistors entsprechenden Arbeitspunktes auf der Kennlinie ist eine solche Selbstverständlichkeit, dass die Gittervorspannung in einem Fachwörterbuch[2] nur im Zusammenhang mit Senderendstufen im C-Betrieb besonders erwähnt wird.

Der Feldeffekttransistor ist ebenfalls ein spannungsgesteuerter Vierpol, die Arten der Vorspannungserzeugung gelten für diesen analog.

Inhaltsverzeichnis

Quelle der Gittervorspannung

Separate Spannungsquelle

Die übersichtlichste Lösung ist eine separate Spannungsquelle, die entweder als Batterie (siehe Verstärkeramt) oder vom Netzteil bereitgestellt wird.

Der positive Anschluss der separaten Spannungsquelle ist in der Regel mit der Schaltungsmasse verbunden. Der negative Anschluss ist bei Kondensatorkopplung mit dem Gitterableitwiderstand oder bei der Transformatorkopplung mit der Wicklung des Transformators verbunden. Bei direkt geheizten Röhren kann die Verbindung mit dem negativen Anschluss der Heizbatterie ausreichen.

Bei der Gleichspannungskopplung liegt die separate Spannungsquelle in der Regel im Signalweg zwischen den Verstärkerstufen und kann als Zenerdiode ausgeführt sein.

Die automatische Gittervorspannungserzeugung

Bei der automatischen Gittervorspannungserzeugung entsteht die Vorspannung an einem in der Kathodenleitung liegenden Widerstand. Weil dieser Widerstand die dynamischen Eigenschaften der Verstärkerstufe nicht verändern soll, wird er mit einem Kondensator überbrückt. Beide gemeinsam werden als Kathodenkombination bezeichnet. Die Zeitkonstante der Kathodenkombination beeinflusst die untere Grenzfrequenz der Schaltung. Diese Kathodenkombination hebt das Potential der Kathode um eine definierte Spannung an, während das Steuergitter über einen hochohmigen Widerstand direkt mit der Schaltungsmasse verbunden ist. Dadurch, dass im Steuergitterkreis kein Strom fließt, entsteht an diesem hochohmigen Gitterableitwiderstand praktisch kein Spannungsabfall und die Gittervorspannung tritt als Potentialunterschied zwischen Steuergitter und Kathode mit dem richtigen Vorzeichen auf: Ob das Steuergitter gegenüber der Kathode negativer wird oder die Kathode gegenüber dem Steuergitter positiver, macht keinen Unterschied.

Die Kathodenkombination bewirkt für Gleichstrom eine Gegenkopplung und stabilisiert so den Arbeitspunkt. Dieses Prinzip der Stabilisierung des Arbeitspunktes wird auch in Transistorschaltungen verwendet.

Die automatische Gittervorspannungserzeugung kann nicht angewendet werden, wenn der mittlere Anodenstrom nicht konstant ist, weil sich dann der Arbeitspunkt signalabhängig verschiebt. Gut geeignet ist die automatische Vorspannungserzeugung nur für gleichanteilfreie Signale (symmetrisch zur Nulllinie) Beispielsweise bei Verstärkern im A-Betrieb.

Die halbautomatische Gittervorspannungserzeugung

Einige Empfängernschaltungen benutzen eine Verbundröhre mit gemeinsamem Kathodenanschluss für zwei Röhrensysteme (ECL11, PCL81). Weil jedes dieser Systeme eine andere Gittervorspannung braucht, kann diese Gittervorspannung nicht mit einer einzigen Katodenkombination erzeugt werden — es gibt ja nur eine Kathode und damit nur einen Kathodenwiderstand.

Als Lösung wird in der Praxis die Minusleitung des Netzteils nicht direkt sondern über einen Widerstand mit der Schaltungsmasse verbunden. Durch den gesamten Strom der versorgten Schaltung entsteht an diesem Widerstand ein Spannungsabfall in der notwendigen Höhe der Gittervorspannung. Das Steuergitter der Verbundröhre wird über einen hochohmigen Gitterableitwiderstand und ein Siebglied an die eigentliche Minusleitung des Netzteils gelegt: Da kein nennenswerter Strom über das Steuergitter fließt, liegt die Vorspannung direkt am Steuergitter an.

Dieser Widerstand kann als Spannungsteiler aus verschiedenen Widerständen aufgebaut sein oder aus einem (Draht-)Widerstand mit extra Abgriffen (Schellen) bestehen, an denen man für verschiedene Röhren verschiedene Gittervorspannungen einstellen und abnehmen kann. Da die Endröhre meist den höchsten Wert der Gittervorspannung einer Schaltung benötigt, wird der Widerstand danach bemessen, während das Gitter der im gleichen Kolben befindliche Vorverstärkerröhre nur einen Teil der negativen Vorspannung zugeführt bekommt. Unabhängig vom Typ der Endröhre und deren Gittervorspannungserzeugung kann in anderen Stufen eine andere Art der Vorspannungserzeugung angewendet werden. Die Gittervorsopannung der UKW-Vorstufe kann beispielsweise automatisch erzeugt werden, während die der UKW-Mischstufe durch Gittergleichrichtung entsteht (Audion-Effekt).

Weil nicht jede Röhre ihre eigene Gittervorspannung erzeugt, sondern die Gittervorspannung vom Kathodenstrom aller Röhren beeinflusst wird, spricht man von halbautomatischer Gittervorspannung.

Zu beachten ist, dass eine defekte Röhre in einer Schaltung die Gitterspannung aller anderen, durch halbautomatische Erzeugung gespeisten Röhren beeinflussen kann.

In manchen Datenblättern für diese Art Verbundröhren wird darum angegeben, wie groß der prozentuale Anteil der Kathodenströme der Verbundröhre am Gesamtstrombedarf der Schaltung sein muss, um eine hinreichende Arbeitspunktstabilisierung wie bei der automatischen Gittervorspannungserzeugung zu erhalten.

Die Klemmung

Die nicht unproblematische Klemmung wird vorteilhaft bei Signalen verwendet, die sehr tiefe Frequenzen (Bruchteile von Hertz) enthalten. Da die Vorspannung zumindest teilweise am Klemmkondensator entsteht, ist hier die Addition von Signal und Vorspannung besonders deutlich.

Sowohl das Signal als auch der Bezugswert (Klemmpotential) müssen bei der Klemmung mit einem geringen Innenwiderstand bereitgestellt werden, damit die Klemmung den Arbeitspunkt schnell genug verlegen kann. In der Regel wird in solchen Fällen das Klemmpotential bzw. der Bezugswert im Sigalverlauf als Arbeitspunkt angesehen. Dieser Arbeitspunkt liegt dann unsymmetrisch im Aussteuerbereich und z. B. bei Bildröhren am Anodenstromeinsatzpunkt.

Der Gitteranlaufstrom

Dieses Prinzip wird bei Kondensatorkopplung in Eingangsstufen angewendet, deren Aussteuerung gering ist. Bei Niederfrequenzvorstufen genügt oft eine geringe Gittervorspannung, die als Spannungsabfall an einem relativ großen Gitterableitwiderstand entsteht. Der typische Wert des Widerstandes ist 10 MΩ.

Die Vorspannung wird im Röhrensystem selbst durch Elektronen erzeugt, die auf dem Steuergitter landen (statt hindurchfliegen) und somit dessen Potential zum Negativen hin verschieben. Der besonders hochohmige Ableitwiderstand sorgt für einen gewissen Stromfluss und damit einer Stabilisierung des Vorganges, damit sich das Gitter nicht selbst “zustopft”.

Die Gittergleichrichtung

Beim Audion entsteht die Gittergleichspannung durch die Gleichrichtung des Signals am Gitterstromeinsatzpunkt. Die sich ändernde Gleichspannung ist das demodulierte Signal. Diese Wirkung der Schaltung kann auch als Klemmung der Maxima des Signals auf den Gitterstromeinsatzpunkt interpretiert werden.

Das Schaltungsprinzip der Gittergleichrichtung wird auch in Oszillatorschaltungen zur Erzeugung der Gittervorspannung verwendet. Weil mit dem Begriff Audion vorwiegend die Demodulation verbunden wird, wird diese Art der Erzeugung der Gittervorspannung oft mit „nach Art des Audions“ umschrieben (Tropadyne).

Gitterableitwiderstand

Trotz normalerweise leistungsloser Steuerung muss das Steuergitter ein bestimmtes Potential haben. Im einfachsten Fall legt man es mit einem Widerstand auf Massepotential. Dieser Widerstand wird als Gitterableitwiderstand bezeichnet. Er leitet die relativ geringe Zahl von Elektronen vom Gitter ab, die wegen ihrer Trägheit trotz negativer Gitterspannung auf die Gitterelektrode treffen (auch als Anlaufstrom bezeichnet).

Der Widerstand muss möglichst hochohmig sein, um den Eingangswiderstand der Stufe nicht unnötig herabzusetzen (100 kΩ … 1 MΩ). Wird er ausreichend hochohmig gewählt (10 MΩ), fällt an ihm eine nennenswerte Spannung ab, es kommt zur Gittervorspannungserzeugung per Anlaufstrom.

Der Gitterableitwiderstand legt das Steuergitter nicht unbedingt auf Massepotential; er kann auch auf ein anderes, definiertes Gleichspannungspotential gelegt werden, um die gewünschte Arbeitspunkteinstellung zu bewirken.

Quellen und Anmerkungen

  1. Zum Beispiel wird bei Begrenzerverstärkern nur ein Teilbereich der Augenblickswerte auf die Veränderung des Anodenstroms abgebildet.
  2. Handbuch für Hochfrequenz- und Elektro-Techniker, V. Band, Fachwörterbuch, Verlag für Radio-Foto-Kinotechnik GmbH, Berlin-Borsigwalde, 1957/1970

Siehe auch


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