Große Depression

Große Depression
Mutter von sieben Kindern, 32 Jahre. Foto von Dorothea Lange, 1936

Als Great Depression („Große Depression“) bezeichnet man die schwere Wirtschaftskrise in den USA, die am 24. Oktober 1929 mit dem „Schwarzen Donnerstag“ (auf Grund der Zeitverschiebung zwischen Europa und der USA auch als „Schwarzer Freitag“ bekannt) begann und die 1930er Jahre dominierte. Sie war Teil bzw. Ursprung der Weltwirtschaftskrise, im Englischen wird der Begriff auch synonym dafür gebraucht.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit der politischen, kulturellen und sozialen Entwicklung der USA in der Zeit der Großen Depression (1929–1941). Ausführliche Informationen zu den Ursachen und wirtschaftlichen Folgen der Krise sowie zu den Versuchen, sie zu überwinden, finden sich im Artikel Weltwirtschaftskrise.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Die USA erlebten die 1920er Jahre als Zeit großer wirtschaftlicher Prosperität. Unter der Präsidentschaft Calvin Coolidges wurden unregulierter Kapitalismus, Selbstregulierung und sogenannte Politik des „Laissez-faire“ (d. h. des Nichteingreifens in die Wirtschaft) prägend. Die Wahlen 1928 gewann Herbert Hoover mit dem Versprechen, auf diesem Wege fortzufahren und so die Fortdauer der „prosperity“ zu sichern.

Wirtschaft

Als Auslöser der Großen Depression wird gemeinhin der Börsencrash der US-amerikanischen Börse im Oktober 1929 gesehen. Die Weltwirtschaftskrise betraf in der Folge die ganze westliche Welt, aber auch die von ihr abhängigen Ökonomien anderer Staaten. Die Weltwirtschaft erreichte erst weit nach dem Zweiten Weltkrieg in Indikatoren wie Industrieproduktion, Aktienpreisen und dem weltweiten Bruttosozialprodukt wieder den Stand von 1929.

Die Weltwirtschaft war aber auch schon im Vorfeld angeschlagen. Verschiedene Theoretiker sehen den Auslöser der Krise unter anderem auch im Zusammenbruch des Goldstandards, dem Zusammenbruch des internationalen Handels und dem falschen Umgang mit den Staatsreserven der USA.

In den USA erreichte die Wirtschaft in den Jahren 1932/1933 ihren Tiefpunkt, erholte sich zur Mitte des Jahrzehnts, aber wurde erst durch den Kriegseintritt 1941 und die dadurch nötige Rüstungsproduktion wieder stabilisiert. Zu ökonomischen Details siehe: Weltwirtschaftskrise

Politik

Herbert Hoover, Nachfolger des Präsidenten Calvin Coolidge, wurde von breiten Bevölkerungsschichten als zu schwach und zu wenig entscheidungsfreudig empfunden, um den massiven wirtschaftlichen und sozialen Problemen entgegen zu treten, die durch die große Depression hervorgerufen wurden.

So gewann der Demokratische Kandidat Franklin Delano Roosevelt die Präsidentschaftswahl 1932. Er sollte zu einem der bedeutendsten Präsidenten der USA werden. Bis zu seinem Tode 1945 wurde er dreimal wiedergewählt. Um der Krise zu begegnen, verabschiedete er zwei so genannte New-Deal-Programme.

Da die Börsenspekulation und der ungezügelte Kapitalismus von der Bevölkerung für die Krise verantwortlich gemacht wurden, gab es ein allgemeines Misstrauen gegenüber den großen Konzernen. Auch durch das weit verbreitete soziale Elend kam es zu einer Radikalisierung der US-amerikanischen Gesellschaft. Alternative Gesellschaftsideale und Massenbewegungen fanden in dieser Zeit hohen Zuspruch. So war dies die Zeit der größten Popularität, die die Kommunistische Partei der USA je hatte, es gab aber auch rechtsextreme und faschistische Organisationen, die Einfluss in der Bevölkerung hatten, wie die Union Party des Father Coughlin. Bestimmt war die Gesellschaft jedoch durch einen „Linksruck“, der sich in einer sozial orientierten Regierungspolitik äußerte (vgl. Soziales), aber auch in der sozialen Bewegungen der Popular Front.

Soziales

Durch den Zusammenbruch der Wirtschaft waren 1932 rund 25 % aller US-Amerikaner arbeitslos, also etwa 15 Millionen Menschen; vor der Wirtschaftskrise lag die Arbeitslosigkeit bei 9 %. Ein Großteil arbeitete in schlecht bezahlten, prekären Arbeitsplätzen, um sich und die Familie über Wasser zu halten: Die Durchschnittslöhne fielen um 60 %. Das landwirtschaftliche Einkommen war um 50 % gefallen.

Roosevelt brachte im Rahmen des New Deal innerhalb kürzester Zeit soziale Reformen voran, die in Europa zwar lange durchgesetzt, für die USA aber revolutionär waren. Als Herzstück der Sozialreformen wird der Social Security Act (Sozialversicherungserlass) von 1935 gesehen, der eine Alters-, Arbeitslosen und Unfallversicherung einführte, die von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bezahlt wurde.

Der Agricultural Adjustment Act (AAA) (etwa „Landwirtschaftsanpassungserlass“) wurde 1933 vom Kongress verabschiedet, um die Situation der Farmer zu erleichtern, die sich schon in den 1920er Jahren verschlechtert hatte.

Im Rahmen des Ersten New Deal gab es „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“, zuerst unter der Civil Works Administration (CWA) (etwa „Behörde für öffentliche Arbeiten“) und dann unter der Works Progress Administration (WPA) (etwa „Arbeitsbeförderungsbehörde“) des Zweiten New Deal. Besonders letztere hatte vor allem das Ziel, die Arbeitslosen aus den Reihen der Empfänger/innen staatlicher Sozialhilfe zu nehmen. Nicht nur öffentliche Gebäude, Brücken, Flughäfen und Straßen wurden gebaut, sonden auch kulturelle Projekte wurden gefördert. So gab es das Federal Theater Project („Bundestheaterprojekt“), das Federal Art Project („Bundeskunstprojekt“) und das Federal Writers Project („Bundesschriftstellerprojekt“).

Besonders von linken Kritikern wurde bemängelt, dass viele der Reformen nur halbherzig waren und sie nicht weit genug gingen. Bis heute gibt es in den USA kein europäischen Standards entsprechendes soziales Netz.

Keine „lost generation“

Es wurde befürchtet, dass Leute, die zur Zeit der großen Depression Kinder waren, keine Zukunftschancen haben würden. Wissenschaftler befürchteten eine „verlorene Generation“. Wie sich jedoch später zeigte, waren diese Befürchtungen unnötig. Die Kinder wuchsen zu leistungswilligen und leistungsfähigen jungen Leuten heran. Sie hatten starke Familienwerte und waren gut sozial angepasst[1]

Siehe auch: Oakland Growth and Berkeley Guidance Studies

Kultur

Als Reaktion auf die Wirtschaftskrise entwickelte sich eine stark sozialkritische und politisierte Kultur, die sich in der Literatur, im Film, im Theater, in der Malerei und in der Musik widerspiegelte. Noch heute gilt John Steinbecks Roman „Früchte des Zorns“ („The Grapes of Wrath“, 1939; 1940 verfilmt) als Sinnbild der Zeit der Großen Depression, obwohl es zu seiner Entstehungszeit wegen seiner Sozialkritik stark angegriffen und in Kalifornien sogar zeitweise verboten wurde. Die Fotografien von Dorothea Lange spiegelten das Elend der von Arbeitslosen und der Migranten aus der Dust Bowl wider. Der Folksänger Woody Guthrie wurde mit seinen Liedern zu einer nationalen Legende.

Viele Kulturschaffende, die sich in den 1930er und 1940er Jahren im linken politischen Spektrum bewegt hatten, fielen der „Kommunistenhatz“ der 1950er Jahre zum Opfer, weil sie in Verbindung mit der Kommunistischen Partei gebracht wurden. Sie wurden verhört und erhielten zum Teil direktes bzw. indirektes Berufsverbot, was ihre Karrieren ruinierte.

Andererseits wurde in der Massenunterhaltung auch auf Ablenkung gesetzt, um wenigstens für einen Moment die Notlage vergessen zu können. So wurde die vierjährige Shirley Temple 1932 zum Filmstar, der das Jahrzehnt dominierte. Auch Musicals waren sehr beliebt. Diese hatten jedoch auch oft versteckte sozialkritische Anspielungen.

Siehe auch: Kunst in den USA

Bedeutende Kulturschaffende dieser Zeit

Literatur

  • Michael Denning: The Cultural Front. The Laboring of American Culture in the Twentieth Century, London 1996. ISBN 1-85984-815-X (englisch)
  • Robert S. McElvaine: The Great Depression. America 1929–1941, Toronto 1984. ISBN 0-8129-1061-3 (englisch)
  • Murray N. Rothbard: America’s Great Depression, Ludwig von Mises Institute 2000, ISBN 0945466056 (englisch)
  • Charles P. Kindleberger: Weltwirtschaftskrise, München 1979 (dt.)

Weblinks

Siehe auch

Referenzen

  1. Glen H. Elder (1974): Children of the Great Depression. Chicago: University of Chicago Press S. 160

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