Großherzogtum Hessen

Großherzogtum Hessen
Großherzogtum Hessen
Wappen Flagge
Wappen des Großherzogtums Hessen Flagge des Großherzogtums Hessen ab 1866
Lage im Deutschen Reich
Lage des Großherzogtums Hessen im Deutschen Kaiserreich
 
Landeshauptstadt Darmstadt
Regierungsform Monarchie (bis 1820 absolutistische Monarchie, danach konstitutionelle Monarchie)
Staatsoberhaupt Großherzog
Dynastie Haus Hessen
Bestehen 1806-1918
Fläche 8.345 km² (1815) [3]
7.682 km² (ab 1866)
Einwohner 854.300 (1865)
1.282.051 (1910) [4]
Bevölkerungsdichte 102 Einwohner/km² (1865)
167 Einwohner/km² (1910)
Entstanden aus Landgrafschaft Hessen-Darmstadt
Aufgegangen in Volksstaat Hessen
Hymne Fürstenhymne
Stimmen im Bundesrat 3 Stimmen
Kfz-Kennzeichen VO, VR, VS
Karte
Hessen-Darmstadt 1815–1866

Das Großherzogtum Hessen und bei Rhein war von 1815 bis 1866 ein Mitgliedsstaat des Deutschen Bundes und 1871 bis 1919 ein Bundesstaat des Deutschen Reiches. Das Großherzogtum ging 1806 aus dem Reichsfürstentum der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt hervor. Die regierenden Fürsten entstammten dem Haus Hessen.

Nach den preußischen Annexionen Kurhessens 1866 verblieb das Großherzogtum als letzter selbständiger hessischer Staat und gilt deshalb als einer der Vorgängerstaaten des heutigen Bundeslandes Hessen.

Die Hauptstadt des Landes war Darmstadt, andere wichtige Städte waren Mainz, Offenbach, Worms und Gießen.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Das Großherzogtum lag im Süden und der Mitte des heutigen Bundeslandes Hessen. Neben den großen Ebenen von Rhein (Hessisches Ried), Main und Wetterau gehörten auch Mittelgebirge wie der Vogelsberg und der Odenwald zum Staatsgebiet.

Das Staatsgebiet grenzte

Hessen-Homburg fiel 1866 als Erbe an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt, musste aber noch im gleichen Jahr an Preußen abgetreten werden, ebenso der Kreis Biedenkopf, das Hessische Hinterland. Kurhessen, Nassau, Frankfurt wurden 1866 von Preußen annektiert. All diese Gebiete bildeten ab 1868 die neue preußische Provinz Hessen-Nassau.

Staatssymbole

Wappen

Durch Großherzogliche Verordnung vom 9. Dezember 1902 wurde das 1808 eingeführte Wappen ersetzt. Der Schild ist zweimal gespalten und zweimal geteilt. Der Herzschild zeigt den mit einem Schwert bewaffneten hessischen Löwen. Von (heraldisch) rechts oben nach links unten werden im Schild neun Felder für folgende ehemaligen, nun eingegliederten Herrschaften gezeigt:

Kleines Staatswappen des Großherzogtums Hessen

1. Landgrafschaft Hessen
2. Reichsfürstentum Mainz
3. Reichsfürstentum Worms
4. Grafschaft Ziegenhain
5. Kleines Staatswappen des Großherzogtums Hessen
6. Grafschaft Katzenelnbogen
7. Grafschaft Büdingen
8. Grafschaft Hanau
9. Grafschaft Nidda
Die fünf Spangenhelme tragen (ebenfalls heraldisch von rechts) die Helmzierden zum 4., 2., 1., 6. und 8. Feld. Zwei gekrönte Löwen dienen als Schildhalter.

Das Großherzogliche kleine Staatswappen besteht aus dem als Feld 5 bezeichneten Schild, der ebenfalls von zwei Löwen gehalten wird. Von den goldenen Ornamenten hängen folgende Orden herab: Der Großherzoglich Hessische Ludwigsorden mit einem achtspitzigen, schwarzen, rotbordierten und goldgesäumten Kreuz. Dieser wurde am 25. August 1807 von Großherzog Ludwig von Hessen-Darmstadt gestiftet. Die Verleihung des Großkreuzes war auf fürstliche Personen sowie auf das Prädikat „Exzellenz“ führende höchste Würdenträger beschränkt. Daneben ist der Großherzoglich Hessische goldene Löwenorden zu sehen. Schließlich noch der Großherzoglich Hessische Philippsorden, der am 1. Mai 1840 von Großherzog Ludwig II. von Hessen-Darmstadt als „Verdienstorden Philipp des Großmütigen“ zum Andenken an den von 1509 bis 1567 regierenden Ahnherrn gestiftet wurde. Der Orden konnte zur Belohnung besonderer Verdienste an Zivil- und Militärpersonen verliehen werden. Der alles überschirmende Purpurbaldachin ist mit einem edelsteinbesetzten Reif geschmückt und trägt eine königliche Krone.

Fürstenhymne

Die Fürstenhymne im Großherzogtum Hessen lautete[1] unter dem letzten Großherzog – der Text musste bei jedem Regierungs- und Namenswechsel des Regenten selbstverständlich angepasst werden:

Heil unserm Fürsten, Heil, Heil Hessens Fürsten, Heil
Ernst Ludwig Heil!
Herr Gott, dich loben wir, Herr Gott, wir flehn zu Dir:
Segne ihn für und für
Ernst Ludwig Heil!
[2]

Geschichte

Hessen-Darmstadt ab 1866

Am 14. August 1806 wurde die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, gegen Stellung hoher Militärkontingente an Frankreich und den Beitritt zum Rheinbund, von Napoleon zum Großherzogtum erhoben. Widrigenfalls drohte Napoleon mit Invasion. Gleichzeitig trat das Land aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation aus.

Durch Artikel 47 der Wiener Kongressakte erhielt Hessen-Darmstadt 1815/16 weitere Gebiete zugewiesen, unter anderem Worms, Alzey, Bingen und Mainz, das als Rheinhessen bezeichnet wurde. 1815 trat das Großherzogtum dem Deutschen Bund bei.

Infolge der Märzrevolution 1848 wurde der rheinhessische Liberale Heinrich von Gagern Ministerpräsident des Großherzogtums. Er vertrat die rheinhessischen Gebiete auch in der Frankfurter Nationalversammlung, deren Präsident er zeitweise war.

Nach der Niederlage im Deutschen Krieg von 1866 musste Hessen-Darmstadt im Friedensvertrag vom 3. September 1866 die Gebiete der Landgrafschaft Hessen-Homburg, die erst zu Beginn des Jahres nach Erlöschen der dortigen Seitenlinie an das Großherzogtum gefallen waren, abtreten. Ebenso das Hessische Hinterland an Preußen (zum hessischen Hinterland zählten der Landkreis Biedenkopf, der Landkreis Vöhl [einschließlich der Exklaven Eimelrod und Höringhausen]) sowie Teile des Landkreises Gießen. Im Gegenzug erhielt es den bisher kurhessischen Distrikt Katzenberg, das kurhessische Amt Dorheim um Bad Nauheim, sowie die Orte Treis an der Lumda, Massenheim, Rupendorf, und das nassauische Amt Reichelsheim, die Oberhessen zugeschlagen wurden. Ebenfalls ausgetauscht wurde das einzige südmainisch gelegene Dorf des untergegangenen Kurstaats, Rumpenheim, das zur Provinz Starkenburg kam.

Die nordmainische Provinz Oberhessen wurde 1866 Mitglied des Norddeutschen Bundes. 1871 wurde das gesamte Großherzogtum Bundesstaat des neu gegründeten Deutschen Reichs.

Nach Erstem Weltkrieg und Novemberrevolution wurde der amtierende Großherzog Ernst Ludwig am 9. November 1918 vom Darmstädter Arbeiter- und Soldatenrat abgesetzt. Im Unterschied zu allen anderen deutschen Monarchen dankte er jedoch nie ab[3]. De facto wurde aber 1918 aus dem Großherzogtum der republikanische Volksstaat Hessen.

Politisches System

Für den Landtag siehe auch: Landstände des Großherzogtums Hessen

Mit der am 17. Dezember 1820 eingeführten Verfassung des Großherzogtums Hessen beendete Großherzog Ludwig I. den Absolutismus in seinem Staat zugunsten einer konstitutionellen Monarchie mit einer aber nach wie vor starken Position des regierenden Großherzogs, der als Oberhaupt des Staates „alle Rechte der Staatsgewalt“ innehatte[4] und dessen Person „heilig und unverletzlich“[5] war.

Die Verfassung des Großherzogtums Hessen sah ein Zweikammersystem vor: Die Erste Kammer bestand aus den Prinzen des regierenden Hauses, den Häuptern standesherrlicher Familien, dem Erbmarschall, in Hessen war das seit 1432 der jeweilige Senior der Familie Riedesel Freiherren zu Eisenbach, dem örtlich zuständigen römisch-katholischen Bischof, also in der Regel dem Bischof von Mainz, einem vom Großherzog auf Lebenszeit in das Amt eines Prälaten erhobenen protestantischen Geistlichen, dem Kanzler der Landes-Universität oder dessen Stellvertreter sowie bis zu zehn Staatsbürgern, denen der Großherzog aufgrund besonderer Verdienste einen Sitz in der Kammer verleihen durfte."[6]. Voraussetzung für ein Amt in der ersten Kammer war zudem die Vollendung des 25. Lebensjahres.[7]

Die Zweite Kammer bestand aus sechs Abgeordneten, die der Adel aus seiner Mitte wählte, aus zehn Abgeordneten, die von den Bürgern der wichtigsten Städte des Großherzogtums, d.h. Darmstadt, Mainz, Gießen, Offenbach am Main, Friedberg, Alsfeld, Worms und Bingen, gewählt wurden (wobei Darmstadt und Mainz je zwei Abgeordnete, die anderen je einen stellten) sowie 34 weiteren Abgeordneten, die von den restlichen Städten und Gemeinden, die in Wahlkreisen eingeteilt waren, gewählt wurden.[8] Aktiv wahlberechtigt war, wer das 25. Lebensjahr vollendet hatte und wenigstens 20 Gulden direkte Steuern zahlte. Zur Veranschaulichung: In Darmstadt waren dies 1820 bei einer Einwohnerzahl von ca. 18.000 gerade einmal 2.799 Bürger.[9] Das aktive Wahlrecht wurde in einer Drei-Stufen-Wahl ausgeübt: Die wahlberechtigten Bürger wählten Bevollmächtigte, die wiederum Wahlmänner bestimmten, von denen dann erst die Abgeordneten gewählt wurden.[10] Wahlmann durfte man nur werden, wenn man wenigstens 30 Jahre alt war und zu den 60 Höchstbesteuerten im jeweiligen Wahlkreis gehörte.[11] Da zudem die Anzahl der Wahlmänner auf 25 festgesetzt wurde[12], hielt sich der tatsächliche Einfluss der von den Bürgern Bevollmächtigten stark in Grenzen.

Das passive Wahlrecht der letztendlich in der zweiten Kammer sitzenden Abgeordneten setzte eine Steuerquote von mindestens 100 Gulden direkter Steuern voraus. Wieder am Beispiel Darmstadt handelte es sich hierbei 1820 um lediglich 20 Bürger, die das passive Wahlrecht besaßen.[13]. Trotz des Rechts auf freie Wahlen blieb die politische Macht also in den Händen des Adels und der reichsten Bürger.

Als Reaktion auf die Märzrevolution wurde im Oktober 1850 ein Dreiklassenwahlrecht nach preußischem Vorbild eingeführt, was das Wahlsystem weiter zugunsten des Großbürgertums und des Adels veränderte.[14]

Großherzöge

Ludwigsmonument (für Ludewig I.) in Darmstadt
von bis Großherzog Residenzschloss Darmstadt
Das Residenzschloss der Großherzöge in Darmstadt
14. August 1806 6. April 1830 Ludwig I. (ab 1790 als Landgraf Ludwig X.)
6. April 1830 16. Juni 1848 Ludwig II.
16. Juni 1848 13. Juni 1877 Ludwig III.
13. Juni 1877 13. März 1892 Ludwig IV.
13. März 1892 November 1918 Ernst Ludwig

Präsidenten des Gesamtministeriums

Die offizielle Amtsbezeichnung des Ministerpräsidenten und Regierungschefs war „Präsident des Gesamtministeriums“. Amtsinhaber waren:

von bis Ministerpräsident
1821 1829 Karl von Grolman
1829 1848 Karl du Thil
1848 1848 Heinrich von Gagern
1848 1848 Carl Wilhelm Zimmermann
1848 1850 Heinrich Carl Jaup
1852 1871 Reinhard von Dalwigk
1871 1872 Friedrich von Lindelof
1872 1876 Karl von Hofmann
1876 1879 Philipp Gustav August Julius Rinck
1884 1898 Jakob Finger
1898 1906 Carl Friedrich Rothe
1906 1918 Christian von Ewald

Verwaltungsgliederung

Das Großherzogtum besaß drei Provinzen:

Zwischen 1803 und 1816 gab es in Hessen außerdem eine Provinz Westfalen (Sitz: Arnsberg), die anschließend an Preußen fiel.

Die Provinzen des Großherzogtums wurden 1832 in Kreise und Landratsbezirke eingeteilt. Am 31. Juli 1848 wurden die Provinzen, Kreise und Landratsbezirke zugunsten der Errichtung der elf Regierungsbezirke Alsfeld, Biedenkopf, Darmstadt, Dieburg, Erbach, Friedberg, Gießen, Heppenheim, Mainz, Nidda und Worms abgeschafft. Diese Reform wurde am 12. Mai 1852 wieder rückgängig gemacht. Die frühere Gliederung in Provinzen wurde wiederhergestellt und es wurde eine nunmehr flächendeckende Einteilung in 26 Kreise geschaffen:[15]

Die drei Provinzen hatten zunächst keine Landverbindung miteinander: Starkenburg und Rheinhessen waren durch den Rhein getrennt. Zwischen den Provinzen Oberhessen und Starkenburg lag „ausländisches“ Territorium, zunächst das Kurfürstentum Hessen und die Freie Stadt Frankfurt, ab 1866 Preußen. Die Landverbindung zwischen Starkenburg und Rheinhessen wurde erstmals mit der von der Hessischen Ludwigsbahn errichteten Südbrücke in Mainz 1862 hergestellt. Diese innerstaatliche Segmentierung beeinflusste auch die wirtschaftliche Entwicklung des Großherzogtums.

Wirtschaft

Währung und Zoll

1 Kronenthaler Großherzog Ludewigs I.

Das Großherzogtum Hessen hatte 1828 mit dem Preußisch-Hessischen Zollverein eine Zollunion mit Preußen geschaffen, die 1834 im Deutscher Zollverein aufging. Das Großherzogtum war Mitglied im Süddeutschen Münzverein und prägte Gulden- und Kreuzer-Münzen.

Eisenbahn

Bahnhof der Hessischen Ludwigsbahn in Darmstadt

Erste private Initiativen zum Bau eines Eisenbahnnetzes, das die Strecken Frankfurt–Darmstadt–Heidelberg und eine Zweigstrecke nach Mainz vorsah, scheiterten 1838, weil die Gesellschaft, die sich dafür gründete, das Kapital nicht aufbringen konnte. Der Staat weigerte sich, in das Projekt einzusteigen.[16] Schon hier zeigt sich, wie in der Folge weiter, dass das Großherzogtum eigentlich keine stringente Eisenbahnpolitik betrieb, sondern später lediglich bei einzelnen Projekten half oder auch selbst als Eisenbahnunternehmer auftrat, ohne ein umfassendes Konzept zu verfolgen.

Während die Provinz Starkenburg mit der Main-Neckar-Bahn recht früh eine zentrale Eisenbahnanbindung erhielt und die Provinz Oberhessen durch die Main-Weser-Bahn wenigstens randlich erschlossen wurde – an beiden Bahnen hielt das Großherzogtum Anteile und sie wurden als Kondominalbahnen betrieben – wurde der Eisenbahnbau für die dritte Provinz, Rheinhessen, durch die private Hessische Ludwigsbahn vorgenommen, die sich zu einer der größten deutschen Privatbahnen entwickelte. Sie unterhielt ein dichtes Netz von Strecken in den Provinzen Rheinhessen, Starkenburg und darüber hinaus. Über die Stammstrecke Mainz–Ludwigshafen wurde ab 1853 Frankreich an das Schienennetz des Großherzogtums angebunden, was die Exportwirtschaft des Großherzogtums förderte (→Jambon de Mayence). Die weitere Erschließung der Provinz Oberhessen durch die Eisenbahnen erfolgte durch die Großherzoglich Hessischen Staatseisenbahnen. All diese Bahnen – die Ludwigsbahn war zuvor verstaatlicht worden – wurden 1897 in die Preußisch-Hessische Eisenbahngemeinschaft eingebracht.

Unternehmen

Die Fabrik von Merck in der Darmstädter Innenstadt im Jahr 1892

Eine Reihe von weltweit bekannten Unternehmen bildeten sich im Großherzogtum Hessen. Schwerpunkte der wirtschaftlichen Tätigkeit waren Darmstadt (z.B. Merck KGaA) und Mainz (z.B. Werner & Mertz (Erdal, die Sektkellerei Kupferberg, diverse Verlage, darunter Verlag Philipp von Zabern). Durch seine Wurzeln in der kurfürstlichen Luxusgüterherstellung war Mainz führend in der Fabrikation von Firnissen und Lacken (Lackfabrik Ludwig Marx) sowie feinem Leder (Mayer-Michel-Deninger) und der Fabrikation von Luxusmöbeln wie auch Parkett (Bembé). Auch Worms war für seine Lederfabrikation bekannt, „Offenbacher Lederwaren“ sind heute noch ein Begriff. Einen der wichtigsten Industriezweige des Landes bildete die Tabak- und Zigarrenherstellung, die etwa 200 Fabriken betrieb. Friedrich Koch hatte intensive Geschäftsbeziehung in alle Welt und belieferte von Oppenheim aus namhafte pharmazeutische Unternehmen mit Chinin. Aus Mombach wurden durch den Verein für Chemische Industrie, heute Ineos Paraform, Essigsäure, essigsaure Salze und Methylpräparate sowie Eisenbahn- und Straßenbahnwagen durch die Waggonfabrik Gebrüder Gastell geliefert. In Offenbach wurden Anilin- und Alizarinfarben hergestellt und Worms produzierte Wasserglaschemie.[17] Daneben betrieb auch der Staat Unternehmen wie die Großherzoglich hessische Landeslotterie.

Kultur

St.-Ludwigs-Kirche in Darmstadt
Hessisches Landesmuseum Darmstadt
Hochzeitsturm und Ausstellungshalle auf der Mathildenhöhe in Darmstadt
Sprudelhof in Bad Nauheim

Dem Widerstand gegen das reaktionäre "System du Thil" entstammen die ersten Werke von Georg Büchner.

Georg Moller (1784-1852), führender Architekt und Stadtplaner wurde 1810 Oberbaurat und Hofbaudirektor des Großherzogtums und errichtete eine Reihe öffentlicher Gebäude: Die St.-Ludwigs-Kirche (erster nach-reformatorischer römisch-katholischer Sakralbau Darmstadts), das Landestheater, Luisenplatz mit Ludwigssäule, das Mausoleum auf der Rosenhöhe und die Freimaurerloge – das heutige „Moller-Haus“. Außerhalb der Landeshauptstadt errichtete er im Großherzogtum das Stadttheater der Provinzhauptstadt Mainz und er setzte das Schloss Biedenkopf wieder in Stand.

Georg Moller ist unter anderen die Rettung der karolingischen Torhalle in Lorsch zu verdanken, heute ein von der UNESCO anerkanntes Weltkulturerbe. 1818 bewog er Großherzog Ludewig dazu, die erste Denkmalschutzverordnung zu erlassen

Das Hessische Landesmuseum geht auf eine Stiftung des Großherzogs Ludwig I. aus dem Jahr 1820 zurück, der seine Kunst- und Naturaliensammlung dem Staat schenkte. Die Sammlung war seit dem 17. Jahrhundert von den Landgrafen von Hessen-Darmstadt kontinuierlich aufgebaut worden und konnten in den Folgejahren durch Ankäufe und Schenkungen bedeutend erweitert werden. Zunächst im Schloss untergebracht, wurde deshalb ein eigenes Gebäude zunehmend erforderlich. 1897 wurde auf Veranlassung von Großherzog Ernst Ludwig dem Architekten Alfred Messel, der sich in Berlin mit Ideen zur Planung eines Idealmuseums profiliert hatte, der Auftrag erteilt. Das Museum konnte 1906 seiner Bestimmung übergeben werden.

Großherzog Ernst Ludwig war ein großer Förderer der bildenden Kunst und – im Gegensatz zu den meisten seiner Standesgenossen, etwa Kaiser Wilhelm II., auch moderner Kunst, insbesondere des Jugendstils. Als Enkel der Königin Viktoria hatte er sich bei Besuchen in England mit dem Arts and Crafts Movement vertraut gemacht. 1899 berief er sieben junge Künstler, die in Darmstadt eine Künstlerkolonie bildeten. Er ließ auf der Mathildenhöhe durch den Architekten Joseph Maria Olbrich ein Ateliergebäude errichten, außerdem hatten die Künstler die Möglichkeit, sich eigene Wohnhäuser zu bauen. Neben Olbrich waren das u. a. Peter Behrens, Hans Christiansen und Ludwig Habich. Zwischen 1901 und 1914 fanden vier Ausstellungen zur Kunst des Jugendstils auf der Mathildenhöhe statt. In Bad Nauheim entstand – überwiegend durch diese Künstler – ein einzigartiges Ensemble von Kur-Anlagen: Sprudelhof, Trinkkuranlage, Badehäuser, Parks und die Maschinenzentrale nebst Wäscherei. Da dieses Ensemble heute auch in seinen Details noch weitgehend erhalten ist, prägt es das Stadtbild und macht es zu einem außerordentlichen Gesamtkunstwerk der Zeit um 1910.

Mit dem Gesetz, den Denkmalschutz betreffend vom 16. Juli 1902 schuf das Großherzogtum das erste moderne, kodifizierte Denkmalschutzgesetz Deutschlands.[18]

Eine bis heute nachwirkende Bedeutung hatte der Umstand, dass Hessen-Darmstadt Anfang des 20. Jahrhunderts andere Rechtschreibregeln als die benachbarten Länder Preußen und Bayern für die Eigennamen seiner Gemeinden anwendete. So wurde in Preußen 1910 "die Schreibweise der Orts- und Verwaltungsbezirksnamen mit einem unterscheidenden Vorsatzworte wie Alt, Neu, Groß, Klein, Bergisch, Deutsch usw. - sofern sie nicht jetzt schon in einem Worte geschrieben werden - ohne Bindestrich, dagegen solche, die sich aus zwei oder mehreren Stammnamen zusammensetzen, wie Schleswig-Holstein, Beeskow-Storkow usw. mit einem Bindestrich als die amtliche richtige festgesetzt.[19]. Auch in Bayern wurde die Schreibung mit Bindestrich nicht praktiziert. In Hessen-Darmstadt wurde er hingegen verwendet. Daraus ergibt sich, dass bis heute die frühere Zugehörigkeit zu Hessen-Darmstadt an der Schreibweise eines Ortsnamens erkennbar wird, die von der entsprechenden mit einem anderen Zusatz abweicht, wenn jener Ort in Bayern oder Preußen gelegen hat, etwa in Fällen wie Mittel-Gründau/Niedergründau, Pohl-Göns/Ebersgöns, Gau-Algesheim/Waldalgesheim, Neu-Bamberg/Altenbamberg. Da die Eisenbahnen in Hessen-Darmstadt 1897 mit den Preußischen Staatseisenbahnen zusammengeschlossen wurden, galt jedoch für die Schreibweise der Bahnhofsnamen in Hessen-Darmstadt sehr wohl die preußische Rechtschreibregelung von 1910. So finden sich bis heute Bahnhofsnamen wie "Groß Gerau" in Groß-Gerau oder "Hohensülzen" in Hohen-Sülzen.

Literatur

  • Helmut Schmahl: Verpflanzt, aber nicht entwurzelt: Die Auswanderung aus Hessen-Darmstadt (Provinz Rheinhessen) nach Wisconsin im 19. Jahrhundert. Frankfurt am Main (u. a.) 2000 (Mainzer Studien zur Neueren Geschichte, 1)

Weblinks

 Wikisource: Hessen – Quellen und Volltexte
 Commons: Grand Duchy of Hesse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ulrich Becke: Frittie und Prinzessin Sonnenschein. Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein – ein zerissener Poet. In: Festschrift. 100 Jahre Dankeskirche Bad Nauheim 1906 – 2006. Bad Nauheim 2006, S. 25.
  2. Melodie: God Save the Queen / Heil dir im Siegerkranz.
  3. Manfred Knodt: Die Regenten von Hessen-Darmstadt. Verlag H. L. Schlapp, Darmstadt, 2. Auflage 1977, S. 149.
  4. Artikel 4 Abs. 1 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
  5. Artikel 4 Abs. 2 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
  6. Artikel 52 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
  7. Artikel 54 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
  8. Artikel 53 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
  9. Eckhart G. Franz: Darmstadts Geschichte - Fürstenresidenz und Bürgerstadt im Wandel der Jahrhunderte. Darmstadt 1980. ISBN 3-7929-0110-2, S. 306.
  10. Artikel 57 Abs. 2 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
  11. Artikel 57 Abs. 3 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
  12. Artikel 57 Abs. 4 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
  13. Eckhart G. Franz: Darmstadts Geschichte - Fürstenresidenz und Bürgerstadt im Wandel der Jahrhunderte. Darmstadt 1980. ISBN 3-7929-0110-2, S. 306.
  14. Eckhart G. Franz: Darmstadts Geschichte - Fürstenresidenz und Bürgerstadt im Wandel der Jahrhunderte. Darmstadt 1980. ISBN 3-7929-0110-2, S. 306.
  15. Philipp A. F. Walther: Das Großherzogthum Hessen nach Geschichte, Land, Volk, Staat und Oertlichkeit. 1854, abgerufen am 22. Juli 2009.
  16. Horst Schneider: Die Eisenbahnpolitik des Großherzogtums Hessen in ihren Anfängen. In: Die Bahn und ihre Geschichte = Schriftenreihe des Landkreises Darmstadt-Dieburg 2. Hrsg.: Georg Wittenberger / Förderkreis Museen und Denkmalpflege Darmstadt-Dieburg. Darmstadt 1985, S. 8-15.
  17. Hessen (Großherzogtum: Industrie, Handel und Verkehr) in Meyers Konversations-Lexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892
  18. Eckhart Franz: „Habe Ehrfurcht vor dem Alten und Mut, das Neue frisch zu wagen!“ Die Denkmalpflege im kulturpolitischen Konzept Großherzog Ernst Ludwigs. In: 100 Jahre Denkmalschutzgesetz in Hessen. Geschichte – Bedeutung – Wirkung. Stuttgart 2003, S. 23-28. ISBN 3-8062-1855-2; Winfried Speitkamp: Entstehung und Bedeutung des Denkmalschutzgesetzes für das Großherzogtum Hessen von 1902. In: 100 Jahre Denkmalschutzgesetz in Hessen. Geschichte – Bedeutung – Wirkung. Stuttgart 2003. ISBN 3-8062-1855-2; Jan Nikolaus Viebrock: Hessisches Denkmalschutzrecht. (= Kommunale Schriften für Hessen). 3. Auflage. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2007. ISBN 978-3-555-40310-6, S. 9, Rdnr. 18.
  19. [1], [2]

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