Gymnastiksandale

Gymnastiksandale
Gymnastiksandale von Berkemann

Die Gymnastiksandale besteht aus einem anatomisch geformten Holzfußbett mit dünner Gummilaufsohle, das durch einen Querriemen (mit Filz oder Moosgummi gepolsterter, einstellbarer Lederriemen) über dem Ballenbereich am Fuß gehalten wird.

Inhaltsverzeichnis

Effekt

Die einfache Befestigung mit dem Querriemen (früher aus Glattleder mit Filz unterlegt; heute aus Kunstleder in Nubukoptik und mit Moosgummi gepolstert) erfordert bei jedem Schritt eine aktive Krallbewegung der Zehen (Greifreflex), damit die Sandale nicht vom Fuß fällt. So werden beim Laufen durch den kontinuierlichen Wechsel von Muskelanspannung und -entspannung die Muskulatur des Fußes (die zu großen Teilen im Unterschenkel sitzt und nur durch Sehnen im Fuß vertreten ist) trainiert, die Durchblutung gefördert und so diversen Fuß- (z. B. Senk- und Plattfuß) und Beinkrankheiten (z. B. Krampfadern) vorgebeugt. Die Holzsohle wirkt klimatisierend.

Geschichte

Gymnastiksandalen erschienen erstmals Mitte der 50er Jahre, als der Hamburger Hersteller Berkemann sie mit Unterstützung des damaligen deutschen Orthopädiepapstes Professor Wilhelm Thomsen auf den Markt brachte. Die Sandale selbst geht zurück auf eine Erfindung des Sportlehrers Wiessner (Mitte der 1930er Jahre).

Die Gymnastiksandale etablierte sich recht schnell und wurde in den 1960er Jahren zum Trend. Laut Firmenangaben wurde in einigen Jahren mehr als 1 Million Sandalen pro Jahr verkauft. Durch das Hochschnalzen des Sandalenbodens unter die Fußsohle beim „Abrollen“, entsteht ein Klappgeräusch. Deshalb etablierte sich auch die Bezeichnung „Holzklepper“ oder „Klapperlatschen“ für diese Schuhform. In den 60er Jahren führte das dazu, dass die Sandalen an einigen Schulen wegen des entstehenden Lärms verboten wurde. Ursprünglich gab es die Berkemann-Sandalen nur in den Riemenfarben Weiß, Braun und Rot. Später kamen Blau und Schwarz als Standardfarben sowie eine Vielzahl anderer Farben als Sonderfarben hinzu. Die Riemen wurden bzw. werden auch einzeln als Ersatz angeboten, weil diese im Gegensatz zum sehr langlebigen Holzfußbett früher verschleißen.

Anfang der 1960er-Jahre brachte Birkenstock seine erste Sandale mit Kork-Tieffußbett (Birkenstock-Fußbett) auf den Markt. Diese nannte sich ebenfalls „Gymnastiksandale“ und wurde mit einem Querriemen gehalten. Bei der Gymnastiksandale von Birkenstock wird nicht nur auf das Training der Fuß- und Wadenmuskulatur gesetzt, sondern auch auf das Schonungsprinzip, d. h. der Fuß wird durch das anatomisch ausgeformte Fußbett bei der natürlichen Schrittabwicklung entlastet und unterstützt.

Bis zum Jahr 1970 hatten sich über 10 Millionen Berkemann Gymnastiksandalenpaare verkauft. In den 1990er Jahren setzte noch einmal eine wesentlich schwächere Modewelle der Holzsandalen ein.

Die Firma Dr. Scholl (Chicago/USA) brachte in den 1950er Jahren ein sehr ähnliches Modell auf den Markt (William Scholl, Enkel des Firmengründers, hatte nach dem 2. Weltkrieg in Europa diese Holzsandale entdeckt, produzierte und verkaufte sie als Gesundheitsschuh in den USA) zog dieses aber wegen des geringen Erfolges wieder zurück. Mit starker Marketing und PR-Unterstützung gelang es der Firma 1996 das Modell doch noch zu etablieren. Anders als bei der Berkemann-Sandale sind bei diesem Modell die Riemen nicht austauschbar, sondern mit Nieten beziehungsweise Schrauben an der Holzsohle befestigt.

Seit 2003 gibt es ein Nachfolgemodell der ursprünglichen Berkemann Gymnastiksandale, die Berkilette (optisch flotter, dünnerer Boden mit etwas anderem „Oberflächenrelief“, zusätzliche dünne EVA-Zwischensohle und einem Querriemen aus mit Moosgummi gepolstertem Nubuk).

Verwendung

Die Gymnastiksandale wird von beiden Geschlechtern entweder als Hausschuh oder als Sommerschuhwerk genutzt. Aufgrund ihrer Robustheit und weitgehenden Wasserunempfindlichkeit ist sie auch bei Saunagängern beliebt. Als Berufsbekleidung ist sie besonders im medizinischen Bereich verbreitet. Das Gehen mit Gymnastiksandalen erfordert anfangs etwas Übung, weil sich die Füße erst an die starre Holzsohle und an die Greifbewegung der Zehen gewöhnen müssen. Ferner tritt der erwünschte gesundheitliche Effekt nur ein, wenn die Sandalen regelmäßig über einen längeren Zeitraum möglichst oft getragen werden.

Literatur

  • Helge Sternke: Alles über Herrenschuhe. Nicolai Verlag, Berlin, 2006, 560 S., 450 Abb., ISBN 3-89479-252-3
  • Der Spiegel, 14/2002 vom 30. März 2002, Seite 202

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