Géza Alföldy

Géza Alföldy

Géza Alföldy (* 7. Juni 1935 in Budapest; † 6. November 2011 in Athen) war ein ungarisch-deutscher Althistoriker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Von 1953 bis 1958 studierte Géza Alföldy an der Universität Budapest, wo er auch 1959 promoviert wurde. 1957 bis 1960 war Alföldy Mitarbeiter am Stadtmuseum Budapest, von 1960 bis 1965 Assistent am Institut für Alte Geschichte an der Universität Budapest. 1965 emigrierte er in die Bundesrepublik Deutschland, wo er zunächst von 1965 bis 1968 Mitarbeiter am Rheinischen Landesmuseum Bonn war. Während dieser Zeit habilitierte sich Alföldy 1966 an der Universität Bonn, wo er auch von 1968 bis 1970 Hochschuldozent war und schließlich eine außerplanmäßige Professur antrat. Noch im selben Jahr wurde er ordentlicher Professor für Alte Geschichte an der Universität Bochum. Von 1975 bis zu seiner Emeritierung 2002 war Alföldy schließlich Professor für Alte Geschichte an der Universität Heidelberg. Noch nach der Neubesetzung des Lehrstuhles 2004 lehrte er bis 2005 in Selbstvertretung weiter. 2003 fungierte er zudem als historischer Berater für den zweiteiligen Historienfilm Augustus – Mein Vater der Kaiser mit Peter O’Toole in der Titelrolle.

Am 6. November 2011 erlag Alföldy bei einem Besuch auf der Akropolis von Athen einem Herzinfarkt, nur wenige Wochen nach dem Erscheinen der überarbeiteten und ergänzten Neuauflage seiner Römischen Sozialgeschichte. Er war unterwegs nach Korfu, wo ihm am 9. November 2011 der Ehrendoktortitel der dortigen Universität hätte verliehen werden sollen.

Werk

Forschungsschwerpunkte Alföldys waren die Geschichte und Epigraphik des römischen Reichs, römische Sozial-, Heeres- und Verwaltungsgeschichte, die Geschichte der römischen Provinzen, die Historiographie der Kaiserzeit und der Spätantike sowie die Römische Prosopographie.

In den 90er Jahren beschäftigte Alföldy sich auch mit der modernen Geschichte seines Heimatlandes Ungarn.

Im Rahmen seiner epigraphischen Studien bereiste Gezá Alföldy diverse Länder (Ägypten, Albanien, Algerien, Frankreich, Großbritannien, Griechenland, Italien, Jordanien, Jugoslawien, Libyen, Österreich, Portugal, Spanien, Syrien, Türkei, Tunesien, Ungarn und Zypern), um dort Inschriften im Original zu erforschen.

Zudem war Alföldy unter anderem Gastprofessor am Institute for Advanced Study in Princeton (1972/73), in Rom 1986 und 2003, 1991 in Paris und Pécs (dort auch noch 1993), in Poznań 1992, Budapest 1993 sowie in Barcelona 1997 und 1998. Des Weiteren hielt er diverse wissenschaftliche Vorträge im In- und Ausland und betreute zahlreiche Nachwuchswissenschaftler während ihrer Promotion oder Habilitation (mehr als ein Dutzend allein seit 1992).

Alföldy trat auch als Mitherausgeber zahlreicher internationaler Fachzeitschriften und Schriftenreihen hervor, besonders mit seinem Namen verknüpft sind die Heidelberger Althistorischen Beiträge und Epigraphischen Studien (HABES), die er allein seit 1986 herausgibt. Alföldy ist korrespondierendes Mitglied oder sogar Ehrenmitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften und Akademien und seit 1978 ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. In der Wissenschaftsorganisation tätig war er außer an der Heidelberger Akademie auch an vielen anderen deutschen Forschungsinstitutionen, etwa der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Deutschen Archäologischen Institut, außerdem an italienischen, französischen und spanischen Einrichtungen zur Erforschung des klassischen Altertums.

Schriften (Auswahl)

  • Bevölkerung und Gesellschaft der römischen Provinz Dalmatien. Akadémiai Kiadó, Budapest 1965.
  • Die Legionslegaten der römischen Rheinarmeen. Köln, Böhlau Verlag, 1967 (Epigraphische Studien, 3) (Beihefte der Bonner Jahrbücher, 22).
  • Epigraphische Studien. Rheinland-Verlag, 1968.
  • Die Hilfstruppen der römischen Provinz Germania inferior. Rheinland-Verlag, Düsseldorf, 1968 (Epigraphische Studien, Band 6).
  • Fasti Hispanienses. Senatorische Reichsbeamte und Offiziere in den spanischen Provinzen des römischen Reiches von Augustus bis Diokletian. Steiner, Wiesbaden 1969.
  • Flamines provinciae Hispaniae Citerioris. CSIC Arqueologia, Madrid 1973.
  • Probleme der Geschichtswissenschaft. Pädagogischer Verlag Schwann, Düsseldorf, 1973 (Geschichte und Gesellschaft Bochumer Historische Studien).
  • Noricum. Routledge & Kegan Paul, London 1974.
  • Römische Sozialgeschichte. Steiner, Wiesbaden 1975, ISBN 3-515-02045-4 (Wissenschaftliche Paperbacks Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd. 84). 4., völlig überarbeitete und aktualisierte Auflage: Steiner, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-515-09841-0.
  • Die Römischen Inschriften von Tarraco.. RIT, Berlin 1975 (Madrider Forschungen 10).
  • Los Baebii de Saguntum. Servicio de Investigacion Prehistorica, Valencia 1977.
  • Konsulat und Senatorenstand unter den Antoninen. Prosopographische Untersuchungen zur senatorischen Führungsschicht. Habelt, Bonn 1977.
  • Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft des Römischen Kaiserreiches. Erwartungen und Wertmaßstäbe. Carl Winter Universitätsverlag , Heidelberg 1980 (Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Jg. 1980, 8).
  • Sir Ronald Syme, 'Die römische Revolution' und die deutsche Althistorie. 1983.
  • Römische Statuen in Venetia et Histria: Epigraphische Quellen. Universitätsverlag C. Winter, Heidelberg 1984 (Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse, Jahrgang 1984, 3. Abhandlung).
  • Römisches Städtewesen auf der neukastilischen Hochebene. Ein Testfall für die Romanisierung. Universitätsverlag C. Winter, Heidelberg, 1987 (Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Jahrgang 1987,3).
  • Antike Sklaverei. Widersprüche, Sonderformen, Grundstrukturen. 1988.
  • Der Obelisk auf dem Petersplatz in Rom. Ein historisches Monument der Antike. Heidelberg 1990.
  • Die Bauinschriften des Aquäduktes von Segovia und des Amphitheaters von Tarraco. de Gruyter, Berlin 1997, ISBN 3-11-014418-2 (Madrider Forschungen, 19).
  • Ungarn 1956. Aufstand, Revolution, Freiheitskampf. 2. Auflage. Universitätsverlag C. Winter, Heidelberg 1998, ISBN 3-8253-0553-8 (Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 2).
  • Die römische Gesellschaft. Ausgewählte Beiträge. Steiner, Stuttgart 1998.
  • Die Krise des Römischen Reiches. Steiner, Stuttgart 1998.
  • Städte, Eliten und Gesellschaften in der Gallia Cisalpina. Epigraphisch-historische Untersuchungen. Steiner, Stuttgart 1999.
  • Das Imperium Romanum - ein Vorbild für das vereinte Europa?. Schwabe, Basel 1999 (Jacob-Burckhardt-Gespräche auf Castelen, 9).
  • Provincia Hispania superior Universitätsverlag C. Winter, Heidelberg, 2000 (Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 19).
  • (mit Silvio Panciera): Inschriftliche Denkmäler als Medien der Selbstdarstellung in der römischen Welt. Steiner, Stuttgart 2001.

Auszeichnungen

Ehrendoktorate

Weitere Auszeichnungen

  • 1965: Ungarische Archäologische und Kunsthistorische Gesellschaft, Kuzsinszky-Medaille (die damals beschlossene Verleihung, die wegen der Emigration aus Ungarn nicht mehr stattfinden konnte, wurde 1992 vollzogen)
  • 1986: Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft
  • 1988: Medaille der Universitat Central de Barcelona, Facultat de Filosofia i Lletres de Tarragona
  • 1992: Max-Planck-Forschungspreis, gemeinsam mit Silvio Panciera (Universität La Sapienza)
  • 1997: Institut d’Estudis Catalans (Barcelona), “Premi Internacional Catalònia de 1997”
  • 1997: Centro Segoviano, Premios “Tierra de Segovia: sus hijos y sus obras”: “Premio Andrés Laguna”
  • 1997: Gedenkplakette der Stadt Rom
  • 1997: Gedenkplakette des Präsidenten der Republik Ungarn “Nagy Imre” für “herausragende Arbeit in der Pflege des Geistes der Revolution von 1956”
  • 1998: Medaille der Universidade A Coruña – Ferrol
  • 2000: Medaille der Universität La Rioja
  • 2000: Medaille der Universidad de Valladolid
  • 2001: Creu-de-Sant-Jordi-Preis der Regierung Kataloniens
  • 2002: Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
  • 2006: Universitätsmedaille der Heidelberger Universität (für seinen Einsatz für die internationalen Beziehungen)

Literatur

Weblinks


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