Gütergemeinschaft (Ehe)

Gütergemeinschaft (Ehe)

Bei der Gütergemeinschaft handelt es sich um einen Güterstand, der bei manchen Ehen und eingetragenen Partnerschaften zur Anwendung kommt. Sie ist ursprünglich im kontinentaleuropäischen Rechtskreis beheimatet, findet sich neuerdings aber auch in manchen vom angloamerikanischen Common law geprägten Rechtsordnungen.

Es wird zwischen der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Gütergemeinschaft auf den Todesfall und verschiedenen Formen der beschränkten Gütergemeinschaft (Errungenschaftsgemeinschaft, Fahrnisgemeinschaft) unterschieden. Wird nur von Gütergemeinschaft gesprochen, ist in aller Regel die allgemeine gemeint.

Prägend für die Gütergemeinschaft ist, dass das Vermögen der beiden Partner grundsätzlich gemeinschaftliches Vermögen der beteiligten Partner ist. Dies findet seine Begründung in der Überlegung, dass das gemeinschaftliche Vermögen Ausdruck der zumindest theoretisch genau gleichen Anteile beider an der Gründung und dem weiteren Funktionieren der Familie ist.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

Die Gütergemeinschaft ist nach deutschem Familienrecht ein vertraglicher Güterstand zwischen Eheleuten (vgl. § 1415 BGB). Auf Lebenspartner finden die Regelungen über die Gütergemeinschaft entsprechende Anwendung (§ 7 LPartG).

Entwicklung

Vor Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) war die Gütergemeinschaft gesetzlicher Güterstand in Ost- und Westpreußen, Westfalen und vielen Teilen Norddeutschlands und Bayerns. Vom Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 bis zum 30. Juni 1958 führte die Vereinbarung einer Gütergemeinschaft automatisch zur (aus heutiger Sicht) Sonderform der fortgesetzten Gütergemeinschaft. Bei ihr fällt der Anteil des erstversterbenden Ehegatten an die ehegemeinschaftlichen Kinder, so dass die Gütergemeinschaft vom überlebenden Ehegatten mit den Kindern fortgesetzt wird. Der überlebende Ehegatte - meist die Frau - hat das Verwaltungsrecht (daher: "Witwenherrschaft"). Wollte man die Fortsetzung der Gütergemeinschaft mit den Kindern nicht, musste die Fortsetzung bis 1958 im Ehevertrag ausdrücklich ausgeschlossen werden. Seit dem 1. Juli 1958 wurde dieses Regel-Ausnahmeverhältnis umgekehrt. Seitdem führt die Vereinbarung von Gütergemeinschaft automatisch zur einfachen Gütergemeinschaft, bei welcher der Anteil des erstversterbenden Ehegatten in dessen Nachlass fällt und vererbt wird. Die Gütergemeinschaft als rein vertraglicher Güterstand ist heute eher selten geworden. Man trifft sie vor allem im süddeutschen Raum an (Bodenseeraum, Schwarzwald). Der Regel-Güterstand ist heute der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, der gilt, sofern die Ehegatten nichts abweichendes vereinbart haben. Außerdem existiert als vertraglicher Güterstand die Gütertrennung.

Begründung

Der Güterstand der Gütergemeinschaft wird durch notariell beurkundeten Ehevertrag vereinbart.

Die verschiedenen Vermögensmassen

Eigentümlich für die Gütergemeinschaft ist, dass das Vermögen der Eheleute in bis zu fünf voneinander getrennte Vermögensmassen zerfällt. Das Gesamtgut ist das Vermögen, das den Eheleuten gemeinsam zur gesamten Hand zusteht. Darüber hinaus hat jeder Ehegatte noch Vorbehaltsgut und Sondergut.

Durch die Gütergemeinschaft wird das Vermögen der Eheleute grundsätzlich vollständig gemeinschaftliches Vermögen beider Ehepartner (Gesamtgut). Damit werden auch für die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten bestimmten Sachen, wie Haushaltsgegenstände, Schmuck und Arbeitsgeräte, Gesamtgut. Gesamtgut wird sowohl das Vermögen, welches die Verlobten vor Eheschließung hatten, als auch das Vermögen, welches die Ehegatten während der Ehe erwirtschaften. Auch dasjenige, was die Ehegatten durch ihre Arbeit oder durch den selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes erlangen, fällt somit dem Gesamtgut an.

Vorbehaltsgut sind diejenigen Gegenstände aus dem Vermögen eines Ehegatten, die durch Ehevertrag für Vorbehaltsgut erklärt sind. Vorbehaltsgut ist auch, was einem Ehegatten von Todes wegen oder unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung, der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, dass der Erwerb Vorbehaltsgut sein solle. Was ein Ehegatte als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zum Vorbehaltsgut gehörenden Gegenstandes (→Surrogat), auf Grund eines zu seinem Vorbehaltsgut gehörenden Rechts (v.a. Sach- und Rechtsfrüchte) oder durch Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das Vorbehaltsgut bezieht, fällt auch seinem Vorbehaltsgut an.

Zum Sondergut zählen die Gegenstände eines Ehegatten, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können (höchstpersönliche Rechte, z. B. ihm zustehende beschränkte persönliche Dienstbarkeiten).

Verwaltung des Vermögens

Im Ehevertrag soll geregelt werden, wie das Gesamtgut verwaltet wird (durch einen der beiden Ehegatten oder durch beide). Wird nichts geregelt, so verwalten die Ehegatten das Gesamtgut gemeinschaftlich. Bis 1953 oblag die Verwaltung des Gesamtgutes nur dem Mann.

Die Verwaltung hat ordnungsgemäß zu erfolgen. Der verwaltende Ehegatte hat den anderen Teil zu unterrichten und auf Verlangen über den Stand der Verwaltung Auskunft zu erteilen. Erfolgt die Verwaltung des Gesamtgutes durch einen Ehegatten, steht dem Verwalter in Ansehung der zum Gesamtgut gehörenden Gegenstände ein Recht zum Besitz zu. Der Verwalter hat umfangsreiche Verfügungsbefugnis über die Gegenstände des Gesamtgutes. Ausnahmen gelten etwa bei der Verfügung über das Gesamtgut im Ganzen oder über Grundstücke, die zum Gesamtgut gehören. Der materiellen Verfügungsbefugnis entspricht die Befugnis zur Prozessstandschaft bei Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das Gesamtgut beziehen. Eine über die Schlüsselgewalt hinausgehende Vertretungsbefugnis für und gegen den anderen Ehegatten ist dem Verwalter auch in Angelegenheiten des Gesamtgutes allerdings nicht eingeräumt.

Dagegen verwaltet jeder Ehegatte sein Sondergut und Vorbehaltsgut selbständig. Die Verwaltung des Sonderguts erfolgt auf Rechnung des Gesamtguts, die Verwaltung des Vorbehaltsguts auf eigene Rechnung.

Aufhebung

Die Gütergemeinschaft endet nicht durch Tod eines Ehegatten oder durch Scheidung. Sie endet vielmehr erst mit der Auseinandersetzung (z.B. durch das einer Aufhebungsklage stattgebende Urteil). Sofern es vereinbart wurde, wird die Gütergemeinschaft mit den gemeinschaftlichen Abkömmlingen der Ehegatten fortgesetzt (→fortgesetzte Gütergemeinschaft).

Dritten gegenüber können die im Rahmen des Ehevertrages getroffenen Vereinbarungen in der Regel nur nach Eintragung in das Güterrechtsregister geltend gemacht werden.

Andere Staaten

Belgien

Das belgische Recht kennt die Gütergemeinschaft als vertraglichen Wahlgüterstand in verschiedenen Ausprägungen. Zu ihrer Vereinbarung bedarf es eines notariellen Ehevertrages.[1]

Brasilien

Brasilien kennt die Gütergemeinschaft als comunhão universal de bens.

Frankreich

In Frankreich ist seit dem 1. Februar 1966 die Errungenschaftsgemeinschaft ("La communauté de biens réduite aux acquêts") als beschränkte Gütergemeinschaft der gesetzliche Güterstand (Art. 1400 - 1491 CC) . Der Code civil kennt weitere Formen der Gütergemeinschaft als vertragliche Wahlgüterstände (Art. 1497 - 1526 CC).

Italien

Italien kennt die Gütergemeinschaft als Comunione dei beni.

Mexiko

Auch Mexiko kennt die Gütergemeinschaft als sociedad conyugal.

Niederlande

In den Niederlanden ist die allgemeine Gütergemeinschaft (algehele gemeenschap van goederen) der gesetzliche Güterstand. [2] In einem Gesetzgebungsverfahren befindet sich eine Änderung hin zu einer beschränkten Gütergemeinschaft auf dem Weg.[3]

Österreich

Österreich kennt die Gütergemeinschaft als vertraglichen Wahlgüterstand (§ 1233 S. 2, §§ 1177 f. ABGB).

Polen

In Polen ist die Gütergemeinschaft der gesetzliche Güterstand. Sie erfasst alle Vermögensgegenstände, die während der Dauer der gesetzlichen Gütergemeinschaft von einem Ehegatten allein oder von beiden gemeinsam erworben werden (z.B. Haushaltsgeräte, Rentenanwartschaften). Im Unterschied zur Gütergemeinschaft nach deutschem Recht werden die bei der Eheschließung bereits vorhandenen Vermögensgegenstände von der Gütergemeinschaft nicht erfasst. Es handelt sich also eigentlich um eine Art der Errungenschaftsgemeinschaft.

Schweiz

Nach dem Schweizer ZGB ist die Gütergemeinschaft ein vertraglicher Güterstand, d.h. die Eheleute müssen ihn in einem Ehevertrag vereinbaren. Wie in Deutschland sind verschiedene Kategorien von Gütern (Gütermassen) vorhanden: diejenige der Ehegattin, diejenige des Ehegatten und diejenige, welche beiden gemeinsam gehören. Alles was nicht durch Ehevertrag ausgenommen ist, wird beiden Ehegatten gehörendes Gesamtgut und im Falle der Auflösung des Gütergemeinschaft zwischen ihnen aufgeteilt.

Tschechien

In Tschechien ist die Gütergemeinschaft der gesetzliche Güterstand.[4]

Türkei

Das türkische Recht kennt die Gütergemeinschaft in verschiedenen Arten als vertraglichen Wahlgüterstand (Art. 256-281 ZGB).

Vereinigte Staaten von Amerika

In den Vereinigten Staaten treffen neun Bundesstaaten Community Property-Regelungen für den ehelichen Güterstand. Es sind dies Arizona, Kalifornien, Idaho, Louisiana, Nevada, New Mexico, Texas, Washington, und Wisconsin. In einigen Fällen wurde dieser Güterstand aus dem mexikanischen Recht übernommen.

Quellenangaben

  1. Übersicht zum Güter- und Erbrecht Belgiens der Notarakademie Baden-Württemberg
  2. Übersicht zum Güter- und Erbrecht der Niederlande der Notarakademie Baden-Württemberg
  3. Länderbericht Niederlande 2004 - 2006
  4. Heiraten in Tschechien - Publikation einer tschechischen Anwaltskanzlei

Literatur

  • Thomas Wittich: Die Gütergemeinschaft und ihre Auseinandersetzung. Luchterhand, Neuwied 2000. ISBN 3-472-03039-9

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Gütergemeinschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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