HN3

HN3
Strukturformel
Stickstoffwasserstoffsäure
Allgemeines
Name Stickstoffwasserstoffsäure
Andere Namen
  • Azoimid
  • Hydrogenazid
Summenformel HN3
CAS-Nummer 7782-79-8 [1]
PubChem 24530
Kurzbeschreibung farblose, leicht flüchtige Flüssigkeit
Eigenschaften
Molare Masse 43,03 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,09 g·cm−3 (25 °C) [1]

Schmelzpunkt

−80 °C [1]

Siedepunkt

35,7 °C [1]

Dampfdruck

523 hPa [1] (20 °C [1])

pKs-Wert

7,9 (in DMSO)[2]

Löslichkeit

unbegrenzt mischbar mit Wasser [1]

Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [3]
keine Einstufung verfügbar
R- und S-Sätze R: siehe oben
S: siehe oben
MAK

0,1 ml·m−3; 0,18 mg·m−3 [1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Stickstoffwasserstoffsäure ist eine chemisch instabile, die Schleimhäute reizende Flüssigkeit. Sie ist äußerst explosiv. Das Azid-Ion N3 ist linear gebaut und isoelektronisch mit dem Kohlenstoffdioxid-Molekül. Die Salze der Stickstoffwasserstoffsäure werden Azide genannt. Aufgrund der Instabilität der Säure werden Azide allerdings nicht über die Stickstoffwasserstoffsäure erzeugt, sondern über das Natriumazid. Die Stickstoffwasserstoffsäure wird durch die Einwirkung der stärkeren Schwefelsäure auf das Natriumazid gewonnen.

Inhaltsverzeichnis

Gewinnung und Darstellung

  • Durch Reaktion von Salpetriger Säure mit Hydrazin im Überschuss in wässriger Salpetersäure oder Perchlorsäure bei einer H+-Konzentration von über 0,2 mol/l:
\mathrm{N_2H_5^+ + HNO_2 \longrightarrow HN_3 + H_2O + H_3O^+}
Ein Teil der Stickstoffwasserstoffsäure geht über die Reaktion
\mathrm{HN_3 + HNO_2 \longrightarrow N_2 + N_2O + H_2O}
verloren.
  • Durch Oxidation von Hydrazinnitrat mit wässriger, 10%iger Salpetersäure bei etwa 40 °C mit einer Ausbeute von etwa 35 %:
\mathrm{17 \ N_2H_4 + 16 \ HNO_3 \longrightarrow} \mathrm{4 \ HN_3 + 4 \ NH_4NO_3 + 4 \ N_2O + 11 \ N_2 + 32 \ H_2O}
  • Durch Elektrolyse einer gesättigten Lösung von Hydraziniumsulfat in 20%iger Schwefelsäure bei 0 °C und hoher anodischer Stromdichte.
  • Durch Umsetzung von Natriumamid mit Natriumnitrat in flüssigem Ammoniak bei 100 °C unter Druck[4]:
\mathrm{2 \ NaNH_2 + NaNO_3 \longrightarrow \ } \mathrm{ \ NaN_3 + 2 \ NaOH + H_2 O}
  • Die Methode, Natriumazidlösung mit Schwefelsäure zu neutralisieren und zu destillieren, führt zu unkontrollierten Explosionen. Günther und Meyer empfehlen daher, für die Herstellung von reiner Stickstoffwasserstoffsäure von reinem Natriumazid und Stearinsäure auszugehen.[5]

Eigenschaften

Stickstoffwasserstoffsäure ist eine farblose, leicht bewegliche Flüssigkeit. Sie ist hochexplosiv. Wasserfreie Stickstoffwasserstoffsäure explodiert beim Erwärmen und bei geringer Erschütterung. Auch konzentrierte Lösungen dürfen weder erhitzt noch plätschernd umgefüllt oder mit dem Gefäß hart aufgesetzt werden. Verdünnte wässrige Lösungen bis 20 % HN3 sind nicht explosiv. Als Behältermaterial sind Polyethylen, Glas, Edelstahl, Aluminium und Titan geeignet.

N3, das Anion der Stickstoffwasserstoffsäure

Die Stickstoffatome der Stickstoffwasserstoffsäure sind wegen der auftretenden Grenzstrukturen nicht linear angeordnet. Der Bindungswinkel am mittleren Stickstoffatom beträgt 173,3°, der Bindungswinkel beim Wasserstoffatom 108,8°.[6] Dagegen ist das Azidion (N3-Ion) linear aufgebaut. Die Stickstoff-Stickstoff-Bindungen besitzen auch unterschiedliche Längen. Dabei beträgt die H–N-Bindungslänge gasförmiger Stickstoffwasserstoffsäure 101,5 pm.[6]

Strukturformel der Stickstoffwasserstoffsäure mit Bindungswinkeln und Bindungslängen.

Verwendung

Natriumazid, das Natriumsalz der Stickstoffwasserstoffsäure, ist ein Grundstoff zur Synthese wichtiger Stickstoffverbindungen.

Natriumazid wird als Konservierungsmittel für Milchuntersuchungsproben und in der chemischen Synthese zur Einführung von Azidgruppen (–N3) und zur Darstellung von Triazolen verwendet.

Ein Gemisch aus Natriumazid, Kaliumperchlorat, Eisen(III)-oxid, Füllstoff und Binder dient als Treibladung für Airbags.

Einige Salze der Stickstoffwasserstoffsäure, insbesondere Bleiazid und Silberazid, sind als Initialsprengstoffe brauchbar.

Polyglycidylazid (GAP, (C3H5N3O)n) ist ein Polymerisat, das als energiereicher Binder in Feststoffraketen verwendet wird.

Verbindungen

Die Salze der Stickstoffwasserstoffsäure sind in manchen Eigenschaften den Chloriden ähnlich. Silberazid und Bleiazid sind farblos, schwerlöslich und hochexplosiv. Natriumazid (NaN3) ist in Wasser leicht löslich (420 g/L), lässt sich unzersetzt schmelzen und zerfällt ab 300 °C in kontrollierbarer Reaktion in metallisches Natrium und Stickstoff. Kupferazid Cu(N3)2 ist extrem brisant und explodiert oft schon bei Berührung.

Toxikologie

Stickstoffwasserstoffsäure ist sehr giftig, stark schleimhautreizend und hat einen unerträglichen durchdringenden Geruch. Beim Einatmen geringer Mengen entsteht zunächst ein Druckgefühl in der Nase.

Die tödliche Dosis beträgt weniger als 5 mg pro kg Körpergewicht. Vergiftungssymptome sind Übelkeit, Kopfschmerz, Schwindel, Blutdruckabfall und Herzrasen.

Quellen

  1. a b c d e f g h Eintrag zu CAS-Nr. 7782-79-8 in der GESTIS-Stoffdatenbank des BGIA, abgerufen am 11. Februar 2007 (JavaScript erforderlich)
  2. Boardwell pka-Tabelle
  3. In Bezug auf ihre Gefährlichkeit wurde die Substanz von der EU noch nicht eingestuft, eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  4. Holleman-Wiberg, Lehrbuch der Anorganischen Chemie, 101. Auflage, de Gruyter Verlag 1995 ISBN 3-11-012641-9
  5. G. Brauer (Hrsg.), Handbook of Preparative Inorganic Chemistry 2nd ed., vol. 1, Academic Press 1963, S. 472-4. ISBN 012126601X
  6. a b Nils Wiberg, Egon Wiberg und Arnold Fr. Holleman: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. Gruyter Verlag; 102., stark umgearb. u. verb. Auflage 2007; ISBN 978-3-11-017770-1; S. 681

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