Handelsbilanz (HGB)

Handelsbilanz (HGB)
Die Balkenwaage als Vorbild der Bilanz: Beide Seiten tragen den gleichen Betrag

Die Bilanz (ital. bilancia, Waage, im Sinne von Balkenwaage lat. bilanx, etwa Doppelwaage) ist eine Aufstellung von Herkunft und Verwendung des Kapitals eines Wirtschaftssubjekts – nachfolgend zumeist anhand eines Unternehmens erläutert. Die Bilanz ist eine kurzgefasste Gegenüberstellung von Vermögen (Aktiva) und Schulden (Passiva) in Kontenform.

Während die Namen Aktiva (Aktivseite, Aktiven) und Passiva (Passivseite, Passiven) weitgehend unbestritten sind, ist deren Umschreibung und Betrachtungsweise je nach Land, Branche und Verwendungszweck unterschiedlich: So kann man die Bilanzseiten bei einer statischen Handels- oder Steuerbilanz mit Guthaben und Schulden umschreiben. Die Begriffe Mittelverwendung (Investierung) oder Mittelherkunft (Finanzierung) sind typische Begriffe zur Beschreibung der dynamischen Geldflüsse für Bewegungsbilanzen innerhalb der Kapitalflussrechnung. Der Geldfluss (Cash Flow) findet dabei zwischen den verschiedenen Aktiv- und Passivkonten statt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Franziskanermönch und Mathematiker Luca Pacioli beschrieb 1494 in seinem Buch Summa de Arithmetica, Geometria, Proportioni et Proportionalità die erste geschlossene Darstellung der „Venezianischen Methode“ (doppelte Buchführung), wie sie vermutlich in den Fernhandel treibenden italienischen Stadtstaaten ausgeübt wurde. Venedig bildete damals das Zentrum einer Weltwirtschaft, die sich von Polen über Westeuropa und das Mittelmeer bis zum Schwarzen Meer erstreckte.[1] Das Grundprinzip der doppelten Buchführung, das auch für die Darstellung der Bilanz gilt, ist bis heute unverändert geblieben und wird weltweit angewandt.

Allgemeines

Die Bilanz ist Bestandteil des Jahres-, eines Zwischenabschlusses oder anderen Stichtagsanalysen eines Unternehmens. Sie stellt zusammen mit der Gewinn- und Verlustrechnung den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens in einer Vergangenheitsbetrachtung (in der Regel des abgelaufenen Geschäftsjahres im Jahresabschluss oder zu einem anderen Stichtag) dar. Eine Bilanz wird auf einen festgelegten Zeitpunkt erstellt, während die Gewinn- und Verlustrechnung für einen festgelegten Zeitraum erstellt wird. Der Zeitpunkt für die Erstellung der Bilanz heißt Bilanzstichtag. Rechentechnisch stellt die Bilanz die aus der Buchführung ermittelte zu einem Stichtag zusammengefasste und systematisch gegliederte Vermögensübersicht dar. Durch Vergleich der Endbestände der verschiedenen Aktiv- bzw. Passivkonten - insbesondere das Kapitalkonto - zu unterschiedlichen Zeitpunkten kann die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens zeitübergreifend dargestellt und durch Einsichtnahme in die Buchführung nachvollzogen werden. Aus diesem Grunde spricht man bei der Bilanzierung vom Betriebsvermögensvergleich.

Die Bilanz erfüllt folgende Funktionen:

  • Dokumentationsfunktion: Die Bilanz gibt eine verbindliche Auskunft über das vorhandene Vermögen des Unternehmens. Durch das Festhalten des Vermögens in der Bilanz wird diese zu einem handels- und steuerrechtlich erheblichem Rechenwerk über die vom Unternehmen getätigten Geschäfte. Die Bilanz stellt somit den formellen Abschluss der Buchhaltung dar.
  • Gewinnermittlungsfunktion: Eine weitere Funktion der Bilanz besteht in der Ermittlung des Periodengewinns. Der Vergleich des Eigenkapitals zu Beginn des Geschäftsjahres mit dem am Ende des Geschäftsjahres ergibt unter Berücksichtigung der Einlagen und Entnahmen den Gewinn oder Verlust einer Periode. Das Zustandekommen des Gewinns bzw. Verlusts wird detailliert nachgewiesen über die dem Eigenkapitalkonto vorgelagerte Gewinn- und Verlustrechnung (GuV).
  • Informationsfunktion: Diese kann in die Selbstinformation und die Drittinformation unterteilt werden. Ziel der Selbstinformation ist es, dem Kaufmann auf diesem Weg ein Instrument zur Steuerung des Unternehmens zu geben. Für interessierte Dritte (Gläubiger, potentielle Kreditgeber, Geschäftspartner, öffentliche Hand - z. B. Finanzamt, IHK, Sozialversicherungsträger - Arbeitnehmer) stellt die Bilanz ein Informationsinstrument bezüglich ihres zukünftigen Verhaltens gegenüber dem Unternehmen dar. Die Bilanz dient aus dieser Sicht im weiteren Sinne dem Gläubigerschutz.

Umgangssprachlich bezeichnet Bilanz auch den gesamten Jahresabschluss eines Unternehmens. Die Beurteilung eines Unternehmens auf Grund seines Jahresabschlusses nennt man dementsprechend Bilanzanalyse. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der Fundamentalanalyse.

Bilanzarten

  • Laufende Bilanzen: Bilanzen werden in der Regel zumindest zum Ende jedes Geschäftsjahres erstellt, beispielsweise auf den 31.12. eines Jahres. Börsennotierte Unternehmen sind auch zur Veröffentlichung von Zwischenbilanzen auf das Ende jedes Quartals verpflichtet. (Wochen-, Monats-, Quartals-, Jahresbilanzen)
  • Sonderbilanzen: Neben den regelmäßig zu erstellenden Bilanzen gibt es auch außerordentliche Bilanzen, die zu verschiedenen Zeitpunkten gesetzlich vorgeschrieben oder als Entscheidungsgrundlage sinnvoll sind. Hierzu zählen insbesondere die Gründungsbilanz und die Liquidationsbilanz sowie beispielsweise eine Fusionsbilanz. (Weitere Arten: Auseinandersetzungs- und Sanierungsbilanz)
  • Für die meisten Unternehmen ist es gesetzlich vorgeschrieben, sowohl eine Handelsbilanz als auch eine Steuerbilanz zu erstellen. Aus den Begriffen geht bereits hervor, dass es Unterschiede zwischen den beiden Bilanzen hinsichtlich Ansatz und Bewertung geben kann. Die Handelsbilanz soll dabei die tatsächlichen, für die Interessensgruppen relevanten Verhältnisse des Unternehmens darstellen. Zweck der Steuerbilanz ist eine zutreffende Erfolgsermittlung für die Ertragsbesteuerung im Rahmen der Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer, aber auch die Abbildung des Unternehmensvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer, ehemals auch der Vermögensteuer.
  • In Abhängigkeit von der Zahl der bilanzierenden Unternehmen unterscheidet man zwischen der Einzelbilanz, die Bestandteil des Jahresabschlusses ist, und der konsolidierten Konzernbilanz, die Teil des Konzernabschlusses ist und in der zum Beispiel durch Vermögens- und Schuldenkonsolidierung bestimmte konzerninterne gegenseitige Verpflichtungen eliminiert werden.
  • Der Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes eine das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellende Eröffnungsbilanz aufzustellen (§ 242 Abs. 1 HGB).

Aufbau der Bilanz

Die Bilanz wird in zwei Bereiche aufgeteilt dargestellt:

  • Die Seite der Aktiva stellt die Mittelverwendung dar: Aktiva zeigen, welche Ansprüche das Unternehmen mit den ihm zur Verfügung stehenden wirtschaftlichen Mitteln erworben hat. Diese Ansprüche können Geldmittel (z. B. Kasse, Bankkonten), Produktionsmittel (z. B. Immobilien, Maschinen), Rohstoffe, Vorprodukte und ähnliche materielle Güter sein. Daneben ist eine Reihe von immateriellen Gütern aufzuführen − diese sind nicht immer direkt finanziell messbar (siehe unten, Aktuelle Problemstellungen bei der Bilanzierung); es gibt jedoch oftmals gute Anhaltspunkte für eine Schätzung. Überschlägig bildet die Aktivseite die Vermögensstruktur des Unternehmens ab.
  • Die Seite der Passiva stellt die Mittelherkunft dar: Passiva zeigen, wie die Mittel finanziert sind, mit denen das Unternehmen wirtschaftet (Abbildung der Finanzierungsstruktur). Dabei wird insbesondere zwischen Fremdkapital und Eigenkapital unterschieden. Das Eigenkapital umfasst die Mittel, die keinem Rückzahlungsanspruch Dritter unterliegen, d. h. insbesondere das eingebrachte Stamm- und Grundkapital sowie aus dem Unternehmen selbst erwirtschaftete Rücklagen und thesaurierte Gewinne. Das Fremdkapital umfasst Mittel, die von Dritten (zeitlich befristet) zur Verfügung gestellt werden, beispielsweise Hypotheken, Anleihen, Darlehen und Lieferantenkredite.

Die Aktiva werden üblicherweise auf der linken Seite der Bilanz aufgezeigt, die Passiva auf der rechten Seite. Auf beiden Seiten muss sich dieselbe Summe aller Positionen ergeben, die Bilanzsumme.

Deutschland: Bilanzgliederung nach § 266 HGB

Gemäß § 266 HGB ist eine nach dem deutschen Handelsgesetzbuch aufgestellte Bilanz wie folgt aufgebaut (Vorläufer ist der obligatorische Reichskontenrahmen (RKR) von 1937):

Aktivseite (Mittelverwendung) Passivseite (Mittelherkunft)
  1. Anlagevermögen
    1. Immaterielle Vermögensgegenstände
      1. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten;
      2. Geschäfts- oder Firmenwert (GoFW);
      3. geleistete Anzahlungen;
    2. Sachanlagen
      1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken;
      2. technische Anlagen und Maschinen;
      3. andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung;
      4. geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau;
    3. Finanzanlagen:
      1. Anteile an verbundenen Unternehmen;
      2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen;
      3. Unternehmensbeteiligungen
      4. Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht;
      5. Wertpapiere des Anlagevermögens;
      6. sonstige Ausleihungen.
  2. Umlaufvermögen
    1. Vorräte/Vorratsvermögen
      1. Rohstoffe, Hilfsstoffe und Betriebsstoffe;
      2. unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen;
      3. fertige Erzeugnisse und Waren;
      4. geleistete Anzahlungen.
    2. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände
      1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (LuL), (F.a.L.L.), (FLL);
      2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen;
      3. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht;
      4. sonstige Vermögensgegenstände;
    3. Wertpapiere
      1. Anteile an verbundenen Unternehmen;
      2. eigene Anteile;
      3. sonstige Wertpapiere;
    4. Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks
  3. Rechnungsabgrenzungsposten
  4. (ggf.) Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag
    ____________________________
    (Bilanzsumme)
  1. Eigenkapital
    1. gezeichnetes Kapital
    2. Kapitalrücklagen
    3. Gewinnrücklagen
      1. gesetzliche Rücklagen;
      2. Rücklagen für eigene Anteile;
      3. satzungsmäßige Rücklagen;
      4. andere Gewinnrücklagen;
    4. Gewinnvortrag/Verlustvortrag;
    5. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag,
    6. (ggf.) Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag
  2. Rückstellungen
    1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen
    2. Steuerrückstellungen
    3. sonstige Rückstellungen
  3. Verbindlichkeiten
    1. Anleihen, davon konvertibel;
    2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten;
    3. erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen;
    4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (LuL), (V.a.L.L.), (VLL);
    5. Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel;
    6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen;
    7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht;
    8. sonstige Verbindlichkeiten,
      davon aus Steuern,
      davon im Rahmen der sozialen Sicherheit.
  4. Rechnungsabgrenzungsposten
    ____________________________
    (Bilanzsumme)

Erleidet die Unternehmung einen so hohen Verlust, dass das Eigenkapital rechnerisch negativ wird, so wird der "Negativbetrag" (math. korrekt: Absolutwert des negativen Eigenkapitals) als "Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" auf Aktiv- und Passivseite ausgewiesen.

Für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, Versicherungen und Pensionsfonds bestehen eigenständige Bilanzgliederungsschemata nach HGB.

Schweiz: Bilanzgliederung nach Obligationenrecht Art. 663  OR

Im schweizerischen Recht sind die kaufmännischen Buchführungsvorschriften mit allgemeinen Grundsätzen und dem Gewohnheitsrecht (allgemeine kaufmännische Usanz) geregelt.

  • Allgemein gilt Art. 959 OR:

Betriebsrechnung und Jahresbilanz sind nach allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen vollständig, klar und übersichtlich aufzustellen, damit die Beteiligten einen möglichst sicheren Einblick in die wirtschaftliche Lage des Geschäftes erhalten.

  • Art. 663a OR verlangt zusätzlich für Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie Versicherungs- und Kreditgenossenschaften die folgende Mindestgliederung für Bilanz und Erfolgsrechnung:

Bilanz

Aktiva (Vermögen, Investition) Passiva (Schulden, Finanzierung)
  1. Umlaufvermögen
    1. Flüssige Mittel
    2. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen*
    3. Andere (kurzfristige) Forderungen*
    4. Vorräte
    5. Rechnungsabgrenzungsposten
  2. Anlagevermögen
    1. Finanzanlagen* (davon Beteiligungen)
    2. Sachanlagen
    3. Immaterielle Anlagen
    4. Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten
    5. Nicht einbezahltes Aktienkapital

    (Bilanzsumme)
  1. Fremdkapital
    1. Schulden aus Lieferungen und Leistungen*
    2. Andere kurzfristige Verbindlichkeiten*
    3. Rechnungsabgrenzungsposten
    4. Langfristige Verbindlichkeiten*
    5. Rückstellungen
  2. Eigenkapital
    1. Aktienkapital
    2. Partizipationskapital
    3. Gesetzliche Reserven:
    4. Allgemeine Reserve
    5. Aufwertungsreserven
    6. Reserven für eigene Aktien
    7. Andere Reserven (Freie Reserve)
    8. Bilanzgewinn/Bilanzverlust
      (Bilanzsumme)


* davon gegenüber Konzerngesellschaften und wesentlichen Aktionären

In der Praxis werden die Aktiven nach dem Liquiditätsprinzip, die Passiven nach dem Fälligkeitsprinzip geordnet. Das heißt, je schneller ein Aktivposten flüssig gemacht werden kann bzw. ein Passivposten fällig wird, desto weiter oben wird er platziert. Der Vergleich derart geordneter Aktiven und Passiven gibt einen Hinweis auf die Liquidität der Unternehmung.

Erfolgsrechnung

Aufwand (Ausgaben) Ertrag (Einnahmen)
  1. Material- und Warenaufwand
  2. Personalaufwand
  3. Abschreibungen
  4. betriebsfremder Aufwand
  5. Finanzaufwand
  6. Außerordentlicher Aufwand
  7. Jahresgewinn
  1. Erlöse aus Lieferungen und Leistungen
  2. betriebsfremder Ertrag
  3. Finanzertrag
  4. Gewinn aus Veräußerung von Anlagevermögen
  5. Außerordentlicher Ertrag
  6. Jahresverlust

International: Bilanzgliederung nach IAS (International Accounting Standards)/IFRS(International Financial Reporting Standards)

Eine nach International Accounting Standards (IAS) aufgestellte Bilanz unterscheidet sich in ihrem Aufbau von einer Bilanz nach deutschem HGB. Der Aufbau einer IAS-Bilanz ist geregelt in IAS 1, Paragrafen 51-77 ("Balance Sheet"), wobei IAS 1.51 dabei den Unternehmen zwei grundsätzliche Möglichkeiten zur Bilanzgliederung einräumt:

  • Eine Gliederung nach Fristigkeit (auf der Aktivseite: current assets und non-current assets und korrespondierend auf der Passivseite: current liabilities und non-current liabilities) als Regelfall und
  • eine Gliederung von assets und liabilities jeweils nach ihrer Liquiditätsnähe als Ausnahmefall.

Eine eindeutige Vorgabe, ob diese Gliederung in aufsteigender oder in absteigender Ordnung zu erfolgen hat, existiert dabei nicht. Allerdings präferiert das Rechnungslegungs Interpretations Committee (RIC) des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC) in RIC 1 (Rechnungslegungs Interpretation Nr. 1 "Bilanzgliederung nach Fristigkeit gemäß IAS 1 Darstellung des Abschlusses") als Leitlinie für die Bilanzierung deutscher Unternehmen nach IFRS offenbar die Reihenfolge langfristig - kurzfristig (vgl. Anhang zu RIC 1: Beispiel für ein Bilanzgliederungsschema).

Erfolgsermittlung

Im Steuerrecht wird der Unternehmenserfolg durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt (§ 4 EStG). In der Bilanz entspricht das Kapital (Eigenkapital+Fremdkapital) dem Betriebsvermögen. Privateinlagen des Unternehmers tragen jedoch nicht zum Erfolg bei, ebenso wie Privatentnahmen den Erfolg nicht mindern.

Der Erfolg/Gewinn ist also

  • Eigenkapital am Ende eines Geschäftsjahres,
  • abzüglich Eigenkapital am Anfang eines Geschäftsjahres,
  • abzüglich Privateinlagen im Laufe des Geschäftsjahres,
  • vermehrt um Privatentnahmen.

Der Erfolg muss allerdings nicht immer positiv sein, denn auch ein Verlust wird als "Erfolg eines Unternehmens" bezeichnet.

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung

Hauptartikel: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

Grundlage bei der Erstellung einer Bilanz ist die ordnungsmäßige Buchführung. Die Bilanz soll ein gerechtes, zutreffendes und nachvollziehbares Bild des Unternehmens zum Stichtag zeichnen. Dies wird als Prinzip der Bilanzwahrheit und Prinzip der Bilanzklarheit bezeichnet. Zusätzlich gilt das Vorsichtsprinzip, ungenau bezifferbare Bestände sollten eher pessimistisch eingeschätzt und mögliche Risiken gegebenenfalls berücksichtigt werden. Geregelt sind diese Normen in den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchhaltung (GoB).

Wer eine Bilanz aufzustellen hat, ist im Handelsgesetzbuch geregelt. Dort ist auch der gesetzlich vorgeschriebene Aufbau zu finden.

In die Bilanz müssen alle Fakten einbezogen werden, die zum Zeitpunkt der Bilanz bekannt und für den Zeitraum zwischen zwei Bilanz-Stichtagen relevant sind. Daher genügt es nicht, einen zum jeweiligen Stichtag vorliegenden Kontostand in die Bilanz aufzunehmen. Zusätzlich müssen im Zeitraum vor dem Bilanzstichtag bezogene, aber noch nicht bezahlte Leistungen bewertet werden. Es muss ebenfalls festgestellt werden, welche Zahlungen bereits für Leistungen geleistet wurden, die erst im folgenden Jahr bezogen werden − beispielsweise eine Vorauszahlung für Rohstofflieferungen.

Eine Schwierigkeit bei der Erstellung von Bilanzen ist daher, dass zu einem Zeitpunkt selten alle zu berücksichtigenden Fakten bereits bezifferbar sind. So ist zum Beispiel bekannt, dass ein Unternehmen für den Monat Dezember eine Telefonrechnung erhalten wird. Da auch die Nutzung dieser Leistung bereits im Dezember erfolgte, muss die berechtigte Forderung des Anbieters in die Bilanz einfließen. Die entsprechende Rechnung liegt jedoch möglicherweise erst Ende Januar des Folgejahres vor. Somit ist es praktisch unmöglich, eine Bilanz sowohl präzise als auch zeitnah zu erstellen. Entsprechend vergehen bei großen Unternehmen zumeist zwei bis vier Monate bis zur Bekanntgabe der ordentlichen Bilanz. Andererseits wird gerade bei börsennotierten Unternehmen eine zeitnahe Bilanz erwartet, so dass − und diese Tendenz verschärft sich in den letzten Jahren zunehmend − oftmals zu Lasten der Genauigkeit eine möglichst schnelle Bilanz erstellt wird, in der viele Werte nur geschätzt werden konnten.

Des Weiteren fordert die umfassende Darstellung des finanziellen Bildes eine tatsächliche Bestandsaufnahme zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung. Für vorhandene Waren erfolgt dies zumeist in Form einer Inventur, in der mögliche Differenzen zwischen den erfassten Lagerveränderungen und den tatsächlich vorhandenen Beständen festgehalten werden können.

Schließlich erfolgt die Bewertung der Anlagegüter eines Unternehmens. Hier müssen für die in der Produktion genutzten Mittel (z. B. Maschinen) sowie für die langfristigen Finanzanlagen (z. B. Immobilien und Unternehmensbeteiligungen) realistische Werte ermittelt werden. Dies kann über Abschreibungen erfolgen, so dass der Wert eines Firmenfahrzeuges über die geplante Nutzung von (beispielsweise) acht Jahren gleichmäßig in jedem Jahr um ein Achtel des Kaufpreises herabgesetzt wird (lineare Abschreibung). Ein anderer Ansatz ist die Ermittlung des theoretischen Verkaufspreises, der insbesondere für Investitionen in öffentlich gehandelte Werte (Aktien anderer Unternehmen) angebracht ist. Hier können beispielsweise die im Besitz des Unternehmens befindlichen Aktien zum Kurs des letzten Handelstages vor dem Bilanzstichtag bewertet werden.

Zum Schutz der Gläubiger eines Unternehmens gilt bei der Bewertung von Vermögenswerten das so genannte Vorsichtsprinzip, welches seine konkrete Anwendung in folgenden Bewertungsprinzipien findet:

Bilanztheorien

siehe Hauptartikel Bilanztheorie
  • Klassische Bilanztheorien
    • Die statischen Bilanztheorien
      • Zerschlagungsstatik
      • Fortführungsstatik
    • Die dynamische Bilanztheorie
    • Die organische Bilanztheorie
  • Neuere Ansätze
    • Kapital- und Substanzerhaltung
    • Ökonomischer Gewinn
    • Zukunftsbilanz
    • Synthetische Bilanz
    • Funktionsanalytische Bilanz
    • Prognosebilanz

Aktuelle Problemstellungen bei der Bilanzierung

Spätestens seit dem Beginn des Informationszeitalters zeigt sich, dass der Wert von immateriellen Aktiva für die Bewertung eines Unternehmens eine wachsende Bedeutung erlangen kann. So können außerordentliche Kenntnisse (Unternehmenswissen, siehe Wissensmanagement, Wissensbilanz) einen erst in Zukunft in finanziellen Erfolg umsetzbaren Marktvorteil erbringen. Ebenso gelten erfolgreich eingeführte Marken als wertvolles Eigentum, helfen sie doch bei der Schaffung von Kundenvertrauen und Kundenbindung (vgl. Markentreue).

Die Schwierigkeit bei der Präsentation einer realistischen wirtschaftlichen Darstellung liegt jedoch darin, diesen durchaus relevanten immateriellen Gütern einen angemessenen Wert zuzusprechen, sprich z. B. den Markenwert zu ermitteln. Da der zukünftig aus diesen Gütern erwachsende Ertrag nicht realistisch vorhersehbar ist, dürfte eine unternehmensübergreifende Struktur für diese Darstellung noch einige Jahre auf sich warten lassen.

Besonders bei Dienstleistungsunternehmen kann der Geschäftserfolg − und damit der Wert des Unternehmens − möglicherweise von Aktiva abhängen, die sich bilanziell bislang gar nicht erfassen lassen, insbesondere den Mitarbeitern mit ihren Fähigkeiten und Kenntnissen. Die Mitarbeiter gehen auf Basis der mit ihnen geschlossenen Arbeitsverträge ihrer Tätigkeit zum Wohle des Unternehmens nach. Sie − und nicht Maschinen − erzeugen Dienstleistungen und damit Umsatz mit Kunden. Sie entscheiden mittels der Qualität ihrer Leistung über den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens. Ein Beispiel sind die sog. 'Investmentbanken', deren geschäftlicher Erfolg zu wesentlichen Teilen von den Kundenkontakten und Kenntnissen der Mitarbeiter abhängt. Aufgrund einer bestehenden Vertrauensbasis zwischen Kunden und einem einzelnen Mitarbeiter, erhält das Unternehmen Aufträge − oder eben nicht.

Der Betriebswirtschaftslehre ist es bislang noch nicht im hinreichenden Maße gelungen, allgemein akzeptierte Bewertungsregeln für den volkswirtschaftlichen Produktionsfaktor Arbeit im Hinblick auf die Aktivierung von menschlicher Arbeit zu formulieren.

Hinzu kommt, dass selbsterstelltes immaterielles Anlagevermögen, beispielsweise Software oder Patente, nach deutschem und österreichischem Handelsgesetzbuch nicht in der Bilanz angesetzt werden darf (nach IFRS schon, wenn die in IAS 38 angeführten Kriterien erfüllt werden). So darf ein Softwareunternehmen in seiner Bilanz zwar die Computer anführen, mit denen die Programmierer arbeiten, sowie die Sessel, auf denen sie sitzen, nicht aber die selbstgeschaffenen Programme die im Unternehmen genutzt werden (für den Verkauf erstellte Programme gelten als Umlaufvermögen und sind mit den Herstellungskosten anzusetzen).

Zu Zeiten der Übertreibungen der New Economy führten Akquisitionen von Unternehmen zu dem großen Firmenwert (Goodwill), einem immateriellen Vermögenswert, in der Bilanz des kaufenden Unternehmens. Dies zeigt, dass scheinbar zukünftig zu erzielende Erträge gegenüber den Zeitwerten der Substanz des Unternehmens deutlich überbewertet wurden. Ausbleibende Erträge führten zu den größten Verlusten, die Unternehmen jemals ausgewiesen haben, da dies dazu führte, dass der Goodwill abgeschrieben werden mussten. Am stärksten war dies bei AOL zu sehen, das den Goodwill abschreiben musste, der bei der Akquisition von Time Warner entstanden war.

Jahresabschlüsse (bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Anhang) von Kapitalgesellschaften müssen beim Registergericht veröffentlicht und − bei Überschreiten gewisser Wertgrenzen − von einem Wirtschaftsprüfer testiert werden.

Bankbilanz

Die Bankbilanz gibt Aufschluss über die Liquiditätslage und die Risikosituation eines Kreditinstituts. Die Gliederung erfolgt auf der Aktivseite nach abnehmender Liquidität, d. h. sie beginnt mit liquiden Mitteln. Man unterscheidet statische und dynamische Liquidität. Auf der Passivseite steht das Fremdkapital vor dem Eigenkapital; sie gliedert sich nach zunehmender Fristigkeit.

Die Aktivseite differenziert zwischen Forderungen und Wertpapieren; dagegen wird nicht zwischen Anlage- und Umlaufvermögen unterschieden. Die Sachanlagen finden sich unter Sonstige Aktiva wieder. Die Passivseite unterscheidet Verbindlichkeiten und verbriefte Verbindlichkeiten.

Aktivseite Passivseite
  1. Barreserve
  2. Forderungen an Kreditinstitute
  3. Forderungen an Kunden
  4. Schuldverschreibungen
  5. Aktien und Beteiligungen
  6. Sonstige Aktiva
    ____________________________________
    (Bilanzsumme)
  1. Verbindlichkeiten ggü. Kreditinstituten
  2. Verbindlichkeiten ggü. Kunden
  3. Verbriefte Verbindlichkeiten
  4. Sonstige Verbindlichkeiten
  5. Eigenkapital
    ____________________________________
    (Bilanzsumme)

Die Aussagefähigkeit der Bankbilanz hinsichtlich der Liquiditätslage ist eingeschränkt. Es handelt sich um eine stichtagsbezogene Rechnung. Außerdem erfordert die Objektivierung, bspw. hinsichtlich der Laufzeit oder der Ansatz- und Bewertungsvorschriften, eine Differenzierung nach unterschiedlicher Liquidität.

Die Bankbilanz berücksichtigt Bonitätsrisiken, aber keine Zinsänderungs- und Wechselkursrisiken. Nachrangige Forderungen werden aus der Bilanz ausgegliedert oder im Anhang aufgeführt.

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung

Das Europäische System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG) sieht in der VGR Vermögensbilanzen vor, bei denen die Aktiva (Vermögensgüter und Forderungen) mit den Passiva (Verbindlichkeiten) zum Reinvermögen saldiert werden.

Finanzielle Vermögensbilanzen saldieren das Bruttogeldvermögen, die Forderungen, mit den Verbindlichkeiten zum Nettogeldvermögen.

Siehe auch

Literatur

  • Bea, Dichtl, Schweizer: Allg. BWL. Bd 2: Führung, 8. Aufl., 2001, S. 429-624
  • Baetge, Jörg; Kirsch, Hans-Jürgen; Thiele, Stefan: Bilanzen, 9. Auflage, Düsseldorf 2007; ISBN 978-3-8021-1322-2
  • Baetge, Jörg; Kirsch, Hans-Jürgen; Thiele, Stefan; Konzernbilanzen, 6. Auflage, Düsseldorf 2004; ISBN 3-802-11154-0
  • Coenenberg, Adolf: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 20. Aufl. 2005; ISBN 3-7910-2378-0
  • Dellmann, Klaus: Grundlagen der internationalen Bilanzierung. Eine kurze Einführung. 2003; ISBN 3-7255-4549-9
  • Schildbach, Thomas: Der handelsrechtliche Jahresabschluss, 7. Auflage, 2004; ISBN 3482424888
  • W. Eisele: Technik des betrieblichen Rechnungswesens. 7. Auflage, 2002
  • Günter Wöhe: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 21. Aufl. 2002, S. 1074-1082; ISBN 3-800-62865-1
  • Eberhard Scheffler: "Bilanzen richtig lesen" ISBN 3-406-51487-1
  • Michael Griga, Arthur Kosiol, Raymund Krauleidis: Controlling für Dummies, Kapitel 7: "Der Showdown: Die Bilanz", 1. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2005, ISBN 3-527-70153-2
  • Memento Verlag, Bilanzrecht für die Praxis 2007/2007, 2. Auflage, Freiburg 2006, ISBN 978-3-939099-04-8
  • Meyer: Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht, Verlag Neue Wirtschafts-Briefe Herne, ISBN 3-482-47786-8
  • Quick, Reiner/Wurl, Hans-Jürgen: "Doppelte Buchführung" ISBN 3-8349-0388-4
  • Wedell, H.: Grundlagen des Rechnungswesens, Band 1: Buchführung und Jahresabschluss, 11. überarb. Aufl., Herne/Berlin 2006, ISBN 3-482-54781-5
  • Zingel, Harry: Bilanzanalyse nach HGB, Wiley-VCH, Weinheim 2007, ISBN 978-3-527-50251-6

Quellenangaben

  1. Fernand Braudel, Sozialgeschichte des 15.-18. Jahrhunderts. Band III: Aufbruch zur Weltwirtschaft, Kindler Verlag, München 1986, ISBN 3-463-40027-8

Weblinks

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